In den damaligen Zeiten standen die Menschen unter dem Terror der Sünde. Wie ein Raubvogel schwebte sie über einem jeden, lauerte hinter einem jeden wie ein unheilvoller Schatten, saß im Menschen fest, ähnlich einer tuberkulösen Kaverne. Die Sünde war allgegenwärtig.
Südigen konnte man durch den Gedanken, durch Wort und Tat. Die Sünden unterteilten sich in läßliche, und in Todsünden, in Haupt- und Nebensünden. Es gab eine solche Vielzahl, daß schwerlich alle zu behalten waren. Die Sünden schwebten in den Lüften, wälzten sich über die Erde, die drängten in jede Zelle des großen Planeten. Sünden scheußlich wie Menschen und Sünden wie Menschen schön. Sünden wie Gift und Sünden süß wie betäubende Ambrosia. Scheusale und Paradiesvögel.
(…)
In jenen Zeiten sank der Mensch, wenn er sündigte, auf den Grund der Hölle, wurde Gevatter und Faktotum des Teufels, oder er stieg, ein Tempelschänder, zu himmlischen Höhen empor und setzte sich Gott gleich. Die Sünde besaß Flügel und eine göttliche Seele, sie war von der Macht eines göttlichen Orgasmus.Tadeusz Konwicki Chronik der Liebesunfälle
S. 243/244
dtsch.v. Kristiane Lichtenfeld
... sondern auch das einkaufen. als ich meinem zeitgefühl nach irgendwann auf die uhr sah, war's schon 20.00 uhr. "aber es ist doch noch so hell draußen." zwischen den gedanken setzte ich noch blumenzwiebeln und -knollen in die erde, wiewohl mein rücken nicht so wie ich wollte, ich aber wollte.…
12.14 Uhr: [Heinz Reber, Ma. „Langsamer Gleitflug über die Erinnerungslandschaft des romantischen Liedes.“] Heute ist ein schöner Tag für moderate Charaktere, also solche, die den Leidenschaften ihre zivilisierte Kommodität vorziehen: Die Sonne scheint in einem blauen Himmel, der nur wenige, zudem faserig-weiße Wolken kennt, ein Windchen bläst durch die Straßen…
(...) Sprecher 1 Wie durch vorzeitliche Traumstätten fremdartigster Ungeheuer, an die zudem unausgesetzt die Gischt schlug, glitt das Schiff da entlang, Sprecher 2 Kurs schon neu aufs Hohe Meer, Sprecher 1 das weithin, so weit die Augen sahen, alles überzog. Sprecher 2 Die alte schwere Dichterin sitzt stumm vor dem Fenster und sieht nur…
In "HOERSTUECKE"
2 thoughts on “Die göttlichen Flügel der Sünde. Von Konwicki (2).”
Dazu als Konwicki 3 erzählen die Seiten 226 bis 234 eine der schönsten, in ihrer feierlichen Scheu ergreifendsten Liebesszene zwischen jungen, sich gerade erst öffnenden, im geduckten Formalismus ihres Umgangs festgebundenen Menschen, die ich jemals gelesen habe. Um sie hier zu zitieren, ist sie zu lang.
Es gibt aber Sätze – solche wie diesen hier hier, dauernd:
Die Bäume warteten, großen schwarzen Segeln ähnlich, auf Wind.
Und der brüchige Großvater, schlaflos im Bett, sagt: Ich bin jetzt ein großes sterbendes Ohr
Dazu als Konwicki 3 erzählen die Seiten 226 bis 234 eine der schönsten, in ihrer feierlichen Scheu ergreifendsten Liebesszene zwischen jungen, sich gerade erst öffnenden, im geduckten Formalismus ihres Umgangs festgebundenen Menschen, die ich jemals gelesen habe. Um sie hier zu zitieren, ist sie zu lang.
Es gibt aber Sätze – solche wie diesen hier hier, dauernd:
Und der brüchige Großvater, schlaflos im Bett, sagt: