(Rosselli) Merkwürdig, es gibt scheinbar keine deutschen Übersetzungen der Gedichte Amelia Rossellis, ZVAB verzeichnet lediglich eine Anthologie mit einigen ihrer Texte. Aber ich muß mich erst einlesen, habe noch keinen wirklichen Draht zu ihr. Hinzu kommt Subjektives: die youtubes mit ihr zeigen einen sprechenden Mund, dessen Muskeln ihr nicht wirklich gehorchen, so daß eine merkwürdige Aussprache entsteht, halb ein Nuscheln, halb ein mühsamer Versuch, artikuliert zu sprechen. Ich sollte mich indes nicht zu früh freuen, es reicht, an andere Übersetzungsprojektionen (da nie wirklich Projekte daraus entstanden sind) zu denken, die lange Jahre in mir westen. ‘Baldus’ [“Phantasia mihi plus quam phantastica venit…” – einer meiner Deutsch-Schüler zitierte dieses Incipit mal in einem gemeinsam mit anderen Angestellten (er eine ‘Führungskraft’) benutzten Fahrstuhl, ich sagte nur “Baldus!”: wow, was für ein Schwall von Lobeshymnen aus dem Mund dieses Mannes, fast lag mir Alles zu Füßen!] von Folengo (makkaronisch, einzig brauchbares Modell für die jetzige Zeit: Henscheids makkaronische Beowulf-Bearbeitung, bzw. in einem anderen Sinne Fischart, dem er über Rabelais durchaus ein Begriff gewesen sein wird), ‘Eros e Priapo’ von Gadda (ein Hinabtauchen in Sprachstufen des Italienischen, die fast schon einen dito Fischart erforderten, und eine Abrechnung mit dem Duce mit nicht wenigen Parallelen zur B.Lusconi-Ära (unendliches Aufatmen immer wieder)), ganz zu schweigen vom ‘Adone’ vulgo Adonis des Giambattista Marino, dem Manieristen schlechthin (20 Gesänge auf 1385 Seiten) und ‘Zibaldone’, den Notizheften Leopardis (1239 zweispaltig und klein gedruckte Seiten). Mir läuft mittlerweile die Zeit und die Inspiration davon für solche Unternehmungen, der Alltag nimmt mir eh’ die Zeit dafür.. Mal sehen, was sich mit der Rosselli anstellen läßt. Aber erstmal Lesen. Alles sei machbar, Herr Nachbar, hieß es damals anfangs der 80er. Klar, es gab auch eine Rimbaud-”Übersetzung” von Brinkmann und Rygulla (eine vage Erinnerung indes, Belege sind auf die Schnelle jetzt nicht zu finden), die den Nachklang des Französischen im Deutschen nachahmte, ohne daß ein anderer Sinn zustande kam, als der, daß ‘Finnegans Wake’ eben doch ein paar Stufen höher steht. Denn Joyce ist sich der sprachlichen Höfe durchaus bewußt: Es gibt von ihm eine eigene italienische Übersetzung des ALP-Kapitels: a completely new text: (“The Heart Bowed Down or The Rakes of Mallow or Chelli Michele’s La Calumnia è un Vermicelli or a balfy bit ov old Jo Robidson”. Versus: “Fenesta ca’ lucive, o Evviva Noei, o La calunnia è un vermicello di Michele Chellini, o una cavaletta del mastro Pulcini.”). – Die gestern gewonnene Zeit wieder aufholen (insofern als eine scheinbar verlorene Zeit immer eine gewonnene ist), aus dem Fenster schauen: Frauen machten sich zu schaffen vor dem unteren Eingang zum Ostello. Nach und nach hingen dann gefärbte Stoffe an der Mauer davor. Und mein Tabaccaio spielte mal wieder verbal den Halbstarken. Dies wahrscheinlich die Interpretation, die ihm zugrundeliegt. A nasty teddy-boy.