eine auf Rückkehr in die Welt wartende Seele in einen neuen
Körper übergehen kann, sondern auch während der Tevila
eines Konvertiten. In gewisser Weise, meinte Ariel, gelte
dies auch für einen, der zum Ewigen umkehrt.
>>>> Dieses ist ein guter Roman.
Ich meine dies durchaus unspöttisch im Sinn des „guten Buches”, das jemand zur Hand nehmen möge; ich meine es aber auch sowohl wegen der Spannung, die >>>> Benjamin Stein aufzubauen versteht, wie aufgrund des für mich eigentlichen, im Wortsinn, Kunst-Stücks dieses Buches: die zumindest m i r völlig ferne Lebenswelt festen jüdischen Glaubens präzise und plastisch, vor allem, und zwar warmherzig, als eine gegenwärtige Normalität zu vermitteln. Nicht ein Gran eiferischen Überzeugenwollens fällt über die Leser einher. Dabei ist „Die Leinwand” als gläubiges Buch durchaus streng; es macht aus seiner Sympahie für die Orthodoxie keinen Hehl, ja weiß sogar westlichen Auffassungen über Freizügigkeit, namentlich der Erziehung, sein sehr Kluges entgegenzusetzen. Dafür steht Nathan Bollag, eine der klarst umrissenen Figuren dieses Romans. Insofern er sich einer leidenschaftlichen Kenntnis der Künste verschrieben hat, ist er geradezu ein Repräsentant des gebildeten, aber nicht assimilierten europäischen Juden. Vermittels einer großartigen Metapher weiß er seinem Neffen und uns das rechte Verhältnis von orthodoxer Gläubigkeit und den weltlichen Einschlüssen darin zu demonstrieren. Bollag ist nämlich Juwelier, und er liebt >>>> Demantoiden.Die Farbe des Steins war intensiv, klar und völlig gleichmäßig. Ich betrachtete die Einschlüsse, ein Bündel feinster, goldener Härchen, die allesamt aus einem Punkt entsprangen und sich zu einem leicht in sich verdrehten Bündel auffächerten. Drehte man den Stein im Licht, schien es, als wären Funken eines Feuerwerks in ihm eingefangen und erstarrt (…).
Er ist schön, sagte ich (…).
Ja, sagte mein Onkel (…). Wie viel Raum, fragte er, nimmt das Chrysolith ein in diesem Stein? (…) Nicht ein Viertel? fragte mein Onkel: Könnte es nicht ein Viertel sein oder noch mehr?
Auf keinen Fall, erwiderte ich (…).
Das denke ich auch, sagte Onkel Nathan: Der Eindruck fliegender Funken könnte nie entstehen, hätte der Einschluß nicht genügend Raum inmitten des Grüns. (…)”Auf diese feinsinnige, sehr oft parabelhafte Weise, die durchaus der orientalischen Erzählung von Moral entspricht – immer hat sie etwas mit Deutung zu tun und vergleichsweise wenig mit Weisung -, werden einige Male mehr die Kriterien eines angemessenen Verhaltens beleuchtet.
Beeindruckend ist aber vor allem die romanästhetische Könnerschaft. Kein Zweifel, daß man es mit einem zeitgenössischen Roman zu tun hat, der bezeichnenderweise einen großen Teil seines Reizes gerade aus dem Verhältnis zu einer wiederwirkenden konservativen Religiosität bezieht. Diese ist, nicht nur bezüglich des Jüdischen, beileibe keine Randerscheinung der modernen Gesellschaft. Stein bettet darein eine auf den ersten Blick verzwickte Personengeschichte: die Geschichten nämlich zweier Personen, Amnon Zichronis und Jan Wechslers, die sich dadurch komplizieren, daß eine dritte Person hinzuzukommen scheint. Das wird in Wechlers Erzählung deutlich, als ihm ein Koffer zugestellt wird, der seiner nicht ist, jedenfalls nicht sofort. Denn wir begreifen wie er erst allmählich, daß der Mann seine Vergangenheit vergessen zu haben scheint und sich für einen völlig anderen Menschen hält, als er in Wahrheit ist. Was aber ist das, die Wahrheit? Die persönliche Wahrheit im Verhältnis zu einer scheinbar objektiven, also faktischen, ist eines der großen Themen dieses Romans, eben aber auch eine der brennendsten Fragen der Mediengesellschaft. „Was (…) ist eine Wahrheit, die tötet, wert gegenüber einer Wahrheit, die jemanden leben läßt?” fragt Amnon Zichroni.
Man muß fast sagen: notwendigerweise hat der Roman zwei Enden, die sich übereinanderlagern, und zwar in der Mitte. Das ist konkret gemeint: buchräumlich nämlich. Indem Stein Zichroni wie Wechsler je von vorn bis zur Mitte ihre Geschichten erzählen läßt – wir Leser müssen, um von des einen in des andren Erzählung zu wechseln, das Buch umdrehen –, bewegen sich beide Ich-Erzähler aufeinander zu. Wie in Julio Cortázars berühmtem „Rayuela” steht es uns dabei nahezu frei, wo wir zu lesen beginnen, wie oft und wo wir das Buch wenden, um beim jeweils anderen Erzähler weiterzulesen; alles steht in solch engem Zusammenhang; entsprechend ähnlich sind beider, bzw. aller drei, Sprachen: Man ahnt, daß eine Personenzusammenführung stattgefunden hat, eine Verschiebung, vielleicht auch Besetzung des Characters durch einen anderen, und man ahnt, daß dies nicht nur technisch begründet ist. Auf das geschickteste legt Benjamin Stein, in der Exegese religiöser Schriften bewandert, seinen Lesern die Spuren. Das geschieht mitunter derart unauffällig, daß man völlig überrascht ist. Die Seelen der Gerechten, erklärte mir Ariel, verlassen die Welt nicht, solange sie gebraucht werden. Stirbt ein Zaddik, schlüpft seine Seele in den Körper einer jungen Taube. Dort wartet sie, bis ein Mensch geboren wird, dessen Körper als Gefäß für sie taugt. So kehren die Gerechten in die Welt zurück und setzen ihre Werke fort.Solche scheinbar nebensächlichen, wie Illustrationen rechter Gläubigkeit, ja vielleicht sogar religiöse Befangenheit wirkenden Passagen erweisen sich als Schlüsselszenen:Als wir in den Monaten zuvor die Gesetze studiert hatten, die sich mit Konversionen befassen, war Ariel noch einmal auf die Ansicht des Arisal zur Seelenwanderung zu sprechen gekommen. Tritt ein Fremder ein in den Bund, erhält er mit der Tevila einen neuen Namen. Er erhält auch neue Vater- und Mutternamen. Das Band der Generationen wird zerschitten und ein neues geknüpft. Den Namen zu wechseln, ändert das Schicksal, die Zukunft und die Vergangenheit. Die Weisen waren der Ansicht, daß nicht nur bei der Geburt eine auf Rückkehr in die Welt wartende Seele in einen neuen Körper übergehen kann, sondern auch während der Tevila eines Konvertiten. In gewisser Weise, meinte Ariel, gelte dies auch für einen, der zum Ewigen umkehrt.Zum Ewigen umgekehrt zu sein, ist nämlich offensichtlich das, was Jan Wechsler, einst ein Enthüllungsjournalist in Sachen Holocaust-Industrie, widerfahren ist; nur weiß er das anfangs nicht mehr. Denn seine innere Wahrheit, die Erinnerung ist, erzählt etwas anderes. Mühsam versucht er, seine eigentliche Geschichte zu rekonstruieren. Das bringt Opfer mit sich – ein weiterer zentraler Begriff. Wechsler verliert seine Familie darüber und kann gar nicht anders, als selbst das für gerecht zu halten. Er klagt kaum, so groß ist sein inneres Gewissen. Er reist nach Israel, um in einer alten Mikwe, einem heiligen Tauchbad, gereinigt zu werden, die Tevila zu vollziehen also. Der „Zufall” läßt ihn bei Amnon Zichroni unterkommen, dem zweiten Erzähler des Romans, der einen ganz anderen Wechsler, der den alten Jan Wechsler in ihm erkennt. Es ist von großer Faszination, wie Benjamin Stein das Verhältnis der beiden Männer zueinander beschreibt, wie sie sich anziehen und wie sie sich abstoßen. Nun hat Zichroni, unterdessen ein methodisch eher ungebundener Psychoanalytiker, seit seiner Jugend die Gabe, die Erinnerungen anderer Menschen, sofern er sie körperlich berührt, unmittelbar nachzuerleben… und er berührt Jan Wechsler, berührt ihn lange, lange, als der im eisigen Wasser der Mikwe steht, um sich zu reinigen von sich –
Das alles ist, selbst wenn man es nur romantechnisch betrachtet, großartig gemacht.
