ABAI-35-APCA

Heute sind die beiden Osterglocken im Hof ganz aufgeblüht (erinnert mich jetzt an eine Nacht im Wolfsburger Schwesternwohnheim: da blühte auch was auf außer den Osterglocken, und der am Abend hingestellte und noch verschlossene Strauß war am andern Morgen tatsächlich aufgeblüht (ich weiß es noch, weil ich damals gern Haikus und auch eins darüber schrieb)). Die Sonne schien, aber nicht deshalb schlenderte ich wie gestern die Patrioten die Via Garibaldi entlang, an deren Ende dann die Straße abwärts geht, sobald ein Tordurchfahrt durchschritten (zum Hinabgehen gibt es nicht viele Möglichkeiten). Der vorgeschriebene Weg zum Geldautomaten führte nach links mit entgegenkommenden Autos (bis zum Tor muß man auf die von hinten kommenden Autos achten (es ist alles sehr eng, und oft stehe ich in einem Hauseingang, eile auf eine breiter werdende Stelle zu, zumal wenn’s keine Fiat 500 sind, was allerdings nur noch äußerst selten geschieht, heute allerdings aber doch)). In der Oberstadt gibt es nichts als einen kleinen Lebensmittelladen, in dem ich den alten Frauen aus der Nachbarschaft begegne, und den Tabakhändler, der nach wie vor gelegentlich versucht, mir etwas anderes zu geben, als ich wollte. Nachdem ich mich dann beim Monte dei Paschi di Siena bedient, doch noch über den Fahrstuhl im Stadtmauerturm gegenüber der Post runter zum Supermarkt. Sparsames Einkaufen, dachte ich. Ein Beutel Äpfel, ein Stück Käse, zwei Jogurt. Kostete aber dennoch 6,20. Zwölf Mark! Ich schaute lange ungläubig auf den Kassenzettel. Dann stetig wieder hinauf über die andere Variante, wo ich noch einen anderen Ausblick – u.a. auf den Soratte – habe. Unten im Tal lehmig gelb der Rio Grande und dessen „Wasserfall“, weil der sich über eine künstliche Mauer stürzt. „Impressionante“ sagte der, der seine Tür strich, dem alten Mann, der sich der Mauer genähert und auf das Unten seinen Blick geworfen, ebenfalls mit anerkennenden Worten für den Wasserfall. Schwall wäre wohl das bessere Wort. Wortschwall. Nee, keine guten Schaltworte heute. Die Routine hat indes meine Zweifel überlistet, denn als ich aufwachte, dachte ich oder machte ich mir vor (vielleicht weil ich derzeit viel von diesem üblen Vormachen brauche), ich würde mein Pensum heute eh’ nicht schaffen, so daß ich dann eine Rechtfertigung gehabt hätte, wenn ich’s nicht geschafft hätte, dem aber nicht so war. Ich hätte ansonsten noch gern eine hübsche Reinkarnation. Ein Wunsch, den mir viele Inder in die Arme laufen.

Da sie wußten, daß es sich bei ihrer Mission um eine Zeitfrage handelte, hasteten sie von den Docks aus in die angrenzenden Straßen, und als sie um eine Ecke bogen, wessen sonst sollten sie da ansichtig werden —
Mr Childs? Nein.
Nur einer Menge Inder, ihnen völlig fremd.
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Flann O’BRIEN, The Various Lifes of Keats and Chapman and The Brother

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