Blicke, Berlin: vor Amelia. Das Arbeits- und Aufbruchsjounal des Dienstags, dem 26. Juni 2012.


Lützowbar, Terrasse.
Warten auf den Profi.

8.40 Uhr:
[Arbeitswohnung.]
Um sechs Uhr hoch, um ein Viertel nach sechs am Schreibtisch, Argo-ÜA bis TS 738 Mitte. So abgeschlossen:


Argo-TS 738Mitte
Den Abschiedsdrink mit dem Profi genommen. Vorher letztes Vorbereitungsgespräch Am Terrarium, Checken der Liste, was ist noch zu tun und wer tut‘s?, Gepäckstückzuteilung usw. Darüber schliefen die Kleinen ein, er ein Prinz, der‘s noch nicht weiß, aber im Traum nun; sie ein Dornröschen.

Wenn ich beschreiben könnte, wie das ist: diese Kinderliebe, die in mir flammt, warm, ruhig, gewiß, wenn ich die beiden betrachte, wär sie vielleicht gar nicht so innig; deshalb versuche ich‘s auch nicht. Das ist wie mein Tabu: dies ist nicht Material. Und dann vielleicht wieder doch, da ich ja nicht schweige, sondern ausdrücken muß, immer. Als w ä r e es sonst nicht. Das hat auch etwas von einem Verhängnis. Selbstwidersprüche des Künstlers.
Jetzt geht‘s an die letzten Besorgungen und daran, alles hier zusammenzulegen, was auf die Reise mitkommt; da ist ein bißchen logistisches Geschick gefordert, wenn man doch alles auf dem Rücken trägt, den Arbeitsrucksack aber vorn auf der Brust. Jedes Jahr dieselbe Frage; nehm ich die schwere Büffellederjacke mit? jedes Jahr dieselbe Entscheidung: ohne geht es nicht. Dann muß man sie aber beim Antritt der Flugreise tragen, damit sie nicht auf das erlaubte Gewicht des Fluggepäcks punktet. Auf der Insel werden es, >>>> sah ich gestern nach, 36 Grad Celsius Höchst-, und 23 Grad Tiefsttemperatur sein, ideal für einen wie mich, auch für die Arbeit, und das bei einer wundervollen Luftfeuchtigkeit von tags 70 und nachts 84 % ; in Amelia liegen die Werte nur um weniges tiefer; da brauchte man eigentlich gar keinen Schlafsack, ein einfaches Laken würde genügen -. Hier dagegen ist‘s wieder kühl; ich hätte gestern nacht ja gern noch weiter draußen gesessen, aber der Profi fror. Zurück fuhr ich durch den Nieselregen.
Jedenfalls arbeite ich heute nicht mehr; was ich mir vorgenommen, Argo auf keinen Fall zu unterbrechen, und wenn ich täglich nur eine halbe Seite schaffe, hat geklappt und wird so auch auf der Reise klappen. Sechzig Typoskriptseiten nehme ich mit, außerdem das Gesamtwerk >>>> Peter H. Gogolins, aber digitalisiert auf dem Laptop; die pdf‘s will ich noch auf das Ifönchen überspielen. An Büchern noch den Giacomo Joyce und Quasimodo, wegen des Übersetzungsvorhabens.
Um 18 Uhr wird aufgebrochen von hier, mein Junge, seine Freundin, ich, ab Prenzlauer Allee direkt zum Flughafen Schönefeld, eine dreiviertel Stunde Fahrt, zweieinhalb Stunden vor Abflug da sein, weil Easy Jet geradezu pervers genau im Schalterschließen ist. Meine >>>> Pariser Erfahrung sitzt tief. Für einen allein mag eine Umbuchung angehn, wenn Kinder dabeisind, aber nicht. Man plant auch anders mit Kindern, wird ziemlich exakt, so abenteuerlustig man früher und „wolln doch mal gucken“ einfach so draufwar. Alleine übernachte ich auch schon mal auf einer Parkbank oder im Hauptbahnhof, bis die Mission mich aufliest. Gegen Mitternacht werden wir in Fiumicino ankommen, Aeroporto Leonardo da Vinci, >>>> Parallalie holt uns ab; für die Nachtfahrt nach Amelia übernehme ich wohl das Steuer.
Riesenfreude bei den Kindern, große Freude auf den Freund bei mir und den Wein im Cortile und die Gespräche. Die übrige Familie kommt am Sonntag nach, da holn wir sie vom Flughafen ab und reisen direkt weiter.
Gut, ich will auch die Wohnung in Schuß bringen, bevor es losgeht, vor allem den Schreibtisch. Es ist grauslich, an einen verratzten Arbeitsplatz zurückzukehren, sondern vom Schimmer des Holzes will ich empfangen sein und vom Roman, der mich erwartet. Sowie dieser Stadt, – der ersten, von der, in meinem Land, ich jemals sagen konnte: der meinen.

16.26 Uhr:
[Noch Arbeitswohnung.]
So, in etwa einer Stunde geht es los. Tatsächlich habe ich für die Vorbereitungen diesen ganzen Tag noch gebraucht. Jetzt aber ist alles verpackt; ich tippe dies direkt in den Zweitcomputer; der eigentliche Laptop ist schon vom Netz.

2 thoughts on “Blicke, Berlin: vor Amelia. Das Arbeits- und Aufbruchsjounal des Dienstags, dem 26. Juni 2012.

  1. Gesamtwerk? Man gestatte mir die Anmerkung, dass „Gogolins Gesamtwerk“ etwas übertrieben ist. Es ist natürlich einiges, was da jetzt den Weg auf die Festplatte gefunden hat, aber es ist nur das, was jetzt tatsächlich verfügbar ist oder doch in rechter Kürze sein wird. Das, was darüber hinaus existiert und hoffentlich in den kommenden Jahren erscheinen kann, würde uns heute beide überfordern. Ich wünsche eine gute Reise. PHG

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