Die letzten Tage 115

Neben der obersten Treppenstufe zum Hof saß wartend der schwarze Kater von Noè und Tara, die jetzt bei der Mutter in Holland sind und dort zur Schule gehen. Der Vater in Neapel, und die Wohnung leer: dann solle er eben zum streunenden Kater werden, meinte er. In der Mitte klaffte leer eine Schachtel Katzenfutter. Danilo natürlich nicht da, und obwohl ich weiß, wo der Schlüssel liegt, mochte ich wenigstens dieses Mal mich nicht stikum in der Wohnung umsehen. Das andere Mal, als S. hier war, zögerte ich allerdings nicht. Hochgefahren in die Oberstadt war ich, weil einer der Neffen mich gestern abend noch anrief. Sein Problem: er hat das Nintendo-Gerät eines Freundes fallen lassen, wobei der Bildschirm unwiederbringlich zu Bruch ging. Das liegt schon einige Zeit zurück, und er versucht dauernd bei e-bay ein Ersatzgerät zu finden. Er fragte mich, ob ich eine Kreditkarte hätte, denn seine Mutter habe keine. Da ich bejahte, fragte er, ob ich nicht vorbeikommen wolle morgen, ich könne ja dann eventuell zum Abendessen bleiben. Allerdings erwies sich das dann als Flop, weil überall paypal angegeben war, und ich sowieso nicht sehr große Lust hatte, meine Daten dort einzugeben. Weshalb dann mit der Mutter ein Kompromiß gefunden wurde: sie würde mit der Mutter des Freundes sprechen und sich anderweitig einigen, ohne daß der gute E. mit seinen dreizehn Jahren im Internet Geschäfte abschließen muß. Und die Sache vom Tisch ist, die ihn scheinbar sehr in Anspruch nimmt. Da ich Zeit hatte, ging ich zum Dom hinauf wie Einer, der schnuppert, wie’s Wohnen dort sein könnte. Bei der Aussicht dort oben ein schwer zu unterdrückendes „Meins“. Dann beim Hinuntergehen das mit Puppen vollgestellte Fenster, die von den Anwohnern gepflegten Pflanzen- und Blumenecken an der Straße, die blinden und zum Teil zerbrochenen Fenster leer stehender Palazzi. Zum Abendessen blieb ich nicht, hatte selber schon mein Menü (Hühnerbrust mit Reis, reichlich Peperoncino (mein Salzersatz) und einer Dose Polpa di Pomodoro) und mochte nicht warten, zumal ein solches Warten meist mit durchgehenden Nerven auf Mutter- und Neffenseite durchwachsen. – Die Fassade scheint fertig zu sein. Denn heute morgen waren andere Arbeiter da, die sich heftig hämmernd mit den Balkonen zu schaffen machten, deren Ränder bereits neue Mörtelstreifen aufweisen. Es war ansonsten auch für mich ein normaler Arbeitstag: vier Abgabetermine. Und Donnerstag nachmittag Rom: Zahnarzt und wahrscheinlich auch ein neunzigjähriger Auftraggeber am anderen Ende der Linie A, dem ich etwas über Steuerhinterziehung aus der deutschen Gesetzgebung übersetzen soll (die Böhmin wieder mal als Vermittlerin), der mich heute dann anrief, auch richtig eine Mail schickte, aber ohne die attachments. Er wolle sich – so beim zweiten Telefonat – morgen von jemandem helfen lassen. Zu dem dann, um das Geld einzukassieren. „Ho novanta anni.“

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