9.48 Uhr:
[Arbeitsjournal.]
Bei >>>> TT kommentiert:
@Sowieso.
Hm, also ein Teilhippie bin ich sicherlich nicht, weniger, weil ich nicht „Teil“ wäre, das kann sicher nicht bestritten werden, daß ich’s bin – aber „Hippie”? Nein. Schon aus ästhetischen Gründen, schon aus meiner Neigung zum Luxus – eigentlicher weniger meiner eigenen, ich lebe ja nun wirklich einfacher als die meisten derer, die sich den Hippies zugehörig fühlen, mich interessiert auch meine Altersversorgung nicht, ich habe außer der KSK nicht eine einzige Versicherung, weil ich sowas für überflüssig halte, jedenfalls für überflüssig genug, um zu deren Finanzierung nicht Lebens- und Arbeitszeit, was bei mir dasselbe ist, zu opfern; ich fahre nur mit dem Fahrrad und nutze sonst die Bahn, und wenn ich rauche, was ich bekanntlich viel tu, dann ausschließlich naturbelassene Tabake; weil ich zu den Raubtieren gehöre, esse ich auch Fleisch, nicht übermäßig viel, aber eben doch, und auch Pflanzen esse ich, von denen einige, sofern sie über Wahrnehmung verfügen, ganz sicher nicht einverstanden sind mit ihrer Verwendung. Usw. Also eigentlich weniger wegen meiner eigenen Neigung als mehr wegen der des Frauentypos‘, der mich erregt, was dann wieder heißt, daß meine Fantasie angeheizt wird, die in die Bücher führt.
Doch zur Sache selbst. Ich kann schlichtweg nicht beurteilen, wie sicher etwas ist oder nicht; ich kann vor allem die Energie-Alternativen nicht beurteilen. Dazu kommt, daß ich bezüglich der Atomkraftwerke restlos angstfrei bin. Ich empfinde unseren Straßenverkehr als signifkant riskanter, und die Opferzahlen geben mir recht. Nun empfinde ich Risiken obendrein als reizvoll, mir ist das sog. Sicherheitsdenken vollkommen fremd, ja ich stehe ihm feindlich gegenüber – wobei ich sehr wohl weiß, daß dies eine luxuriöse Haltung ist – mein wirklicher, eigentlicher Luxus -, zu der Menschen, die tatsächlich in Not leben – und nicht ein einziger in den westlichen Gesellschaften gehört dazu, auch ein Obdachloser nicht -, eine ganz andere Meinung haben und haben müssen.
Das Entscheidende ist aber, daß ich es erstaunlich finde, wie wenige von denen, die so heftig gegen die zivile Nutzung der Atomkraft demonstrieren und nach alternativen Energieformen rufen, dafür tun, daß es solche Energieformen geben wird. Wie viele von all denen, denen es angeblich auf die Sicherheit und die „Umwelt“ ankommt, werden denn bitte Physiker, Chemiker? Wenn es tatsächlich so dräut, müßten wir einen Boom hart arbeitender, ja leidenschaftlicher, besessener Narurwissenschaftler haben, sei es in der praktischen, sei es auch in der theoretischen Naturwissenschaft. Und dazu einen ungeheuren Schwung von Ingenieuren, ja zumindest von Erfindern. Und wenigstens hielten wir unsere Kinder dazu an und legten ihnen den Grund dafür, Physiker, Chemiker, Ingenieure zu werden und Ärzte, Pharmakologen und und und.
Daß ich selbst es nicht wurde (etwas, das ich, seit ich etwa dreißig bin, immer wieder bedauert habe), findet zumindest eine kleine Berechtigung darin, daß ich die Ängste der Demonstranten nicht teile; ich habe so ein inneres Insch’allah, das es mir aber umgekehrt ermöglicht hat, die mir viel wichtigere poetische Arbeit voranzutreiben, und zwar im genauen Blick auf die möglichen ökonomischen Katastrophen, die das, vor allem auch im Alter und im Fall einer schweren Krankheit, für mich bedeuten kann. Ich bin überzeugt davon, daß wir, wenn wir einigermaßen wohlgeraten sind, im Leben genau das tun, was uns das Wichtigste ist. Einige werden Komponisten, andere werden Dichter, wieder andere Ärzte und eben Physiker… und dann gibt es den Großteil derer, die eben das werden, was ihnen nach ihren Möglichkeiten die größte Möglichkeit bietet, ihre Konsumlust zu befriedigen: sie wollen gutes Geld verdienen, das sie dann ausgeben können. Die „Sache selbst”, mit der sie es tun oder zu tun hoffen, rückt ins zweite, vielleicht sogar achtzehnte Glied.
