10.30 bis 18.00 Uhr im Pfefferberg.
Die Bundestagsfraktion DIE LINKE und
Vereinte Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke
in Kooperation mit
AG Dokumentarfilm, Chaos Computer Club und Digitale Gesellschaft
Kann es eine neue Solidarität von Nutzerinnen und Nutzern kreativer Werke und Kreativschaffenden geben? Mittlerweile sind verschiedene neue Vergütungsmodelle entwickelt worden, die auf Teilhabe statt auf Ausschluss setzen und die Vergütung kreativen Schaffens von der Kontrolle des Zugangs zu kulturellen Gütern entkoppeln. Wie realistisch sind solche Modelle, woran hapert es? Welche Chancen bieten und welche Risiken bergen sie?
In vielen europäischen Ländern werden derzeit neue Vergütungsmodelle für kreatives Schaffen diskutiert. Vier davon werden im Rahmen dieses Kongresses vorgestellt. Urheberinnen und Urheber, Nutzerinnen und Nutzer befragen, bewerten und kritisieren die Vorschläge. Fachleute aus den Bereichen Recht, Ökonomie und Politik ordnen die Diskussionen in unterschiedliche Kontexte ein. Ein Multi-Stakeholder-Dialog, den es so im Bereich Urheberrecht noch nicht gegeben hat. Ein Auftakt zu einer politischen Auseinandersetzung um die Rolle von Kunst und Kultur im Europa von morgen.
Herbert Behrens, Lothar Bisky, Jan Engelmann, Thomas Frickel, Andrea Goetzke, Volker Grassmuck, Astrid Herbold, Alban Nikolai Herbst, Heiko Hilker, Luc Jochimsen, Peter Klöss, Till Kreutzer, Falk Lüke, Wolfgang Michal, Meik Michalke, Frank Rieger, Cay Wesnigk, Marcel Weiß.
[Urheberrecht.]
>>>> Kreatives Schaffen in der digitalen Welt
Pfefferberg Haus 13
Schönhauser Allee 176
10119 Berlin (U2 Senefelder Platz)
10.30 bis 18 Uhr.
Kann nicht schaden ein bisschen Licht in den Urheberrechtsdschungel zu bringen – und nicht zu vergessen: neue Wege einzuschlagen.
Gratulation zum „Outing“! http://www.heise.de/newsticker/meldung/Urheberrecht-Zwischen-Abmahnindustrie-und-Kulturflatrate-1569801.html (letzer Absatz!)
In dieser Sache bin ich ganz auf Ihrer Seite. Die Idee des CCC finde ich nicht ohne Charme. HG. M.B.
Gut gebrüllt Respekt, Herr Herbst! Ich verfolge Ihren Blog nur sehr sporadisch, vielleicht wusste ich deshalb nichts über Ihre Position. Sie ist – jedenfalls was Autoren betrifft – nicht unbedingt die Mehrheitsmeinung. Aber ich teile Ihre Ansichten vollauf. Ich wusste bisher nur von einigen wenigen Schriftstellern, die sich als „entschiedener Gegner des Urheberrechts“ zu erkennen gaben, etwa Cory Doctorow, Francis Nenik oder, wenn ich Recht informiert bin, Johnny Haeusler von Spreeblick. Ein Vergütungssystem sehe auch ich als notwendig an, allerdings scheinen mir die gemachten Vorschläge entweder sehr aufwendig oder wenig rentabel. Haben Sie denn schon konkrete Erfahrungen mit dem „illegalen“ Vertrieb Ihrer Stücke bzw. Texte?
