9.10 Uhr:
[Arbeitswohnung. Pfitzner, Palestrina (ff). Raffael Kubelik 1973.]
Wirklich ganz ausgezeichnet, >>>> dieser Roman. Soweit ich gestern abend hören konnte in der >>>> Literarischen Freiheit des Soda-Clubs der Kulturbrauerei Berlin. Ich war unmittelbar nach dem Elternabend in der Waldorfschule meines Sohnes hingefahren und noch vor Beginn der Lesung angekommen; ob ich das schaffte, war ein wenig fraglich gewesen.
Irre gefüllter Raum, S. Fischer hatte an dem Tag noch eine Anzeige geschaltet. Meyer wird derzeit gehypt, journalistisch unisono, kann man sagen, auch wenn er sich in seiner nicht so ganz angenehmen UdoLindenberg-Manier, die leider auch der von mir >>>> bekanntlich hochgeschätzte Helmut Krausser bisweilen draufhat, über einigen wahrscheinlich tatsächlichen Unsinn beklagte, den er in diesen Tagen neben vielem Angenehmen zu lesen bekomme; ein Hype aber bedeutet, daß selbst Unfug zum Ruhm führt. In diesem Fall steh ich dem sympathisierend gegenüber, weil der Roman ihn wirklich verdient. Meyer beherrscht sein Metier, beherrscht die Recherche bis in die Wortfelder und weiß sie poetisch nicht nur zu bändigen, sondern auf die Konstruktion des Romans scharf auszurichten; wobei ich gestern abend besonders die poetischen InnenStellen beeindruckend fand, in denen sich Meyer in die Seelen der Protagonisten hineinbegibt und sie wirklich werden läßt. Läse ich nicht immer noch den wunderbaren >>>> Fahlmann, ich nähme mir nun sofort dieses Buch her. Außerdem hat er, Clemens Meyer, bezaubernde Groupies; auch dies war genußvoll mit anzusehen.
Weniger genußvoll allerdings das zwischen beide Lesehälften geschobene „Gespräch“ mit der Lektorin, einer unfaßbar simplen Person mit der Ausstrahlung einer kleindeutschen Doris Day, die es zum Doktor gebracht hat und damit auch, peinlicherweise, aufs Podium gerufen wurde; sie trug die Pumps von Minniemouse, schicklich den Rock am Knie; Stimmchen à la UllaHahnVorSiebenunddreißigJahren, so auch die Weibchenblicke und die Fragen. Einfach nur grauslich. Meyer ließ sie an seiner auf Hälfte gefaßten Longe und parierte als ein John Wayne, der aber eben von Udo Lindenberg gespielt wird, zumal nicht ohne Kitsch, den das Publikum aber liebte. Er hätte sagen können, was er nur wollte, es wäre ihm zugelacht worden, wurde ihm zugelacht, zuhumort und zugekumpelt. Ach, wie er unter der Arbeit an diesem Roman gelitten habe! Usw. Als wäre nicht auch die Arbeit eines Chirurgen, der sechsunddreißig Stunden am Stück auf der Unfallstation operieren muß, voller Härten, als kennte nicht jeder Bauarbeiter das. Nee, bei Künstlern wird ein Bohei drum gemacht. – Wäre nicht zu erwarten gewesen, daß Meyer noch ein weiteres Stück aus dem Roman läse, ich wäre gegangen, stand auch schon am Ausgang, wisperte meinem Freund M. zu, daß ich angeekelt sei, „gleich platze ich!“ – er schob mir einen Whiskey rüber: „Ist doch nur Show. Und siehst du nicht, wie es ankommt?“ Das war’s ja gerade.
Cigarillo.
Entsprechend die „Fragen“: alles auf der, würde der Profi sagen, Erscheinungsebene, ja als hätte diese Akademikerchinne den Unterschied von Erscheinungs- und Bedeutungsebene weder je kapiert noch überhaupt schon mal davon gehört, um von der Verschränkung von Semantik und Metaphorik ganz zu schweigen; bei Fantasiestücken sprach sie von „surreal“, hat also wohl auch niemals Aragon gelesen; wahrscheinlich versteht sie unter „romantisch“ „gefühlvoll“ und plätschert deshalb hier und pischelt da die Oberfläche auf, worauf sie gleich schon Tiefe sieht. Ach, ich hätte Meyer eine angemessene Gesprächspartnerin gewünscht, jemanden vom hohen Range >>>> Silvia Bovenschens oder Alice Schwarzers. So aber blieb es bei einer, den Männern zur Schande, Show von plinkerndem Weibchen zu machistischem Mann. Obendrein war dieses, sagen wir mal, Spiel ohne jeden Funken von Geschlecht: was bei Meyers Thema geradezu bizarr war. Ich hab nicht die geringste Ahnung, wie er mit dieser, nun ja, Frau arbeiten kann; ich meinerseits würde, setzte man mir so jemanden vor, solch einen Krach schlagen, daß ich binnen kurzem mal wieder ohne Verlag dastünde. – Egal. Kaufen Sie das Buch, alles andere ist – wenn es so vorgeführt wird – eitel.
Irre gefüllter Raum, S. Fischer hatte an dem Tag noch eine Anzeige geschaltet. Meyer wird derzeit gehypt, journalistisch unisono, kann man sagen, auch wenn er sich in seiner nicht so ganz angenehmen UdoLindenberg-Manier, die leider auch der von mir >>>> bekanntlich hochgeschätzte Helmut Krausser bisweilen draufhat, über einigen wahrscheinlich tatsächlichen Unsinn beklagte, den er in diesen Tagen neben vielem Angenehmen zu lesen bekomme; ein Hype aber bedeutet, daß selbst Unfug zum Ruhm führt. In diesem Fall steh ich dem sympathisierend gegenüber, weil der Roman ihn wirklich verdient. Meyer beherrscht sein Metier, beherrscht die Recherche bis in die Wortfelder und weiß sie poetisch nicht nur zu bändigen, sondern auf die Konstruktion des Romans scharf auszurichten; wobei ich gestern abend besonders die poetischen InnenStellen beeindruckend fand, in denen sich Meyer in die Seelen der Protagonisten hineinbegibt und sie wirklich werden läßt. Läse ich nicht immer noch den wunderbaren >>>> Fahlmann, ich nähme mir nun sofort dieses Buch her. Außerdem hat er, Clemens Meyer, bezaubernde Groupies; auch dies war genußvoll mit anzusehen.
Weniger genußvoll allerdings das zwischen beide Lesehälften geschobene „Gespräch“ mit der Lektorin, einer unfaßbar simplen Person mit der Ausstrahlung einer kleindeutschen Doris Day, die es zum Doktor gebracht hat und damit auch, peinlicherweise, aufs Podium gerufen wurde; sie trug die Pumps von Minniemouse, schicklich den Rock am Knie; Stimmchen à la UllaHahnVorSiebenunddreißigJahren, so auch die Weibchenblicke und die Fragen. Einfach nur grauslich. Meyer ließ sie an seiner auf Hälfte gefaßten Longe und parierte als ein John Wayne, der aber eben von Udo Lindenberg gespielt wird, zumal nicht ohne Kitsch, den das Publikum aber liebte. Er hätte sagen können, was er nur wollte, es wäre ihm zugelacht worden, wurde ihm zugelacht, zuhumort und zugekumpelt. Ach, wie er unter der Arbeit an diesem Roman gelitten habe! Usw. Als wäre nicht auch die Arbeit eines Chirurgen, der sechsunddreißig Stunden am Stück auf der Unfallstation operieren muß, voller Härten, als kennte nicht jeder Bauarbeiter das. Nee, bei Künstlern wird ein Bohei drum gemacht. – Wäre nicht zu erwarten gewesen, daß Meyer noch ein weiteres Stück aus dem Roman läse, ich wäre gegangen, stand auch schon am Ausgang, wisperte meinem Freund M. zu, daß ich angeekelt sei, „gleich platze ich!“ – er schob mir einen Whiskey rüber: „Ist doch nur Show. Und siehst du nicht, wie es ankommt?“ Das war’s ja gerade.
Cigarillo.
Entsprechend die „Fragen“: alles auf der, würde der Profi sagen, Erscheinungsebene, ja als hätte diese Akademikerchinne den Unterschied von Erscheinungs- und Bedeutungsebene weder je kapiert noch überhaupt schon mal davon gehört, um von der Verschränkung von Semantik und Metaphorik ganz zu schweigen; bei Fantasiestücken sprach sie von „surreal“, hat also wohl auch niemals Aragon gelesen; wahrscheinlich versteht sie unter „romantisch“ „gefühlvoll“ und plätschert deshalb hier und pischelt da die Oberfläche auf, worauf sie gleich schon Tiefe sieht. Ach, ich hätte Meyer eine angemessene Gesprächspartnerin gewünscht, jemanden vom hohen Range >>>> Silvia Bovenschens oder Alice Schwarzers. So aber blieb es bei einer, den Männern zur Schande, Show von plinkerndem Weibchen zu machistischem Mann. Obendrein war dieses, sagen wir mal, Spiel ohne jeden Funken von Geschlecht: was bei Meyers Thema geradezu bizarr war. Ich hab nicht die geringste Ahnung, wie er mit dieser, nun ja, Frau arbeiten kann; ich meinerseits würde, setzte man mir so jemanden vor, solch einen Krach schlagen, daß ich binnen kurzem mal wieder ohne Verlag dastünde. – Egal. Kaufen Sie das Buch, alles andere ist – wenn es so vorgeführt wird – eitel.
: 10 Uhr.*******
Zweiter Latte macchiato.
Ich hab vielleicht einen Muskelkater! – vom „slow motion“-Training gestern, und heute früh, zwischen sechs und acht Uhr, die anderthalb Stunden Schwimmen haben es nicht besser gemacht. Als ich in den Spiegel sah, dachte ich, eigentlich habe ich jetzt genau den Körper, den ich wollte; es komme nun nur noch darauf an, ihn zu halten. Na gut, der Sixpack ist noch nicht komplett erreicht, aber das ist eine kleine Eitelkeit, nur, die ich mir freilich noch befriedigen möchte, aber nicht müßte. Ein Luxus. Und ich hab das gerne, diesen Muskelkater zu spüren: ein Schmerzen, bei dem man dauernd kichern muß. Nur der Zahn ärgert mich noch. Gleich beim Zahnarzt anrufen, wann es heute passe, wobei ich um vierzehn Uhr erstmal mit meinem Jungen zur Ärztin muß, weil er Ohrenschmerzen hat und weder ich noch लक्ष्मी wollen, daß er das verschleppt. Ansonsten weiter mit dem Europaprojekt. Und ich muß jetzt die Sprechertermine mit einem Studio des Deutschlandradios festlegen; für Mellies‘ Ersatz kam ich gestern abend auf eine schlüssige Idee.
