Zum Krieg. Der ‏داعش‎ vor Telgte & Graz. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 17. November 2015. Eine Art Aufruf.


[Arbeitswohnung, 8.10 Uhr]

Für >>>> das Grazer Symposion wurde ich gebeten, in meiner >>>> Youtubeserie, die ich aber quasi schon aufgegeben habe, einen Clip über meine Arbeit zu drehen, den man in Schleife über die Tage projezieren wolle. Ich habe es wegen Paris nicht geschafft, hätte es zynisch gefunden in seiner, gegenüber dem Terror, völligen Bedeutungslosigkeit. Dann war ich >>>> in Braunschweig, las, ein paar Versprengte im Raabehaus morgens und nachmittags etwas, aber wirklich nur etwas mehr Leute in der Buchhandlung. Ich schrieb eben dem Veranstalter, der mir eine Dankmail geschickt hat:
Vielen Dank, lieber HG, für Deine Worte. Heute morgen ist mir mal wieder stimmungsunten, hoffnungsunten; ich muß ja nur die Verkaufszahlen des Traumschiffs bei amazon angucken, und merke wieder das Verschweigen: Darum sind auch auf den Lesungen so wenige Menschen, fast immer. Dann muß ich mir unterdessen wirklich mit Kraft sagen: Aber auf die kommt es an, also mach weiter!
Morgen geht es schon zur nächsten Lesung los, da wird mehr Publikum sein, schlichtweg, weil es ein mare-Abend ist, an dem auch die erfolgreichen Bücher vorgestellt werden. Und übermorgen dann gleich nach Graz weiter zu einem Symposion zu Literatur & Internet.

Und so wird‘s auch sein. Fürs >>>> Traumschiff wie für meine anderen Bücher muß ich mir, daß es auf die Wenigen ankommt, wirklich fast beschwörend sagen, selbstbeschwörend. Es gibt kleine Kreise, die aber über einen quasiprivaten Rahmen nicht hinausreichen.
Auffällig, wie viele, wenn sie das Traumschiff lasen, begeistert, ja mit Glück reagieren. In deutschen Kritiken ist davon fast nicht zu spüren, und die österreichischen haben offenbar so wenig Gewicht wie Reaktionen im Netz. Die guten Kritiken, die es ja gab, dringen nicht bis zum Verkaufstisch durch. In fast jedem Fenster Clemens Setz, Andreas Maier, Iliya Trojanow, die Namen, die en vogue sind. Welche Rolle spielt da meine auch und gerade politische Hommage an >>>> Abdullah Ibrahim (in der Figur Dr. Samirs), meine Betonung eines toleranten, offenen Islams, meine Positionierung für die Flüchtlinge? (Die Fliehenden, muß es heißen; ich verabscheue den „Flüchtling“sbegriff).
Zeit meines Lebens in keiner Literaturjury gesessen, in keine hineingebeten worden. Auch das ist ein deutliches Zeichen. Die meisten meiner Kollegen bestimmen, was ausgezeichnet wird, mit.
Es geht nicht um meine poetische Kompetenz; es geht personal um mich.
Jedesmal, wenn ich in die Arbeitswohnung zurückkehre, kippt sich das über mir aus, und ich gehe seelisch erneut in die Knie. Mir die amazon-Verkaufsränge anzusehen, genügt schon. Es sind aber auch die Gedanken.
Die Lesungen reißen mich jedesmal raus, da bin ich ganz in den Texten. Diesmal die Lyriklesung sogar. Ein wichtiger Gegenwartslyriker saß im Publikum, mailte mir gestern von einer Stimme hinterher, die „ganz eigen im Ensemble der Gegenwart“ stehe. Sowas tut gut, wird aber auf dem heißen Ablehnungsstein sofort schon verzischen. Der sich eben nicht meiner Literatur wegen zum Glühen gebracht hat, sondern weil ich mich nie anpassen und nicht ducken und mitwurschteln wollte.
In wie vielen Juries sitzt Hubert Winkels, z.B., nicht? In wie vielen nicht Rainer Moritz? In wievielen Denis Scheck? Und und und. Zehn Finger für die Namen reichen fast.
Daß ich sie, Namen, n e n n e, ist auch was, das mich hinausgedrückt hat. Es ist eh kein Hineinkommen mehr. Daß ich, was den Betrieb anbelangt, nicht diskret bin. Daß ich auch in sexuellen Belangen nicht diskret bin; daher der begeisterte Aufschrei, als >>>> Meere verboten wurde; daß ich verrate, was ist.
Ist alles aber bedeutungslos jetzt. Wenn ich an Paris denke, an den ‏داعش‎ (>>>> Daish), daran, wie lange wir bei dem Gemetzel – wie seinerzeit in Somalia – zwar protestierend, aber doch zugeschaut und zugelassen haben. Schon >>>> Thetis, zu großen Teilen, war ein literarischer Reflex auf den Krieg, das Balkanschlachten damals. In den Kritiken warf man mir aber Grausamkeit vor, die dieses Buches, als wäre nicht darin schon „nur“ geschildert worden, was tatsächlich geschah. Etwa die Säuglingsmorde, von denen der Roman erzählt, sind nicht nur auch biblisches Motiv, auf das ich angespielt habe, sondern vor allem konkret gemeint gewesen. „So etwas darf man nicht schreiben“, sagte aber eine Kritikerin und schloß vor mir die Tür; sie meinte, man dürfe so etwas nicht gestalten, was heißt: daß man keine affirmative Distanz einnehmen dürfe, sondern expressis verbis zu sagen habe, wogegen man ist. Daß dieses „expressis verbis“ die pure, eine sehr wohlfeile Meinungsnennung, die niemanden etwas kostet, fordert, die also unkünstlerisch ist, spielt keine Rolle.