Hier der Link zum neuen Autoren-Manifest, das heute in der ZEIT erschienen ist und ab morgen unterschrieben werden kann. Die über 100 Erstunterzeichner , darunter Martin Walser, Daniel Kehlmann, Christoph Ransmayr, Sibylle Lewitscharoff und Charlotte Roche fordern eine Stärkung des Urheberrechts, das sie als „historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit gegen feudale Abhängigkeit“ erachten: http://www.wir-sind-die-urheber.de/
Nun ja. Ich stehe da, vorwiegend aus künstlerischen Gründen, die Kunst nicht als Ware zu betrachten bereit sind, auf einer Gegenposition. Wobei die Verhandlungsposition der Genannten gegenüber den Vermittlern, die ihr Urheberrecht wahrnehmen (/also Verlage, Rundfunkanstalten usw.), aus Erfolgsgründen eine andere ist, als die der meisten übrigen Künstler eigentlich sein kann. Wenn ich mich etwa weigere, unentgeltlich online-Rechte wegzugeben, bekommen ich den Auftrag nicht. So einfach ist das. In den Verträgen steht sogar, daß man die Rechte weggibt auch für Technologien, die erst kommen werden. Tatsächlich ist das Urheberrecht in der Praxis zu einem Vermittler-, also Verwerterrecht verkommen. Das entspricht der kapitalistischen Logik. Wer von ihr aber profitiert, wird sie stärken wollen; das scheint mir so einsichtig zu sein, wie daß ein Fabrikant gegen die Festsetzung von Mindestlöhnen ist..
Ja, Sie haben da wirklich Recht, finde ich. Es bräuchte jetzt jemanden wie Sie, der in einer der großen Tageszeitungen seine Stimme dagegen erhebt. Was derzeit etwa die F.A.Z. schreibt, grenzt wirklich an Hetze und ist dabei genau kalkuliert. Man tituliert die Kritiker der heutigen Urheberrechstpraxis gezielt als „Feinde der Kunst“, um sich nicht auf einen Austausch von Argumenten einlassen zu müssen. Im Hintergrund ziehen, denke ich, vor allem Verleger und Plattenbosse die Fäden.
Lieber ANH, vielleicht sind Sie ja geneigt, diese Erklärung zu unterzeichnen:
https://docs.google.com/document/d/1HeB2yC1_gty568VhGUxixvHuJj9PX9Raa8iLZ4-yYQM/edit?pli=1
Herzliche Grüße M.B.
Liebe Melusine, diese Aufforderung an ANH ist ja wohl ironisch gemeint, oder? Oder doch nicht? Ach was, natürlich ist das ironisch gemeint, denn immerhin heißt es in der Erklärung, die ANH unterzeichnen könnte, wenn er denn wollen würde:
„Eine Gruppe von Autor/innen und Künstler/innen macht sich derzeit gemeinsam mit den Rechteverwertern und mit Unterstützung von Teilen der Presse unter der Überschrift „Wir sind die Urheber“ zum Sprachrohr aller Urheber/innen (siehe http://www.wir-sind-die-urheber.de/). Ziel ihrer Kampagne ist es, die Möglichkeiten und Freiheiten des Internets durch technische Maßnahmen und Gesetze zu beschneiden, um das Quasi-Monopol einiger weniger auf die Veröffentlichung von und den Zugang zu immateriellen Gütern aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen.“
Hat denn die Raunerei, fragt man sich, überhaupt kein Ende mehr? Sarrazin raunt über gute und schlechte Gene und zeigt sich als Rassist, Grass raunt über böse Absichten eines von ihm geliebten Volkes und zeigt sich als Verfasser antisemitischer Gedichte, irgendwelche Piraten raunen über das Schöne am Entern und Klauen und inszenieren sich als Retter des Abendlandes. Abgesehen davon, daß berechtigte Zweifel bestehen, ob die Genannten intellektuell überhaupt in der Lage sind, komplexe Zusammenhänge wirklich zu beurteilen, fehlt es zwar offensichtlich nie an schmissigen Behauptungen, wohl aber an überzeugenden Begründungen. Oder sollte allein der beschworene Zeitgeist als Begründung herhalten? Ich