Also an die Arbeit.
Ich hab vielleicht einen Muskelkater! – vom „slow motion“-Training gestern, und heute früh, zwischen sechs und acht Uhr, die anderthalb Stunden Schwimmen haben es nicht besser gemacht. Als ich in den Spiegel sah, dachte ich, eigentlich habe ich jetzt genau den Körper, den ich wollte; es komme nun nur noch darauf an, ihn zu halten. Na gut, der Sixpack ist noch nicht komplett erreicht, aber das ist eine kleine Eitelkeit, nur, die ich mir freilich noch befriedigen möchte, aber nicht müßte. Ein Luxus. Und ich hab das gerne, diesen Muskelkater zu spüren: ein Schmerzen, bei dem man dauernd kichern muß. Nur der Zahn ärgert mich noch. Gleich beim Zahnarzt anrufen, wann es heute passe, wobei ich um vierzehn Uhr erstmal mit meinem Jungen zur Ärztin muß, weil er Ohrenschmerzen hat und weder ich noch लक्ष्मी wollen, daß er das verschleppt. Ansonsten weiter mit dem Europaprojekt. Und ich muß jetzt die Sprechertermine mit einem Studio des Deutschlandradios festlegen; für Mellies‘ Ersatz kam ich gestern abend auf eine schlüssige Idee.
Also an die Arbeit.
Es ist Herbst. Ich werde die Wintersachen herausholen müssen und die hellen Anzüge wegtun: auch das ein Zeichen, daß ich an die Kreuzfahrt nicht mehr glaube, nicht mehr für diesen September. Das hat auch was Erleichterndes.
Heute abend >>>> dorthin. Ich sollte da Präsenz zeigen:
Das Bohei, das um den Aufwand gemacht wird, ein Kunstwerk herzustellen, ist in der Tat immer etwas seltsam anzuschauen – wahrscheinlich liegt es daran, daß der Künstler sich zu rechtfertigen müssen meint, obwohl ja alle Welt das Ergebnis sehen kann und kein Mensch, der alle Fünfe beisammen hat, annehmen sollte, daß das vom Himmel fiel.
(Was Ihre Minnie Mouse angeht: ich weiß, was Sie meinen, aber was gehen Sie als Schriftsteller auch zu Lesungen von Autoren aus Publikumsverlagen – die sind fürs Publikum, und das ist entzückt!)
@Schlinkert. Ich gehe zu Lesungen – egal, ob von „Publikumsverlagen“ oder nicht (bitte mal zurücklehnen: S. Fischer ist der Verleger Thomas Manns, Ricarda Junges, Michael Lentz‘, Wolfgang Hilbigs usw. -, weil ich den Klang von Texten hören will, wie sie im Ohr ihrer Autor:inn:en sind, weil mich auch der Typos von Autoren interessiert und weil ich vielleicht etwas über Hintergründe erfahren kann; bei so einem guten Roman wie Meyers aber auch, um den Autor mitzufeiern. Das kann er erwarten mit Recht; oft ist es die einzige Möglichkeit für ihn, seinen idealen Leser in reale Leser:innen aufzulösen usw. Aber ich erwarte, daß, wenn zudem ein öffentliches Gespräch geführt wird, dieses mit Niveau geschieht, und bin persönlich beleidigt, wenn meine Anwesenheit unter Wert beentertaint wird. Ich will dafür, daß ich zur Lesung eines Kollegen/einer Kollegin gehe, nicht bestraft werden. (Wir Autor:inn:en gehen viel zu selten, oft aus Anmaßung, Ignoranz oder gar Mißgunst, nicht zu Lesungen von Kolleg:inn:en; auch dabei will ich nicht mittun.)
Und da sind noch eine Menge mehr guter Autoren bei S. Fischer, überhaupt keine Frage! Und Sie haben ja auch ganz recht, hinzugehen. (Ich selbst gehe selten zu Lesungen, einfach weil ich mir zur Zeit das scheiß Eintrittsgeld nicht leisten kann und das nichtantiquarische Buch schon gar nicht.) Leider aber, und das meinte ich, wird der Autor dem Publikum oft wie eine Zirkusnummer dargeboten, vor allem an Orten, die Eventcharakter haben. Ich glaube, manche Presseabteilung von großen Verlagen hat einfach Angst, die Leute mit hohem Niveau zu verprellen, zum Schaden der anwesenden geübten Leser:innen und Kolleg:inn:en, die das Gesülze drumherum wohl einfach ertragen müssen. Imgrunde sollte als Gesprächspartner bei Lesungen immer ein Schriftstellerkollege auf der Bühne sein, ein nichtmißgünstiger natürlich.
An Sabine Scho bei Facebook. Die Herbertstraße ist – anders, als offenbar gehypt wird – überhaupt nicht das Interessante an dem Roman. Sondern die Weite seiner stilistischen Fähigkeiten und die bisweilen stupende Introspektion der wirklich zu Menschen werdenden Figuren. – Dies aber erst mal nach meinem gestrigen Höreindruck. (Aber können wir das nicht bitte direkt in Der Dschungel diskutieren? Da ich auch Rezensionen zum Werk zähle, besonders, wenn ich über Poetologien schreibe, bin ich drauf angewiesen, es irgendwie beisammenzuhaben und nicht völlig zu zersplittern. Facebook ist ein Grab für Gedanken, Die Dschungel sind ihr Archiv.)
Mein Desinteresse an diesem Buch wird durch Ihren Text, wie im übrigen auch alle anderen zu Meyers Roman, die ich gelesen habe, bestätigt und verfestigt. Das macht weiter gar nichts, da ich ohnehin viel zu viele ungelesene, spannende Bücher auf meinem Lesegerät gespeichert und in meine Regale gestopft habe.
Es ist aber doch vielleicht nicht ganz uninteressant, wie so eine Auswahl (die ja vor dem Beginn einer Lektüre immer auf Vor-Urteilen beruhen muss) erfolgt. Die Rezensenten (einschließlich hier Herbst) und Meyer selbst in Interviews haben dem Buch bei Leserinnen wie mir keinen Gefallen getan. Mag es – literarisch -sein wie es will. Aber es gibt eben so viele interessante und sehr gute Autoren und Autorinnen, die ohne Groupies und „coole Sau“-Sprüche auskommen, stellen Sie sich mal vor. Die wollen ja auch alle gelesen werden.
Ich lese jetzt weiter „Black Box“ (Jennifer Egan) und „Life after Life“ (Kate Atkinson) und „Tigermilch“ (Stefanie de Velasco). Die sind mir auch (persönlich oder in Rezensionen) empfohlen worden. – Und haben kein Desinteresse ausgelöst. So kann das gehen. Außerdem kommt dann wohl noch „Argo“.
Das stärkste Buch, das ich in diesem Jahr gelesen habe, war ohnehin Sabine Scholls „Wir sind die Früchte des Zorns“. http://gleisbauarbeiten.blogspot.de/2013/09/fruchtbarer-zorn-uber-sabine-scholls.html
Die sehen Sie heute Abend, lese ich. Wenn sich´s ergibt, richten Sie ihr doch bitte aus: Beim Lesen ihres Romanes habe ich echte Dankbarkeit empfunden.
@Melusine zu Meyer. Womit habe ich ihm keinen Gefallen getan? Damit, daß ich von Groupies sprach, die er habe? Die hat jeder Fußballclub auch, wie gerade Sie wissen. Ihm das anzulasten, wäre unrecht.
Sein Roman ist gerade bei den Frauenfiguren ausgesprochen einfühlsam, empathisch, klug; deshalb verstehe ich Ihren offensichtlich ‚Ärger nicht ganz. Auch diese Lektorin ist ihm nicht anzulasten. Und von „coole Sau“-Sprüchen steht bei mir kein Wort. Wo haben Sie das bitte her? Was wiederum die von mir so genannte UdoLindenberg-Manier anbelangt, wissen Sie ganz genau, daß es Menschen gibt, die auf Schutzmechanismen zurückgreifen insbesondere dann, wenn sie eigentlich introvertiert sind, aber ihr Beruf sie notwendigerweise mit der Öffentlichkeit in Kontakt bringt.
Also unterm Strich finde ich Ihren Kommentar so, ganz ohne Kenntnis des Romans, ausgesprochen ungerecht, ja eigentlich sogar – gegenüber Meyers aus meiner Sicht großartigen Arbeit – gewalttätig. Und zwar nicht, weil Sie kein Interesse auf den Roman verspüren – ob jemand eines hat, ist ganz jedes eigenen Sache -, sondern weil sie das veröffentlichen. Sie wissen genau, daß es gelesen wird, und beeinflussen also willentlich ohne Kenntnis des Gegenstandes, rein aus Ressentiment. Dafür habe ich wenig Verständnis, insbesondere, da es Ihnen doch in anderen Zusammenhängen immer sehr auf Gerechtigkeit ankommt.
Es ist ein Kommentar zur öffentlichen Promotion des Buches Ich veröffentliche es, weil Lesungen, Interviews und Werbung für einen Roman öffentliche Vorgänge sind (wie andere Werbung auch, deren sexistische Formen ich ebenso anprangere). Die Promotion für Meyers Roman (von „coole Sau“ redet er in Interviews), der Hype, sozusagen, kommt überwiegend offenbar ziemlich gut an. Bei einigen aber eben gerade nicht. (Wie halt auch bestimmte Plakate nicht.)
(Fußballvereine, übrigens, haben keine Groupies. Denn ein Groupie ist kein Fan. Ein Groupie macht die Beine breit oder erweckt wenigstens den Eindruck, es täte das, wenn der wollte. Also könnte höchstens ein bestimmter Fußballspieler Groupies haben. Und genau das weckt mein Ressentiment, wie Sie das nennen. Es ist mir auch ziemlich egal, wenn jemand das spießig findet.)