Doch indem Erinnerung zur leibhaften Wahrheit wird, sind auch die scheinbar falschen Erinnerungen Wechslers wahr. Was Benjamin Stein erlaubt, ganz nebenbei ein Pasticcio der untergegangenen DDR ins Leben zu malen, weshalb er, sozusagen nebenbei, mit derselben Erinnerungskraft die Frage stellen kann, was denn Heimat sei und sein könne und müsse. Selbstverständlich zielt das auf Israel, selbstverständlich meint das auch das Gelobte Versprochene Land. Vergegenwärtigt man sich Zichronis außergewöhnlich empathische Gabe, ist dringend zu fragen, wen denn der in der Mikwe gereinigte Wechsler berührt hat… – : Es gibt ein Zentrum des Buches, das sich nur räumlich benennen läßt. Doch der Raum ist Metapher. Wir umkreisen sie, aber wissen kaum ihren genauen Ort. Irgendwo bei Moza…
Interessanterweise ist das keine Schwäche des Romans, sondern eine seiner Stärken. Man legt ihn nach dem Lesen nicht einfach beiseite. Es sind da Fragen, aus denen er nachwirkend Kraft bezieht. Es wäre nämlich selbst ein „Fehler” nichts, das seine Wirkung aushebeln könnte. Auch dafür hat das Buch eine Erzählung, die abermals das Verhältnis von innerer und faktischer Wahrheit in den Blick nimmt, von Wahrheit und Fälschung nämlich:(…) die Aufdeckung des Schwindels konnte ihn nicht beschädigen. Ich nahm es als Bestätigung, daß das geschriebene Wort selbst über Jahrtausende noch stärker ist als jeder wissenschaftliche Beweis – oder auch sein Fehlen. Die erzählte Geschichte ist, was am Ende zählt.Aus der Sicht der positiven Wissenschaften ist das pessimistisch. Nicht so aus der der spekulativen, zu denen religiöse Deutungsverfahren ganz sicher gehören. Für sie gebiert es die Möglichkeiten zur Freiheit und also überhaupt erst eines moralischen Handelns, das von einem Handeln nach Gesetz strikt unterschieden werden muß: widerspruchsloses Befolgen unabhängig von der Einsicht ins Gesetz ist gerade nicht, was das Gesetz des Glaubens verlange. Darum ist es Benjamin Stein, bei aller Freude an erzählerischen Konstruktionen, ganz offenbar letztlich zu tun. Sein Wahrheitsbefund ist kein Relativismus, wofür ihn ein ungenaues Lesen halten könnte. Denn so bildhaft streng, wie Nathan Bollag den Sinn des eher an Exezitien gemahnenden, als daß es westlich frei wäre, orthodox-jüdischen Ausbildungssystems in seine demontoide Parabel faßt, so ernst ist auch Benjamin Steins hochliterarisches Spiel, mit welcher Lust auch immer er sich seinen plot ausgedacht haben mag.
Zu dieser Strenge gehört offenbar auch, daß Stein, der ganz anders kann, sich sprachliche Besonderheiten nicht erlaubt, man könnte, ja m u ß vielleicht sagen: sie sich nicht durchgehen läßt. Möglich, daß der Grund dafür wirklich dieser ist, den er mir auf mein Nachfragen schrieb: „Ich will, daß das Buch auch gelesen wird.” Mag sein. Wir sind auf eine Doktrin sprachlicher Simplizität, die man Nüchternheit nennt, ausgerichtet worden, und überschäumende Sprache, sofern sie aus dem deutschen Raum kommt, wird schnell als manieriert abgetan, während wir sie in den romanischen Literaturen genießen; das hat sicher etwas mit internalisierter Buße zu tun, auch mit mangelndem Katholizismus. Doch Steins nüchterne Sprache – abgesehen davon, daß fast das ganze Buch in Rollenprosa steht – entspricht auch den Exerzitien der Lehre, denen sich Amnon Zichroni unterzieht. Deshalb stellt sich für die Sprachbehandlung Steins die Frage nach den Einschlüssen, ob also nicht, wie bei Bollags Demantoiden, etwa für die Schlüsselszene in Moza solch ein Überschießen und Funkeln, ob nicht da ein glühender Pferdeschweif hätte hingehört, dieses „Bündel feinster goldener Härchen, die allesamt aus einem Punkt entsprangen und sich zu einem leicht in sich verdrehten Büschel auffächerten”. Denn auch ich, mit Nathan Bollagn meine, daß Kunst Gottesdienst sei „im sich ständig erneuernden Werk der Vollendung der Welt”; daran nicht mitzuwirken, wenn man die Gabe doch hat, sondern sich in die Lehre zu bescheiden – dies wäre, wär sie nicht wohlfeil, meine Kritik an dem Buch. Ist nicht Zichroni Psychoanalytiker geworden, weil ihn sein Freund Eli auf seine Gabe mit vollem Recht verpflichtet hat? Die aber, ich möchte sagen: selbstverständlich, in Schuld führt –
Wenn uns freilich die Lektüre eines Romanes solche Fragen stellen, sich also das Buch nicht eigentlich „auslesen” läßt, dann ist es mit Sicherheit gut. Ob auch ein „großes” – das steht in den Büchern geschrieben, in die uns allen die Einsicht verwehrt ist.
@Gellmann ja die Kritik hatte das letzte „Romanungetüm“ von Jirgl gefeiert: Ein „Gesellschafts-, Jahrhundert- und Jetztroman“, pornografisch, philosophisch, realistisch und fantastisch, und mit phonetischem Terrorismus, in jedem Fall feinste Avantgarde.“ FAZ
@mauritius. Ich verstehe nicht recht, 1) wer Gellmann ist, 2) weshalb Sie hier, unter einer Kritik zu dem Roman Benjamin Steins, mit den Feuilletons zu andern Hasen flöten. – weil Hunde das so tun? Nichts gegen Jirgl, übrigens; anders als er von meiner Arbeit, halte ich einiges von seiner. Solche Grandezza können Aristokaten sich leisten, Kleinbürger wohl eher nicht.
wollte nur darauf hinweisen, dass die Akademie auch unangepasste und wenig populäre Autoren würdigt. Diesmal sogar einen mit experimentellem Touch
@Mauritius. Sie kennen sich offensichtlich wenig aus, schon gar in Sachen Darmstädter Akademie. Experimentelle Literatur ist von ihr immer wieder gewürdigt worden, das hat eine klare Geschichte. Ob Jirgl allerdings „unangepaßt“ ist, schon in seiner Rolle als Protegé der Radisch, weiß ich nicht recht zu beurteilen; ein Lieblingskind der Feuilletons ist er freilich seit langem. Wohlgemerkt spricht das nicht g e g e n, so wenig wie f ü r seine Literatur; die Literatur selbst spielt in aller Regel keine besondere Rolle; seine DDR-Herkunft ist von höherer feuilletonistischen Bedeutung. Desungeachtet, ich wiederhole mich bewußt, schätze ich sein Werk.
