Die letzten Tage 114

Heute, dachte ich, gehe es mir besser nach zwei-drei Tagen eines Gefühls der Hinfälligkeit. Das kniff in den Magen einmal, machte das Herz zum Boxhandschuh andere Male, schleppte mich im Schleichgang, Schlafensmüdigkeit. Schleichende Grippe? S. habe eine solche in Trapani am Tag vor dem Rückflug befallen. Die aber nicht schleichend war, sondern sich eher drastisch äußerte. Indes führte das zur Abschaffung der Unmengen hochkonzentrierten Filterkaffees am Vormittag. Es geht tatsächlich ohne. Trank lediglich einen Espresso gegenüber dem Kalkwerk in der Bar an der Landstraße, die nach Narni Scalo hinabführt. Merkwürdigerweise bestärkte mich gestern in diesem Beschlusse >>> Jung-Stilling: ‚Beweis für den Bürger und Landmann, daß der Caffe für die Gesundheit, für die Haushaltung und für das ganze Land ein höchstschädliches Getränke sey’. Ich werde wohl wieder auf ital. Caffè umsteigen. Weiter nachgedacht über das frei werdende Zimmer. Es haben und dort wohnen wäre tatsächlich ein weiterer Schritt nach vorn (zur ‚Emanzipation’ fällt mir nicht zu Unrecht ein: man muß nur meine vier Jahre Tagebuch lesen (die eine längere Pause nicht mitgerechnet), um das nachvollziehen zu können (wie viele Seiten mögen das sein, die ich vielleicht gar nicht mehr wiederlesen möchte?)), also ein durchaus richtiger Schritt. – Die Abwesenheit aus Deutschland (ich muß mir immer wieder ins Gedächtnis zurückrufen, daß im Oktober mein dt. Reisepaß abläuft! heißt, ich muß zum Konsulat, unbedingt) läßt mir das Niedersächsische völlig in eine Ferne abdriften, die zwar mit den Begriffen Kartoffelroden und Winterjacke etwas anzufangen, aber aus der Begrifflichkeit selbst nicht herauszukommen vermag. Ich hatte zunächst meine Schwester am Telefon, als ich dem einen Neffen dort zum Geburtstag gratulieren wollte. Ihr Mann, mein Schwager, der müsse beim Kartoffelroden für meinen Cousin, den Bauern, schon eine Winterjacke tragen. Denn seit sein alter Arbeitgeber Karstadt (leitende Position) pleite ist, hat er sich – scheint’s – auf landwirtschaftliche Hilfsarbeiten verlegt, dieweil die erfolglose Arbeitssuche (aber eben schon über 50) die Zeit immer näher rücken läßt, in der Hartz IV zuschnappt. Sie, meine Schwester, habe Depressionen, und das dumme Gelabere würde sie nerven, das sie von VW-Arbeitern zu hören bekämen, die sich mit ihrer Arbeit brüsteten. Na, ich bin jedenfalls froh, damals dort nicht hängengeblieben zu sein, bei VW.

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