Sehen Sie: Ich traue außerdem Ihrem Urteil über die „Frauen-Figuren“ in diesem Fall (wie in anderen) nicht sehr. Ich glaube nämlich nicht, dass Sie sich im geringsten für das an Frauen interessieren, was mich interessier, auch nicht an fiktiven Frauen-Figuren.
Herr Meyer ist so frei, sich in Interviews und Lesungen öffentlich so zu präsentieren, wie er es möchte. Sie sind so frei, darüber öffentlich zu schreiben, wie Sie wollen. Und ich bin so frei, das öffentlich angenehm oder unangenehm zu finden.
Über die Qualität der Romans habe ich damit nichts gesagt, selbstverständlich.
Die Crux ist ja: Es gibt keinen Mangel an guter Literatur, jedenfalls unter der Bedingung endlicher Lebens- und Lesezeit. Daher muss eine sogar unter der guten auswählen.
Sexistische Werbung – wie in anderen Branchen auch – scheint erfolgreich zu sein. Nur nicht bei jeder und jedem. Eine Mehrheit allerdings goutiert ja den Hype, wie er im Falle Meyers inszeniert wird. Das ist doch gut für ihn und auch für das Buch. Bestimmte Leser_innen werden aber sein Verlag und er so halt gerade nicht erreichen.
Vergessen Sie aber nicht Sabine Scholl meine Dankbarkeit auszurichten.
Jetzt haben Sie beide es echt geschafft, daß ich meine wertvolle Zeit mit der Suche nach Informationen zu diesem Roman verbrauche! Bin ich natürlich selber schuld dran. Sexistische Werbung habe ich aber (leider) nicht gefunden, Melusine, ich bitte um Links, sondern eigentlich nur Seriöses, u.a. hier: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/buechermarkt/2247590/
Vom Thema her scheint mir der Roman aber wie gemacht, um mit feministischer Wohlstandsjammerei wieder mal Umsatz zu machen – Journalistinnen müssen ja heutzutage auch ihren Lebensunterhalt verdienen, klar, das ist Teil der erreichten Gleichberechtigung. Man darf gespannt sein, vor allem, wenn es stimmt, daß sich Herr Meyer beim Erzählen der Geschichte(n) moralischer Urteile enthält, sich den Kitsch also spart und die Leser:innen ernst nimmt.
Tut mir sorry, aber Gejammer über „feministische Wohlstandsjammerei“ törnt mich ab
Da bin ich draußen.
Reflexhaft. Genauso wie wenn irgendwo einer mit Groupies auftaucht.
Aber vielleicht les ich das doch noch mal. Vielleicht ist das ja trotzdem gut (wahrscheinlich besser als Kehlmann, bei dem ich es nie über Seite 15 schaffe, jedenfalls). Allerdings mach ich das bestimmt nicht bevor ein Jahr rum ist. So ist das nämlich mit dem Hype bei mir. Der törnt mich auch immer ab.
zum Hype@Melusine. Das kann ich verstehen, und ich halte es eigentlich auch fast immer so. In diesem Fall aber wollte ich wissen – auch, weil mich die Jury des diesjährigen Deutschen Buchpreises, was bei ihrer Zusammensetzung allerdings zu erwarten war, mit >>>> Argo nicht einmal auf die Longlist genommen, sondern sofort ausgesondert hat. Mein Verlag hat – bis zum vorgezogenen Erscheinungsdatum hin – einige Anstrengungen unternommen, die Bewerbungsbedingungen zu erfüllen. Es war dies, wie gesagt: rfwartungsgemäß – gänzlich umsonst. Also wollte ich wissen, was auf die Liste gekommen ist, wollte aber auch nicht meinem Ärger irgend einen Vorurteils-Platz lassen. So hörte ich einfach nur zu, und es war ziemlich schnell klar, daß es Meyer mit literarisch vollem Recht nun auch auf die Shortlist „geschafft“ hat – ein Umstand, der mich sehr froh macht, einfach schon deshalb, weil nichts so schlimm ist, wie von einem definitiv schlechten Mitkonkurrenten ausgestochen zu werden; ist es ein guter, läßt sich jede Zurücksetzung geradezu angenehm verkraften. Leider kenne ich viele andere Fälle.
Selbstverständlich werde ich, sofern wir >>>> dort ins Gespräch kommen werden, Sabine Scholl Ihre Lektüredankbarkeit ausrichten, und zwar sehr sehr gerne.
(Noch ein Wort dazu:Ich traue außerdem Ihrem Urteil über die „Frauen-Figuren“ in diesem Fall (wie in anderen) nicht sehr. Ich glaube nämlich nicht, dass Sie sich im geringsten für das an Frauen interessieren, was mich interessier, auch nicht an fiktiven Frauen-Figuren. Ich glaube auch nicht, daß sich jede Frau für das interessiert, für was Sie sich an Frauen interessieren; es ist dies, glaube ich, keine Geschlechterfrage, sondern durchaus eine ideologische. Meine Urteile über literarische Frauenfiguren (wie über Frauen „an sich“) unterscheiden sich von den Ihren wahrscheinlich ebenso sehr, wie es die Urteile anderer Frauen – und Männer – über literarische Frauenfiguren tun. Auch Frauen sind nicht identisch, Göttinseidank. Im übrigen sollte Ihnen nicht entgangen sein, was ich an dem Auftritt von Meyers Lektorin so unerträglich fand – eben dieses patriarchal abgerichtete Weibchenspielen.)
Na, damit haben Sie sicher Recht. Es stimmt ja eh das Wort schon nicht: Urteil. Zum Lesen gehört für mich, wenn ich lese (und eben nicht abbreche), immer Affirmation, sich anschmiegen. Und schließlich (die Gewalt darf bei der Gewalttätigen, wie Sie mich nannten, nicht fehlen): Verschlingen. Ich verleibe mir Texte ein. (Ganz im Gegensatz zur Analyse, ein Wort, das Lessings Vetter Mylius so trefflich mit „Zerstückelung“ übersetzte, und ein Verfahren, das mir gegenüber Literatur immer schon gänzlich unangemessen erschien).
Trotzdem glaube ich, dass Sie (wie andere Männer auch) an fiktiven Frauenfiguren selten etwas vermissen, was doch für viele (sicher nicht alle) weiblichen Leserinnen wichtig ist: die Beziehung zu anderen Frauen. Sonst könnte es ja nicht so unglaublich viel männliche Literatur geben, die den gar so simplen Bechdle-Test nicht besteht :-).
http://www.spreeblick.com/2010/05/26/der-bechdel-test/
@MelusineB Sie wollen doch wohl nicht ernsthaft bezweifeln, daß es feministische Wohlstandsjammerei in diesem, unserem Lande gibt, also tatenloses Gequatsche im Sinne eines „Ismus“, der der Vorteile halber im jetzigen Stadium am Leben gehalten wird? Klar, es geht auch (und manchen sehr) um Forschungsgelder, gut dotierte Posten und so weiter – kommt Ihnen das nicht bekannt vor aus der zum Glück überwundenen Vergangenheit? Aber wenn Sie kneifen wollen, bitte, Sie haben ja Ihre Peer-Group. Und Ihre Reflexe.
auflachend@Melusine. >>>>
2. Sprechen diese Frauen miteinander?
3. Sprechen sie über etwas anderes als Männer?
Spielen in einem Buch mindestens zwei Männer?
Sprechen diese Männer miteinander?
Sprechen sie über etwas anderes als über Frauen?
Zumindest Punkt 3 kann man für sämtliche Filme verneinen.
Aber mal im Ernst: Mich, als Mann, interessiert bei Literatur wirklich allenfalls marginal die Beziehung von Männern zu anderen Männern. Sowas „darf“ er geben, sicher, und gibt es, ebenso wie die Beziehung von Männern zu Frauen (der allein wir, wie umgekehrt, die Existenz unserer Art verdanken), aber interessant an Literatur finde ich es deshalb nicht, weil ich an Literatur-als-Literatur das Thema immer beliebig finde; nicht beliebig wird es über die Kunst, mit der es verarbeitet ist. Die für mich abseitigsten Themen können plötzlich brennend interessant werden, wenn die Kunst Kunst ist, während die mich eigentlich interessierenden Themen, ist sie es nicht, entsetzlich öde werden können. Dabei ist es mir kreuzwurscht, ob ein Buch von einer Frau, einem Mann oder einem zwiegeschlechtlichen Menschen geschrieben worden ist; es ist mir ja auch egal, ob er hetero-, homo- oder bisexuell ist; meinetwegen darf er (oder sie) auch Tiere begehren.
So ist es halt. Mir ist es nicht egal. Ich verwette aber eine üppige Summe drauf, dass sich – hastes nicht gesehen, ganz zufällig, eipardauz, bei einer schnöden Zählerei herausstellen täte, dass etwa 70% Ihrer Lektüre bis dato (eher mehr) von Männern geschrieben wurde (und viel davon darüber, wie Männer Frauen sehen, sich in Frauen versetzen, Frauen begehren). Das fasziniert Sie nämlich schon (siehe Giacomo Joyce) ein bisserl mehr als andere „Themen“. Womit Sie ja nicht allein sind.
Na und bei mir isses halt umgekehrt: Ich les´ ganz zufällig halt überwiegend Autorinnen. Mit´m Geschlecht hat das nix zu tun, grad wie bei Ihnen. Ich täte auch Texte von Hunden lesen, wenn sie gut wär´n. Aber ich kenn keinen, der schreiben kann.
Klaro. Es ist ganz egal. Es ist bloß Zufall, wie Ihre Biblitohek sich zusammensetzt.
Literatur-als Literatur ist dagegen halt das, was mir egal ist.
So verschieden sind die Leserinnen.
Und manchmal lesen sie dann doch was und sind begeistert, ganz verschiedene.
(Mit Punkt 3 haben sie übrigens Unrecht. In fast allen Filmklassikern – Western, SciFi, Piraten etc.etc. – reden Männer häufig über etwas anderes als über Frauen. Müssen Sie mal aufpassen. Vielleicht entsteht der Eindruck, weil Sie immer nur zuhören, wenn von Frauen die Rede ist 😉 ).