Nein, ich werde an den Anti-AKW-Demonstrationen nicht teilnehmen; selbst wenn ich die Ängste der Demonstranten teilte, würde ich mich nicht auf eben die Arbeitsteilung hinausreden wollen, deren Folgen mit Entfremdung sehr gut benannt und analysiert worden sind. Auch wenn ich, was ebenfalls nicht der Fall ist, der Meinung wäre, wir hätten eine Verpflichtung gegenüber unseren Kindern, ihnen einen „sauberen” Planeten zu hinterlassen, könnte ich nicht teilnehmen, einfach, weil ich trotz der Katatrophen, mit denen ich selbst aufwuchs – der Holocaust ist davon die grauenvollste, weil er eine lebenslange Verantwortung bedeutet, die man nicht selbst gewählt hat -, leidenschaftlich gerne lebe und deshalb voraussetze, daß dies auch bei Folgegenerationen trotz der dann neuen Katastrophen ganz genau so sein wird. Ich kann vor allem aber an den Demonstrationen nicht teilnehmen, weil ich nicht bereit bin und auch nicht fähig wäre, etwas zur Abwendung des Befürchteten praktisch selber zu tun; ich überblicke nicht einmal die Bedingung der Möglichkeiten von Alternativenergien, sondern alles, was ich diesbezüglich zu wissen vermeine, muß ich glauben. Oder es mir eben erarbeiten, indem ich neu studiere, intensiv studiere und dann zusehe, in die entsprechenden Forschungsabteilungen und die Abteilungen zur Umsetzung neuer Technologien zu kommen. Alles andere ist, mit einem Wort, wohlfeil
Dennoch verfolge ich die Geschehen permanent. Gestern schrieb mir eine Freundin, die mit ihrem Mann sehr viele Jahre in Tokyo gelebt hat und deren Kinder dort geboren wurden, auf >>>> mein gestriges Abeitsjournal und die Diskussionen darum einen Brief – sie, die tatsächlich eher als ich Betroffene, verstand sehr gut, was ich meinte, und sie leitete mir die Mail eines ihrer Tokyoter Freunde weiter, der direkt erzählte, wie es ihm und seinen Mitmenschen geht. Dieser Brief beschäftigt mich nun immer wieder. Und dennoch bin ich voller Erwartung und Spannung und aufgeregt-vorglücklich wie ein Kind, weil heute die Bamberger Elegien im Verlag eintrudeln werden… endlich dieses Buch! und es wird gar nicht kleiner angesichts der japanischen Katastrophe, ja es wird vielleicht sogar noch größer, weil es eben >>>> dieser Apfelbaum oder doch wenigstens ein -bäumchen ist, das für das steht, was Menschen eben auch sind und was diese Art, für mich, nach wie vor bestaunenswert macht, so daß ich ihr – allem von ihr erzeugten Grauen zum Trotz – gerne, sehr gerne angehöre.
15.50 Uhr:
[Michel Petrucciani, Rom 1998.]
Es war ein Glücksfall, daß ich damals dabeiwar und mitgeschnitten habe; es sollte Petruccianis letzte Konzert sein. So jung starb er. Wir sterben einzeln, immer, auch wenn wir in Mengen sterben, in gar nicht vorstellbarer Zahl, wie jetzt so viele Japaner starben. Doch starben sie an einer Atomkraftwerks-Katastrophe, oder starben sie an einer Naturkatastrophe? wobei nach wie vor die Frage virulent ist, ob ein Atomkraftwerk nicht eben auch Natur ist, insofern als es in der Natur als Entwicklungsprozeß vorgesehen war? – ganz offenbar; sonst gäbe es nämlich keines. So gesehen, ist alle Technik Natur; die Dichotomien Natur ./. Geist, Natur ./. techné sind ja doch menschengemachte, menschengedachte und also ziemlich anthroponzentristische Perspektiven, die die „Natur” eigentlich verkitschen. Jedenfalls werde ich heute abend >>>> Scelsi hören und morgen darüber berichten… wobei „berichten” sicherlich ein falsches Wort für das sein wird, was ich schreiben werde.