Krieg. Wir werden um ihn nicht herumkommen, dürfen gar nicht herumkommen. Aber. Wer wie ich stets gegen Krieg gewesen ist (Wehrdienstverweigerer, ja, auch „Wehr“; jugendgeprägt etwa von Borchert, Nie wieder Krieg!), hat, wenn er (oder sie) die Haltung wechselt, Konsequenzen zu tragen. Man kann nicht einfach Leute da hinschicken, die sich wegschießen lassen. Sondern man muß dann selbst das Risiko tragen, mittragen. Ich werde mich also freiwillig melden, sollte dieser Krieg wirklich beginnen. Die Wahrscheinlichkeit, aus ihm zurückzukehren, ist klein, zumal ich keine Ausbildung an der Waffe habe. Also Sanitäterdienst, was, was ich auch will, vorderste Front bedeutet.
Aber der Daish muß gestoppt werden, es muß aufhören mit Köpfungen, Kreuzigungen, Steinigungen, in die Prostitution verschleppten Frauen und Kindern. Und ich habe daran, daß es aufhört, meinen Teil mitzutragen. Keine Lippenbekenntnisse, sondern Handlung. Mein Sohn ist nun alt genug, er käme im Notfall auch ohne mich klar. Wenn ich selbst kämpfe, auf die mir auch körperlich mögliche Weise (das ist die Kehrseite meiner stupenden Gesundheit: daß ich fähig blieb, wo andere schon auf die Rente rechnen), dann ist das auch ein Kampf, den ich für seine, meines Sohnes, Zukunft kämpfe.
Und dann muß ich mich aber gleichfalls fragen, ob nicht, in solch ein quasi Selbstmordgeschehen hineinzulaufen, auch ein Reflex auf meine literarische Erfolglosigkeit ist. Das kann sehr wohl sein, spielt aber ebenfalls keine Rolle angesichts der tatsächlichen Bedrohung, die es hier abzuwenden gilt, die aber eben für Tausende, Hunderttausende andere Menschen nicht nur noch Drohung, sondern qualvolle Realität lange schon ist. Wer davon spricht, es seien unsere Werte zu verteidigen und letztlich das, was ein Mensch sei, der hat auch persönlich dafür einzustehen und nicht bloß zu delegieren, wer ins Feuer dafür rennt. Wäre mein Sohn nur drei Jahre älter, gehörte er zu den ersten, die es müßten.
Ich bin gegen das Stellvertreterhandeln, das überdies feige ist. Der Wert, den ich verteidigen will, ist, den Menschenrechten zur Seite, der tiefste: die Kunst und ihre Autonomie, zu der ganz innig auch der Tabubruch gehört. „Deutschland den Deutschen!“ haben ein paar, bevor Frau Merkel die französische Botschaft betrat, ihr zugerufen. Und können nicht mal den Konjunktiv mehr, nehmen den zweiten fast stets für den ersten und merken nicht mal, wie falsch das im Bedeuteten ist. Sie bringen die Kunst ja selbst um, hier im eigenen Land. Werte verteidigen? Was denn? Den Konsum? Die Austauschbarkeit? Die eigene Kommodität? Na gut, die Vierzigstundenwoche. Wir haben nichts, wofür wir auch sterben würden, was uns wert genug dafür ist. Ist denn die Rede vom Wert, den wir verteidigen, wahr?
An denen, die sich freiwillig melden, wird es sich zeigen.
Wofür wir einstehen und – womit.

