5.10 Uhr:
[Arbeitswohnung. ]
Ein weiterer Nachtrag, bei dem ich aber nicht sicher bin, ob Du diesen Fehler nicht mit schelmischem Grinsen hast absichtlich stehen lassen: Fahnen, S.20, Zeile 1: „Lützowbarbar“…… also das zweite „bar“ sollte schon weg. Schließlich führe ich hier keinen gallischen Krieg.
Dies war das erste, was ich heute morgen schrieb, an die >>>> Kulturmaschinen nämlich; keine Ahnung, weshalb mir dieser typische Laptop-Satzfehler abermals entgangen war, so daß er selbst in den letzten Fahnen stehenblieb; ich war schon einmal darauf aufmerksam gemacht worden. Diesmal tat es der Journalist, der gestern nacht ins Soupanova hinzukam, wo >>>> Brossmann, >>>> Schlinkert und ich beisammensaßen, der frisch promovierte Letztre noch voller Brass wegen der Guttenbergsache, in der ich selbst unterdessen ein wenig von >>>> meiner Verteidigungshaltung abrücken mußte, wofür ich >>>> die Gründe schon angedeutet habe. Jedenfalls diskutierten wir den Fall abermals. Darüber, daß der eigentliche Skandal einer ist, der die Bayreuther Universität betrifft und deren „Reinheit”, waren wir einig. Brossmann wiederum machte ziemlich deutlich, es sei ja unterdessen fast Usus, Ghostwriter zu beschäftigen; de facto ist das ein Betrug, ob allerdings auch justiziabel, wird sich zeigen. „Aber wie anders hätte der Mann seine Promotion wohl auch schreiben können?” fragte mich Helbig in einer Email. „Er war doch Mitglied des Bundestags, dazu noch seine Familie.” Da muß jetzt „nur” noch ein Kläger her, einer, dem geschadet wurde. Letztlich könnte das jeder gerade Promovierte sein, der sich von dem getürkten Verfahren verletzt fühlt – tatsächlich handelt es sich um eine zumindest Ehrenverletzung aller, die ihre Dissertation in langjähriger Arbeit und unter einigen Entbehrungen wissenschaftlich korrekt erarbeitet haben. Den Schlag in deren Gesicht hat aber weniger Guttenberg geführt, der sich halt durchmogeln wollte, als der Doktervater, nämlich der Staatsrechtler >>>> Peter Häberle, der den zumal mit cum laude bewerteten Vorgang mit allerhöchster Autoriät gedeckt hat, sowie die Zweitgutachter und Beisitzer der Promotionsverteidigung.
Was einen aber wirklich erschrecken kann, das ist, daß Guttenberg trotz seines Betrugsversuches im Volk höchst beliebt bleibt; ich mußte denken: wegen seines Betrugsversuchs. Schlinkert sagte: „Die Leute meinen, der schummelt ganz wie wir.” Was mich dann durchaus an die ungebrochene Sympathie erinnerte, die gerade wegen seines Wahlbetruges George W. Bush im Volk behielt, und auch der Fall Berlusconis, der ja nun schon eine ganze Armee von Fällen ist, kann einem da in den Sinn wehn. Wer sich hier wehrt, gehört zu einer dünnen Schicht Intellektueller, die ohnedies dem WirsinddasVolk rein phänotypisch verdächtig ist.
Jedenfalls kam RD hinzu, der schon durch die ihm zugesandten Chapelle-Fahnen geblättert hatte und dem der oben monierte Fehler gleich aufgefallen war. Noch indes ist er zu beheben, da die Fahnen erst heute nachmittag an die Druckerei gehen sollen.
Um zwölf lag ich, nach einem kurzen Telefonat mit Wien, auf meinem Couchbett und schlief auch sofort ein
um pünktlich um halb fünf aufzuwachen und mich um Viertel vor fünf zu erheben. Es geht jetzt sofort an die Überarbeitung des Jungenromans. Da unter der kulinarisch diplomatisierten Schiedsgerichtsbarkeit >>>> Dr. No’s am Abend das Aussprache-Treffen mit >>>> Aléa Torik stattfinden soll, werde ich das heutige Training ausfallen lassen müssen, sonst schaffe ich’s mit dem Text bis morgen abend nicht; auch >>>> dahin kann ich deshalb nicht zur Premiere, sondern erst morgen in die zweite Aufführung.
Noch ist im ersten Latte macchiato des Tages was drin.
6.10 Uhr:
Jetzt n i c h t mehr.
8.29 Uhr:
Zur vorgeblichen Erbärmlichkeit Guttenbergs – weil dies einen nächsten Gedankenstrang eröffnet – getrennt >>>> d o r t als Kommentar.
Weiter mit dem Jungenroman; bin auf TS 29. Dazu: Pfefferminztee.