Ich bin ein bißchen geknickt, weil >>>> Elfenbein eben bescheidgab, daß die Bücher erst morgen kämen; dabei war ich so voller Vorfreude gewesen. Kindermagisch betrachtet, ist das nun vielleicht die Strafe dafür, daß ich in Sachen AKWs nicht die offenbar allgemeine Sorge teile und nicht mit auf die Straße will. Es ist mir wirklich wichtiger, gute Musik zu hören, wie mir auch der Besuch eines Museums, einer Lesung oder die Leküre eines wirklich guten Romans wichtiger wäre. In Katastrophenzeiten ist überhaupt nichts anderes so wichtig wie Kunst, weil sie das ist, was Menschen wirklich schaffen; es gibt keinen Gott und nicht die Vorstellung eines Gottes, der und die das könnten. Das können wirklich nur wir. „Wenn sie sterben, singen die Menschen”, heißt es bei Chlebnikov zu recht.
18.17 Uhr:
[Scelsi, Zweites Streichquartett.]
Auf den an sich nahestliegenden Gedanken ist offenbar noch keiner – auch ich war’s nicht – gekommen: Wenn es gelingt, die Kernschmelzen abzuwenden und die Reaktoren weitgehend von der – hier stimmt das Wort mal – Umwelt abzuschirmen, und wenn es tatsächlich nur wenige Krankenopfer der Kernkraft-Katastrophe geben sollte, dann wäre das gerade ein Zeichen f ü r den hohen technischen Standard der Entwicklung, also für die Sicherheit solcher Reaktoren. Ich hoffe leidenschaftlich darum. Man kann sagen: Ich hoffe darum, daß die Kernkraftgegner Unrecht haben, ja sie selbst werden das hoffen – hoffe ich. Die bislang neuesten Meldungen indizieren, daß es den zu erhoffenden Standard gibt.
In einer Dreiviertelstunde breche ich auf und höre mich jetzt schon mal ein. Wirklich zum Arbeiten bis ich nicht gekommen. Immerhin hab ich mein Krafttraining gemacht.
Man hat studiert, was man studiert hat und versucht halt auch daraus das zu machen, was man für richtig hält. Ich kann auch nur Zeitung lesen, US Navy lässt Schiffe beidrehen – Plutonium – Kühlsysteme versagen – Laufzeit verlängert bei AKWs, die für 30 Jahre ausgelegt waren und länst vom Netz genommen werden sollten, mir macht das Angst, weil auch ich eben gerne lebe und davon ausgehe, das betrifft wohl nahezu jede Kreatur, dass wir uns gerade weiter des Lebens, Liebens und Schreibens freuen, steht dazu nicht im Widerspruch, im Gegenteil, sonst fände sich wohl auch gerade niemand zur Schadensbegrenzung ein. Mir stehen Tarkowskijs Bilder aus dem Stalker vor Augen. Ich erinnere Tschernobyl sehr deutlich, meine Schwägerin war schwanger, trank keine Kuhmilch, man riet davon ab, mein Neffe hat bis heute eine Kuhmilchallergie, das sah auch bedrohlich aus, wenn dieses Kind keine Luft bekam, oder der ganze Körper von Nesselfieber bedeckt war, und mein Bruder nicht nur einmal nachts zum Notarzt fuhr, den ganzen Salat schmiss man weg, um Pilze machte man jahrelang einen großen Bogen, ich weiß nicht, der verschmutzte Rhein, Waldsterben, Dioxin-, Asbestskandale, Deutschland hat aber in relativ kurzer Zeit, nach der Duldungsstarre mit Kohl auch Signalwirkung gehabt, wenn ich mir das hier so begucke, wie man das so hält mit dem Bewusstsein zur Umwelt, Abgasuntersuchungen gibt es seit 3 Jahren, Brasilien ist ein großes Land, die paar Agglomerationen machen natürlich den Abgasbraten nicht verkohlen, dadurch kann man immer noch Emmissionsablässe an andere verkaufen, dennoch, wohfeil oder nicht, ich bin um jeden froh, der Alternativen sucht und anbietet, wohlfeil ist dann auch, nur ein Kreuz zu setzen, aber besser ein wohlfeil gut gesetztes Kreuz als gar nichts, wenn man nicht selbst regieren kann oder will. Und, alles, was man mehr tun kann und will, umso besser.
