“Wollen wir dann auch eine Röntgenuntersuchung der Lunge machen?“ fragt mich Dottoressa G., als ich erzähle, daß ich seit meinem fünfzehnten Lebensjahr rauche – womit ich bereits geschummelt habe, weil ich tatsächlich mit vierzehn anfing. Fünfzehn klingt aber fast schon wie sechzehn, also im Rahmen der Legalität. „Nein“, antworte ich, „denn wenn da dann was auffällig, also der Krebs schon da ist, ist ohnedies nichts mehr zu tun, das lebenswert mein Leben erhielte. Sondern dann, so oder so, würde ich selber handeln.“ Wie und was, das sage ich selbstverständlich nicht; man sollte niemanden, zumal, wenn dieses Niemand eine charmante Frau meint, in Konflikte bringen. Aber sie versteht auch so; in
>>>> Malawi geboren, dort sozisialisiert – „the heart of Africa“, sagt sie, als ich wegen der Bilder frage, die an den Wänden hängen -, versteht sie, was denn Leben sei, anders als wir in unserer permanenten Abfederung. Die
>>>> Spirometrie zeigt denn auch eine leichte Funktionseinschränkung, „in normaler Toleranz“, erklärt die Assistentin, „aber, daß Sie rauchen, ist zu sehen“. Was mich selbstverständlich ärgert; beim letzten Lungenfunktionstest, etwa fünfzehn Jahre liegt er zurück, war das noch nicht so. Wobei ich weiß, daß er noch anders ausgefallen wäre, hätte ich nicht in den vergangenen knapp anderthalben mit dem Sport pausiert. Also: Wieder täglich laufen. Sò. Dann komme ich gar nicht auf die Idee, Zigaretten zu rauchen; die nämlich merkt man, jede einzelne, anders als interessanterweise die Pfeifen, obwohl ich auch aus denen inhaliere. Gut, das ist die Konsequenz, die ich zu ziehen habe. Woher ich die Zeit nehmen werde, weiß ich noch nicht. Werde einen Antrag stellen, die Tage um zwei Stunden auf sechsundzwanzig Stunden zu verlängern.
Alles übrige, Kreislauf & Puls, Nieren, Leber völlig in Ordnung. „Eigentlich brauchen wir das EKG nicht bei Ihren Werten, aber ab 55 ist das Vorschrift für diese Bescheinigung“, weshalb ich in der nächsten Woche noch einmal in die Praxis muß. „Tut mir leid, ich hatte Ihr Alter übersehen.“ Menschlicherweise nehme ich das sofort als Kompliment, zumal ich unterschlagen habe, daß ich nicht so arg viel schlafe.
Um halb sechs auf heute, sechs Seiten Argo geschafft; ich konnte also in aller Ruhe zur Ärztin hin, ohne schlechtes Arbeitsgewissen. Und weil ich, bevor mein Zug geht, sogar noch an mein Cello komme, werde ich das Instrument, anders als vorgehabt, nicht mitnehmen, sondern hier in Berlin lassen. Ich hab ja auch nicht vor – was ich mir immer mal wieder klarmachen muß -, es zur Konzertreife zu bringen, um eine zweite, na ja, Karriere zu starten, sondern spiele und lerne alleine für mich. Daß ich mir Druck mache, ist da an sich nicht nötig. Tu ich aber trotzdem, ja käme ohne den Druck, der mein
Innendruck ist, zu sprichwörtlich nichts.
So, dieses einstellen und ans Cello. Später mehr vielleicht. Zu erzählen wäre von Räumen, die wider die Naturgesetze zueinanderstreben. Schöne Geschichte, übrigens, weil derart offen, daß die Möglichkeiten nur so vibrieren: Ich habe den >>>> Wolpertinger im Gepäck. Für Joyce als Hommage. Briefchen wechseln hin und her für den Bloomsday, seit ich auf die Idee kam, Berios Ommagio a Joyce vorzuspielen.
(Absurd, übrigens, wieder einmal, ist die >>>> dort drunter geäußerte Lesermeinung:(…) Das Buch ist ziemlich experimentell, die Handlung teilt sich auf eine Vielzahl von Ebenen auf. Das ist aber nicht unbedingt immer sinnvoll, sondern – herbsttypisch – Effekthascheri. Aber schöne Effekthascherei, und gut und spannend lesbar. Ebenfalls herbsttypisch: Ein echtes Thema fehlt meines Erachtens, das Buch ist ziemlich selbstbezüglich und dreht sich in weiten Kreisen um sich selbst und den Autor. (…)
Was ist mit „Effekthascherei“ wohl gemeint? Und daß es „herbsttypisch“ sei, daß ein „echtes“ Thema fehle. Bitte? Und was ist Selbstbezüglichkeit eines Buches, wenn man davon ausgeht, daß Bücher in Kunsträumen handeln? Dasselbe wäre, insofern, vom Ulysses zu sagen, um vom Wake zu schweigen. Und was nun den Autor anbelangt, um den sich das Buch drehe: also ich selbst komme darin überhaupt nicht vor. Wobei, nebenbei bemerkt, man sich, wenn ein tausendseitiges Buch bereits zum dritten Mal gelesen wird, schon fragen muß:
weshalb denn, wenn allesdas so sei, wie die Verfass’rin meint. )