Nebenbei bemerkt, um manchem den allzu süßen Kuchen ein wenig zu versalzen, stehe auch ich seit einigen Jahren auf dieser Darmstädter Liste. Wer einen Preis aber schließlich bekommt, hängt unbedingt von der jeweiligen Zusammensetzung der Jury ab. Es ist nicht gut, da Feinde zu haben.
ich drücke ihnen die Daumen, dass Sie endlich ausgezeichnet werden. Die Frage ist sicher auch, an welcher Stelle der Liste man steht.
@Mauritius Unten, weit unten wahrscheinlich; es ist rund zehn Jahre her, daß ich draufkam. Man fliegt so schwer da wieder runter, wie halt aus Lexika raus… aber ganz sicher werden ein paar Seiten umgeblättert werden müssen. Ich muß wohl noch einige >>>> solcher Bücher schreiben, bevor der steinerne Gast namens >>>> MEERE, der das Blatt über meinem Namen beschwert, ein Blättern wieder erlaubt.
Aber jetzt wäre es gut, >>>> kehrten wir alle zum eigentlichen Thema meines Beitrages zurück, zu Benjamin Steins beachtlichem Roman „Die Leinwand“ nämlich.
Kommentar gelöscht. Ein Kommentator versuchte mit einiger Häme, gegen Benjamin Stein Imre Kertesz auszuspielen; Kertesz, so weit ich ihn kenne, wäre damit nicht einverstanden gewesen. Weiteres zu dem Vorfall >>>> im heutigen Arbeitsjournal nach 23.09 Uhr.
ANH
herbst, sie begreifen überhaupt nicht die intellektuelle verwahrlosung, die sich im 21. Jahrhundert darin zeigt, wenn jemand sich dadurch interessant machen will, der eigentlich, Ralfi, Torsten oder Basti heißt, aus der ehemaligen DDR kommt – „Benjamin Stein“ zu nennen, dann zu einer orthodoxen Religion konvertiert, und dann mit bissel holocaust und bissel identitätsthema versucht, seine haut zu verkaufen – in dem er sich jetzt als „Prada-Witz“ mit Sonnenbrille, Hut und Bärtchen und einem mittelmäßig cleveren Romänchen in die Medien hineinmarktet.
Dieser Mann kapiert einfach nicht, dass er sein Pionierhalstuch einfach nur gegen ein Hütchen ausgetauscht hat, es bleibt aber ein Hütchen…verstehen sie mal, das man das Buch nicht nicht lesen muss, um zu wissen, dass es ein Witzchen ist, ein Schabernak, der von intellektueller verwahrlosung zeugt.
@Solness. Doch. Genau das muß man tun: dieses Buch lesen. Bevor man das getan hat und dann nicht argumentiert, wenn man etwas zu sagen hat, sondern wenn man rein unterstellt, übel nachredet usw., wie Sie es jetzt – zumal anonym – tun, hat man keinerlei Recht, etwas zu dem Buch zu sagen, geschweige denn über die Person des Autors. Ihr Kommentar ist eine pure Diffamierung. Die von Ihnen unterstellten Hintergründe und Motive sind mir allesamt unbekannt, mich interessiert so etwas auch nicht, sondern mich interessiert alleine der Text des Romans; um die Biografie von Autoren kümmere ich mich nicht. Vor allem aber ist Ihr Kommentar genau das, was Sie dem Buch und dem Autor vorwerfen: intellektuell verwahrlost, wobei ich in Ihrem Fall, eben auch aufgrund der Anonymität, selbst das intellektuell nur in Häkchen setzen kann. Ich lasse Ihren Text aber hier stehen, weil er anderen Lesern deutlich macht, welche Kräfte und auf welche Weise tätig sind, wenn es um gezieltes Denunzieren geht.
es wird viel zu wenig denunziert, und sie sind abgrundtief verlogen, wenn sie mir weiß machen wollen, das irgendetwas heutzutage ohne kontext rezipiert wird…kommen sie mir hier nicht mit dieser bübchenhaften naivität. Die Postmoderne mag vieles entschuldigen, aber nicht, wenn jemand das Thema Identität an hand einer holocauststory abhandelt und das für originell gehalten wird, ich qualifiziere das als schweren unfug nach dem 14 stündigen shoa-film und nach imre kertesh. es ist grober unfug nach stiller von max frisch
@solness Könnten Sie – wenn Sie das Buch schon nicht lesen wollen – doch zur Kenntnis nehmen, dass das Identitätsthema hier gerade nicht an der Holocaustproblematik verhandelt wird? Sie machen sich andernfalls lächerlich.
@Solness, und zu Stein (11.7., sonntagmorgens): 1) Es stört mich, Solness, weiterhin, daß Sie anonym denunzieren; Denunzianten spielten in allen totalitären Regimes furchtbare Rollen; dagegen sind selbst Spitzel ihren Auftraggebern namentlich bekannt.
2) Ich habe nicht davon gesprochen, daß ich etwas „ohne Kontext“ rezipiere, sondern gesagt, mich interessiere bei der Beurteilung einer Dichtung die persönliche Geschichte ihres Autors allenfalls marginal. Davon legt mein Werk, insoweit es sich mit anderen Schriftstellern beschäftigt, permanent Zeugnis ab. Diese meine Arbeiten sind >>>> sehr viele, und >>>> einige davon lassen sich sogar frei übers Netz lesen, ja downloaden. Der Ansatz meiner literarischen Interpretationen ist ein kunstimmanenter, kein soziologischer, schon gar nicht ein sozialpsychologischer oder historischer. Das hat seinen Grund darin, daß ich meine, das Wesen eines Kunstwerks zeichne sich dadurch aus, daß es zur Entfaltung seiner Wirkung weder der Kenntnis der historischen noch der personalen Zusammenhänge bedarf, in denen es entstand.
3) Ich habe von Originalität in meinem Text nirgendwo gesprochen; das liegt daran, daß ich sie nicht für das notwendige Kriterium eines Kunstwerkes halte; machte man sie dazu, ginge es um Agit-Prop oder etwas Ähnliches, das gesellschaftlichen Funktionen dient, vor allem, wenn „Originalität“ ein Kriterium des Inhalts sein soll. Dieses eben werfen sie Stein vor, daß dem nicht so sei. Wäre Ihr Vorwurf begründet, könnte kein Liebesgedicht mehr geschrieben werden, das Kunst ist; das gleiche gilt dann für Bilder, Musiken, Plastiken usw.
4) Tatsächlich erzählt Stein k e i n e Holocaustgeschichte. Tatsächlich erzählt ein Strang seines Romans, über den ich aber gar nicht geschrieben habe, von einem Mann, der eine Erinnerung an die Lager hat, die nicht der objektiven Wirklichkeit entspricht. Jan Wechsler deckt dies auf. Was Sie jetzt, ob absichtlich oder nicht, tun, ist, den Vorwurf Wechslers gegenüber Minsky auf Stein zu wenden. Das ist eine ziemlich zynische Volte, die allein dazu dient, Steins eine Grundfrage auszuhebeln – was Wahrheit denn s e i – sowie seine Einlassung, es gebe mehrere Wahrheiten, wobei Sie dieses Aushebeln nicht durch Beantwortung der Frage vornehmen, sondern dadurch, daß Sie die Integrität der Person beschädigen wollen. Auch dieses Verfahren ist aus totalitäte Systemen gut bekannt.