Es soll Zeiten gegeben haben, in denen die Führer ihren Truppen voranzogen; heute werden sie mit Helikoptern in geheime sichere Unterkünfte verbracht. Hoffentlich kommt Herr Obama nicht abermals auf die Idee, von einem „Kreuzzug gegen den Terror“ zu sprechen, sondern beißt sich, wenn sie ihm denn doch wieder aufsteigt, auf die Zunge, weil ihm rechtzeitig einfällt, was ein Kreuzzug eigentlich war. Überhaupt ist frappierend, wie sehr das Vorgehen des Daischs das des kirchengeleiteten Christentums wiederholt, nur – sehr entsprechend der technikmodernen Beschleunigung – in sehr viel kürzerer Zeit. Ich bin an Karl Marxens Historischen Determinismus nicht nur „erinnert“.
Bereits vorgestern schrieb ich in einen Dialog, es gebe eine historische Chance: wenn nämlich der nun zu führende Krieg überkonfessionell geführt würde: Islami und Christen und Juden gemeinsam gegen die Unmenschlichkeit. Das verbürgte auch die Chance, daß Nahost nach diesem Krieg nicht wieder unter westlicher Mandatur erstarrte, wie quasi nach dem Ersten Weltkrieg, liefe nicht abermals auf westliche Hegemonie heraus, die Nahost als militärischen Brückenkopf besatzt und die Ölvorkommen ausbeutet.
Eigentlich denke ich nach wie vor, daß Europa sich aus der NATO lösen muß und für sich selbst steht, auch und gerade militärisch. Allieert kann man dann immer noch vorgehen – und w ü r d e es, schon, weil keinem an einem nächsten Weltkrieg gelegen sein kann, auch den USA nicht, sondern allein dem Daisch, den die Apokalypse bekanntlich so sehr beseelt, daß von Seele gar nichts mehr übrig ist.
Aber ich weiß, daß es zur Loslösung von der NATO nicht kommen wird, jedenfalls nicht jetzt schon, wo gehandelt werden muß. Ich weiß auch, daß die USA an dem erstarkten fundamentalistischen Islam Schuld mindestens maßgeblich mittragen und daß ein Grundstein noch sehr viel früher gelegt wurde, nämlich von den Briten; man muß nur Laurence von Ägyptens Sieben Säulen der Weisheit lesen, um sich den Betrug vor Augen zu führen, der an der arabischen Welt verübt worden ist. Wir führen diesen Krieg als historisch Schuldige. Aber unsere Kinder sind bedroht, unsere Frauen, Freunde, unsere Kultur, sogar da, wo wir sie selbst feilgehalten und verscherbelt haben. Noch aber gibt es Gedichte, gibt es Musik, auch sehr gute, gibt es Romane und Gemälde, Skulpturen und Freizügigkeit; noch bestimmt Lust einen großen Teil unseres Lebens, sei es profane, sei es die erotisch-mythische; noch lebt es sich hier besser als jemals zuvor; noch gibt es soziale Hilfe und Einrichtungen, gibt es Brot für die Armen, gibt es sogar eine Gedankenfreiheit, die sich frei auch äußert – egal, ob man sie an die Wand drückt: da i  s t sie. Noch wird hierzulande auch nicht, meines Wissens, gefoltert. Noch gibt es die exekutive Trennung von Religion und Staat. Noch dürfen wir hier Christen, Juden, Moslems, Hindus, Jaints, Konfuzianer, Buddhisten, Taoisten, ja sogar „heidnisch“ sein, naturgläubig also. Noch finden wir die Spuren unserer Geschichte(n): wo wir jeweils herkommen; noch, wie ich >>>> anderwärtig schrieb, stehen wir im Zeitfluß. Noch können sich unsere Kulturen gegenseitig aufsaugen, zueinanderfinden, miteinander sein – biologisch gesprochen: „Mischlings“kinder zeugen, die ja nicht ohne Grund auch noch als Erwachsene oft ausgesprochen schön sind. Aber dies alles ist in Gefahr. Schon die in Frankreich nun geltende Notstandsgesetzgebung ist, wie begründet auch immer, eine Katastrophe. Die DeutschlandDenDeutschens ziehen mit den FrankreichDenFranzosens am selben Seil, nämlich dem des Daischs. Anstelle es gar nicht erst angefaßt zu haben, geschweige aufzunehmen.

ANH, 17. November 2015
10 Uhr


28 thoughts on “Zum Krieg. Der ‏داعش‎ vor Telgte & Graz. Das Arbeitsjournal des Dienstags, dem 17. November 2015. Eine Art Aufruf.