Und wenn es von veralteten deutschen AKWs heißt, wenn dort eine Kühlmittelleitung reiße, sei der Super-Gau da, dann sieht das doch alles nach weiterwurschteln aus, und man kann da für meine Begriffe gern einen Apfelbaum planzen, aus dessen Vergärungsprodukten man Energie gewönne, nur zu!
Man kann aber auch darüber nachdenken, ob nicht eine 4tägige Arbeitswoche reicht, wenn man Energie und Ressourcen sparen möchte, man kann über enorm viel nachdenken, heute operiert man auch nicht mehr wie vor 40 Jahren, und wenn sie demnächst sich die Augen lasern lassen, dann passiert das mit dem Know How und den Geräten, die dem Stand des heutigen Wissens entsprechen und nicht dem von vor 40 Jahren, andernfalls würden sie sich dem auch nur ungern anvertrauen, da bin ich mir sicher.
@sowieso Wir stecken bis zu den Knien in der Ambivalenz. Als Schriftsteller muss ich täglich abwägen, ob ich meine Arbeitsfähigkeit erhalte oder mich moralisch tätig zuordne. Ich muss meine Augen lasern lassen, weil ich einen Sohn zu ernähren habe. Ginge ich demonstrieren, geriete ich in Verzug mit meiner Arbeit. Da ich nicht zu den Günstlingen des Betriebes zähle, k ä m p f e ich täglich gegen eine Welt an, deren Besseres ich nicht wollen kann, aber, wenn es gelingt, poetisch als Möglichkeit aufscheinend unter die Menschen bringe. Wir stecken bis zu den Knien in der Ambivalenz.
Blech, von den Knieen aufwärts – die Rüstung sitzt!
@albannikolaiherbst (Gast). Wenn Sie glauben., unter meinem Namen schreiben zu können, zeigt das ziemlich genau, was von Anti-AKW-Demonstranten zu halten ist. Genau mit solchen Typen will ich nicht auf der Straßen stehen und für etwas gehalten werden, das mit Ihnen Gemeinsamkeiten hat.
…unter wessen Namen?
@sowieso. Ich verstehe Ihre Sorgen gut, ich verstehe auch die Sorgen mancher Demonstranten. Es sind aber, als Sorgen, nicht meine; ich habe sie schlichtweg nicht, obwohl auch ich mich Tschernobyls sehr gut erinnere. Wenn die Angst aber de facto so groß wäre, wie jetzt vorgegeben wird, hätte es einer Fukushima-Katastrophe nicht bedurft, die schon deshalb mit unserer eigenen Situation nicht vergleichbar ist, als sie von einer tektonische Verschiebung ausgelöst wurde, die wir hierzulande nicht zu erwarten haben – die Gefahr ist ungefähr so groß wie, daß ein Meteorit von der Durchschlagskraft jenes auf ein AKW stürzt, der den Arizona-Krater gerissen hat. Nichtsdestoweniger stehen deutsche AKWs in einem deutschen Erdbebengebiet: nämlich am Rheingraben. Dort stehen sie aber ebenfalls schon lange, und der Widerstand gegen sie war müde geworden – zumal immer auch noch dieser Unfug von „gewaltfreiem“ Widerstand dazukam – also nicht einmal mehr das Risiko persönlicher Inhaftnahme eingegangen wird. Wäre ich Aktivist, weil ich von etwas sehr überzeugt wäre, würde ich selbstverständlich alle Mittel ausschöpfen, wenn ich denn der Überzeugung wäre, daß eine wirklich drohende Katastrophe abzuwenden ist.