Also in Science-Fiction- Filmen reden auch die Frauen über anderes als über Männer, in Piratenfilmen oft ebenfalls – da führen Frauen nicht selten Freiheitsbewegungen an. Western hingegen, dazu kann ich wenig sagen, weil ich seit Jahrzehnten keine mehr gesehen habe (eine wichtige Ausnahme: >>>> True woman, gedreht von einer Frau und mit einer großartigen Jolie).
Daß ich definitiv weniger Bücher von Frauen gelesen habe, als von Männern, liegt ein bißchen am Bücherschrank meiner Großmutter, die eine Frau war und meine Lektüren überhaupt initiiert hat; mein Großvater hat gar nicht gelesen, meine Mutter las Françoise Sagan, die ich langweilig fand, und über Jahre hinweg Marcel Proust, der mich noch heute gähnen läßt. Hingegen finde ich die ersten Bücher von Marianne Fritz hinreißend, indessen ich als Junge selbstverständlich Anne Golon las, ebenfalls aus der reichhaltigen Bibliothek meiner Großmutter; dort stand sie, Golon, eng mit Dostojewski beisammen. Über einen Patriarchen wie Arno Schmidt kam ich auf die Spur der Schwestern Bronte, dann entdeckte ich Christa Reinig; daneben lief die „männliche“ Spur immer weiter – was etwas mit dem Entdecken der eigenen Geschlechtsidentität zu tun hat. Diese glaube ich auch bei Ihnen wirksam, so daß ich es wenig verwunderlich finde, wenn Sie definitiv mehr Bücher von Frauen als von Männern lesen. Mir allerdings würde es nicht einfallen, auf eine Autorin einzuschlagen, weil sie feministische Positionen vertritt; andernfalls wäre mir gerade die große Reinig extrem vergällt worden. Ich lese auch Bücher von entschiedenen Katholiken, lese auch Bücher von entschiedenen Islami – denn ich glaube daran, daß es egal ist, durch was ein poetisches Feuer geschürt wird; wichtig ist, d a ß es geschürt wird und daß es brennt und so leuchtet, daß wir die Augen beinah schließen müssen. Dies gilt bei Frauen und bei Männern. Und wird eines Tages, wenn sie zu dichten gelernt haben werden, auch bei Robotern gelten.
Scholl@Melusine. Sabine Scholl hat sich über Ihr Danke sehr gefreut, und unbekannterweise soll ich zurückgrüßen. Was ich hiermit tue. Übrigens hat sie >>> Ihre Rezension gelesen und nannte sie einen sehr klugen Text. Ich hoffe, gehe aber auch davon aus, daß das wiederum Sie freut.
Über >>>> den Abend selbst werde ich morgen berichten.
Herzlich zur Nacht:
Ihr ANH
Das freut mich. Sehr.
Erstaunlich, Melusine, diese selbstgefällige Diskussionsverweigerung, die wir ja schon bei der Negerwortdiskussion erlebt haben. Naja, egal, ich stehe weder auf schrödersche Basta-„Argumente“, noch will ich hier die Kassandra spielen.
Das geht nun entschieden zu weit, Herr Schlinkert.
Gerade die „Neger“-Diskussion ins Treffen zu führen.
In der ausgerechnet S I E sich dem geordneten Diskurs verweigert hatten.
Fassen Sie sich doch bitte wieder.
Das geht keineswegs zu weit, weil ich mich erstens der Negerwort-Diskussion nicht verweigert und auch eine klare Position vertreten habe, und zweitens, weil ich nichts weiter tue, als klarzustellen, daß solch eine Art Diskussionsverweigerung unter meinem Niveau ist und ansonsten Bände spricht. Außerdem geht Sie das gar nichts an.
Für Herrn Schlinkert. Das stimmt selbstverständlich, Sie hatten damals eine klare Position vertreten.
Der Negerwort-Diskussion hatten Sie sich nicht verweigert, wohl aber dem geordneten Diskurs – und zwar expressis verbis. Immer noch nachlesbar auf TaintedTalents.
Vor diesem Hintergrund ist’s brandgefährlich, mit „Niveau“ zu argumentieren.
Für Herrn Kombina. Ich erinnere mich. Sie hatten damals die Ihnen gemäße Definition von Diskurs quasi als Absolutum gesetzt und absolut jede andere Art der Einlassung als nicht diskursstauglich abgelehnt, worauf Sie die Diskussion empört beendeten – so kann man natürlich nur mit sich selbst diskutieren. Und was das Niveau betrifft, so hat ein jeder das, was er verdient.
Perspektivierungen der dunklen Seite Dieser Roman ist nicht nur gut geschrieben und klug komponiert, sondern er verweist in einen Bereich, in den wenige nur literarisch sich hineinbegeben. (H. Fichte wurde im Zusammenhang mit Meyer mehrfach genannt.) Das Buch ist in den Montagen gelungen gebaut, poetisch in der Sprache und in den verwendeten Bildern, geglückt in der Form, in der Anordnung seiner Elemente: der lineare Zeitstrahl von der DDR über die Wende bis ins Heute wird diachron aufgebrochen und gefächert in die Ströme des Bewußtseins, in die Perspektiven, in denen die verschiedenen Protagonisten zu Wort kommen: Sexarbeiterinnen, Zuhälter, Bullen, ein Vater, der seine Tochter sucht. Die Wende 1990: das ist ein Bordell und ein Kampfplatz um die besten Plätze für die Huren im Kampf zwischen den rivalisierenden Parteien. Aber Meyer ist dabei kein Gossenpoet, der betont cool hinrotzt und den Gangster mimt. Ganz im Gegenteil. Das Buch ist eben kein Hurenbuch mit Votzensound. Wer Ohren zum Hören hat und damit auch ein wenig liest, wird dies bereits beim Titel erlauschen, erlesen, bemerken, wie poetisch, fein und geschliffen da ein Schriftsteller vorgeht. Ohne irgendwie seinen Text gefühlig und rührig zu machen.
Bereits Meyers erster Roman „Als wir träumten“ brachte Leipzig, brachte die Wende, brachte die Wendeverlierer in den Plattenbauten ins Bild. Nicht dieses ewige Berlin-Getaumel, die Findungsexistenz des akademischen Literaturprekariats. Eines der genialsten und eindrucksvollsten Debüts, das ich gelesen habe. Nicht immer wieder, in der Schleife-endlos, dieser ewige Mittelschichtenjungakademiker/innen-Literaten-Judith-Hermann-Kram: Ich finde meine männliche, meine weibliche Identität: Versonnen schauten sie die Existenz.
Die Frauenfiguren sind von Meyer teils dokumentarisch recherchiert. Es wird die Sicht von Huren präsentiert. Es werden die Beziehungen von Frauen untereinander gezeigt, so z.B. wenn jene beiden schon etwas älteren Huren (so Mitte vierzig) gemeinsam Tango tanzen: „Sag zum Abschied leise Servus“. Ein großartig geschriebenes Bild, wie Frauen auf Frauen blicken und miteinander zärtlich-distanziert umgehen. (Auch das gibt es in diesem Buch. Übrigens auch bei „Aléas Ich“: Olga und Aléa nämlich) Allein um dieser Szene willen ist das Buch mehr als ein bloßes Stückchen über die Welt des Rotlichtmilieus. Zudem durchdringen sich beim Aspekt der Prostitution die Ebenen: Dokument einerseits und Literarisierung: Meyer spielt mit der ästhetischen Form, öffnet sie. Gerne wird bei Frauen, die freiwillig als Huren arbeiten weggeschaut. Macht Frau nicht, paßt nicht. Paßt nicht so gut ins moraline Rundumwohlfühlbild des doch eher bürgerlichen und Feminismus. Prostitution und Porno: Bääää, pfui, maskulinistisch. Meyer schaut nicht weg, sondern bringt ein Sujet in die Literatur, das dort selten so zum Thema gemacht wurde, ohne es zu verherrlichen oder per se zu verurteilen. Zudem weiß er, wovon er schreibt. Genauso wie er es in „Als wir träumten“, in seinem großartigen Erzählungsband „Die Nacht die Lichter“ und in „Gewalten“ tat.
Bücher zu lesen, bedeutet immer auch wahrzunehmen, ob und wie sich die literarische Form erweitern, auf welche Weise sie das herkömmliche Erzählen zu überschreiten vermögen. (Aus diesem Grund auch mein vehementes Plädoyer für Aléa Torik in all ihren Facetten.) Wer allerdings Texte verschlingt und sie sich kannibalisch einverleibt, der verfehlt meist die Texte. Da ist es wie mit guten Speisen und gutem Wein. Das beste wird in (narzißtischer) Gier versäumt, wenn man die feinen Speisen nur in sich hineinhaut.
Clemens Meyer selber habe ich eigentlich immer als witzig, freundlich, aber doch bestimmt erlebt. So auf der Leipziger Buchmesse 2011, als er die Laudatio auf die Litertaturkritikerin Ina Hartwig hielt, die den Alfred-Kerr-Preis bekam. Der Vortrag fiel lebendig, witzig und spannend aus. Ein wenig mag Meyer sicherlich die Show. Aber auf eine sympathische Weise. Im Leben geht es bunt zu: es gibt die Bühnen- und Rampensäue, die das brauchen und dann gibt es die, welche im stillen Winkel schreiben. Meyer ist dabei noch einer der angenehmen Typen, weil er zwar krakelt, aber auf eine mir nicht unähnliche und deshalb vielleicht sympathische Weise. Schön auch in einem Interview seine Antwort, weshalb er nicht in Berlin wohne, sondern in Leipzig: Aber in Berlin lebten doch alle Schriftsteller. Was solle er dort? Leipzig sei seine Stadt. Was stimmt. Leipzig ist eine sehr coole Stadt.