5) Das wird jetzt Ihnen beiden nicht gefallen: Auch der Holocaust ist nicht sakrosankt. Sondern auch er ist, wenn sich Kunst seiner annimmt, Material. Das gilt, insofern er formt, auch für Kertesz. Für die Holocaust-Serie, die im Fernsehen als Trägermittel diente, um Hundefutter zu verkaufen, hat das sowieso gegolten, wenn auch aus anderen, nämlich Gründen des Marktkalküls. Hier wäre Ihr Vorwurf, Solness, angemessen; da aber ziehen Sie sich hinter die Meinung des Mainstreams zurück.
6) Meine Argumente sind nicht bübchenhaft, schon gar nicht naiv, und sind deshalb mit einer solchen Bemerkung nicht zu desinfizieren. Auch hier wieder wird Ihr Versuch deutlich, Argumente dadurch aus der Welt zu schaffen, daß man das Ansehen dessen, der sie ausdrückt, zerstört.
Ich bin gerne bereit, die Angelegenheit hier weiter mitzudiskutieren, aber unter zwei Vorussetzungen:
I) Sie verzichten auf Häme und persönliche Beleidigungen, sondern führen statt dessen eigene Argumente an, die sich tatsächlich auch auf das Buch beziehen, es also kennen müssen.
II) Wenn Sie sich dazu nicht imstande sehen – es mag akzeptable Gründe geben, etwa eigene tiefe Verletzungen -, dann stehen Sie zumindest mit Ihrem Klarnamen ein.
Sollten Sie I) und/oder II) in einem nächsten Kommentar nicht beachten, werde ich ihn löschen, unabhängig davon, was sonst noch darinsteht.
Der wird ganz sicher nix mehr sagen, der schläft seinen Rausch aus. Vielleicht träumte er ja davon, dass er einsieht dass er dummes Zeugs geschrieben hat
ganz nüchtern. schauen sie, mit bestimmten themen verhält es sich so wie mit einem vollgesogenen schwamm. zunächst einmal, wenn man einen vollgesogenen schwamm findet, fällt es erstaunlich leicht, eine menge poetologisches und auch philosophisch relevantes wasser auszuwringen. genau das hat max frisch mit stiller getan, und nicht umsonst wird dieser roman als einer der ganz wichtigen romane des zwanzigsten jahrhunderst gelobt. und jeder, der vorgibt, sich für literatur zu interessieren oder für die frage, wie sich literatur unter dem zeichen der moderne mit dem thema wahrheit /lüge/ geschichte/ identität/Person/Ich etc…auseinandersetzt, muss diesen roman gelesen haben.
wenn nun herr stein sich eines beinahe identischen oder jedenfalls stark ähnlichen dessins bedient, dann muss eine literaturkritik darauf aufmerksam werden und hat dann vergleichend zu befragen, wo der autor hier ein surplus zur stiller-konstruktion liefert. und herr stein muss sich dann die frage eventuell gefallen lassen, warum er das dessin von stiller wiederholt, ich will garnicht sagen: abkupfert.
Es ist ja durchaus möglich, dass Herr Stein den Schwamm von Herrn Frisch nochmal aufnehmen wollte, und jetzt sozusagen die letzten 3 Prozent Wasser ausquetschen wollte, was bekanntlich eine besonders schwere übung ist.
Da die parallele zu frisch so übermäßig augenfällig ist, sie aber in den rezensionen nicht behandelt wird, bleibt mir nichts weiter übrig, als hier ahnungslosigkleit und schlimmeres zu vermuten.
@Solness. Ich kenne den Stiller s e h r gut (er war eines derjenigen Bücher, die meine Ästhetik beeinflußt haben: in >>>> DIE VERWIRRUNG DES GEMÜTS von 1983 wird er exemplarisch zitiert), kann aber außer der höchst oberflächlichen Ähnlichkeit eines Themas ansonsten keine Ähnlichkeiten erkennen. Da Sie aber anderes behaupten, sollten Sie das textexegetisch nachweisen, ansonsten es eben nur böse Nachrede b l e i b t. Rein sprachlich sind die Bücher ohnedies höchst verschieden, schon das macht einen gewichtigen Unterschied.
Nun mag Ihnen Frischs Stiller eine Art Bibel sein; aber zu verlangen, jeder, der etwas zum Thema zu sagen habe, müsse es kennen, greift mir entschieden zu weit, und zwar auch dann, wenn Sie das auf den deutschsprachigen oder meinethalben europäischen Bereich eingrenzen. Für Borges etwa spielte Stiller, auch für Cortázar, überhaupt keine Rolle; meines Wissens auch für den von Ihnen ebenfalls favorisierten Kertesz nicht. Es gibt schätzungsweise 3000 derart kanonische Bücher: wollte ein junger Autor die alle kennen, käme er nicht zum Schreiben. Die Frage, die sich später einmal stellt, ist dann allenfalls die: ob das eine Buch gegen das andere halten wird oder ob beide miteinander halten werden oder ob, auch das ist möglich, keines von beiden. Um das schon vorweg zu klären, müßte man auf die Sprache schauen, müßte man auf die Konstruktion schauen, müßte man die dahinterstehende und gelebte Poetologie betrachten, eben vor allem auch die Differenzen. Wenn Sie das im Fall Stein ./. Frisch tun wollen, dann bitte: Die Dschungel steht solchen Auseinandersetzungen ganz offen; deshalb halte ich meine Rezensionen und die meisten anderen Beiträge auch frei diskutierbar. Was Frischs Stiller anbelangt, wird Ihnen nicht unbekannt sein, daß auch dieses Buch umstritten war und teils noch ist. Man tut einem Roman aber keinen Gefallen, wenn man, um ihn zu verteidigen, andere Romane niedermacht.
Ich finde, daß Stein ein surplus zur Stiller-Frage beigetragen hat, so, wie Sie es fordern. Inwiefern er das n i c h t getan hat, müßten Sie jetzt belegen. Der Handschuh liegt vor Ihren Füßen, jetzt müssen Sie ihn nur noch aufheben.
Herr Solness: Kann das sein, dass Sie bezüglich dieses Romans wieder eine Plagiat-Diskussion anheizen wollen, die für die Qualität von Literatur vollkommen unerheblich ist? Herr Herbst hat ja schon, als es um Helene Hegemann ging, auf viele Plagiatfälle hingewiesen, bei denen das Plagiat sogar besser gewesen ist als das Original. Ich glaube, dass Ihr Versuch ausserdem nach hinten losgeht, weil er mich eigentlich darin bestärkt, das Buch zu kaufen. Auch das ist ein „suplus“, den Sie gar nicht mitbedenken, habe ich den Eindruck.
was für eine diskussion, machen Sie doch einen neuen Thread auf, wir reden über nichtgelesene Bücher und behaupten dann aus welchem Roman sie gestohlen habe,
also ich zum Beispiel meine Teile aus verbrechen und Strafe gelesen zu haben
ich habe nicht umsonst die schwamm-metapher benutzt – eben weil ich es eigentlich für eine obschon schwierige aber eigentlich nicht lohnenswerte übung halte, einem solchen schwamm die letzten drei prozent entlocken zu wollen. Denn bei einem Meisterwerk sind sie immer schon entlockt, wenn auch unausgesprochen.