    1. @gregorius. Nein, war ich nicht, bin ich nicht. Sondern meine sehr genau, was ich sage. Ich habe lange, lange überlegt. Wer für einen Krieg ist, hat auch das Risiko zu tragen, es sei denn, er ist physisch objektiv untauglich. Man kann nicht Menschen in ihn schicken und selbst in Sicherheit zurückbleiben.

    2. Wäre ein Text wie der heutige in der FAZ erschienen, meinetwegen auch in der FAZ online, ich weiß nicht, ob jemand einfach drunterschriebe, der Autor müsse ja besoffen sein, um so etwas zu schreiben. Auf mich wirkt eine Reaktion wie von gregorius schlichtweg höhnisch. Versteh‘ ich nicht. Zu einer aus Herz und Verstand heraus geschriebenen Positionierung nähme ich doch lieber so intelligent wie möglich Stellung. Selbst, oder gerade wenn, ich ein anderes Bild der Situation hätte.

      Ich arbeite seit Jahren mit Jugendlichen, die unbegleitet hierher geflohen sind. Viele von ihnen kommen mir sehr nah und ich ihnen. Griffe sie jemand an, würde ich sie verteidigen, notfalls auch physisch. Das ist mein persönlicher Radius. Er ist fest verankert bei den Menschen, die ich liebe und zieht seine Kreise zu den Menschen, denen ich mich zuneige. Inzwischen viele. Ich wünsche mir, dass er im Laufe der Jahre noch größer wird. Muss er auch.

      Mich hat der heutige Text nicht überrascht. Er fügt sich nahtlos in mein Bild von Ihnen, ANH. Passt.
      Wie weit würde ich gehen, werde ich gehen? Ich treffe für mich die Entscheidung, in den Bereichen zu wirken, in denen ich mich auskenne. Den weltpolitischen Maßstab kann ich mir nicht erschließen.
      Ich versuch’s immer wieder, bekomme aber nie den Eindruck, wirklich e i g e n zu denken, wenn ich versuche, mir ein Bild zu machen: Immer ist es von der jeweiligen Energie abhängig, die andere darauf verwenden, ihre Informationen an unterschiedliche Adressaten aufzubereiten.
      Ich kann mich, stelle ich fest, nur in den Bereichen auf mich verlassen, in denen ich unmittelbar, mit meinem Verstand und meinem Körper, anwesend bin. Da entsteht mein Selbst-vertrauen, meine Erfahrung, meine Hoffnung auch, etwas bewirken zu können.

      Noch etwas: Während der Anschläge in Paris und seitdem habe ich mit vielen gesprochen. Die Reaktionen der Menschen, mit denen ich sprach, waren ganz, wirklich g a n z verschieden. In meinem beruflichen Umfeld mochten manche gar nicht auf die Ereignisse eingehen. Weil es den Workflow stören könnte? Ich hab‘ mir gemerkt, wer das war.
      Andere, meine Freunde, redeten sich die Köpfe und Herzen heiss. Besonders unser Austausch, ANH, am Morgen danach: Wie der brannte! So will ich mit Gegenwart umgehen, auch mit Krisen und Katastrophen. Will nicht auf irgendeinem Sessel sitzen und denken (fürchten?), dass die Gegenwart mich nicht braucht, mein Feuer nicht braucht oder zumindest meine Teilnahme.
      Position beziehen. Auf das Risiko hin, nie genug Wissen zu haben, denke ich mir: besser einen Standpunkt zu beziehen, als sich immer nur mit jenen auszutauschen, von denen man eh weiß, dass sie zu ähnlichen Schlüssen kommen wie man selbst.

    3. und in einen krieg ziehen wirkt auf sie nicht höhnisch, na ja sie werden ja
      nicht dran glauben müssen, deshalb kann man so was auch notwendig finden.
      Was kümmert mich schliesslich das Blut der Anderen, solange ich meine Finger
      in Eiscreme baden kann.

    4. @Paul Falls Ihre Frage mir gilt: Ich habe Gedanken und eine Haltung formuliert, mitsamt der Fragen, die ich mir stelle. Was, im Gegensatz dazu, ist für Sie eine „Meinung“?