denke, man sollte festhalten, daß derjenige, der von Freiheit spricht, zum Beispiel auch die Freiheit jedes Menschen akzeptieren sollte, von ihm hergestellte Produkte, und seien es künstlerische und zudem digitalisierbare, zu einem Preis anzubieten und also (ganz banal) einen GEGENWERT zu verlangen für die Herstellung derselben, also auch für die eingebrachte Erfahrung, die Zeit, das Material, das eingegangene Risiko und so weiter. Wer diesen Gegenwert nicht verlangen will, soll das auch nicht tun müssen und kann sein Produkt freigeben, oder etwa auch den erlangten Gegenwert spenden. Beides, das Agieren am Markt zwecks Verdienens des Lebensunterhaltes und das Nichtagieren auf eben diesem Markt, muß also möglich sein bzw. bleiben, einfach deswegen, weil der Urheber alle Rechte an seinem Produkt hat. Ist das so schwer zu verstehen? (Die Probleme, die am Markt bestehen, schlechte Bezahlung, Knebelverträge, die Macht bestimmter Konzerne usw. bestehen natürlich, doch eben deswegen sollten alle, die keinen Hang zum Sklavendasein haben, keinesfalls völlig kapitulieren und dann nur noch umsonst arbeiten – wer das aber braucht …)
Ach ja: die Gruppe von „wir-sind-die-urheber.de/“ macht sich eben nicht zum Sprachrohr für alle, sondern besteht aus denen, die den Aufruf unterzeichnet haben. Auch ganz einfach – eigentlich.
Nein, ist nicht ironisch gemeint. Beim Urheberrecht und insbesondere seiner Durchsetzung im Netz geht es nicht um die Frage, ob man für Produkte (welcher Art auch immer) einen Preis verlangen kann, soll, muss, darf.
Welche:r der Unterzeichner:innen hat, lieber Schlinkert, Ihrer Überzeugung nach einen geldwerten Nachteil durch das illegale Herunterladen ihrer oder seiner Produkte erfahren oder wird ihn erfahren? Ich behaupte dreist: höchstens Adorf und Roche. Es ist nach meiner Lebenserfahrung überaus unwahrscheinlich, dass Leser:innen von Walser (zu denen ich nicht gehöre) oder Lewitscharoff (zu denen ich gehöre) sich deren ganze Werke illegal herunterladen. Betroffen in nennenswerter Weise vom illegalen Download sind vor allem die Mainstream-Produkte, mit denen bereits viel Geld verdient wurde. Manche Befürworter:innen des Leistungsschutzrechts wollen nun allerdings Geld dafür verlangen, wenn im Perlentaucher oder auf meinem Blog aus Lewitscharoff zitiert wird, um ein Buch (lobend oder nicht) zu besprechen. Wem wird eine solche Verschärfung des Urheberrechts wohl schaden? Roche nicht, denn sie profitiert sicher sehr davon, dass wenig zitiert wird ;-).
Es ist m.E. so: Für viele ist das Netz eine Möglichkeit, ihre „Produkte“ überhaupt bekannt zu machen. Wenn sie Menschen finden, die das, was da zu lesen, zu hören, zu sehen ist, interessiert, bezahlen die auch dafür, sobald sie es können. Wir sind alle Fans von Bands geworden, deren Platten wir uns nicht sofort alle leisten konnten. Hätten wir eine mehr gekauft, wenn es mit härteren Strafen bewehrt gewesen wäre, Casetten mitzuschneiden und auszutauschen? Aber dennoch haben wir Platten gekauft, gesammelt, für Konzerte bezahlt und die Arbeit dieser Bands wertgeschätzt und über viele Jahre ermöglicht.
Ehrlich gesagt finde ich die Kampagne in der „Zeit“ geradezu empörend. Ganz offenbar ist es den Unterzeichner:innen dieses Aufrufs schietegal, mit welchen überwachungsstaatlichen Mitteln ihre Ansprüche durchgesetzt werden sollen. Denn technisch wird es anders gar nicht gehen: Aufrüstung mit Trojanern auf den Festplatten, Vorratsdatenspeicherung ohne Ende bei kleinsten Delikten, Munitionierung der Abmahnindustrie.
