[Schreibtisch hinter der Brücke, 7.54 Uhr]
Später heute, viel, Freundin, später, da ich um vier erst im Bett lag. Wieder spazierte ich heim, nach dem Fest bei Dumont, das weiter und weiter brandete und wummte zudach eines niedrigen, seitlich der Katharinenkirche, Hauses. Die Correctness“frage“ begleitete mich durch den Tag, so taten’s die Béartgedichte, „bei dir ist wieder mal was los“, „du bist immer drin, wenn was heikel ist“usw., und nicht jedes Mal, aber doch einige Male zückte ich (:gleichsam) das Zenbook und las, auch Frauen, das ist ja nun wichtig geworden, die inkriminierten Stellen vor. Wo ist das Problem? bekam ich nicht selten zur Antwort; auch das Wort „wunderschön“ küßte zuweilen mein Ohr. Davon jedenfalls, daß ich „die“ Frauen, sagen wir, reduzierte oder sonst auf eine Weise demütigte – siehe die Kommentare der vergangenen Tage -, keinerlei Rede, eher im Gegenteil.
Das Diktat der Correctness war aber auch ganz unabhängig von meinen Gedichten als Thema allgegenwärtig, vor allem in privateren Rahmen wie gestern nacht dem Fest. Empfunden wird es sehr wohl, dagegen gesprochen freilich möglichst öffentlich nicht; dafür ist ANH da. Dem liegt das im Blut, sich nicht ducken zu lassen. Wobei ja auch wahr ist, daß man(n) sowas dann auch h a b e n muß, also Blut. Kamillentee in den Adern ist allerdings ideal gegen Krämpfe, lindert nur nicht das, was sie auslöst. Und er wäre ganz prima als Titel für ein Gedicht. Als Aphrodisiakum freilich scheint er mir so wenig wie Baldrian tauglich zu sein; dann besser doch Laokoon.
Aber der Tag.
Vieles drehte sich um die beiden Erzählbände des kommenden Jahres; der Abgabezeitpunkt für zumindest schon mal Auswahl und Titel usw. rückt nun deutlich nahe; auch über ein Nachwort wurde gesprochen, wiederum bei mare etwas angestoßen, das beidseits trefflich passen würde, drittseits sogar. Hinzu kam, für Elvira, eine Übersetzungsidee: hinreißend, realisierte sie sich!