13.22 Uhr:
Bis eben an der Überarbeitung gesessen, die mir eigentlich gut von der Hand geht; bis zur TS-Seite 53 oben bin ich gekommen, Beginn des Kapitels 20. Es sind kinderbuchgemäß immer kurze Kapitel; überdies achte ich jetzt darauf, daß die Absätze nicht zu lang durcherzählt sind, sondern der Text zugleich locker läuft, wie zum Weiterlesen verlockt, Absatz für Absatz und mit Cliffhangers an den Kapitelenden. Dazu baue ich eine quasi-kommentierende Ebene ein, die das Digressive des Textes, das für meine Arbeit sehr typisch ist, wie auf einem Balancierseil im Gleichgewicht hält. So etwas geht erst, wenn man das gesamte Geschehen des Buches ständig überblickt. Reines Handwerk.
Zwischendurch immer ein bißchen >>>> weiter mit dem Guttenberg, außerdem einen Weißkohleintopf gekocht, damit mein Junge, der gleich hiersein wird, sein Mittagessen hat. Nach dem Essen arbeite ich ohne Mittagsschlaf weiter; es wird mir sonst bis morgen abend zu knapp. Sport, wie schon geschrieben, entfällt; doch zu dem abendlichen Treffen muß ich eh knapp 25 km radeln, hin und zurück, und heute wäre sowieso wieder Cardio drangewesen.
Das Literaturhaus Kiel hat sich gemeldet; nun wird es auch dort eine Vorstellung der Bamberger Elegien geben. Nur das genaue Datum müssen wir noch bestimmen.
Ah… die Tür…
17.56 Uhr:
Bis eben durchgearbeitet, zur Seite 77 gelangt; dann werde ich morgen auch fertig. Eben noch schnell geduscht und rasiert und gekleidet, und gleich muß ich auch schon weg. Ich hab nämlich nachgesehen, wo dieses Restaurant liegt, in dem wir uns treffen. Es liegt fast schon an der Asus. Also sollte ich spätestens um Viertel nach sechs Uhr los, um nicht zu spät zu kommen.
Eben kommt mein Junge wieder fürs Cello, da können wir noch fünf Minuten plaudern.
Nach dem Essen mach ich die Runde über >>>> die Bar, wo der Profi warten wird. Gegen Mitternacht sollte ich zurück sein – sollte in beiderlei Sinn.
Ah ja: Ich habe den Namen gefunden!
Zum erbärmlichen Schein des Politischen. Die scheint mit, nach einem soeben geführten Telefonat mit der Löwin, einen Eigenkommentar wert zu sein:
Es wird jetzt oft – in intellektuellen Kreisen – Guttenbergs vorgebliche Erbärmlichkeit moniert, mit der er sich mau entschuldige, um dann gleich zur Tagesordnung überzugehen. Dies verkennt zweierlei:
1) Was immer Guttenberg vor Presse und sonstiger Öffentlichkeit sagt, ist ganz sicher nicht das, was er meint (oder nicht nur), sondern er steht unter absolutem Fraktionsdruck. Er wird keinen Ton sagen, der nicht vorher in zig Sitzungen erdiskutiert und ihm dann als Verhaltensdirektive aufgetragen ist. Die Annahme, der Politiker einer repräsentativen Demokratie, zumal in dieser Funktion und derart mit Rechtsgrund angegriffen, gebe tatsächlich noch irgend ein wirklich Persönliches von sich, ist von geradezu extremer Naivetät.
2) Ganz offenbar ist die vermeintliche Erbärmlichkeit seiner Entschuldigung eben das, was das WirsinddasVolk hören will, was also die Mehrzahl der Wähler hören will; dies wird von den Beliebtheitsumfragen mehr als nur bestätigt. Insofern handelt Guttenberg mit seinen sogenannt erbärmlichen Entschuldigungen machtpolitisch völlig richtig – also macchiavellisch betrachtet.
Kleinkreisiger Lieber Alban,
die Absprachen werden vermutlich kleinkreisiger verlaufen: Es sprechen zwei, drei Leute mit Guttenberg über das ab, was er sagen wird, resp. soll. Man muss dann ja auch die kritischen Linien besprechen und dort „Halteseile“ anbringen. Das geht vor der Fraktion schon deshalb nicht, weil man sich ja nicht darauf verlassen kann, dass dort alle ständig loyal sind.
Außerdem wird es vermutlich auch Absprachen zwischen der Kanzlerin und einigen Eingeweihten geben, wann man Guttenberg fallen lassen muss. Ich rate fröhlich in den politischen Raum, dass sich die Personage überschneidet.
Mich hat, außer der Tatsache, dass in meinem Wertegefüge – ich bin ja sozusagen ein wertkonservativer Kommunist (die Figur des Rentners Dombrowski drückt mein Wertegefüge recht gut aus) – feststeht, man müsse zurücktreten, wenn man vor solchen Anschuldigungen steht und sie augenscheinlich nicht aus der Luft gegriffen sind … mich hat also besonders sauer gemacht, dass er nach der Pressekonferenz im kleinen Kreis – mit der er die Bundespressekonferenz absichtlich brüskiert hat – die drei tote Soldaten benutzt hat, um die Wertigkeit seiner Verfehlung herabzustufen, dass er ganz offenbar es nicht für nötig befunden hat, sich seine Arbeit nochmals anzusehen, bevor er überhaupt öffentlich Stellung genommen hat und dass seine Reue mir ankommt, wie die schauspielerische Leistung aus einem Laientheater.