Nein, das war nicht ironisch gemeint. Obwohl ich nicht sicher bin, wie ANH zu dem Thema steht und auch selber immer zögere, Aufrufe, gleich welcher Art, zu unterzeichnen. Man möchte ja nicht mit jedermann und jederfrau auf einer Liste landen.
Ich arbeite im übrigen gegen Geld und umsonst. Wie die allermeisten Menschen (insbesondere Frauen). Weil es viele Arbeiten gibt, die getan werden müssen oder sollen, die ich wichtig und sinnvoll finde oder die mir Freude machen und für die keiner (genug) bezahlen kann oder will. Vielleicht ist das ein Hang zum Sklavendasein. Vielleicht ist das auch ein Widerstand dagegen, sich in jedem Lebensbereich und auf jeder Ebene der Verwertungslogik zu unterwerfen.
Liebe Melusine, ich denke nicht, daß die Unterzeichner des Aufrufs „Wir sind die Urheber“ den Einsatz rechtsstaatlicher Mittel fordern, auch nicht mittelbar. Die gegen Einbruch schützende Tür eines Buchladens ist ja auch kein rechtsstaatliches Mittel, sondern das Mittel, um zu den Öffnungszeiten Interessierte hinein- und hinauszulassen und in der übrigen Zeit Diebstahl zu verhindern. Es geht meiner Ansicht nach bei dieser Diskussion um angemessenen Schutz (der digitalisierbaren Produkte), was zunächst einmal voraussetzt, sich der Schutzwürdigkeit überhaupt bewußt zu sein. Diese wiederum ergibt sich aus der einfachen Tatsache, daß die Produzenten von ihren Werken leben können müssen. Wer das nicht muß oder nicht will, kann die Tür natürlich immer offen lassen, so lange er nur seine eigenen Werke kostenfrei zur Benutzung freigibt. Es besteht kein Zwang, sich der Verwertungslogik zu unterwerfen, vor allem da Kunst ja nicht nur Produkt ist, sondern auch per se einen ideellen Wert hat. Außerdem geht es sicher nicht darum, nicht mehr in angemessenem Umfang zitieren zu dürfen, sondern darum, nicht ganze Werke ungefragt zu nutzen, weil ich durch geschlossene Türen gehen kann. Man hat ja in der „alten“ Zeit auch nur die im Radio gespielten Songs auf Kassette aufnehmen können (es gab zu diesem Umstand in den späten 70er und den 80er Jahren eine heftige Diskussion, ob das überhaupt erlaubt ist), nicht aber die LPs aus den Läden geklaut (ich jedenfalls nicht) oder gar die Bands gekidnappt.
Wer von den Unterzeichnern übrigens mit welcher Art von Produkt welche Einnahmen erzielt, ist mir persönlich völlig egal, es geht mir darum, es im Bewußtsein zu halten, daß immer wer gefragt werden muß, wenn ein Produkt hergegeben wird, in welcher Form auch immer. Warum wohl regen sich die Bildhauer weniger auf als Schriftsteller oder Musiker? Ich denke, weil die „Digitalisierbaren“ relativ schutzlos dastehen, wenn sie einerseits mit technischen Mitteln beraubt werden können, sich andererseits aber der Technik nicht bedienen dürfen, weil das als Einsatz überwachungsstaatlicher Mittel gilt, was nichts weiter ist als eine perfide Unterstellung der Piraten, die der Welt mit digitaler Gewalt ihre Regeln aufdrücken wollen.* Ich frage, was hat der Staat damit zu tun, wenn der eine das Internet nutzt, um sich und sein Schaffen bekannt zu machen (das mache ich schließlich auch), der andere aber das selbe Medium zum Verkauf seiner Produkte nutzt, wenn denn jemand sie kaufen will. Das dürfte zur vielbesungenen Freiheit des Internets dazugehören. Außerdem kann man beides tun, so wie ANH sein gedrucktes Werk in Die Dschungel ja auch nicht als ein umsonst herzugebendes anzeigt, sondern als im Buchhandel, bei ihm oder sonstwo auf dem Markt zu kaufendes anpreist, während ja Die Dschungel selbst auch Werk ist, ohne daß dafür jemand zahlen muß – nur Nerven kostet es natürlich. Ich denke, es muß ein modi operandi gefunden werden, um die Rechte der Urheber zu sichern, denn wie soll der Handel funktionieren, wenn die „Straßen“ nicht sicher sind.