    5. @Phyllis. Ich finde Ihre Haltung vollkommen nachvollziehbar, und tatsächlich haben Sie hierzulande, aufgrund Ihrer pädagogischen Tätigkeit, noch einen Einfluß, den Sie weiter geltend machen können. Dies oder auch nur Ähnliches ist bei mir nicht der Fall. Hätte ich zumindest publizistischen Einfluß, müßte und würde auch ich noch abwägen. Hab ich aber nicht, keinen. Das, was ich heute morgen geschrieben habe, wird fast reflexlos verklingen; nehmen wir dagegen an, jemand wie Daniel Kehlmann hätte so etwas – oder Ähnliches – in der FAZ veröffentlicht, es würde eine mindestens nationale Diskussion entbrennen. Ich bekäme solch einen Publikationsort aber nicht, und was ich im Netz schreibe, wird man als von einem Spinner verfaßt deklarieren, wenn es überhaupt eine öffentliche Reaktion darauf geben würde. Wird es nicht geben.
      So muß ich mich fragen, wo mein Platz ist, wenn es zum Kriegseinsatz kommt und ich ihm zustimme. Was ich, wie begründet, nunmehr tue. Und ich muß für diesen ethischen, für mich sehr heftigen Paradigmenwechsel auch einstehen. Nach wie vor erkennen wir uns nicht an den Worten, sondern im Handeln.

    6. @Waskümmertesmich zu phyllis: „Was kümmert mich schliesslich das Blut der Anderen, solange ich meine Finger in Eiscreme baden kann“: N i c h t s davon steht in dem von Ihnen angegriffenen Kommentar, schon gar nichts von „in Eiscreme baden“, sondern dort wurde eine Position formuliert, die sich dem unheilvollen Geschehen stellt und danach fragt, wo sie am meisten tun könne.
      Dann aber mal zurückgefragt: Wo ist denn Ihre Position? Sie wollen offenbar nicht in den Krieg, was ich sehr gut verstehe, aber was wollen S i e tun? Ganz offenbar sind es doch wohl eher Sie, der oder die Sie Ihre Finger, und zwar auf das allerignoranteste, in Eiscreme baden.

    7. Süß scheint der Krieg den Unerfahrenen So, also nicht besoffen, umso schlimmer. Kein auch nur halbwegs klar und nüchtern denkender Geist will in den Krieg.

      Aber im Grunde überrascht es mich auch nicht mehr. Erasmus sagt ja: Süß scheint der Krieg den Unerfahrenen. Und das ist Ihr Problem! Sie besitzen keine Erfahrung: Ein sechzigerjähriger Autor, der nie gegen etwas gefährliches als die Wörter gekämpft hat, der schwafelt jetzt davon, in den Krieg zu gehen. Das passt so ungeheuer zu dem haltlosen Gerede über den Tod und das Sterben, das Sie im Traumschiff von sich gegeben haben. Auch das ist ein Ergebnis Ihrer himmelschreienden Unerfahrenheit. Sie haben für das Buch recherchiert, sind aber leider auf ein Kreuzfahrtschiff gegangen, statt mal einen Monat Dienst im Krankenhaus auf einer Paliativstation zu machen. Ihnen ist nicht zu helfen. Gehen Sie doch von mir aus in den Krieg. Vermutlich werden Sie das aber nicht tun. Oder wenn, dann nur dann, wenn Sie dort im Krieg eine ständiges Wlan haben, um Ihre großartigen Taten zeitgleich zu posten.

    8. @gregorius zum Unerfahrenen. Ich kenne Paliativstationen und habe zudem zweimal beim Sterben begleitet. Woher nehmen Sie Ihre Unterstellung? Ganz offensichtlich haben Sie das Buch gar nicht gelesen, sonst wüßten Sie es.
      „Himmelschreiende Unerfahrenheit“: Sie haben überhaupt keine Ahnung von mir und dem, was ich erlebt habe in meinem Leben. Den Dienst im Krankenhaus machte ich bereits mit neunzehn. Ich habe viele Leute sterben sehen, einige in Privatheimen. Auf das Kreuzfahrtschiff bin ich aus einem ganz anderen Grund gegangen, den man ebenfalls bei mir nachlesen kann. Es ist mir um die Utopie eines menschenwürdigen Sterbens zu tun und zu tun gewesen.
      Erbärmlich, daß ich das hier schreiben muß, weil jemand wie Sie unbedingt will, daß ich nichts kann und nichts weiß.
      Glauben Sie im Ernst, ich ginge gerne in den Krieg? Wie kann man so verblendet sein! Ich würde gehen, weil ich nicht mit ansehen kann, noch länger, wie Leute gefoltert und vernichtet werden. Und weil ich das nicht auch hier bei uns haben will. Weil ich eine offene Gesellschaft will und dafür einstehe. Es ist dies etwas, das größer ist als ich bin: Darum würde ich gehen. Ich meine das mit allem mir eigenen Pathos – etwas, für das ich mich wirklich nicht schämen muß.