Wenn es keine Konsequenz gibt, die über den Entzug des akademischen Grades hinausgeht, bin ich dafür meinen Vorschlag umzusetzen: Akademische Grade werden nach Seitenzahl vergeben. Z.B. 100 Seiten für einen Master, 200 Seiten und es ist ein Doktor. Darin müssen einige richtige Zitate sein (wegen des Nachweises, dass zitiert werden kann). Ansonsten kann kopiert werden, was das Zeug hält. Es ist eh‘ egal. Wer dazu keine Zeit hat, kann eine Agentur beauftragen. Kosten sind von der Steuer absetzbar. Und bei Rigorosum kann man sich vertreten lassen. Man muss lediglich nachweisen, dass man in groben Zügen weiß worum es geht.
„Worum geht es bei Ihrer Arbeit?“
„Um Popmusik und Wissenschaft“
„Sehr gut. Kommen Sie selbst zur Verteidigung oder wen schicken Sie?“
„Ich schicke Mario Barth“.
@Sukov. Das ist eine hübsche Satire. Doch werden die Dissertationen solcher, die nicht in einem Machtgefüge positioniert sind (oder, um USA-Verhältnisse herbeizuziehen, solche, die nur sehr schlecht Football spielen), ganz gewiß auch in Bayreuth mit der gewohnten Strenge begutachtet werden. In Guttenbergs Fall wurde, wie in den USA bei einem trefflichen Quaterback, in voller Absicht eine Scheinarbeit gedeckt, die, wie zu vernehmen ist, auch ohne Plagiate kaum mit „befriedigend“ hätte bewertet werden dürfen. Wenn man sich nun wieder ansieht, wer der Doktorvater ist, kann von einem Versehen überhaupt keine Rede sein, indes die Verteidigung, es habe zum Zeitpunkt der Abgabe an der Bayreuther Uni noch keine aufs Internet angelegten Programme gegeben, um auf etwaige Plagiate zu prüfen, völlig hanebüchen ist, weil Häberle zu den führenden Staatsrechtlern Deutschlands und auch international gehört. Als solcher kennt er sich in der einschlägigen Rechtsliteratur perfekt aus – es sei denn, daß… — Nein, das mag ich nicht weiterdenken, denn ich war am Philosophicum bei Apel und Trapp.
Wer weiß ob die Arbeit überhaupt (gründlich) gelesen wurde – jeder wusste doch, dass zu Guttenberg keine wissenschaftliche Karriere anstreben wird.
alles Latte Macchiato … oder doch nur Latte? (Grins)
Die sogenannten Guttenberg`chen Ausreden mögen vielleicht einerseits macchiavellischer Natur sein, doch viel schlimmer wiegt nach meiner Auffassung die Tatsache, dass selbst die Bundeskanzlerin besseren Wissens zum Trotz an ihren „Felix Krull“ festhält!
Dies ist absolut skandalös, doch eben auch irgendwie verständlich, wenn man bedenkt, dass sie als Ersatz allenfalls eine Christina Schröder in der Hinterhand hält, die ihre B- Doktorarbeit auf nicht weniger skandalöse Weise zusammenfrickelte, indem sie quasi mit üppiger Unterstützung durch die CDU-Partei durchgewinkt wurde, und deshalb hinterher schon lange vor dem Fall Guttenberg in die Schlagzeilen geriet!
Und deshalb finde ich es auch gut, dass sich gutenberg.plag vorgenommen hat, noch weitere Dissertationen von bekannten Politikern im Bundestag unter die Lupe zu nehmen! – Von einigen weiß man sogar bereits jetzt schon, dass sie absolut belanglos sind – wie z.b. die Doktorarbeit eines gewissen Dr. Westerwelle – und bei anderen ist man sich noch nicht ganz sicher, ob sie der Wissenschaft auch tatsächlich ein lohnendes Vehicle sind.
Kürzlich haben Sie noch geschrieben: Ob seine Dissertation aus der FAZ, wie dort dem Leser iinsinuiert wird, aus ihr abgeschrieben sei, ist für die eigentliche Fragestellung ohne jede Bedeutung – schlichtweg, weil es für sein Amt keine Bedeutung hat, ob ein Verteidigungsminister promoviert ist oder nicht.
Warum jetzt von „Betrugversuch“ schreiben?
also, ich denke, dass der ganze Fall Guttenberg in Wirklichkeit nur ein ziemlich gut organisierter Fake von der Bild-Zeitung war, damit die Kanzlerin nichts merkt! – Ist doch ziemlich gut gelungen, oder etwa nicht?