Ich arbeite übrigens auch für (zu wenig) Geld und zugleich umsonst, wenn auch nicht kostenfrei. Wichtige Arbeit, soziale, künstlerische, wie auch immer, muß getan werden auch ohne unmittelbare Ent- oder Belohnung. Die alten Modelle des quasi Ehrenamtlichen funktionieren aber nur dann, wenn die ihr Geld bekommen, die ganz selbstverständlich geschützt sind vor Übergriffen und Enteignung, Vermieter, Krankenkassen, Lebensmittelhändler und so weiter. Soll ich denen sagen, daß sie mir ihre Leistungen umsonst lassen sollen oder gar müssen, weil meine Leistungen nicht geschützt werden können? Am Ende müßte noch der Staat eingreifen, so oder so.
*Wie viel Aggressivität, Dummheit, Uninformiertheit und Gewaltbereitschaft (natürlich „nur“ digitale) in der Piratenparteiszene zu finden ist, zeigt sich nicht zuletzt in solchen Aussagen wie der des Bloggers Udo Vetter. Man fragt sich natürlich schon, woher dieser Hass auf Künstler und Intellektuelle, der ja in allen Zeiten immer wieder mal durchbrach, wohl kommen mag:
„Besser jeder kann frei online seine Meinung sagen, als dass alles den Bach runtergeht, bloß weil ein paar Schriftsteller meinen, sie hätten den unbedingten Anspruch an die Gesellschaft auf ein solides Auskommen pro Essay oder Roman. Klingt hart, ist aber nur eine verständliche Reaktion auf den Alles-oder-nichts-Kurs, den die Initiatoren des Appells offenkundig einschlagen. Man sollte ihnen rechtzeitig sagen, dass am Ende des Weges auch folgende Feststellung stehen könnte: Ihr seid nicht (mehr) systemrelevant.“
Zitat aus der FAZ http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/urheberrechtsdebatte-kuenstler-ihr-seid-nicht-systemrelevant-11746404.html
Lieber Schlinkert,
was die Aggressivität angeht möchte ich Ihnen beipflichten, durch die politischen Erfolge fühlen sich diese ideologischen Einpeitscher wohl wieder im Aufwind. Der letzte Satz zeigt da eigentlich den nackten Kaiser: Das Hauptargument ist immer nur die normative Kraft des Faktischen. Weil das Internet so wichtig sei und auch so sei, wie nur wir Internetversteher es verstünden, muss es auch so „frei“ bleiben wie es ist. Und fühlt sich schon so systemrelevant und tonangebend wie es doch nur ein Ackermann war oder ist. Vielleicht ist es ja gar nicht soviel Selbstüberhebung, aber ich würde zu bedenken geben, dass selbst eine Stimme, die im Netz was gilt einen Transmissionsriemen braucht. Vielleicht gibt es dort genauso Arrivierte, aber es sind immer auch noch die klassischen Medien, die diese Stimmen dann adeln (wie z.B. die FAZ den CCC?)
Das ist für mich die eigentliche Crux: Das Verhältnis von jenen, die an den Fleischtöpfen angekommen sind, einen Namen, Skandal, Bestseller haben und jenen, die es nicht sind – im Netz oder außerhalb. Das Netz bzw. Dienste wie Youtube oder Google verstärken die Unterschiede nur noch weiter, würde ich behaupten: wer schon Klicks hat (oder auch Erfolg außerhalb des Netzes) bekommt noch mehr Klicks und Kommentare. Das halte ich für das Fatale. Die Leute scheinen zu denken: Meinungsfreiheit = Facebook, freier Datensuchzugriff = Google, Künstlerfreiheit = Youtube. Ungefähr so wie die katholische Kirche für Religionsfreiheit zuständig ist.