      Es ist unglaublich, wie alles, was ich schreibe, immer zu meinem Üblen ausgelegt wird. Ich mag mich bisweilen irren, ja, aber selbst das geschieht uns allen. Doch anders als viele andere gebe ich so etwas, sowie ich’s begreife, immer auch zu. Wie ich auch meine Schwächen zugebe, auch öffentlich. Selbst aber das dreht mir dann jemand ins Böse.

  1. Gut, nicht betrunken Wenn ich Sie recht verstehe, sind Sie so unglücklich, dass Ihr Buch nicht erfolgreich ist, Sie nun beschließen freiwillig in den Krieg zu ziehen. Natürlich angesichts Ihrer 60 Jahre nur als Sanitätssoldat. Obwohl wir gar keinen Krieg haben.
    Sie sind ein sehr seltsamer Mensch.

    1. @Ich-wnudre-mich. „Obwohl wir gar keinen Krieg haben“:
      1) Wir haben ihn schon lange, „nur“ keinen offiziellen, direkten. Abgesehen davon schrieb ich
      2): Wenn es zu ihm kommt, und es müsse zu ihm kommen. Damit wir nämlich nicht, was wir eh schon getan haben, dabei zusehen, wie, ich wähle den Vergleich bewußt, Züge voll Menschen in Vernichtungslager rollen.
      3) Was soll das mit den sechzig Jahren? Nicht deshalb als Sanitäter. Sondern weil ich keine Waffenausbildung und also keine -kenntnis habe.
      4) Wenn Sie Sanitäter mit „nur“ bezeichnen, scheinen Sie sich mit Kriegen tatsächlich nie befaßt zu haben. Viele Sanitätssoldaten und -soldatinnen stehen mit vorne, und das hat einen ziemlich logischen bitteren Grund.

    2. Einen Krieg gibt es seit Jahren in Syrien, einen Bürgerkrieg In Paris geschah ein terroristischer Anschlag von einer Gruppe, die nicht völkerrechtlich als Staat gilt, eine Mördergruppe.
      Mit solchen Gruppen führt man keinen Krieg mit Sanitätssoldaten an Fronten und so was. Da setzt man Polizisten ein, nur als Notfall Soldaten zur polizeilichen Unterstützung.
      Der Anschlag ist sehr tragisch mit vielen Opfern, das ist Grund für große Trauer. Wenn französische Politiker aus innenpolitischen Gründen (quasi schon im Wahlkampf) von einem Krieg sprechen, der Pfaffe Gauck sich interessant machen möchte mit solchem Vokabular, müssen wir nicht mithysterisieren und in Panik verfallen. Medien pushen schon genügend Unheil dazu, das reicht.
      Es ist nicht angemessen, Koordinierung der Sicherheistkräfte ist angemssen, Putin und Hollande haben sich bereits verständigt (wie ich gerade las), keiner verlangt von Deutschland sich an einen „Krieg“ zu beteiligen, die Verteidigungsminsterin bietet an, sich an Aufklärungsflügen über Mali zu beteiligen, da auch gegen Terroristen.
      Das Wort „Krieg“ allein wertet die Mörderbande auf.
      Selbst wenn es zu einem Krieg kommen würde, würde niemand einen 60-jährigen zu den Soldaten ziehen lassen. Und das wissen Sie auch. Und Sie sind nun mal 60.

      Natürlich ist es bedauerlich, dass Ihr Buch nicht verkauft wird. Aber bestimmt keine Grund in eine theatralische Dramatik zu verfallen.

    3. @Ichwundremich ff Hören Sie doch mit dieser Scheiße und den sechzig Jahren auf. Was soll der Quatsch? Ich formuliere sehr deutlich, was in mir und vielen anderen umgeht, und überlege meine auch persönlichen Konsequenzen. In einem Kriegsfall werden auch Sechzigjähige, wenn sie die Konstitution haben, für Hilfszwecke eingesetzt, vorausgesetzt, sie melden sich freiwillig. Was ich vorhabe.
      Ah ja? Sie hören, daß sich Putin und Hollande geeinigt haben? Sie waren dabei, verfügen über nahe Quellen? Oder glauben in diesem Fall mal den Medien? Weil es bequemer ist, man nicht selbst den Kopf hinhalten muß?
      Und selbst wenn, es geht doch nicht darum, daß von uns „verlangt“ würde, uns zu beteiligen. Ich verlange es von mir selbst und verlange, fordere, daß Deutschland hier auch militärische Position bezieht.
      Das Wort „Krieg“ werte a u f? Ich lese wohl nicht richtig! Krieg wertet nur ab, allenfalls. „Aufklärungsflüge“, klar, schön draußen bleiben. Und mit meinem Buch hat das alles gar nichts zu tun, erst recht nicht die „theatralische Dramatik“ Sie sind wirklich zutiefst zynisch und haben wohl allen Grund, anonym zu kommentieren: feige, wie es einer solchen Gesinnung rundum entspricht. Entweder nix sagen oder anonym. Zeigen Sie doch mal Ihr Gesicht. Das werden Sie nicht tun, sondern hübsch im verborgenen bleiben. Belehren Sie mich eines weniger Schlechten.
      Eine „Mörderbande“ (offizieller Sprachgebrauch gegenüber der ersten RAF) ist der Daish schon lange nicht mehr; es ist ein geradezu hinstorischer Irrtum, ihn dafür zu halten – so, wie es ein grauenvoller Irrtum war, als man auch Hitlers „Bewegung“ anfangs für eine lapidare Erscheinung hielt.