Ich unterscheide zwischen Literatur und Epochengeräusch. Epochengeräusch sind all die Hunderttausend bücher und autoren, die wie ein fliegenschwarm um eine bestimmte lampe kreisen. Eine solche Lampe ist der Roman und die poetologische Thematik Stiller. Weil er ein hochgeglückter Fall von Verdichtung und formaler Komprimierung ist einer bestimmten poetologischen und lebensweltlichen Problematik der Moderne. Man nennt soetwas Meisterwerk. Und alle Meisterwerke sind Bibeln. Wenn man sich in der Literatur bewegen will, muss man die Lampen eben kennen. Solche Lampen stehen für ein Niveau, dass man selbst dann noch unterbietet, wenn man es gerade so erreicht. Geschieht es nachher, ist man Epigone oder Epochengeräusch. Literatur aber hat die Pflicht Lampe sein zu sollen. Dass man die eine oder andere Fliege auch zu schätzen weiß, oder sich selber gerne mal als Fliege betätigt, will ich garnicht absprechen. Aber man sollte es dann wenigstens wissen. Eine andere Lampe ist der Roman eines Schicksalslosen, eine wieder andere Lampe heißt Alice hinter den Spiegeln oder von mir aus Goethe, oder Cortazar oder Borges, den Frisch auch gekannt hat.
Sie werden nun die Nase rümpfen, weil ich penetrant kanoniserte Werke aufzähle und die ihnen so lieben nichtkanonisierten bei Seite lasse. Auch das hat einen Grund. Weil es eben kein Zufall ist, dass die kanonisierten Werke kanonisert sind, und die anderen eben nicht. Der Grund darin liegt nicht, wie gerne behauptet wird in Seilschaften oder Günstlingsverhältnissen oder Betriebslerei, sondern der Grund für Kanonisierung von Meisterwerken heißt poetologische Resonanz. Das ist ein Aufschwingen oder Zusammenschwingen einer bestimmten formalen und thematischen Erzählhaltung mit einer bestimmten kollektiven Verfasstheit in Erfahrung oder Zeitsituation. Insofern ist jedes Meisterwerk auch ein parabolischer Brenn-und Sammelpunkt, ein Meisterwerk hat eine bestimmte passende Spiegelgeometrie, die zu einem poetologischen Paradigma wird und damit ein ganzes Summen und Epochengeräusch zusammen fassen kann. Deshalb war zum Beispiel auch „Im Westen nichts Neues“ von Remarque die Bibel und eine Lampe für beinahe alle darauf folgende Kriegs oder Antikriegsliteratur. Und wo Jule Verne, Karl May, Lovecraft, Poe, Dostojewskie, Conrad oder Dashiel Hammet für bestimmte Genres stehen, sind auch sie Lampen oder Spiegel mit entsprechend geometrischen Eigenschaften, die das ganze Summen, den ganzen Fliegenschwarm an epiphänomenalen Epochengeräuschliteratur sammeln. Weil das so ist, dass sich in der Literatur, entgegen aller resignativen Unterstellungen die Meisterwerke, die Lampen, früher oder später, durchsetzen. Es sind Refferenzwerke, die in ihrer exemplarischen Dichte stellvertretend für alle Fliegenliteratur leuchten, die diese Lampen epiphänomenal wiederholen, thematisch, poetologisch etc…das ist natürlich und legitim und kann sogar erfolgreich sein, bleibt aber epochengeräusch, kollektives summen.
Insofern ist es sogar legitim zu behaupten, dass in 1 Stiller sich all die Tausend Ministillers versammeln, die nach ihm oder währden dessen geschrieben wurden und einer ähnlichen „Problematik“ verbunden sind. Das gilt selbstverständlich auch für Alice hinter den Spiegeln, in der sich womöglich 1000 mini-Alices, heißen sie nun Borges oder Cortasar, versammeln.
Von den klassischen und noch älteren Vorlagen mal garnicht zu reden.
@Fremder & Kerber. Ganz Ihrer beider Meinung. Zumindest ohne Belege gehört eine solche Diskussion hier nicht hin, und selbst m i t Belegen sagte sie noch immer nichts über die Qualität eines Buches aus. Von meiner Seite aus habe die ich >>>> die Qualität des Romans deutlich begründet, und bislang gab es noch nicht einmal einem einzigen plausiblen Einwand gegen meine Besprechung.
Der Thread, Fremder, den Sie vorschlagen, hat allerdings einigen Reiz; man könnte mit so etwas die Hälfte aller Feuilletons in einen so wamen Regen stellen, daß Inkontinenz nicht länger zu vermeiden wäre.
@Solness zur Kanonisierung. Auch wenn Sie Ihre Pseudonyme wechseln wie hoffentlich auch Ihre Unterhosen, sind Sie anhand der immergleichen Prämissen, in denen sie nicht denken, sondern sich festgefahren haben, leicht zu erkennen. Dies dazu.
Ihr Abstellen auf die kanonisierten Werke hat zum einen den deutlichen Nachteil, daß viele dieser zu ihrer eigenen Zeit alles andere als kanonisiert gewesen sind. Beispiele für „verkannte“ Künstler, die oft erst post mortem zu dem angemessenen Ruhm kamen, gibt es zuhauf; da muß ich wirklich keine Namen mehr nennen. Wir beide haben das auch schon oft diskutiert, so daß ich gar nicht verstehe, weshalb Sie immer und immer wieder mit demselben Zeug kommen, das letztlich allein auf die Seite derer schlägt, die Macht haben. Bereits Benn sagte, Kunst werde gemacht. Ihnen wird das bekannt sein. Gegen Sie spricht des weiteren, das eben Corázar in gar keiner Weise kanonisiert zu sein scheint; er ist unterdessen, fragen Sie mal rum, geradezu vergessen. Umgekehrt kennen hierzulande die wenigsten Lezama Lima, der wiederum für Südamerika, auch für García Márquez, von entscheindender und eben kanonisierter Bedeutung ist. Ein Roman wie mein >>>> WOLPERTINGER hat sicher Vorfahren, aber es gibt dergleichen nicht ein zweites Mal, kanonisiert hin, kanonisiert her; er ist vollkommen anders als alles, was je vor ihm geschrieben wurde. Seine Kanonisierung wird folgen, man kann das sogar schon beobachten – nein, nicht im Tagesgeschäft des Literaturbetriebs, aber dieses lebt davon, jedes Halbjahr neue Meisterwerke zu plazieren, ex und hopp, dann wieder weg.
Ich habe in Sachen Stein das Wort „Meisterwerk“ übrigens vermieden; es ist auch unangemessen, von jedem Buch zu verlangen, daß es eines sei. Tarzan etwa ist eine der ganz großen popmythischen Figuren des 20. Jahrhunderts geworden, unabhängig davon, daß es sich bei Bourroughs‘ Romanen ganz sicher a u c h um Plagiate handelte, nämlich von Kipling, der wiederum bei uns nach wie vor nicht kanonisiert ist, obwohl er an die Seite Shakespeares gehört. Das hat politische Gründe. Sein Mowgli wurde von Disney bis ins Absurde entstellt, aber so erst berühmt und Kanon. Die Prozesse sind kompliziert, oft von Marktstrategien gesteuert, also industrielle; das trifft auch auf Kertesz zu. Wenn etwas „gut paßt“, wird es zum Kanon gemacht, unabhängig davon, ob es sich um ein Meisterwerk oder eines fünfter Klasse handelt. In Deutschland sind nach dem Krieg ganz bewußt Autoren zum Schweigen und zum Vergessenwerden gebracht worden, die Gruppe 47 hat daran heftig und auf das brustalste mitgestrickt; als die 69er die „Macht“ übernahmen, kam es zu ähnlichen Prozessen. Erst viel vergehende Zeit wird das auswaschen. An diesem Auswaschprozeß arbeite unter anderem ich mit Nachdruck mit. Daß Ihnen das nicht paßt, stehe dahin; die Motivation ist in Ihrer Prägung und/oder politischen Absicht zu suchen. Kleist gehört heute wie Hölderlin zum Kanon, das werden Sie kaum bestreiten. Zu ihrer Zeit waren sie belächelt oder verhetzt; Wolf von Niebelschütz ist einer der größten Prosadichter, die die deutsche Sprache j e m a l s hatte, zum Kanon gehört er noch immer nicht. Es gibt, wie gesagt, Hunderte solcher Namen, übrigens auch in der Musik. Gustav Mahler erlebte ebenfalls seine Kanonisierung nicht mehr, blieb umstritten, oft auch verlacht bis zu seinem Tod und darüber hinaus. Es war eine Anstrengung ihm Folgender, seinen Rang klarzustellen.
