[Arbeitswohnung, 13.12 Uhr
Sandschleiflärm von der Fassade des Kollwitzgymnasiums nebenan:
Nein, ich schließe die Fenster n i c h t.)
Ist‘s meinem Sohn passiert, als er während meiner Abwesenheit hierwar? Ich werde fragen.
Um sechs auf, wiewohl kurz schon um fünf einmal wach. Mit dem ersten Latte macchiato gleich an die Gedichte – letzte Übertragungen der Papierkorrekturen; teils ändert sich die Paginierung. Also muß ich aufspitzen wie Lumpi.
Klammkühler Nieselregen, überdies heftiger Wind, als ich gegen elf losradelte, um die Bamberger Freundin zu treffen, die über Pfingsten in Berlin war, während ich mich in Wien aufhielt, und die bereits mittags heimfuhr.
Das unterbrach meine grad wieder ergriffene Routine; vor allem weiß ich nicht, ob ich nun heute noch zum Laufen komme. Is‘ mir eigentlich auch zu unwirtlich draußen, und knapp siebzehn Kilometer war ich ja nun schon mit Rad unterwegs. Andererseits, die tausend kcal, die ich mit Sport täglich abreißen will, hat das nicht gebracht… Hm, vielleicht nachmittags; kurz ließ sich eben ein Sonnenschleier sehen; oder ich fahr ins Studio und nehme das Laufband. Was ich eigentlich vorhatte, nämlich zu schwimmen, erübrigt sich aus anderem Grund: Die nahe Schwimmhalle hat >>>> bis Juni geschlossen. Blöddas. Paranoiker wurden von Herbstsabotage sprechen. Gut, daß ich keiner bin. Denn zu schwimmen ist tatsächlich eine ziemlich gute Alternative, um die Knie zu schonen und den Beinen auch sonst eine Rekonvaleszenz zu gönnen. – Dafür macht‘s mir beruhigenderweise überhaupt nichts aus, auf den Sundowner-Malt und abends den Wein zu verzichten und auch die Mahlzeiten scharf runterzufahren.
(Daß ich bereits abnehme, merke ich an meinem Triskelenring; nehme ich ab, dreht er sich zunehmend locker am Finger. Witzigerweise ist das immer zuerst beim Radfahren zu spüren. Dennoch purzeln die Pfunde nicht mehr so schnell wie früher. Da mußte ich nur drei Tage laufen und war anderthalb Kilo los. Der Stoffwechselumsatz wird langsamer, offensichtlich, sagen wir: seniorig.)
Es tut gut, an den Gedichten zu arbeiten. Ich habe wieder das Gefühl eines Berufes, der‘s i s t. Die völlig unproduktiven Selbstzweifel sinken. Gleichzeitig ist meine Haltung a bisserl bizarr: Einerseits will ich, aber vielleicht deshalb, den Band unbedingt fertighaben, andererseits mag ich die Texte nicht loslassen, ändere immer wieder Kleinigkeiten, füge ein Wort ein, muß dann Rhythmus und Zeilenbrüche überdenken, finde aber tatsächlich Lösungen, die mir vordem entgangen waren, sogar bei einigen Reimen. Undsoweiter.
Aus Graz kam die Anfrage für neue Texte; logischerweise habe ich Gedichte vorgeschlagen.
Nächste Woche kommt endlich einmal wieder die Löwin nach Berlin; als ich in Wien war, war sie in Paris.
Was gestern abend >>>> Bruno Lampe zu Rosselli schrieb, und zu anderen, gehört eigentlich nicht ins Tagebuch, sondern in die >>>> Gedichtrubik. Ich sollte da wenigstens eine Nachricht mit Link hineinstellen.
ANH, Derelvelieder, Gedichte (2016)