Verschmökert. Gestern wie heut’. Obwohl die Arbeit nebenbei lief und es auch mußte. ‘Das erstaunliche Abenteuer der Expedition Barsac’ (Verne, pére et surtout fils, in der Übersetzung der Proust-Übersetzerin Rechel-Mertens). Wieder mal zufällig hervorgegrapscht. Unanspruchsvoll und Spannungen aufbauend. An denen es ansonsten fehlte. Gestern lediglich ein Mittagessen bei den Zwillingen, die nun bald nach Rom ziehen werden, und ihrer Mutter. Überhaupt zu ungewöhnlicher Essenszeit für mich, wie immer. Halb zwei, zwei, da ist dann der Nachmittag eh’ schon futsch.
Deshalb auch kein Domkonzert (Händel) um achtzehn Uhr. Ließ einfach ins Dunkel tauchen den Tag. Ich bin dann eben weg.
Und gestern ein letztes Mal, bevor dieser Tage der Ofenrohrreiniger kommt, den Ofen zum Qualmen gebracht. Heißt, eine Stunde bei mangelhaftem Durchzug (obwohl Tür und Fenster weit offen stehen) den Rauchkringeln zusehen, die aus den Ritzen der Eisenkonstruktion sich entweder zum Kamin hin bewegen oder die Raumatmosphäre, die Lungen reizend, sättigen. Ab heute Verzicht darauf. Bis zur anstehenden Lösung.
Gestern am späten Nachmittag wieder zum Tabaccaio wie am Vormittag des ersten Weihnachtstags. Dienst macht an Sonn- und Feiertagen der schwerhörige Vater. Beide Male aber war derselbe Gast (schwerlich ein Kunde) zugegen, ein junger Mann aus diesen Straßen hier, der fürchterlich dickleibig ist, den ich aber doch immer auch grüße, wie man sich halt seine Jesulein unter den Menschen aussucht und nicht an den Kreuzen. Nicht, um sie anzubeten, sondern um ein stilles Bedauern zu pflegen. Es war, als hätten beide stumm dort ihr Weihnachten verbracht. Er, der junge Mann, mußte lachen, als ich auf diesen Eindruck beim zweiten Betreten anspielte.
Sie sprachen auch gar nicht miteinander. Bzw. nur einmal, als der junge Mann ein paar Schoko-Waren zum Abrechnen auf die Theke legte.
Natürlich blinkte ein Weihnachtsbaum im zur Straße hin gehenden Fenster.
Die Choreographie der Orte des Wartens, die kein Erwarten kennen. Verlegene Schritte hierhin und dorthin. Der Verkäufer hat den Vorteil, auf den Kunden zueilen zu können. Darf einmal mehr sein “Buon Natale” loswerden.
Mutatis mutandis könnte das Schmökern als das Warten auf die Dunkelheit des Endes der Geschichte und des Tages und somit auf die Unmöglichkeit interpretiert werden, noch irgendetwas anderes zu tun, als ein Tränchen am Ende der Geschichte wegzudrücken und sich mit einem ‘démain’ von dem zu verabschieden, was man heute sogar schon auf dem Sprung war, zu tun.
Es ist auf jeden Fall unsäglich schwer, sich dem Stadttor zu nähern: es glänzt kein Fest den Städten aus den Toren (nach irgendeinem Winter-Gedicht Hölderlins). Stehet auch kein Lindenbaum davor.