Die letzten Tage 86

Lassen wir die Selbstgespräche mit dem dunklen Kamin, in dem sich gelegentlich türkisblau ein Puff (Nachtrag: fiel mir erst jetzt auf: die Schlümpfe (was ich erst ergoogeln mußte) heißen auf ital. Puffi und daher ein Puff(o): inconsciamente und sconciamente) in weißen Hofen federschwingend in Pose stellt, angelehnt an die Stange, die die Pappe hält, die den Ruß zurückhalten soll. Ihm fehlt nur noch eine lapdancende Barbie mit perennem Lächeln. Auf mich bezogen müßte es heißen: käseweiß ein hmpf mit grauen Hosen. Nach Schwimmbädern gegoogelt. Und wenn ich früh auf bin morgen, ans Meer. „Rot oder weiss“, kam gestern eine Mail. Dann ein Rochefoucauld-Zitat zum Thema „sich schämen“ auf deutsch. Als Attachment ein Bild der Madonna von Michelangelo in Brügge. Vom Belgier, mit dem ich in der letzten Woche am Dienstag bei MM im Hof am Brunnen den Wein in mehr oder weniger sinnlose Gespräche verwandelt. Irgendwann kam ich auf diese Madonna zu sprechen, ohne noch den Zusammenhang zu wissen, die mich einst so beeindruckt hatte (kann sein 1991, ein Jahr verheiratet, man hatte sich in dem Jahr einen nagelneuen Fiat Uno leisten können, bzw. ich (ohne Ratenzahlung)). Daß das „rot oder weiss“ sich auf die Farbe des Weins bezog, begriff ich erst, als ich gestern mit einer Flasche Rotwein wieder daheim war, die er mir beim Abschied übergeben hatte. Denn da war im Suff tatsächlich gewettet worden, da es ihm unwahrscheinlich schien, dass da in Brügge eine solche Madonna stehe. „Das mystische Lamm, ja“, schnarrte er oder… ich weiß nicht, was er sonst noch nannte. Auf die Mail hin rief ich ihn dann an. Vorher wär’s nicht gegangen, denn der mündlich genannte Nachname kam bei jener Gelegenheit nur undeutlich in meine Ohren: vier Laute für sieben Buchstaben. Ich schlug vor, das Spiel gestern in der Bar Leonardi vor dem großen Bildschirm anzuschauen (alleine macht das keine Laune, wenn überhaupt). Er kam auch. Viel zu reden gab’s nicht, außer ein paar Kommentaren zum Spiel, das eher ein Schachspiel gewesen. Ab und zu Blicke auf die draußen vorüberziehenden Arme, Beine und Bäuche. Herauszufinden, was er macht, gelang mir nicht. Ob es stimme, dass er male und fotografiere. Schulterzucken: „njooo“. Warum er gerade hier sei. Er habe einen Ort gesucht, von dem aus Rom leicht zu erreichen sei. Beschämte mich dann dadurch, daß er beim Bestellen der zweiten Halben auch die von mir zuvor bestellten zahlte. Also gab ich noch einen Grappa aus. So gar nicht böse mit dem Ausgang des Spiels. Irgendjemand schrieb heute irgendwo, Spanien habe Deutschland von sich selbst befreit. Halb las ich’s, halb denk’ ich’s mir jetzt so. Kann auch sein, es war bereits SO formuliert. In der ersten Halbzeit saßen wir fast allein vorm Bildschirm. Später kamen noch ein paar Rentner und Arbeitslose dazu: „Null zu null? Für wen?“ Und dann noch einmal die Allee der Gartenanlage auf und ab, die zu der Stunde voller Spaziergänger (auf und ab gehende und sich dabei dauernd nach irgendwem umdrehende Teenager, Mädchen für sich und Jungen für sich, Kinderwagenfamilien, Rentnerpaare) und spielender Kinder war. Also nicht wirklich gesprächig, der Monsieur D.

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