Ich bin also nicht gegen die Demonstration; ihr Thema ist lediglich nicht meines, jedenfalls nicht in einer Entschiedenheit, die mir für mich dafür nötig ist. Dazu kommt, daß ich auf keinen Fall mit roten, schwarzen, braunen oder sonstwie gefärbten Fahnen gemeinsam auf der Straße stehen will. Ich will nicht von einer Gruppe mißbraucht werden; vor Gruppen habe ich nämlich mehr Angst als vor irgend einem Kernkraftwerk der Welt.
@Trompeter. Es hilft sehr, alphabetisiert zu sein.
Om, err erbst.
Dort, in Japan Weit weit weg. Nein. Die Auswirkungen gehen alle etwas an. Japan liegt nicht auf irgendeiner Erde, in irgend einem Paralleluniversum. Nur das Alle kann etwas auslösen. In diesem Fall der Druck der Masse, das wir, das man, das den Druck auf die Regierungen der Länder erhöht. Auch wenn der Einzelne in der Tat generell und auch vor Ort wenig bis nichts verrichten kann. Aber hier liegt die Chance in der Wahrnehmung der Masse politisch etwas in die Gänge zu bringen und in einer Vehemenz am Laufen zu halten. Wieso es nicht nutzen? Sicher wird es keine sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke geben. Wie denn auch? Durch eine Doppelmoral? Wir schalten zwar alle Atomkraftwerke in Deutschland ab aber beziehen aus anderen Ländern weiterhin Atomenergie bis andere alternative Energien an deren Versorgungsstelle treten? „Wir haben es ja gesagt!“ – Wer allen ernstes führt über diese Katastrophe ein Freudentänzchen auf? Die Atomkraftgegner, seien es Organisationen wie Greenpeace? Die politische Opposition, der nun besonders auf’s Maul geschaut wird? Oder der Einzelne? Vielleicht wird es Japan selbst sein. Ein Land, das aufgrund seiner Ressourcenarmut und dem Mangel an konventionellen Energiequellen stark auf Atomenergie gesetzt hat. Es könnte das erste Land sein, das durch diesen Schock zu einer anderen Form der Energiewirtschaft findet.
Dass die Bezeichnung -alternative Energien- von vornherein saubere und umweltschonendere Energien vorgaukelt ist mir klar. Schließlich wurde die Atomenergie selbst einmal als saubere, keine an der Natur Raubbau betreibende Energie, an den Mann gebracht. Da sie aber nicht „beherrschbar“ (ist eigentlich das falsche Wort) ist und hier der Ausschalter eben doch den ununterbrochen Kreislauf einer Versorgung der Versorgung verlangt, zeigt einfach doch dass der Mensch zwar den „Zufall“ für das schlimmste anzunehmende Szenario miteinrechnet aber er vergisst das dieser es selbst ist, der Zufall, der dem Zufall zuarbeitet.
Ich habe die letzten Tage fast nur vor dem Fernseher verbracht und lese heute erst in die Blogsphäre. Und was ich hier lese sind teilweise Positionierungen Einzelner. Das ist grundsätzlich etwas dem Menschen eigen ist, auch mir. Verstehen Sie mich da nicht falsch. Gedanken, die um Pietäten kreisen. Allein der Gedanke ob ich mich am Frühling erfreue, Texte schreibe, oder sonst irgendwelchen Tätigkeiten neben solch einem Geschehen nachgehe ist so überflüssig für das was passiert. Soll man sich doch erfreuen! Wir sind nun einmal Menschen. Wir wollen doch leben. Oder nicht? Aber allein der Gedanke der Positionierungen, das angenommene Gegenüber… Was soll es?