Sie hingegen, Solness, sind immer auf der Seite des status quo. Ja, hiermit haben Sie wahrscheinlich recht: „Das ist ein Aufschwingen oder Zusammenschwingen einer bestimmten formalen und thematischen Erzählhaltung mit einer bestimmten kollektiven Verfasstheit in Erfahrung oder Zeitsituation.“ Nur daß sich die kollektiven Verfaßtheiten ständig ändern; deshalb werden vergessene Künstler scheinbar plötzlich relevant. Dazu kommt, in der Marktgesellschaft, daß ein Publikum überhaupt erst einmal erfahren muß, daß es dieses und jenes Kunstwerk überhaupt gibt. Auch das, wenn man kontrazyklisch arbeitet, braucht seine Zeit. Zudem läuft Kanonisierung nicht unbedingt über das Publikum; es können auch andere, folgende Künstler sein, die, weil von einem Werk stark beeinflußt, die Kanonisierung erreichen. In diese Kategorie fällt zum Beispiel Aragons „Le paysan de Paris“, ja sogar Bretons „Nadja“.
Ganz nebenbei bemerkt, liest das Publikum am allerliebsten Bücher, für die ein Kanon gar nicht vorgesehen ist: das sind dann Bestseller von Sagan bis King, Romane der Unterhaltungsliteratur, die sehr wohl etwas erfüllen, das man von Büchern auch erwarten darf. Die wenigstens Schriftsteller dieser Welt gehören in einen Kanon, aber sie schreiben, was sie schreiben, im Rahmen ihres Könnens sehr gut; sich darüber zu erheben, wäre absurd. Bei Benjamin Stein hat sich mir die Frage der Kanonisierung überhaupt nicht gestellt. Ich las einen Roman, mich interessierte, ob er und wie gut er funktioniert. Der Roman ist gelungen. Ob er’s in den Kanon schaffen wird, und in welchen, Jesses, was spielt das für eine Rolle für die Leser?
@solness Sehr geehrtes Solmess (mir ist nicht bekannt, ob es sich bei Ihnen um DIE oder DEN Solness handelt, Sie werden mir also die neutrale Anrede im Neutrum nachsehen),
Ihre Kanonisierung von Literatur ist – ich finde das bedauerlich – in bestimmten Kreisen durchaus üblich. Sie ist die Kanonisierung deutscher Oberstudienräte. Sie zielt nicht ab auf die Qualtität von Büchern, sondern ihre Verwertbarkeit für einen elitären Bildungskanon, dessen Maß an Mittelmäßigkeit durch das Hinzuwählen wirklich ganz erstklassiger Bücher verdeckt wird. „Stiller“ ist so ein Verdeckungsbuch im Rahmen dieses Kanons.
Der Kanon hat aber einen Kausalitätsfehler. Es ist, bei der Menge an bekannter und weitgehend unbekannter Literatur ganz unmöglich ein Buch zu schreiben, welches nicht in Teilen – oder, hat der Autor Pech, zur Gänze – ein Plagiat darstellt. Nun ist in der Menge der unbekannten Bücher (kleine Verlage, mangelnde Anzahl an Besprechungen, falsche Herkunftsländer) allerdings mit absoluter Sicherheit auch das eine oder andere Buch enthalten, welches, wäre es nur bekannt, in den Kanon, auch der Oberstudienräte, gehörte. Sie kennen es jedoch nicht, und deshalb ist es nicht kanonisiert. Hinzukommt, dass nicht epochenbezogene, zeitgeistige, also über den Entstehungszeitraum hinaus wirkende Literatur auch dann noch besteht, sozusagen als Welle im Literaturraum, wenn es das Werk gar nicht mehr gibt. Es kann ja gewirkt haben auf noch bestehende Werke.
Ein Beispiel dazu: Der Buchverlust am Ende der Antike ist in seinen Stückzahlen (Werke, Auflagen) erst zu Beginn des 20.sten Jahrhunderts hinsichtlich der Zahlen wieder ausgeglichen worden. Die Anzahl der Werke (nicht der Auflagen), die in den Büchereien des Röm. Reiches dem Leser zur Verfügung stand, entsprach dem Stand, der in 1920ger Jahren gelesen werden konnte. Es ist überhaupt nicht nachzuvollziehen, wie und wie sehr diese verschollenen Bücher in die Werke damals zeitgenössischer Autoren eingeflossen sind, ob sie möglicherweise gar nicht verloren waren, sondern in Klöstern vor sich hindämmerten usw.
Ein wesentliches Werk in deutscher Sprache sind ohne Frage die „Niebelungen“. Es ist unbestritten, dass die „Niebelungen“ auf mehreren anderen Reigen basieren. Handelt es sich folglich – in Ihrer Logik – bei den Niebelungen um „Fliegenliteratur“?
Handelt es sich um „Fliegenliteratur“ bei „Tristan und Isolde“, beim Simplicissismus, bei Falladas „Ein Mann will noch oben“, bei Döblins „Alexanderplatz“, bei Shakespeares „Hamlet“, bei seinen „Lustigen Weibern von Windsor“. Und wie wollen Sie dann die „Dreigroschenoper“ benennen?
Sie haben sich verrannt in etwas, in das sie sich zwar nicht allein verrannt haben, was aber ein durchaus bekämpfenswerter Gedanke ist: Die Reduktion von Literatur auf einen durch jene festgelegten Kanon, welche die großbürgerliche Bildungsmacht innehaben. Man muss verhindern, dass solche Positionen wieder in eine ordentliche Literaturkritik einfließen, jedenfalls über das Maß an Kontamination hinaus, welches eh‘ nicht zu verhindern ist.
tatsächlich… herbst, haben sie ja recht mit ihrem hinweis auf die „verkannten“, ich sagte ja auch früher oder später, weil kanonische resonanz auch zukunftsfähig sein kann, durchaus durchaus…deshalb darf jeder autor sich auch für einen verdrängten oder verkannten halten, einverstanden, dass ein buch originell oder noch nie dagewesen ist, ist noch kein zeichen für kanonische autorität, erst die resonanz erzeugt den kanon. Ein Meisterwerk hat sogar deshalb immer auch eine Spur Opportunität in sich. Ich könnte auch relevanz sagen, damit meine ich etwas anderes als vereinzeltes sich in clubs treffende kennerschaften des Auskennertums. Mit Tarzan oder Harry Potter täte ich mich ebenso anfreunden und sie sogar als Lampen in einem besteimmten Genre bezeichnen. Solchen Werken kommt das Priveleg zu, zukünftige Codes und Phantasien zu zeugen, die dann ganze Generationen – heute von Kindern und später von Erwachsenen autobiografisch signieren. Das gilt auch für comics oder Pulp
@sukow: sorry, wir denken und leben in kontexten und in einer zunehmend sich darstelllenen Epoche der Gleichzeitigkeit. dass der roman stiller so und nicht anders existiert, ist hier und jetzt nicht zu ändern, ebensowenig macht es sinn, auf verschollene oder verbrannte Werke von Alexandria zu verweisen…
Mir fällt auf, dass ausgerechnet in Zirkeln, wo die sogenannte Kennerschaft sich stark auf Aussenseiter, Orchideen, Abseitigkeiten, Skurilitäten, Verkannten und Verschwiegenen auf ein Wiederentdecken oder auf ein Nochnichtentdecktes luxuriert und augenzwinkernd kultiviert wird, ein simpler Hinweis auf einen durchaus bekannten Roman, der aber wirklich meisterhaft entwickelt ist, plötzlich auf Unverständnis stößt.
