Kommt mir schon ganz recht: Ummagumma jetzt. Irgendwas lief verquer gestern. Vorgestern hatte ich meinen Sylvia-Plath-Text rausgeschickt an Fulvio, der gestern den Sylvia-Film projizierte, für den er mich gebeten hatte, eine Einführung zum besten zu halten. Ich habe zwar die Tagebücher mit einem Vorwort von Ted Hughes. Hatte mich indes geweigert, mich in es hineinzuknien, was zumindest das Vorwort betraf. Tat es aber dann. Und ließ plötzlich ihn sprechen. Ratterte das auf deutsch vorhandene Vorwort mit einigen Auslassungen in die italienische Sprache. Er, der andere Protagonist, hatte so sein Wort. Es war kein schlechtes.
Es war da wohl eine gewisse Eifersucht bei mir. Er, der Tagebuch-Vernichter, der Zensierer, so geisterte er immer in meinem Kopf. Sie, Sankta Sylvia. Im Gegenteil kam heraus, er habe doch etwas begriffen.
Nervös dann hinunter mit dem neuen Text und viel zu früh. Das wußte ich. Ging auch bewußt langsam. Nervöse Langsamkeit. Junge Leute und Kinder vor der neuen Pizzeria am Largo Cristofero Colombo. Die’s machen, wurden von Einheimischen bei FB als mutig bezeichnet. Ich hab’ zwei Schultern, die ich heben kann. [Dies war gestern noch, kam nicht weiter.]
Zusammen mit zehn anderen Zuschauern dann noch einmal – dieses Mal mit Untertiteln – dieses im Grunde Eifersuchtsdrama gesehen, denn im Vordergrund wird die Eifersucht bedient und gar nicht mal schlecht dramatisiert. Sylvia Plath als Dichterin hat kein Format im Film. Geschichte, wo Geschichte nicht ist, die leicht nachvollziehbare Eifersuchtsperspektive. Aber kein subjektiver Blick durch die Brille ihrer Texte. Nicht einmal der Versuch. Also künftig lieber keine Pseudo-Porträts. War auch gestern nicht dort. Es wurde ein Film über Leopardi gegeben.
Kurz, ein Text ist nicht die Biographie und umgekehrt, woran all das krankt, was meinetwegen auch über ‘Meere’ gesagt wird.
Heute nochmal Lyrik. Vorstellung eines Gedichtbändchens. Eine aus Orvieto. Im oberen Gang des Kreuzgangs aufgehängte Ausdrucke einzelner Gedichte. Ein Karton mit Kopfhörer, der, wenn man ihn sich aufsetzte, die Gedichte rezitierte. “Peter Steins” Pianist kam ebenfalls. Arturo (unausgepackt hier immer noch eine CD mit dem Titel ‘Faust’, Musik von Arturo Annecchino, Rezitation Peter Stein, am Klavier Giovanni Vitaletti (klar, Goethe)). In seiner Begleitung eine, die dann einige der Gedichte coram publico vorlas. Sie, wieder einmal, eine Dame mit Hündchen. Und saß, wieder einmal, in derselben Reihe mit einer Dame mit Hündchen. Es haben Damen mit Hündchen etwas Apartes, und dreimal schon stellt’ ich es fest in diesem Jahr.
Es folgte ein etwas fades Interview mit der Autorin. Danach ging ich. Das Büchlein lag zwar aus, aber es lohnte nicht die zehn Euro, die es kosten sollte. Wenn ich mich selbst lese, lese ich Besseres. Nicht Lampe sei ich, sondern Lampone (hier: Augmentativsuffix), aber auch eine Him-Himmelbeere, sagte Lampe zu mir. Bzw. zu sich selbst.
Aber dennoch knöternd wieder hinauf. Und auch auf dem Platz, wo M. sich an ihrem Auto zu schaffen machte, war es ihm nicht möglich, anders als schnutend von all dem Zeugs zu reden. Darum, sagte sie schließlich, seien wir allein. Klar, Quasimodo. Ed è subito sera.
Vor alledem Wiederbegegnung mit dem Soratte, gar nicht mal visuell, nur evoziert in diesem:
UNGEHEUER HORAZ. Siehst du, wie hoch die bleichen Berge im Schnee stehen und klamm die Wälder ihre Bedeutung noch zu ~tragen vermögen und die Bäche unter Sternen ihren Punkt erreichen? (Egger, Herde der Rede). Ganz eindeutig das Vides ut alta stet nive candidum / Soracte, nec iam sustineant onus / silvae laborantes, geluque / flumina constiterint acuto? (Horaz, Oden, I, 9).
Nie aber lag je Schnee, in den Zeiten, die meinen Augen gegeben, auf dem Haupte mir, noch auf ihm, nur sie sitzt immer noch dort auf dem Gipfel. Dieser eine Schnappschuß auf dem Gipfel, als noch der Safran blühte. Und Regen uns zwang, der von weitem schon die Landschaft schraffierte.
Der eine kurze Ausblick dann auf ihn beim Hinuntergehen, nachdem ich zuvor noch den Vater des Tabaccaio geweckt, der auf seinem Stuhl mitten im Laden während seines Sonntagsdienstes eingenickt war. “Non c’è anima viva in giro.” Sagte er.
*) Dryden’s version of Horace I,9