    4. Mit einem Häkchen vermutlich könnten Sie anonyme Kommentare unterbinden 🙂
      Das tun Sie aber nicht.
      Sie gehen sogar drauf ein, aber wenn es Ihnen zu ungemütlich wird, werden Sie ausfällig.
      Lachhaft.
      Nö, solchen zeige ich mein Gesicht nicht.

    5. @Wundere. Völlig klar, daß Sie für sich eine Ausrede finden.

      Daß ich anonyme Kommentare zulasse, Anonymität teilweise auch für berechtigt halte, ist seit langem bekannt; ich habe darüber viel geschrieben. Berechtigt ist Anonymität aber nicht mehr bei persönlichen Angriffen. Ausfällig, suggestiv, wurden zuerst Sie, siehe das Pochen auf meinem Alter. Was nur deshalb nicht lächerlich wirkt, weil im Netz alles auf Zahlen starrt, nicht auf die Realität. Aber egal.
      Daß Sie Ihr Gesicht nicht zeigen, ist bei Ihrer Gesinnungsverfassung vollkommen nachvollziehbar; teilte ich sie, täte ich’s auch nicht.

      Ich lasse die beiden letzten Kommentare eine halbe Stunde lang stehen, dann werde ich sie löschen. Ungemütlich wurde mir von Ihnen nichts, also nicht sachlich. Aber eklig.

  2. @ANH Ich würde nichts löschen. Das verfälschte die Wirklichkeit, die eben alles enthält.

    Eins aber noch: Ich finde es ungeheuer wichtig, dass es Ereignisse und Situationen gibt, während derer man aus der Fassung gerät. Nicht alles kann moderiert werden, nicht bei jeder Aktion und Reaktion kann man das Gesicht wahren. Oder sollte es wahren müssen. Was gerade passiert, ist doch Grund genug, das Augenzwinkern mal zu lassen und den eigenen Gefühlen auf den Grund zu gehen. Ohne Ironie, ohne Sicherheitspuffer. Auch deswegen schätze ich Ihre Texte.

    1. @Phyllis zu den „Gefühlen“. „den eigenen Gefühlen auf den Grund zu gehen“:

      Dazu muß man auch welche haben, bzw. darf sie nicht ständig ironisch und/oder normativ besonnen verdrängen.
      Etwa ist „Wundere“s Einlassung, es handele sich um gar keinen Krieg, solch eine normative Abwehr, nämlich fast mit Clausewitz: Kriege werden nur von Staaten geführt, die so auch definiert sind. Außer acht läßt dies, daß wir schon seit Jahren nicht ohne böse Gründe von assymetrischer Kriegsführung sprechen; das Konzept der Nation ist ja an sich schon ein westliches, das für z.B. Nahost gar nicht zutrifft (und auch für uns, der politischen Abhängigkeiten und Verpflichtungen eingedenk, schon lange nicht mehr). Beinah witzig, wenn es nicht so zynisch wäre, ist „Wundere“s Einlassung, derzufolge Polizei einzugreifen habe. Selbst normativ ist das gar nicht möglich: wessen denn? Die syrische, die lybische? Schon ägyptische Polizei hätte in Lybien gar keine Befugnis. Ägyptische Polizei, die in Syrien eingreift, beginge rein rechtlich ein Verbrechen.
      Wie also sollen wir solches Eingreifen nennen? Intervention, was aber gar nichts genau sagt, außer daß eben interveniert wird. Es ist sehr viel weniger verschleiernd, hier von Krieg zu sprechen. US-amerikanische Bomben auf den Irak waren auch kein Eingreifen einer Polizeitruppe; woher denn käme die Legitimität?
      Des weiteren ist es rasend bequem, sich seine und ihre Gedanken zu machen und jedes Handeln anderen, denen, die Macht haben, zu überlassen. Im Zweifel wäscht man so die Hände in Unschuld. Das ist es, was mich an Kommentaren wie denen „Wundere“s fast rasend macht: diese geradezu Uneingebundenheit, eine scheinbare, die noch denen, die Haltung beziehen wollen, vorwirft, ihre Hände in Eiscreme zu waschen. Was aber nun gerade er, oder sie, tut.
      Und dann wird gesagt: Ist ja alles nicht so schlimm.

