Liebe Freundinnen, Freunde, Bekannte sowie entferntere Damen und Herren,
in einer Woche – am Donnerstag, den 26. September – gestalte ich auf Einladung der Veranstalterin, Cornelia Staudacher, im Buchhändlerkeller Carmerstraße 1, einen Abend mit meinen Gedichten. Durch den Abend zu führen hatte Katharina Schultens zugesagt, die nun leider aus Gründen absagen mußte, die zu privat sind, um sie öffentlich mitzuteilen. Da ihre Gegenwart eine große Ehre für mich gewesen wäre, mochte ich nicht nach einem „Ersatz“ suchen – ein Begriff, der schon für sich genommen komplett falsch wäre. Außerdem war es mir meines teils unguten Rufes wegen wichtig, mit einer Frau auf dem Podium zu sitzen. Meine Haltungen stehen ideologischen „Gender“-Positionen in einigem entgegen; da wollte und will ich auf keinen Fall einen Abend gestalten, der nachher als „pure Männerveranstaltung“ gilt. Meine Erfahrungen der letzten, ja, Jahre, haben gezeigt, wie wenig fahrlässig gerade ich in dieser Hinsicht sein darf. Ich bin 1) ein Mann, 2) weiß, 3) nicht homosexuell und 4) schreibe ich seit Beginn meiner literarischen Tätigkeit abseits jeglichen Mainstreams. Der sich zunehmend abdichtenden, gegen vorgeblich „nicht moderne“ Ansätze verschließenden Konsensgesellschaft sind Außenseiterpositionen ein Skandal, wenn sie sich nicht unter „bedrohte Minderheiten“ subsumieren lassen, die ihrerseits in die exekutierten Ideologeme eingemeindet werden können.
Auch, leider, meine Lektorin Elvira M Gross, ohne die meine poetische Arbeit unterdessen gar nicht mehr denkbar ist, ist an dem Abend verhindert – wir werden erst in der Woche darauf, aus Anlaß des Erscheinens des zweiten Bandes meiner Gesammelten Erzählungen, gemeinsam wieder auf Podien sitzen.
K e i n ‚Mann‘- und Männerabend also, sondern meine Gedichte allein und ich selbst, der sie vorträgt, sowie S i e, falls Sie kommen.
Es soll ein s c h ö n e r Abend werden, der Bilder wie des Klangs und, ja, auch Ergreifens im Sinn dieses Partiturtakts Othmar Schoecks:
Im Zentrum des Abends werden meine beiden letzten, bei Arco erschienenen Gedichtbände stehen, die Wiener Fassung des Erzählgedichtes „Aeolia.Gesang“ sowie „Das Ungeheuer Muse„. Ich möchte aber auch eine der Bamberger Elegien aus dem bei Elfenbein in Berlin erschienenen „Das bleibende Thier“ vortragen. Es ist mir wichtig, Sie die Musiknähe hören, gleichsam „grooven“ zu lassen – auch bei auf erstes Verstehen mitunter heiklen Themen. Sagbar ist a l l e s und d r ä n g t zum Ausdruck. Sofern ich dieses vermitteln, es sinnlich erscheinen lassen kann, und ich will es versuchen, ist vieles gewonnen.
Mir ist dieser Abend sehr wichtig, weil meine letzte abendfüllende Lyriklesung nahezu zehn Jahre zurückliegt, damals fand sie im ausland statt, einem der für Gegenwartslyrik zentralen Berliner Orte. Der Vortrag ist aber wesentliches Element von Gedichten; sie werden im Klang erst real.
Aus der Berliner Arbeitswohnung am Morgen des 19. Septembers:
Ihr ANH
lieber Alban,
wie gern käme ich und lauschte Dir einmal mehr. allein, ich werde in Belgrad sein. vielleicht aber, nun zur fernen korrespondenz, mit „der engel ordnungen“ im reisegepäck…
viel erfolg und einen vollen buchhändlerkeller!
A.