Leichte Kritik möchte ich allenfalls daran üben, daß sich manche der inneren Monologe bzw. der Bewußtseinsströme gleichen. Die eigentlich unterschiedliche Perspektivierung, die erforderlich wäre, um die Charaktere zu zeichnen, bzw. die Auffächerung des Geschehens in Blicke fällt – teils zumindest – so different denn doch nicht aus: Der Text des Bielefelder Groß-Bordellbetreibers, der von Hans, dem Besitzer eines kleinen Puffs, die Sicht von AK, dem Vermieter von Wohnungen zwecks Sex: sie gleichen sich vom Duktus her zuweilen. Aber das müßte ich noch im Detail sichten. Ausgeglichen wird dieser Mangel aber auf alle Fälle durch die Sprachgewalt von Meyer sowie durch die Bilder, die er erzeugt. Wie bisher jedes Buch von Clemens Meyer ist es ein großer Wurf.
Demnächst dazu in meinem Blog eine Rezension. Zweihundert Seiten fehlen noch.
Danke@bersarin. Sowie Ihre Rezension erschienen ist, würden Sie sie bitte hierunter verlinken?
Für Bersarin. „Sag‘ beim Abschied leise Servus“ hatte ich in meinem Repertoire und leider allzu oft auch wehmütig dazu getanzt.
http://www.youtube.com/watch?v=lbhnwBvrAvI
Musik: Peter Kreuder
Text: Harry Hilm / Hans Lengsfelder
für den Film „Burgtheater“ des Regisseurs Willi Forst (1936)
Sie sehen und hören beim Lesen jener Szene einen Tango, wie Sie schreiben. Grandios daneben, könnte man sagen. Beachten Sie dies vielleicht, wenn Sie Ihre Rezension verfassen. Mit solch grobem Schnitzer im Text ginge Ihre gesamte Arbeit nämlich ziemlich kläglich den Bach ‚runter. (steht auch im Buch „Tango“?)
Fehllektüren, Verschreibungen Ich danke für den Hinweis. Natürlich haben Sie recht. Es ist ein Walzer. Ich schrieb diesen Text oben ziemlich flott herunter. Und wie es so geht, kamen die Assoziationen ins Spiel: Zwei Frauen, die miteinander tanzen und im Hinterkopf dieses wunderbare Stück: „Zwei alte Damen tanzen Tango“ von Georg Kreisler:
http://www.youtube.com/watch?v=71aVypL8vGI
Auch im Text bei Meyer heißt es Walzer. Insofern liegt der Schnitzer, der Fehler, die Verschreibung ganz bei mir. Allerdings: Gesehen habe ich weder Tango noch Walzer, weil ich Texte nicht betrachte. (Interessante Frage, was für eine Art von Vorstellung ein Text hervorbringt. Anschauungen? Töne? Begriffe? Vielleicht von allem etwas.)
Eine Rezension kann angesichts eines solchen Fehlers den Bach hinuntergehen, sie muß es aber nicht. Das kommt ganz auf den Zusammenhang an, in dem solch eine Fehllektüre angesiedelt ist. Und es gibt Stellen, da kann eine Fehllektüre durchaus neue Räume eröffnen. Ich verweise auf ANHs Babbelfisch, den ich im Zusammenhang mit dem „Anhalter“ durchaus passend finde, weil Babel (für: Vielfalt der Sprachen – unter anderem) und Babbeln (für: quasseln, reden) nicht so weit auseinanderliegen. Zumindest nicht im Raum der Assonanzen. Und auch in Celans Meridian-Rede gibt es diese Fehllektüren, wenn nicht genau hingehört wird und aus dem Commoden das Kommende wird. Dazu das wunderbare Bild der Hasenöhrchen (als Anführungszeichen), die immer zaghaft und vorsichtig über sich und die Worte hinauslauschen. (Auch aus dem Kopf zitiert. Hoffen wir, daß die Assoziationen keinen weiteren Streich spielen.)
http://bersarin.wordpress.com/ Und aus den Tanten mache ich Damen … Was soll man dazu sagen? Unverbesserlich.
Meine Rezension, die wohl in etwa 1 1/2 Wochen erscheint, verlinke ich an dieser Stelle gerne.
Für Bersarin. Die Arbeit geht deshalb unrettbar den Bach ‚runter, weil faktische Textdefekte die aufmerksame Leserin aus dem Textfluss zurückverweisen in die Subjektivität des Autors. Bereits stattgefunden habende Textaneignung wird, je nach Schweregrad des Defekts, teilweise bis vollständig rückabgewickelt. Der Arbeitsaufwand bleibt wenigstens teilweise wirkungslos und wäre deshalb besser unterblieben.
An Defekten dieser Qualität offenbart sich, dass die Leserin am Buch vorbei geführt wird. Damit ist dem besprochenen Buch gewiss kein Dienst erwiesen. Treten derartige Fehler allerdings gehäuft auf, darf ohne besonderen Mut behauptet werden, dass der Rezensent sich am besprochenen Buch verging.
Die Frage, ob Walzer oder Tango, ist also nicht eine des Geschmacks oder des Gefühls, wie Sie in Ihrem Blog insinuierten. Die Frage ist, was Sie mit einer fehlerhaften Textfunktion bewirken. Fehlerhafte Funktionen können keine gültigen Ergebnisse liefern. Das ist, wie ich meine, allgemein anerkannt.
@kombina zur fehlerhaften Funktion. Dies ist komplett unpoetisch gedacht:Fehlerhafte Funktionen können keine gültigen Ergebnisse liefern.Darüber hilft auch allgemeines Anerkanntsein nicht hinweg, eine im übrigen ausgesprochen heikle Kategorie.
Demgegenüber spricht Aragon vom „mentir vrai“ – dem Wahrlügen. Des weiteren ist Johann Sebastian Bach einzuwenden: Die h-moll-Messe „funktioniert“ auch dann, wenn es GOtt nicht gibt, obwohl GOtt geradezu der Erste Beweger dieser Musik ist.
Das „Wahrlügen“ bleibt dem künstlerischen Werk vorbehalten.
Einer Rezension ist das ausdrücklich n i c h t gestattet.
@kombina zur Rezension. Rezensionen, wenn gut geschrieben, sind künstlerische Arbeiten: Genau das hat spätestens seit Schlegel Autor:inn:en immer wieder bewegt, etwa Walter Benjamin. Es ist aber auch erkenntnistheoretisch nicht begründbar, weshalb ein Faktum, das für die Kunst gilt, nicht auch in anderen Bereichen möglich ist.
Im übrigen überschätzen Sie die Macht des Irrtums und setzen sie damit: positivistisch. (Nebenbei gefragt: Wer gestattet? Dieser Frage ist Ihnen auch, bezüglich eines „Geordneten“, >>>> dort zu stellen.)
überschätzt? Die Macht des Irrtums hat schon Existenzen ruiniert, wie Sie wohl selbst ansatzweise erlebt haben.
… aber auch erst möglich gemacht, wie ich ebenfalls – und nicht nur ansatzweise – erlebt habe.
(Auf welches mein ansatzweises Erleben spielen Sie an?)
Oh. Das ist natürlich erfreulich.
Wenn sie Existenz erst möglich macht.
Da kann die Macht des Irrtums nun kaum überschätzt werden,
finden Sie nicht auch?
zu „Oh“. Ich schrieb „hat schon“, woraus sich keine Notwendigkeit ergibt. Aber eine Macht des Irrtums, ja auch die eines sogar bewußten Fehlers kann darin bestehen, Wirklichkeit sowohl für als auch gegen etwas in Bewegung zu setzen.
Doch eh wir uns in der Sophistik verlieren: Es sind sehr gute Rezensionen möglich, die dennoch in Details irren. Es sind sehr schlechte Rezensionen möglich, deren Details aber alle stimmen. Tatsächlich geht es um das, was in der Graphologie „Formniveau“ genannt wird. Etwa erzählt Cortázar von Lezama Lima, daß dieser fast alle nicht-spanischen Namen furchtbar falsch aussprach; wenn er dann aber über die Personen sprach, war er ihnen näher als jeder sonst, so korrekt man auch prononzieren mochte. Wenn nun die Besarin statt vom Tango vom Walzer spricht oder umgekehrt, ist es, wenn die übrige Rezension Strahlkraft hat, allein eine Frage der inneren Größe, ob man den kleinen Fehler nicht einfach lächelnd hinnimmt, anstatt zu beckmessern. Der Quintus nämlich sang niemals gut.
„Ich schrieb „hat schon“, woraus sich keine Notwendigkeit ergibt.“ An dieser Stelle kommt das Gespräch notwendigerweise zum Ende.
Eben nicht „notwendigerweise“, sondern weil es Ihnen so gefällt. Und dieses Ihr Recht bestreite ich nicht.
Erkennen Sie den Unfug tatsächlich nicht, den Sie da schreiben?
Pardon@Kombina. Sie bestehen aus lauter Behauptungen und werden jetzt überdies verletzend. Was soll das? Ich habe keine Lust und keine Zeit, mich mit Ihnen über die Begriffe notwendig und hinreichend und möglich auseinanderzusetzen. Daß etwas insgesamt „den Bach hinunter“gehe, wenn ein Einzeldatum falsch sei, habe ich Ihnen bestritten; darauf haben Sie kein greifendes Gegenargument gehabt, es jedenfalls nicht genannt, sondern sind suggestiv-rhetorisch geworden. So daß ich den Eindruck haben muß, es gehe Ihnen darum, >>>> Bersarin-an–sich – und jetzt auch mich – unglaubwürdig zu machen – eine Strategie, die sehr gerne angewandt wird, weil sie einen selbst wenig gefährdet, aber bequem zur Manipulation taugt. Ich halte dies für keine angemessene Auseinandersetzungsform und habe es deshalb >>>> dort begrüßt, daß Sie sich zurückziehen wollten. Was Sie aber ganz offenbar nicht schaffen. Wie es dort Ihr Recht ist, so ist es nun hier Ihr Problem. Weitere nichtsachlichen Einlassungen von Ihrer Seite werde ich von nun an löschen.
Kein Pardon. Lehnen Sie sich mal entspannt zurück und verwenden Sie die Textsuchfunktion Ihres Browsers, um alle Stellen mit „hat schon“ auf dieser Seite zu identifizieren. Und dann überlegen Sie in Ruhe, was Sie Ihren Leserinnen da zumuten.
Sie bemächtigen sich meiner Formulierung „hat schon“ und setzen Sie als Ihre eigene ein beim Versuch, den von mir aufgedeckten Widerspruch hinsichtlich der „Überschätzung der Macht des Irrtums“ abzuwehren. Sie meinten das nun offenkundig ernst.