Ich sage es aber ausdrücklich: Es ging mit nicht darum, ein Plagiat zu unterstellen, sondern nur eine gewissen Gedächtnislosigkeit gegenüber einem Meisterwerk.
Sie haben Angst dass man ihren Stiller vergessen könnte, was schon absurd ist, weil er, der Stiller sich doch vergessen hat
@Solness zum Stiller. Wir sind da gar nicht uneins, den Stiller für eines der Großen Bücher zu halten; er hat nur de facto ziemlich wenig mit Steins Roman zu tun, bzw. umgekehrt. Vielmehr haben Sie einen Zusammenhang unterstellt, dessen Gründe Sie nach wie vor schuldig bleiben; aber dazu müßten Sie Steins Roman halt auch lesen. Ohne das geht es nicht.
Resonanz: Ja. Le Paysan de Paris verkaufte sich in seinen ersten 15 Jahren kaum 1400 mal, die Resonanz verlief anders. Für Niebelschütz gilt etwas ganz Gleiches, für meinen Wolpertinger auch: das sind Bücher, die nicht verschwinden, sondern immer wieder auftauchen, genannt werden, kurz: wirken. ANDERSWELT wird ein ähnliches Schicksal haben, hat es ja auch schon, nur daß eben der dritte Band noch fehlt. Manche Bücher werden über die Universitäten weitergereicht, Jelinek ist dafür ein Beispiel, andere Bücher werden von Kennerhand zu Kennerhand weitergegeben, geradezu weitervererbt: da spielt so etwas wie „das geheime Buch“ eine Rolle. Dann gibt es die kanonisierten Bücher, die überhaupt kaum jemand las oder vergleichsweise wenige, jedenfalls kein großes Publikum; denken Sie an den Ulysses oder den Mann ohne Eigenschaften. Ich will damit nur sagen, daß es einen Kanon nicht g i b t, sondern er w i r d ständig, manche Bücher, die drinwaren, verschwinden wieder, andere kommen hinzu, das unterliegt alles so sehr den Zeitläuften. Erst wenn wir zu einer Zeit gehörigen Abstand haben, können wir einigermaßer sicher sagen, w a s Kanon ist: Odysses und Ilias, Hamlet, Faust (beider: Marlowes und Goethes), Simplicius, Oden an die Nacht, die allererste Moderne noch: Breton, Döblin und Benn – danach ist alles alles offen, auch Stiller ist, für diesen Kanon, noch offen, und Kertesz sowieso, genauso wie Böll oder Handke oder ich selber. Mein Problem mit Ihrer Haltung ist die normative Vorverurteilung von etwas, das Sie nicht wissen können. Für sich selbst freilich können und dürfen Sie das meinen. Aber Sie publizieren Ihre Normation, noch dazu anonym, unter die Besprechung eines lebenden Autors, ohne – a l s Publikation – darüber nachzudenken, wie ungesichert Ihre Position ist, bzw. nutzen Sie sie, um zu schaden – das heißt: Sie selber sind dabei, den Kanon herzustellen und gehen dafür den ungefährdeten Weg des common sense; damit das funktioniert und möglichst gesichert wirkt, schließen Sie Ihnen offenbar unliebsame Gegenwartsautoren aus; „unliebsam“ war in Ihren ersten, sehr persönlich gefärbten Beiträgen zu spüren. Und zugleich geben Sie zu, das Werk überhaupt nicht gelesen haben, ja rhetorisch machen Sie diesen an sich gegen Sie sprechenden Umstand zu einem Kriterium besonderer Autorität.
Das wird nix mehr herr Herbst, er wird es immer wieder sagen, vielleicht ist er ja Stiller selbst?
meinen sie das ernst? sie nennen sich selbst neben böll und handke? ist das ein witz? sind sie depressiv, dass sie so größenwahnsinnig werden?
@Löbichau: Sie sind uninformiert. Das stammt nicht von mir. Neben Handke (und zwei anderen wichtigen Autoren) wird mein Werk >>>> dort und a l s eines der poetologisch wichtigsten >>>> da angeführt; es gäbe noch weitere Quellen, aber diese mögen als Einstieg Ihren Recherchen genügen. Vielleicht helfen die Ihrem Realismus ein wenig auf die Beine, auch wenn der als solcher mit Mißgunst nichts zu tun hat und Ihrem Anliegen deshalb zuwiderläuft.
Was Böll anbelangt, finde ich ihn – mit Ausnahme der Katharina Blum – ästhetisch viel zu uninteressant, um einen Vergleich mit ihm überhaupt in Betracht zu ziehen.
(Ich weiß schon, ich weiß schon: jetzt kommt gleich wieder jemand und sagt, daß ein Eigenlob stinke. Nur daß es sich um Lob gar nicht handelt, sondern um eine Tatsachenfeststellung. Die wenigstens wird einem Betroffenen doch wohl zugestanden werden.)
das ist doch garnicht maßgeblich, was in Privat-literaturlexikas steht, zumal Kindler und Metzler die bedeutenden sind. In der Branche wird Killy belächelt. Wer ist denn Ralph Schnell? Wenn Sie mal ein Literaturlexikon von vor hundert Jahren durchsehen – siebzig prozent vergessene namen.
@Löbichau zur Selbstentlarvung: 1) Der Plural lautet Lexika.
2) Ralf Schnells Lexikon ist bei Metzler erschienen.
3) Ihre Branchenkenntnis scheint insofern umfassend zu sein.
4) Der Killy gilt, „zumindest“ international, als das bedeutendste Lexikon der deutschsprachigen Literatur insgesamt. Es interessiert mich ernstlich, wer die Lächler also sind. Bilden auch die den Plural von „Lexikon“ falsch?
5) Zu Ralf Schnell wird man sehr schnell fündig, sofern man Kenntnis besitzt.
6) In hundert Jahren wird auch ein Heinrich Böll komisch in einem Lexikon wirken, meine Arbeit hingegen durchaus nicht.
7) Es täte Ihnen, anstelle anonym Unfug zu schreiben, besser, Sie läsen meine Bücher und urteilten d a n n.
(Aus dem Krankenhaus auf fremder Tastatur. Mit viel Lachen der Freundin.)
@ ANH zwei köpfe, ein gedanke. nachfolgende replik von mir ist damit obsolet.
11.54 Uhr:
von welcher „branche“, löbichau, reden Sie den bitte, die den Killy belächle. das würde mich schon interessieren. vielleicht kann ja auch die auskunft jemandes, der „lexikas“ als plural von „lexikon“ ansieht, weiterführen, mindestens aber unterhalten.Ihr hättet ihm schon sagen müssen, dass es sich beim „Killy“ um das Bertelsmann Literaturlexikon handelt. Wie soll er das wissen? Jetzt denkt er doch: „Killy …? Nie gehört. Wird wohl was Privates sein“.
Vielleicht sind ihm auch Lexika unter 20 Bänden nichts wert. Und der Killy hat ja lediglich 15.