Besonders Angst macht mir der Gedanke, wie sieht es in einem halben Jahr aus oder Jahre später, denke ich an die Menschen, die noch heute mit solchen Konsequenzen leben. Kinder in Heimen außerhalb der Sperrzone in Tschernobyl, die aufgrund der Genschädigung nicht gesund zur Welt kamen, die vergessen sind, denen keine ausreichende medizinisch langfristige Versorgung zur Teil wird, geschweige denn menschliches Kümmern…
@read An. Ich habe Ihre Sicherheit der Einschätzung nicht – und wenn man die verschiedenen Expertisen liest, aus welchem Lager nun auch immer, ergeben sich völlig verschiedene Schlußfolgerungen. Ob atomare Energie beherrschbar ist oder nicht – selbst da finde ich keine feststehende Antwort. Ich weiß weder, welche Technologien zur Beherrschung dieser Energiegewinnungsform noch entwickelt worden, noch weiß ich, ob andere „alternative“ Energieformen beherrschbar sind. Wir alle können hier nur glauben, und Sie glauben halt das eine, ich glaube halt das andere.
Im übrigen bin ich selbst, wie ich auch schon schrieb, in den Siebzigern und beginnenden Achtzigern, ein ausgesprochener AKW-Gegner gewesen, sogar Aktivist. Aber meine Position hat sich verändert.
@ANH Ich habe keine Sicherheit in der Einschätzung. Schon gar nicht was den Sicherheitsbegriff als solches angeht oder was heutige Standards zur Sicherung eines Atomkraftwerks ganz konkret meint. Und so lange es läuft, läuft es und der Mensch muss nicht auf Ressourcen wie Holz oder Kohle zurückgreifen. Es ist eine schnelle und günstige Energie. Dennoch bleibt bis heute die Frage nach dem Recycling.
Und was das Alle betrifft. Aktiv teilnehmend oder nicht. Gruppen der Atomkraftgegner werden sicher gestärkt in diesen Tagen. Es sind Zuläufer. Keiner muss sich verpflichten, Mitglied werden oder spenden oder gar die Ideologie teilen, nimmt er z.B. an einer Demonstration teil. Es geht um dieses Eine. Dabei ist eigentlich sogar egal wie engagiert einer vorher war oder es nicht war, da es durch diese Katastrophe einen erhöht wahrgenommenen zivilen Druck gibt. Wo Gruppen vorher nur wenig bewirken konnten oder nur schleppend , -immerhin sind sie aber ansonsten auch problembewusstseinsbildende-, ist das der Moment, der zwar leider erst durch solch eine Katastrophe ausgelöst wird, an dem sich aber etwas vollzieht und sei es nur ein anhaltendes intensiveres Nachdenken über Energiewirtschaft und -politik, das als Drehmoment genutzt werden kann. Solche Gruppen sind jetzt die eigentlichen Dazukommer, hinzu zu der wahrgenommenen breiten Masse der Bevölkerung durch die Medien.
Die Frage des Unterordnens stellt sich mir gar nicht.
Und ich bin mir nicht sicher ob es sinnvoll ist ein sofortiges Abschalten aller Werke zu fordern, eine Ablöse dieser Energieproduzenten muss ja erst einmal gegeben sein und diese Energiebereitstellung sollte in der Gewinnung natürlich keine sein, die wiederum andere Belastungen und Schäden nach sich zieht.
Wir haben doch alle keinen Überblick über eine Herstellungsleistung eines Landes und dadurch selbst das ohnehin nur mehr Gefühl für eine Verantwortung verloren.
das interessiert doch niemand ob sie eilnehmen oder nicht, wenn jeder x-beliebige erzählt, warum er nicht teilnimmt, das ist doch vollkommen unwichtig
@der blog. „niemand“ muß im Akkusativ stehen.
Ob es allerdings unwichtig ist, wenn jeder x-Beliebige erzählt (ein hübsches Bild wirft der von Ihnen gewählte Begriff auf Ihr – gell? – Verständnis von Demokratie), ob er teilnimmt oder nicht, wird sich spätestens dann erweisen, wenn es Millionen x-Beliebige sind. Wenn man Sie so liest, müßten wir allen Ernstes erwarten, bei der nächsten Bundestagswahl die Grünen mit sowas um die 95 % der Wählerstimmen zu sehen. Es wird aber sicher wieder schwierig werden mit den alleine 5 %… na gut, vielleicht bringt sie die japanische Katastrophe auf 10. Dann vergehen wieder fünf ruhige Jahre, und die Fische bleiben, wie nach des Antonius zu Padua Predigt, die allen.