Reden Sie mir also bitte nicht von Behauptungen. Auf dieser Ebene gibt es keine Kompromissmöglichkeit.
@ Kombina
Was sind Textdefekte? Meinten Sie damit Fehler in der Sache, falsche Silbentrennungen, fälschlich gesetzte Ligaturen oder neune Sinn erzeugende Verschreibungen wie „das Commode“/„das Kommende“ bzw. den – wie ich finde – wunderbaren Babbelfisch? Insofern ist Ihre Begriffswahl etwas unpräzise. Fehler in der Sache trifft das, was sie meinten, wohl besser. Aber geschenkt. Sachliche Fehler, die auf Unkenntnis beruhen, sind zu vermeiden. Ob eine Rezension dadurch im ganzen mißlungen ist, muß wohl von Fall zu Fall geprüft werden, und darüber werden auch Sie sicherlich nicht pauschal urteilen wollen. Zudem gibt es Textdefekte, die erzeugen gar wunderbare Texteffekte. [Auch in Rezensionen. Ganz richtig wies Alban Nikolai Herbst auf Schlegel und Benjamin. Eine gute Rezension ist mehr als eine Buchbesprechung.]
„… ob Walzer oder Tango, ist also nicht eine des Geschmacks oder des Gefühls, wie Sie in Ihrem Blog insinuierten.“ Das haben Sie mißverstanden und ich insinuierte dies keineswegs. Ich bezog mich in dieser Passage nicht mehr auf Ihren Hinweis, sonst hätte ich einen Satz bzw. zwei Sätze vorher nicht „zu recht“ und „richtig“ geschrieben, sondern da stünde dann „beliebig“. Allerdings hätte ich von der Komposition her die Sätze besser durch einen Absatz voneinander getrennt. Tango oder Walzer sind in diesem Falle nicht austauschbar. Wobei die Frage interessant wäre, was für eine Veränderung sich in Meyers Text ergäbe, wenn es ein Tango wäre und inwieweit das für den Fortgang der Geschichte bedeutsam sein könnte. Vielleicht können Sie mir da Aufschluß geben, inwieweit in diesem Meyer-Zusammenhang der Tango, der jedoch ein Walzer war, die Richtung im ganzen veränderte.
„Fehlerhafte Funktionen können keine gültigen Ergebnisse liefern.“ In der Mathematik nicht. In Prosa und Poesie, Essay und Philosophie durchaus.
Für Bersarin. Streichen Sie bitte meine Einlassungen.
ist immer dasselbe mit kombina, erst diskutiert er freundlich mit, dann entdeckt er, dass die anderen ihm nicht das wasser reichen koennen, dann wird er unsachlich, und am ende will er, dass seine einlassungen geloescht werden, um die anderen von ihrer unwuerdigkeit zu ueberzeugen. das spiel hat er unter verschiedenen pseudonymen schon mehrmals betrieben, man sollte nicht mehr darauf hereinfallen.
Um von Tango und Walzer, Slowfox und Foxtrott, Hölzchen auf Stöckchen wieder auf Clemens Meyer zu kommen: Es würde mich natürlich interessieren, wo Meyer „coole Sau“-Sprüche heraushaut, und ich würde gerne ein paar Links und Hinweise auf solche Interviews erhalten, wo er sich als Typ, als Macker, als Macho usw. inszeniert. Ich denke nämlich, daß diese vorgelbliche Meyer-Inszenierung als Macker selber vielmehr eine Inszenierung bestimmter Kreise ist, um einen Schriftsteller in eine bestimmte Ecke zu rücken: Schreibt über Huren, Bordelle und Schläger, ist ein Macho, ist tätowiert usw. Mir scheint aber, wenn ich im Internet recherchiere, daß an diesem Bild manches nichts so recht stimmen will. (Auf der Lesung habe ich ihn nun leider nicht erlebt. Meyer mag in seiner Betonung manchmal etwas schnodderig (oder ist es nuschelig?) sprechen; das mag am Sächsischen liegen. Einem Dialekt, der mir – nebenbei – sehr sympathisch ist.)
Meyer im Interview auf der Homepage des Fischer-Verlages: „Im ›Rohstoff‹ aber auch im ›Schneemann‹ gibt es Passagen, die sind so modern, so lebendig, da spürt man noch den Einfluss des Cut-up, Burroughs und Co., aber der Fauser war auch eine verdammt coole Sau in seinem Schreiben.“ Wer aus solchen Sätzen einem Autor ein Macho- und Arschlochimage andichten will, der verdreht entweder bewußt die Sätze (das nenne ich dann Manipulation) oder sie/er haben das Interview nicht gelesen. Insofern bitte ich dann doch mal um Belege für die steilen Thesen: Oder man in Hamburg so sagt: Butter bei die Fische …
Allerdings ist Meyer insofern eine sehr coole, ja sogar eine megacoole (Schreib-)Sau, weil er besessen von der Literatur ist. Und das merkt man seinem Schreiben an. Roh und zärtlich zugleich, wie schon der Titel seines Debüts: „Als wir träumten“: eine fast poetische, feine Sentenz, umwoben von einem Inhalt, der knallhart in der Realität der Wendezeit in Leipzig spielt und doch in einer Sprache gemacht, die nicht aus der Rotzgosse stammt, sondern darüber hinaus geht. Und deshalb ist dieses Debüt so gelungen, weil es nicht mehr unmittelbar am „Erlebten“ klebt und es im Modus eins zu eins beschreibt, sondern qua literarischer Technik wird da ein Stoff geformt und in Bilder gebracht, die die verschiedenen Milieus und Menschen der Leipziger Wendezeit in eine Anordnung bringt. Clemens Meyer ist ein Schriftsteller, der liest und lebt. Dieser Umgang mit Welt färbt sich auf das ab, was am Ende ein Eigenleben führt und das wir den Text nennen. Den Wenderoman wird es wohl niemals geben, weil solche Superlative meilenweit am „Wesen“ von Literatur vorbeischrammen. Aber „Als wir träumten“ und „Im Stein“ sind zwei Romane, die die sogenannte Wende literarisch gekonnt verarbeiten und für diese Phase (Sprach-)Bilder finden. Sowieso wird der Wenderoman aus einer Anordnung unterschiedlicher Bücher bestehen, die das Thema konstellativ und in ganz verschiedenen (sprachlichen, formalen und inhaltlichen) Facetten umkreisen.
@ Kombina
Ich kann Ihre Einlassungen nicht streichen, weil ich keinen Zugriff auf diesen Blog habe. Und selbst wenn ich ihn hätte: Weshalb sollte ich es? Ihr Hinweis zu Walzer und Tango war richtig. Das, was Sie daraus ableiteten, war es nicht. So what? Jeder macht Fehler. Ich bin da nicht nachtragend. Solange ich mich hier nicht als Tango- oder Walzerkönig aufspiele, ist doch alles noch mal gut gegangen.
@Bersarin: Ich hatte eine (oder die) Urheberin der Behauptung, Clemens Meyer sei in diese Ecke der Machos/Chauvinisten und Sexisten zu rücken, MelusineB, oben ja auch schon gebeten, entsprechende Links anzugeben, doch die verweigert das und schweigt. Vielleicht versuchen Sie mal Ihr Glück, aber Obacht bei der Wortwahl, die Dame ist schnell abgetörnt.
Für Bersarin. Weshalb Sie’s tun sollten, fragen Sie.
Weil ich darum gebeten habe.
Das ist unter kultivierten Menschen Grund genug.
Noch dazu, wo ’streichen‘ nicht synonym für ‚löschen‘ zu verwenden ist.
Im übrigen gilt auch hier, was ich >>>dort bereits notiert hatte.
Guten Morgen.
Melusine B. wird mir sicherlich antworten und die Quellen für die Coole-Sau-Inszenierungen bei Meyer darlegen. Schließlich verbrachten sie und ich zusammen einen Nachmittag auf der Pferderennbahn. Ich habe ihr gezeigt, wie man auf Pferde setzt und worauf man bei den Pferden achten muß. Das verbindet. Zweierwette auf Liebesspieler und Tango. Liebesspieler im Einlauf, Tango gewinnt! Ansonsten halte ich es mit Hegel: Die Wahrheit wird uns nicht davonlaufen. Ich bin da ganz gelassen und kann warten. Auch dafür haben wir Hamburger ein Sprichwort, daß da heißt: Buddha bei die Fische.
Ach ja, zur Lesequotierung Mann/Frau möchte ich anmerken, daß in bezug auf Prozentzahlen, wer wie häufig Bücher von Frauen oder Männern liest und wie die Bücherschränke vom Verhältnis der Geschlechter her so aussehen, dann in diese Statistik durchaus einfließen sollte, wie vielen Frauen es zur Goethezeit, zum endenden 19 Jhd., zur Zeit der Weimarer Republik, zur Nachkriegszeit sowie in der Zeit der sogenannten Postmoderne möglich war Bücher zu schreiben. Ansonsten verfälscht das nämlich die Statistik. Da, wo kaum Frauen Literatur machen, weil es ihnen wenig bis kaum erlaubt oder möglich war, entsteht naturgemäß weniger Bücher, die von Frauen geschrieben wurde; so wie es in der Renaissance nur wenige bis keine Automechanikerinnen gab. Dementsprechend sehen dann auch Bibliothek und Leseverhalten aus. Sich um die Produktionsbedingungen und um solche Ausschlußmechanismen (bzw. in der Gegenwart: Einschlußmechanismen: Stichwort Fräuleinwunder) Gedanken zu machen, kann freilich nicht schaden, ist sogar notwendig und geboten. Das sehe ich ebenso.
Für einen Mythos halte ich es allerdings, daß nur Frauen angemessen über das Verhältnis von Frauen untereinander schreiben können. Die Klassifizierung männliche oder weibliche Literatur mache ich nicht am Geschlecht fest. [Zumal ich sie für keine sehr gute Klassifizierung halte.] Die Literatur beschreibt Erfahrungsräume, die mit Männlichem oder Weiblichen (je nach gesellschaftlicher Diskursart) konnotiert sein können. Aléa Torik ist eine Schriftstellerin, und sie hat zwei großartige Bücher – unter anderem auch – über Frauen geschrieben. Weshalb sollte sowas nicht ebenfalls ein Mann können?