Ich frage mich allerdings instinktiv, seit wann denn die anderen Verlage, welche Literaturlexika herausbringen, nicht privat sind. Aber vermutlich bin ich wieder zu pingelig.
herr aikmaier das sind doch alles kumpelbetriebe, genau wie ihre peinliche buchbesprechung, bei 15 bänden, das ist dann sicher auch otto walkes drin, sehr schön.
ich frage mich ernsthaft, welche bedeutsamkeit hier ausgestellt werden soll.
bedeutsam ist, wer stellvertretend für die deutsche sprache als botschafter internationale ausstrahlung hat, und nicht, wer sich was drauf einbildet, in einem lexika genannt zu werden, in einem lexikon stehen so zeimlich alle autoren, die mal was veröffentlicht haben.
löbichau hat sich jetzt genug selbst diskreditiert, so dass weitere Beiträge von oder zu ihm unnötig sind – und zwar sowas von.
Meine Berliner Sekretärin sagt dazu nur: gar nicht erst ignorieren
@profi Du gönnst uns aber auch gar keinen Spaß. Ich finde Löbichau total krass fett lustig. Eine kolossale Chose, die Nummer mit den 15 Bänden. Diese unerwartbare und deshalb so tief – ob ihrer Eigenwilligkeit – befriedigende Argumentation. Fast wie eine Kinskyiade aus einem alten Edgar Wallace Film. Ich empfinde es gar als Verlust, dass nicht jeder einen Löbichau hat. Man holt ihn aus dem Schrank, wenn einem langweilig ist und lässt ihn lustige Sachen sagen.
zu Löbichau @profi & aikmaier: Man sollte ihm aber d o c h sagen – weil das, was hier steht, dauerhaft dasteht und auch von Menschen gelesen wird, die den Unfug nicht als Unfug erkennen können, zum Beispiel, weil sie schlicht in ganz anderen Zusammenhängen als denen des Literaturbetriebs stehen-, – also man sollte ihnen sagen, daß g e r a d e der Killy die proklamierte „internationale Ausstrahlung“ hat, jedenfalls mehr als Kindler; er ist für die ausländische Germanistik d i e Referenz; ihn als Privatlexikon zu bezeichnen, ist bewußte üble Nachrede, in diesem Fall wohl einzig, weil Herrn Löbichau der Herbst nicht paßt: er liegt ihm so schwer im Magen, daß er ihn rauswürgen möchte. Was er ja dürfte, nur eben aus der Literatur nicht; der ist sein Magen, und Herr Löbichau beklagt’s, ganz egal.
Des weiteren, was den Umfang betrifft, ist wiederum nicht Herrn Löbichau, sondern diesen Lesern, die es anders nicht wissen, zu sagen, daß der Killy die deutschsprachige Literatur seit ihren Anfängen dokumentiert, so daß 15 Bände vergleichsweise wenige sind und die Auswahl eher strenger als bei anderen nur auf Gegenartsliteratur bezogenen Lexika.
Im übrigen ist, was aus der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur internationale Ausstrahlung hat, noch gar nicht heraus, jedenfalls nicht auf Dauer. Es ist ein reines Markt-Argument, wie wir es von Herrn Löbichau und seinen Kumpanen schon öfter lesen konnten: Gut sei, was sich verkaufe. Der Herr Löbichau weiß wahrscheinlich ganz genau, wer, wann und warum Übersetzungen fördert, welche immergleichen Leute in den Juries sitzen, die über Fördergelder bestimmen usw. Unabhängig von Fördergeldern sind es B e s t s e l l e r, die übersetzt werden, darunter befaßt ist der gesamte Bereich der Unterhaltungsliteratur von Konsalik aufwärts. Das ist ganz offensichtlich die Art Dichtung, die Herr Löbichau schätzt. Dazu kommen themenbezogene Übersetzungen: „gut geht“ zum Beispiel alles mit Auschwitz und mit DDR; auch da spielen ästhetische Gründe keine Rolle, es können hervorragende Bücher sein und miese, völlig schnuppe. Für die internationale Ausstrahlung spielt, wie für die im eigenen Land, auch der Faktor Zeit eine Rolle. Ich habe schon oft an Kleist erinnert, an Hölderlin usw.: deren tatsächliche Rezeption erst viel später eingesetzt hat, als sie ihr Werk schrieben, ja imgrunde erst post mortem. Daneben dann gibt es jene Bücher, die an sich unübersetzbar sind und deshalb, sind sie berühmt geworden, fast in Jahrzehnteabständen neue Übersetzuungen erhalten, weil Übersetzungen altern, die Originalwerke indessen nicht. Dazu jene anderen Werke, an denen man sich erst gar nicht versucht, weil eine Übersetzung den ökonomischen Rahmen sprengte usw. usf. Der ganze Komplex ist zu kompliziert, als daß man – wie Löbichau vorschnell-unwissend, ja wäre nicht eben Absicht zu vermuten, fast rührend naiv tut – mit so schnellen Urteilen zur Hand sein kann.
doch, doch Leander, ich gönne Ihnen Ihren Spaß. Möchte gar nicht wissen, was Sie alles noch aus Ihren Schränken holen können, wenn Sie Spaß haben wollen.
ICH BITTE, DIE DISKUSSION ÜBER DEN KANON HIERMIT ABZUSCHLIEßEN. Denn sie führt von meiner Besprechung des Romanes hinweg, und von ihm selber sowieso. Es wird an vielen weiteren Orten Der Dschungel Gelegenheit genug sein, das Thema wieder aufzunehmen.
D’accord Ich habe mir in gestern und heute die Mühe angetan, im Netz fast alles Rezensionen zu lesen, denen ich habhaft werden konnte. Und auch wenn einige darunter waren, die durchaus lesenswert waren, so scheint mir diese hier doch die zu sein, welche am stärksten in die Tiefe leuchtet. Sie hält sich nicht auf dem Staunen darüber, wie das Buch geschrieben ist. Eine Schwäche, vieler anderer.
Dass mir der Roman zu sehr in religiösem Wasser badet, ist eine Sache, die mich beschwert, aber eben nur mich. Sie hat nichts damit zu tun, dass es sich gleichwohl um ein großes Buch handelt und ich wäre, hatte ich ihn ganz gelesen und nicht nur in Auszügen, vielleicht – aber wer kann das schon wissen – geneigt, ihn ein, sozusagen von mir innerlich abgelehntes, Meisterstück zu heißen. Zum Meisterwerk allerdings wäre es dann noch ein weiter Weg. Man darf nicht zu freigiebig sein, mit solchen Attributen. Außerdem kann man Schriftsteller mit den Ordensbändern der Meistermedallien auch zu leicht an den morschen Bäumen des allgemeinen Wohlgefallens aufhängen.
Ich möchte, das ist ja vielleicht interessant für viele Leser des Romans, oder solche, die ihn lesen wollen, auf diese Seite hinweisen, wo eine Lesung von 10 Seiten zu finden ist:
http://www.zehnseiten.de
Man muss jedoch nach „Stein“ suchen oder nach „Leinwand“. Dann wird der Film angezeigt.
Ich habe mir den Roman in der Gernstner Strasse gleich hinter der Bananenfabrik gekauft,dort steht immer ein bettler mit einem Anzug den sich in der Gegend keiner leisten kann.
Der Romnan ist mystisch, ich mag ihn, ich habe ihn gleich gelesen als ich zuhause ankam.
Den ersten Teil sofort verschlungen, giing runter wie öl, alleine die verschiedenen Facetten, grandios.
Es kostete mich Mühe mich an anderes zu konzentrieren, war bis zum letzten Moment gefesselt.
Schlag das Buch für daen Buchpreis vor, muss man kaufen
Für unsere Literaturgruppe haben wir dreißg eordert, hoffen dass sie bald eintreffen, damit wir das Lesen beginnen können, unser Herr Wransinger hat es schon gelesen und ist begeistert. Es ist unfassbar dass es so ein Buch gibt, das waren seine Worte.