      Leute wie er haben noch nie Leid gesehen, und wenn sie es sahen, haben sie gar nichts gefühlt. Sie moderieren; deshalb ist ihr letzter Zweck Ironie. Werden sie dann aber selbst ins Lager gesteckt oder ihre Liebsten bedroht und verwundet, dann, aber auch nur dann, werden sie vielleicht begreifen.

      Es geht ja nicht „nur“ um Paris. Sondern für den Daish ist Paris ein Schritt auf dem Weg, daß auch bei uns passiert, was im Einflußbereich des Daishs schon seit langem passiert: Kreuzigungen, Steinigungen, Folter, Versklavung und zwar nicht vereinzelt, sondern massiv und an Massen. Deshalb ist mein Vergleich mit den Lagern absolut korrekt.

    2. interessant finde ich an diesem anschlagsdrama, dass in frankreich ungefähr 6 millionen moslems leben, aber die attentäter ( wohl teils ) aus belgien ( und anderswo ? ) einreisten.
      in deutschland sollen etwa 3oo bedroher leben.

    3. @xs Und sie leben dort, obwohl sie, vor allem die Algerier, es da sehr schwer haben, immer noch entsetzlich diskriminiert sind und meist chancenlos, lieber als anderswo. Die Anschläge konzentrierten sich überdies im 11. Arrondissement, nämlich dort, wo der islamische Bevölkerungsanteil ganz besonders hoch ist. Die Gefahr, Moslems umzubringen, war hier deutlich höher als etwa rive gauche. Insofern scheint Broßmann recht zu haben, wenn er bemerkte, daß diejenigen Islami, die in Frankreich leben, dem Daish als Abtrünnige und deshalb – in der „Logik“ des Fundamentalismus – ganz besonders Ungläubige gelten. Der Daish benimmt sich wie die Christen es zur Zeit der gegenseitigen Schlachtungen von Protestanten, Katholiken, Calvinisten taten, aus denen sich über den Dreißigjährigen Krieg die puren feudalen Machtinteressen bestimmend erhoben und die Geschehen hegemonial bestimmt haben. Nur die Pest hat in Europa mehr Menschenopfer hämisch eingestrichen als dieser Wahnsinnskrieg.
      300? Dann ist es seltsam, daß so gut wie nichts bisher geschah, ich meine: diplomatisch seltsam. Ein halbes Zehntel solcher, wenn auch iedeologisch völlig anders orientierter Bedroher hat die Bundesrepublik fast zehn Jahre lang in panischem Atem gehalten. 50 losgelassene Attentäter, und unsere gesamte soziale wie ökonomische Infrastruktur liegt in Schutt und Ache. Da dem nicht so ist, muß dem leitenden Interesse dieser Bedroher etwas anderes zugrundeliegen; es muß, wenn Ihre Information stimmt, ein anderes Ziel haben.

    4. das sind vom tv über kriminalisten verbreitete informationen.

      ich nehme an, es ist schwer(er) geworden, in deutschland selbst an kurzwaffen zu kommen, geschweige denn an langwaffen wie sturmgewehre und derer munition, sowie sprengstoffe und vor allem kostspielig(er) und selbst für neonazis.
      ich tippe darauf dass solche polizeilich als gefährder bezeichnete wenige ultra-idioten sich nicht mit einem trommelrevolver + ein zwei möglichen toten zufrieden geben – allerdings scheint es schon schwer zu sein, diese soweit erfassten 300 lückenlos zu überwachen.
      ich vermute desweiteren, dass kriminelle milieus ganz genau schauen, an wen sie waffen verkaufen ( es könnten ja nicht nur verdeckte ermittler sein sondern rivalisierende gangs, harte islamisten, faschos, militante linke oder bürger auf amokkurs )

      naja, alles soweit gemutmasst.

  3. @ Phyllis Deinen Satz:

    „Auf das Risiko hin, nie genug Wissen zu haben, denke ich mir: besser einen Standpunkt zu beziehen, als sich immer nur mit jenen auszutauschen, von denen man eh weiß, dass sie zu ähnlichen Schlüssen kommen wie man selbst.“

    schneide ich mir aus und rahme ihn ein.

    Lo

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