Den Fliehenden: Dodicesima Ameriana. Venerdì. 28 agosto 2015.

[Traumschiffs Kamintisch,
8.18h]

Thy soul
Grown delicate with satieties,
Atthis,
O Atthis,
I long for thy lips.
I long for thy narrow breasts,
Thou restless, ungathered.

Pound, Ίμερρω

 

50 Leute erstickt im LKW | und „bevor“ sagt der Freund
„sie hier ankommen, brennen schon die Lager“
Sie wolln doch nur weg
ihre Kinder schützen, sich selbst schützen
wollen nicht brennen
nicht die Arme finden ihrer Liebsten, beide
einen rechts, den andren links am Weg mit drei
weggeschnittenen Fingern | wollen nicht
hungern nicht | gekreuzigt werden | wollen
nicht die Hunde an den Hoden | die Brüste abgeschnitten
die Vaginen mit der Kacke der Warlords gestopft | wollen
wie My Lai ‘68 nicht | die Handgranate hineingeschoben
nicht zwei Suren mit dem Colaverschluß | geschnitten
in die Wange und die Zunge | herausgeschält aus der Tochter
O Frieden der Mauern | ihn wolln sie nur auch
während im Hintergrund wieder geschachtert um Umsatz
aus Waffen | melden die Schlepper die Fracht
in Brüssel um Klarheit wie Panzer und Brüssel berichtet
Entkerner für Kirschen eignen sich gut für die
Augen | Extraktion
wollen nicht hungern | schon „Wirtschaftsflüchting“
ein Wort für die Gschaftlbarbaren
und in den Städten (in Tokyo gesehen) Städte aus
Zelten | Wellblech in Mumbai (in Bombay gesehen)
Es floriert die BüchsenindustrieGestern sagte ich zum Freund, als die Nachricht von den Erstickten kam, „Europa hat seine (ihre?) Mauer gebaut, was wird denn erwartet?“ Nichts läßt das Illegale besser florieren. Ich frag mich, wer da mitverdient. Und hier die Angst um die Arbeitsplätze für
Nichtausgebildete
die doch ganz selbst keinen deutschen Satz fehlerlos aufs Papier bekommen
und erheben sich über das Elend der andern.

Ich war erschreckt, ein bißchen erschreckt, als ich an >>>> Thetis dachte, womit ich es anfing, was ich drin schrieb vor fast zwanzig Jahren, vorhersah „Europa“, hätt ich denn gesehen, wär nicht nur meinem Instinkt gefolgt, der meiner wohl nicht war – was alles längst geschehen | eingetreten was die Welt werd‘ | ward
und hielten mir die Grausamkeit vor | „das darf man nicht sagen!“
sagte J.Sch., „du bist unmenschlich“ und verhängte die Sperre
Maulsperre | kommt sich noch aufgeklärt vor und human
Was ich nicht sehe, das ist nicht
O altes Lied der Satten
War ja weit weg, die Schlachterei | „sind ja nur Schwarze“:
was man freilich nicht ausspricht, nicht einmal denkt aber
fühlt | wie man Frauen wegen der Titten
undsoweiter | „Die Fernsehsendung mach ich doch nur,
weil ich dann“ (der fette Sack) „Frauen bekomme“: | purer O-Ton
anno zwotausenddrei | halb ein Jahr später zerbarsten die Türme
doch nicht seither, vorher schon Grauen um Grauen
Balkan Sudan | fünfhunderttausend Kinder ein Opfer
das Albright bitter sich selbst bracht‘ | (die eignen studierten,
wert das Embargo, an Williams Columbia, hab ich gelesen)
– is‘ auch egal, war nur das Pech und der Teer in der Wolle
die in die Folter voraus|leuchtet: Man kann den IS
kaum unmodern nennen –

Was da in Gang kam | Europa wird‘s zahlen
müssen | so oder so | „so“ meint den Krieg
und die Barmherzigkeit „so“: wenn wir bereit
sind zu lieben | Der nächste Strom wird übern Pontos
fließen, und „Flüchtling“ ist ein Zungenbonbon | Euphemismus
für Unbe|rührbare | Wie
kann ich da ruhig noch | >>>> Steine sehen? | Sehe
„Mauern“ anders | Als wären Menschen frostiger Wind
und wir mit um uns gebogenen Rücken | kauern im Sommer auf Frühling

8 thoughts on “Den Fliehenden: Dodicesima Ameriana. Venerdì. 28 agosto 2015.

  1. Youtube blockt Ihr jüngstes Video, Tag 29, lieber ANH, ist bei mir geblockt, Youtube sagt, es verstoße gegen die Benutzungsrichtlinien. Ein kleiner Skandal, wie mir scheint, dass das Netz jetzt scheinbar willkürlich missliebige Inhalte blockt. Dagegen müssen wir bloggen! Erbitte Nachricht, was da los ist, warum Tag 29 nicht sicht-, seh- und hörbar ist.

    LG: ögyr

    1. @Ögyr und Cellofreund. In der Tat wurde Tag 29 von Youtube (bzw., wie geschrieben wird, der Youtube-„Community“) gestern nacht aus der Serie entfernt; die Nachricht überbrachte mir heute früh >>>> Parallalie, als ich noch lesend auf den Stufen saß. Ich bin dann sofort auf die Angelegenheit eingegangen und habe meine Replik >>>> dort eingestellt. Bitte lesen Sie’s. Auch der inkriminierte Text ist dort nachzulesen, im ersten Kommentar. Ebenso werde ich den inkriminierten Clip über meine Dropbox zugänglich machen; sie lädt soeben die Filmdatei hoch.
      Wie im einzelnen weiterzuverfahren ist, ist mir selbst noch unklar. Ganz ohne Protest darf man so etwas nicht abgehen lassen, nur weiß ich nicht, wie man ihn bei Youtube einlegt. Passiert ist wahrscheinlich nur, daß ein dortiges Computerprogramm die Sprache nach, sagen wir, Reizwörtern abgesucht hat und sich fünfig geworden „glaubte“. Würde solch ein Verfahren gängig, gäbe es bald überhaupt keine Möglichkeit zu Ambivalenzen mehr, schon gar nicht zu dem, etwa bei Swift, hochkünstlerischen Verfahren, etwas durch sein Gegenteil auszudrücken, würde ein dicker Strich durch das gezogen, was Kunst ist, bzw. dann einmal gewesen sein würde.

  2. Ich befürchte mal, dass es sich bei den Toten in Österreich nicht um die letzten Toten in der Causa „Flüchtlinge“ handeln wird. Und was machen die Politiker in der EU?

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