Nun gerate ich auch in die Polemik. Das nervt mich auch so sehr an der Debatte, die den digitalen Keil in unsere Köpfe rammt; und schon kommt nur Gift und ideologische Phrasen heraus. Dabei sind das so fundamentale, wichtige Fragen, wie: Was sind uns die Künstler wert? (Dass das nun wieder sofort in Geld „gemessen“ werden muss, ist wohl leider so.)
Hör‘ ich besser auf, weiter den Krawallbruder zu geben. Es ist so eindeutig für mich alles nicht: In vielem neige ich eher Melusines Position zu und finde diesen Aufstand der Arrivierten auch teilweise empörend.
Lieber Phorkyas, was die Fatalität der ganzen Angelegenheit betrifft, haben Sie recht, denn viele Menschen schwimmen relativ kritiklos in ihrer Zeit mit, natürlich darauf bedacht, ihr Bestes zu geben und nicht unterzugehen. Das könnte besser werden durch die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens, dann wären Ressourcen frei zum freien Denken, etwa die Macht der Konzerne (= die neuen Religionen?) betreffend, aber das ist wieder eine andere Diskussion: http://www.grundeinkommen.ch/
Was die sogenannten Arrivierten betrifft: darauf darf man sich nicht einschießen, denke ich, denn erstens sollte man denen ihren verdienten oder auch nicht verdienten Erfolg in der Regel nicht neiden, das kostet nur Kraft, und zweitens sind es ja diese, auf deren Popularität die „Abwehrschlacht“ gegen den Piratenangriff zunächst und quasi einleitend basiert, weil sie der großen Öffentlichkeit bedarf, die die Piraten ja schon haben. Außerdem kann das mit dem künstlerischen Erfolg und dem Einkommen auch schnell wieder vorbei sein, denn Obenbleiben soll ja schwerer sein, als dorthin zu kommen. Ich würde also dafür plädieren, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen, so schrecklich man den einen oder anderen Künstler auf der Liste auch finden mag, denn es geht tatsächlich um eine schwer erkämpfte, im besten Sinne bürgerliche Errungenschaft, ohne die erst recht das Recht des Stärkeren sich durchsetzte.
Hier übrigens als Ergänzung die Position der VG Wort, kam eben rein:
http://www.vgwort.de/fileadmin/pdf/stellungnahmen/Positionspapier_zum_Urheberrecht_VG_WORT.pdf
Wer weiss schon was ein Reis ist Indessen ergibt sich aus der Analyse der Eigenart des Ästhetischen, dass es originär keinen utilitaristisch fixierbaren Gebrauchswert von Kunstwerken gibt. Die wichtige Einsicht Benjamins, den Ursprung des Kunstwerks im Bereich des Rituals zu suchen, ist hier wegweisend und erschließt einen Begriff von Gebrauchswert, der sich ganz wesentlich und zentral von dem Gebrauchswert jedes anderen Konsumgenstandes unterscheidet. Aber können Objekte, wie Kunstwerke es sind, im eigentlichen Sinne dann überhaupt noch Gegenstände von Warenverkehr werden?
Sie können es nicht! Solche Objekte werden geraubt, sie werden auch zerstört, wie deren höchste erinnerliche Form, das Tempelstandbild, nur geraubt oder zerstört, mitnichten von den Einwohnern eingehandelt werden konnte.
Wir rauben und zerstören in diesem Sinne heute keine Kunstwerke mehr; der rituelle Charakter der Kultobjekte hat sich von seinem religiösen Gehalt gelöst und tradiert auf die Ebene der reinen Anschauung, der reinen Darstellung. Erhalten geblieben ist die D i f f e r e n z zwischen materieller Substantialität eines Werkes und der F o r m, die dieser materiellen Substantialität zum Zweck der Anschauung gegeben wurde. Das Kunstwerk ist seiner spezifischen Wertform nach mithin nicht instrumentalisierbar für den Zweck, in ein Tauschverhältnis einzugehen. Daher gleichen die endlosen Versuche, ein im dargelegten Sinne Inkommensurables kommensurabel zu machen, dem stümperhaften chirurgischen Eingriff in den Thorax einer unverstandenen Sphinx. Es handelt sich dabei um jene die Epoche kulturell kennzeichnende Demenz, die eine am Gängelband des puren Überlebens hängende R e k l a m e ist, flüchtig hin gemacht – zur Verlängerung des Kaufs.
