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Wenn gestern abend Benjamin Stein über diese Gedichte von einer „unverkennbar weiblichen Stimme“ schrieb, ist dies mißdeutbar, auch wenn er seinen Text mit dem Zitat übertitelt „den schnitt seht ihr später“ und unter ihm selber zusammenfährt: „Da geht die Klinge dann halt glatt durch.“ Er sei, schrieb er mir vorher, von der Qualität dieser Gedichte schockiert. Hingegen ich, in herkömmlichen Geschlechtszuschreibungen gesprochen, würde ihnen aufgrund ihrer fast durchgehenden Aggressivität sogar einen männlichen Impetus zuschreiben, der freilich, als von einer Frau verfaßt, Aufbruch und Durchsetzungsmodi „der“ Frauenbewegung tief internalisiert hat. Entsprechend ist Z o r n der Brennstoff dieser Gedichte; Schultens ruft ihn mehrmals geradezu a n: ihren Großen Bären. Daß dieser einen Ring durch die Nase trägt, macht jenen nicht eben kleiner; quasi in ständiger Panik, erlaubt alleine die Form noch die Haltung – eine, die Durchhaltung ist. Längst ward selbst der eigene Körper ein fast fremdes Ding und bäumt gegen solche Entfremdung sich auf,
und so umarmt er, was kommt. bewegt sich
auf einer fremden hand als ob auf einer schaukel,
doch aus der Destille der Alliteration von „eiweiß“, dem Grundstoff allen Lebens, „ficken, eisen“ steigt furchtbarerweise am Schluß, als „letzter guter tod“, allein Gezischel auf:
susurrus dreht sich um alles, was ich wiederfinden muss
Bleib!, zischelt’s,
bleib. hier wird es leer und reinlich sein
Bequem drin einrichten kann „man(n)“ sich’s nicht, schon gar nicht als Geliebter oder Liebhaber dieses weiblichen, kassandrasch unerbittlich lyrischen Ichs:
er ist komisch, ich lache ihn aus
er trägt mir trinkwasser bis in den tod hinterher
Oder noch deutlicher:
fragt nicht allzu lang nach dir, was soll ich sagen: mein zorn
kam zurück zu mir, seine klinge flog mir in die linke hand
und öffnete drinnen ein tor nach armageddon, mein puls
war unerbittlich, schickte horden von dämonen, bis ich
ihn drehte (/ – – / – / -)
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er ist nicht gemeint
(…)