[Wieso hier alle in diesem eingerückten Antwortmodus schreiben können, nur ich nicht, entzieht sich meiner Kenntnis und meinen Fertigkeiten. Vielleicht liegt es daran, daß ich in jungen Jahren Marcuses „Der eindimensionale Mensch“ gelesen habe.]
Wenn ich Sie richtig verstehe, läuft die Wahrheit im Kreis – man muß sie nur abpassen, ohne sich dabei bewegen zu müssen. Das ist tröstlich, und ich also ebenfalls ganz gelassen.
Der empirische Autor, ein obsoleter Hohlraum? @Bersarin und Alèa Torik
Zur Erhellung des Publikums sei doch auf die Unterscheidung zwischen fiktiver Autorin (Aléa Torik) und empirischem Autor (Claus Heck) hingewiesen. Es ist mir neu, dass ein Autor dadurch, dass er sich ein poetisches weibliches Alter Ego imaginiert, zur Frau würde, die auf einen körperlich und geistig empirischen Erfahrungsschatz zurückgreifen könnte. Es bleibt doch bestenfalls ein mehr oder weniger gelungenes Bemächtigen eines Rollenverständnisses. Joyce ist durch sein letztes Ulysses-Kapitel wohl kaum zur Frau transmutiert.
Kombina, Sie schreiben in dem Blog „Tainted Talents“ im Beitrag vom 13. 9. 2013, 08:30 Uhr „Dass im Diskussionsverlauf über den Inhalt des Buchs gesprochen worden sei, ist mir nicht sonderlich aufgefallen. Wohl aber das Aufbrausen männlicher Emotionen.“
Für diesen Satz gibt es nun zwei Möglichkeiten: Entweder Sie haben meinen Kommentar vom 12.9.13, 18:05 Uhr nicht gelesen, was ich ausschließen muß, weil Sie mir ja bereits vor ihrem Post bei „Tainted Talents“ antworteten. Oder aber Sie haben ihn ganz bewußt außen vor gelassen, um eine bestimmte Stoßrichtung vorzugeben. (Lustiges Wort im Zusammenhang mit diesem Sujet. Aber ich will nicht zotig werden!) In diesem meinem Beitrag steht nichts von männlich-sexistischen Emotionen und diese ergießen sich dort auch nicht aufbrausend, sondern ich versuchte in einer ersten Sichtung dem Roman von Meyer gerecht zu werden, ohne ihn in die Vorurteilsstruktur von Macho-Macker schreibt Huren-Roman zu zerren, weil dies ein billiges Klischee ist, das manche dem Meyer gerne andichten möchten. Aber so läuft das nicht. Eine solche ausgewogene Sicht, die auf die Literatur selbst, auf das Gemachtsein des Buches abzielte, brachte ebenfalls ANH.
Auch lese ich in dem Arbeitsjournaleintrag von Alban Nikolai Herbst nirgends eine „Buchempfehlungen vermittels sexistisch durchwobener Sprache“. Ich bitte hierfür doch um Belegstellen. Und jetzt bitte nicht den Begriff „Groupie“ bringen. Der ist in diesem Zusammenhang nämlich nicht sexistisch konnotiert, sondern zeigt eine Verhaltensweise von Literaturjüngerinnen, die man auch an anderen Orten der Literatur beobachten kann. (Mir sind auch schon männliche Groupies untergekommen. Diese „Groupies“ gibt es schon immer, man lese „Lotte in Weimar“ und die Beschreibung des Musenkreises. Ich selber bin übrigens Thea Dorn-Groupie. Dies allerdings nicht wegen ihrer späteren Bücher oder ihrer teils idiotischen Thesen, sondern rein äußerlich. Irgendwie habe ich mich gerade verzettelt. Ach, dieser Scheiß Sexus-Plexus-Nexus-Kram.)
Ihre These, daß es im Diskussionsverlauf um männliche Emotionen und nicht um das Buch ginge, scheint mir vom Diskussionsverlauf her nicht haltbar.
@ Norbert W. Schlinkert
He, he, Sie haben Nietzsche gelesen! 😉
@Bersarin Und wie ich Nietzsche gelesen habe! Herrlich war das, vom Zwergenbesiegen und Steinewerfen zu lesen und der ewigen, ewigen Wiederkunft des Gleichen. Oder erwähnte ich das bereits?
Für Bersarin. Für diesen Satz (welchen? Sie ziterten zwei Sätze => funktionaler Defekt; von überwindbarer Qualität) gibt es eine dritte Möglichkeit, die zutreffende nämlich. Als ich die Zeilen schrieb, auf die Sie sich beziehen, stand Ihr erster Kommentar abgesetzt vom und damit außerhalb des bereits zum Ende gekommenen Diskussionsverlaufs. Aus diesem Grunde blieb Ihr Kommentar unberücksichtigt, weil eben dem Diskussionsverlauf ganz offensichtlich nicht zugehörig. Dass die Abgesetztheit nicht intendiert war, machten Sie der aufmerksamen Leserin mit einer Randbemerkung erst sehr viel später erkennbar.
Allein deshalb schon, weil ich mich auf den Diskussionsverlauf bezog, ist Ihnen die valide Betroffenheit Ihres Textes durch meine dokumentierte Beobachtung verwehrt.
Hinzu tritt der Umstand, dass Sie den Wirkungsbereich meiner Aussage betreffend „das Aufbrausen männlicher Emotionen“ unter inkorrekter Anwendung des Allquantors auf Ihren Beitrag ausdehnen. Das gibt mein Text nicht her. Hätte ich formuliert: „Wohl aber das Aufbrausen d e r männlichen Emotionen.“, verhielte es sich mit einigem Augenzwinkern anders. Den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend müssen Sie sich mit dem Existenzquantor bescheiden. Ihr Argumentationsanker findet deshalb keinen Halt an jenem meinem Textteil (funktionaler Defekt; von vernichtender Qualität). An dieser Stelle könnte ich die oberflächliche Untersuchung Ihres Textes regelkonform abbrechen. Der gesamte nachfolgende Absatztext geht mit der Ungültigkeit des gesetzten Ankers unter.
Schließlich ist noch ein Defekt der Anwendbarkeit (schlecht zu übersetzen: usability) von vernichtender Qualität zu benennen: Sie schließen vorneweg den Ausdruck „Groupie“ aus meinem Argumentationsraum aus, ohne dass ich bisher Gelegenheit gehabt hätte, den Ausdruck überhaupt aufzugreifen. Fügte ich mich, müsste ich mich einer Rangordnung (welcher?) unterwerfen. Weil Unterwerfung nicht stattfinden kann, wird es auch keinen Diskurs geben können.
Ich hoffe, dass ich mit meinen Ausführungen das Ausbleiben weiterer Einlassungen meinerseits hinreichend begründen konnte.
[In nachträglicher Ergänzung führe ich noch aus, dass mir die auffallende Sorglosigkeit im Umgang mit meinen Texten generell gegen den Strich geht. Ich bringe dafür in diesem Kreise hier kein wie immer geartetes Verständnis mehr auf.]
@ Kombina Ihre Einlassungen erinnern mich an einen Schüler, der sein Zuspätkommen damit entschuldigt, er habe die Eingangstür zum Klassenzimmer nicht gefunden.
Ihre Probleme scheinen allerdings vielfältiger Art zu sei. Ich beschränke mich hier lediglich auf Ihren Computerbenutzungsdefekt und möchte Ihnen in meiner charmanten Art einen kleinen Tip für die Zukunft, für Ihre persönliche PC-Zukunft zukommen lassen, denn Sie wissen ja: Klappt es mit der Tastatur, dann läuft es auch mit dem Lesen:
Die (relativ einfache) Tätigkeit des Herunterscrollens kann die geneigte Leserin, der geneigte Leser mittels des Mausrades vornehmen. (Das ist die kleine rundliche Erhöhung zwischen den beiden Maustasten.) Dann entstehen keine Lesedefekte und die gesamte Diskussion, die sich unter dem Arbeitsjournaleintrag befindet, gerät in den Blick. Auch für Sie. Ich bin davon ausgegangen, daß Sie diese basale Funktion beherrschen. Sollten Sie über eine ältere Maus verfügen, tun es ebenfalls die Pfeiltasten Das sind die auf der PC-Tastatur, relativ recht-unten sich befindend, dort, wo die Nummerntasten angeordnet sind. Die Taste, auf der die Spitze des Pfeils nach oben zeigt, dient dazu nach oben bzw. an den Anfang des Textes zu gelangen. Die Taste, auf der die Spitze des Pfeils nach unten weist, hat die Funktion das Ende des Textes zu erreichen, dort wo möglicherweise weitere Kommentare stehen könnten. (Sofern jemand geschrieben hat. Wenn nicht kommen Sie an das Ende des Textes.) Ich meine mich zu erinnern, daß mein Beitrag vom 12.9. dort im Kommentarbereich nicht vollkommen verborgen oder in Camouflage dastand.
Ihren Lesedefekt zu den „männlichen Emotionen“ lese ich höflicherweise als eine Art Satire. Ansonsten müßte ich annehmen, daß Ihnen in irgend einem Hafen dieser Welt irgendwann in ihrem Leben ein leibhaftiger Anker gegen den Kopf schlug, der zu einer allgemeinen, anhaltenden Schreibverwirrung führte.
Ich habe leider immer noch nicht Ihre Belegstellen für die männlichen Emotionen und für einen sexistisch konnotierten Groupie-Begriff gefunden. Trotzdem ich mit dem Mausrad hoch und dann wieder herunter scrollte. Daß Sie bisher noch keine Gelegenheit hatten, im Beitrag von ANH (und auch in meinem bescheidenen) uns Leserinnen und Lesern die inkriminierenden Stellen zu nennen, verwundert mich, da Sie doch ausgiebig die Zeit fanden im Blog von „Tainted Talents“ zu schreiben.
Auch vermisse ich immer noch die Nachweise von Melusine B. Insbesondere die coole-Sau-Stelle, die Melusine B erwähnte, harrt noch ihres Belegs. Ich selber hatte bereits eine Stelle genannt, die freilich das Gegenteil von dem, was Frau B. behauptete, in der Deutung nahelegt. Vielleicht könnten Sie, kombina, recherchemäßig aushelfen? Oder sollte ich mit meiner Vermutung recht behalten, daß es da keine gibt und hier vielmehr vorschnell oder in bewußt verzerrender Absicht losgeschossen wurde, um die eigenen Vorurteile zu pflegen?
Für Bersarin. Das Ausmaß Ihrer Geringschätzung von Sprache als Verständigungsmittel ist einfach skandalös.
Die Aussage wird selbstverständlich getragen von der Voraussetzung, dass Sie meinen Ausführungen folgen konnten. Falls Sie die darin versteckte Beleidigung finden, dürfen Sie diese behalten.
Entschuldigen Sie, daß ich Ihre Fähigkeiten mit dem Computer umzugehen und Recherche zu betreiben, bevor Sie munter darauflos schreiben, überschätzt habe. Ich selber halte es so, daß ich, bevor ich eine These in einer Diskussion aufstelle, mir den Kommentarteil noch einmal durchlese. Auch schaue ich, ob inzwischen andere Kommentatorinnen und Kommentatoren Gutes oder weniger Gutes beisteuerten. Dann schreibe ich meinen Beitrag. Sie machen das anscheinend ein wenig anders. Das kann jede/r halten wie sie oder er es will. Ob Ihre Methode jedoch eine gute ist, ziehe ich in den Zweifel. Daß nun ausgerechnet Sie Wort-Schluderjan die Sprache als Kriterium anführen, ist allerdings erheiternd.
Aber ich will hier keinen Nebenschauplatz eröffnen, indem Sophistereien vorgetragen werden. Immer noch sollte es doch um das Buch von Meyer gehen und darum, nun die geforderten Nachweise zu erbringen. Ich meine das nicht einmal polemisch, sondern ich bin an den entsprechenden Interviewpassagen zur „coolen Sau“ durchaus und immer noch interessiert. Und solch ein laszy sunday eignet sich zur Recherche doch prima? (Es muß ja nicht gleich die verlorene Zeit sein.) N’est-ce pas?
Hier in Berlin gibt es übrigens eine „Ankerklause“. Sind Sie da zufällig mal gewesen?
Für Bersarin. Sprache als Kunstform.
Sprache als Verständigungsmittel.
Die Unterscheidung ist Ihnen, nun offenkundig geworden, nicht möglich.
Mein Kriterium ist Validität.
Ihr Kriterium ist Effekt.
Da kommen wir nicht zusammen.
Das hier ist kein Nebenschauplatz.
Sie offenbaren hier Ihr Verständnis von Sprache.
Gleichzeitig machen Sie deutlich, was Sie von grundlegenden Regeln logischer Denkgesetze halten. Nichts nämlich.
Ja dann.
Müssen Sie mit Ihren „Forderungen“ eben alleine zurechtkommen.
Was Sie schreiben, fällt leider auf Sie selber zurück. Ihre Sprach-Logik ist eine doch sehr eingeschränkte: Sie schreiben drauflos, ohne hinzusehen, ob’s durch die Fakten gedeckt ist, Sie stellen Behauptungen auf. (Schön daß sie für dieses Verfahren einen Begriff wie „Validität“ wählten. Allerdings frage ich mich, ob Sie die Bedeutung dieses Begriffes recht erfaßt haben.) Weist man Sie auf diesen Defekt hin, dann ist die Leberwurst beleidigt. Recherche hat zunächst einmal etwas mit Lesen und Hinsehen zu tun. Habe ich recherchiert, dann kann geschrieben werden. Sie haben jedoch die Kommentare nicht vollständig gelesen. Darauf läuft es hinaus. Sie kaschieren diesen Umstand dann hinter vermeintlichen logischen Gesetzen. Bei Ihnen habe ich ein wenig den Verdacht, daß es sich hier um eine sehr eigenwillige Logik handelt. Auch manche Insassen von Bonnies Ranch beharren übrigens felsenfest darauf, daß ihre Logik die einzig gültige sei.
Sprache ohne Anmut, Eleganz und Effekt ist eine langweilige. Ja, in der Tat, Sprache ist Kunst. Ob sie zur Verständigung führt, hängt arg vom Gegenüber ab. Ihre erschöpft sich in Begriffen wie Validität. Ein im ganzen für Sie und ihr „Sprachverständnis“, für Ihr Textverständnis bezeichnender Begriff.
Sie werfen im übrigen Nebelkerzen, um vom eigentlichen Thema wegzukommen. Ich habe am Sonntag leider keine weitere Zeit mehr, mich mit Ihrem eigenwilligen Sprachverständnis auseinanderzusetzen. Bringen Sie die erforderlichen Belege in hinreichender Validität, und wir sehen weiter.
Für Bersarin. „„Ich beteilige mich nicht an solchen Auseinandersetzungen, weil ich keine Lust darauf verspüre, mich an Brüchen der Grundregeln vernünftiger Kommunikation unnütz abzuarbeiten. Denn Hitzköpfen in Aktion ist’s nicht mal unangenehm, wenn sie am Nasenring der formalen Logik in der Mitte der Arena festgebunden werden. Die spüren nichts mehr.“
schrieb ich bei TaintedTalents und verwies bereits in einer früheren Antwort an Sie darauf.
Einen Ihrer Textkörper hatte ich regelgerecht geprüft und Ihnen das Ergebnis zur Defektbehebung vorgelegt. Sie scheren sich einen feuchten Kehricht darum und versuchen, anstatt die für die weitere Gesprächsführung erforderliche Defektbehebung vorzunehmen, einen rhetorischen Nahkampf zu inszenieren. Da mach‘ ich aber nicht mit, weil’s, erstens, unfair wär‘. Sie weisen durch Ihre Basiswissensmängel in kommunikationstheoretischer Hinsicht scheunentorgroße Lücken in Ihrer Deckung auf, durch welche Ihnen laufend und risikolos auf’s Textmaul geschlagen werden könnte. Zweitens und für mich entscheidend interessiert mich die Form von Auseinandersetzung nicht, die Sie da anstreben.
Sie schaffen’s in keinem Ihrer Texte, mängelfrei an meine jeweils davor stehende Einlassung anzuknüpfen. Ob Sie’s nun nicht wollen oder nicht können, ist für mich nicht von Belang. Sie überwinden die erste, nämlich formale, Qualitätshürde nicht. Damit sind Sie als Gesprächspartner für mich irrelevant. Ich sehe Ihnen wegen des von Ihnen vertretenen Anspruchs nicht den geringsten Mangel nach.
„Ja, in der Tat, Sprache ist Kunst“, schreiben Sie. Was für ein grandioser Unfug. Falls Sie damit an mein „Sprache als Kunstform“ anzuknüpfen gedachten, zeigten Sie augenfällig, dass Sie rationale Verarbeitungswege verlassen haben. Sie produzieren nur noch affektgetriebenes Geschwätz und bemühen sich im übrigen anscheinend intensiv darum, mich zu beleidigen. Dafür ziehen Sie, natürlich ohne es zu verstehen, sogar die Prädikatenlogik in Zweifel. Vor dem gesamten hier aufgespannten Hintergrund nenn‘ ich Ihr Streben, nun, sagen wir’s freundlich, ambitioniert. Sie spüren eben nichts mehr.
I rest my case.
PS: Hätten Sie jeweils an der richtigen Stelle auf „Antworten“ geklickt, hätten wir nun einen einfach zu verfolgenden Gesprächsverlauf vorliegen. Alle anderen schaffen das. Nur Sie nicht. Und offensichtlich bemühen Sie sich nicht mal darum.
Running away, eh?
You yellow bastard!
Come back here and take what’s coming to ya!
I’ll bite your legs off!
Nun, daß Sprache für Sie nichts mit Kunst zu tun hat, bewiesen Sie hier und anderswo mehrfach und hinlänglich – allein durch Ihre Wortwahl. (Stichwort Defektbehebung: ein Begriff aus dem Wörterbuch des Sprachingenieurs.) Danke insofern für Ihre ausgesprochen validen Demonstrationen; Vorführungen, die zudem durch Wiederholung Reliabiltität für sich beanspruchen können.
Sprache kann übrigens keine Kunstform sein. Das ist reiner Blahfasel. Klingt gut, sagt nichts, ist sachlich falsch.
Aufschlußreich bleibt aber, daß Sie auf keinen meiner Sätze zum Text von Clemens Meyer weiter eingehen, immer wieder Ihre Nebelkerzen werfen und sich hinter einer selbstgezimmerten Logik verschanzen, die eher ihren Ursprung in Steinhof statt bei Aristoteles und Frege zu haben scheint. Wenn es drauf ankommt, verweigert sich Freund Kombina: Daß Sie meine Forderung nach Belegen für Thesen, die Sie und bzw. Frau B in den Raum warfen, als rhetorischen Nahkampf lesen, läßt einige Schlüsse auf Ihr Verständnis von Logik zu. Wie es scheint, stellt eine Forderung, daß man das, was man behauptet, auch belegen sollte, eine logische Unzumutbarkeit dar. Und es verschanzt sich der Kombina hinter Tango und Walzer und bläht es zum Textdefekt. Weshalb dieser Begriff ebenfalls sachlicher Unsinn ist, schrieb ich oben.
Schön, aber daß Sie sich mit einem für Sie so irrelevanten Gesprächspartner so umfangreich abgeben. Ist das auch einer Ihrer formal-logischen Konstruktionen? Im Umgang mit Ihnen würde ich allerdings jenen für das Internet zuweilen doch relevanten Spruch bemühen wollen: Don’t feed the Troll.
http://www.web-social.fr/wp-content/uploads/2012/06/troll.jpg
Put on the red light Hier nun, nach einige Zeit, der Link auf meinen ersten Teil der Besprechung von Clemens Meyers „Im Stein“:
http://bersarin.wordpress.com/2013/10/03/put-on-the-red-light-spiegel-an-spiegel-clemens-meyers-im-stein/
Es bleibt dabei: Clemens Meyer ist mit seinem Buch ein großer Wurf geglückt. Nichts von Macho-Prosa oder Huren-Verklärung, sondern Literatur über ein Sujet, das nicht häufig in der Prosa der Gegenwart zum Thema gemacht wird.
@Bersarin. Danke.