@david: Quatsch, genau umgekehrt. Es ist gerade der kaum vorhandene Konsum- bzw. Gebrauchswert, der ein Kunstwerk (genauer: den spezifischen Untertypus in Form materieller Artefakte) zum Inbegriff der modernen Warenform schlechthin macht. Deutlicher lässt sich der Warenfetisch kaum noch demonstrieren.
Sie sollten weniger (pseudo-)poststrukturalistisches Geschwurbel lesen.
Ich habe von der spezifischen Wertform des Kunstwerkes gesprochen, nicht von der Obsoleszenz des Gebrauchswertes.
Das Kunstwerk ist entsprechend seiner Wertform kein Gegenstand des Gebrauches, sondern ein Gegenstand der reinen Anschauung. Die Situation eines Produzenten von Kunstwerken, dessen Produkte einem Wertaspekt unterliegen, wie ich ihn dargelegt habe, ist eine andere als die eines Produzenten von einfachen Gebrauchsgegenständen deshalb, weil z. B. ein Waffeleisen keinerlei Reflexionswert besitzt. Für das Kunstwerk hingegen als reiner Anschauungsgegenstand ist ein solcher Reflexionswert konstitutiv.
Die Analyse war vor jeder kritischen Auseinandersetzung zunächst phänomenologisch gemeint.
Der von Ihnen vorgebrachte „Inbegriff“ der „modernen“ Wertform hingegen ist leer.
@david u. brsma Männer, das erfordert eine unverzügliche Diskussion!
Re: Wir-sind-Unsinn – Lesetips Mesdames, messieurs, ich bin so frei hier einfach mal ein paar Links zu Beiträgen zu setzen, die ich aktuell recht lesenswert fand. Allemal deutlich reflektierter, als den von → Matthias Landwehr initiierten, intellektuell limbotanzenden PR-Gag in der ZEIT.
Lieber brsma, es geht doch nicht nur um eine besonders scharfsinnige Darstellung des Problems, sondern auch darum, die Kanonen zu laden und die öffentliche Meinung nicht irgendwelchen kleinkarierten Knalltüten zu überlassen. Da ist eine Aktion in einer (meist faden und mittelmäßigen) Wochenzeitung schon ganz gut. Das Thema selbst ist ja so schwer nun nicht zu verstehen, wie immer, wenn Interessengruppen gegeneinander kämpfen, also das „Gute“ gegen das „Böse“ steht.
Hätten, lieber Schlinkert, diese Kanonen … … denn wenigstens Kugeln aus ordentlichem Eisen anstelle aus wiedergekäutem hohlem Pappmaché wäre ich damit ja möglicherweise sogar einverstanden.
Offenbar ist das Thema aber außerdem *in der Tat* schwer zu verstehen – das fängt schon bei dem nicht begriffenen Eigentumsbegriff an und setzt sich, wie z. B. die oben verlinkte Cronenburg wunderbar zeigt, bei *so* vielem fort, dass ich deutlich geneigt bin, auch die Unterzeichner zu besagten kleinkarierten Knalltüten zu rechnen, die die Grenzen ihres Stalls für die der Welt halten.
Aber nein, lieber brsma, das Urheberrecht ist wie das Erbschaftsrecht, nämlich einfach, allein die Praxis kann manchem Schwierigkeiten machen. Ob nun alle Unterzeichner alles kapiert haben, kann niemand sagen, aber daß alle sich nicht von außen vorschreiben lassen wollen, wie sie in ihrem Stall zu leben haben, scheint mir sicher.