Der Untergang des Abendlands 3.0
Bemerkungen zur Dekadenz anläßlich der abgesagten Buchmesse Leipzig
Als Arbeitsjournal des Dienstags, den 4. März 2020

[Arbeitswohnung, 7.32 Uhr]
[Wieder morgendliches Vogelkonzert bei weit geöffnetem Oberlicht.
Ich mag gar keine Musik hören — so schön bereits klingt der schon rufende Frühling.]

Bei meinem Apothekerteam hängt hinter den Verkaufstresen ein auf DIN-A4-Papier ausgedrucktes, quasi, Schild:

Bitte?“ frage ich. „Sind jetzt schon Hamsterkäufe im Gang?“
Der junge Apotheker lächelt gequält. „Nun jà“, sagt er, „da von morgens bis abends in keinem Radioprogramm noch von etwas anderem die Rede ist … Die Leute geraten in Panik.“
Und später am Tag lese ich die Nachricht, es hätten selbst Krankenhäuser einen Engpaß bei den Desinfektionsmitteln.
„Eine prima Methode“, sage ich, „von den wirklichen Problemen abzulenken. → Schauen Sie nur an die griechische Grenze, dieses erneute furchtbare Flüchtlingssterben …“
„Es ist sogar schon wieder von Schießbefehlen die Rede …“
Manchmal wird mir schwindlig, wenn ich bedenke, wie viel von all dem, was ich in → THETIS erzählt habe („utopistisches Tamtan“, → Hubert Winkels), innerhalb der seither vergangenen zweiundzwanzig Jahre über uns bereits hinweggeflutet ist und ist. Wir haben uns längst dran gewöhnt. Da kommt der neue Virus wahrlich fürpaß. Und nachmittags knallt dann der Knoten:

Vormittags noch hatten Cristoforo → Arco und ich dessenthalben Mails gewechselt; ich meinerseits war zuversichtlich gewesen, es würde solcher Unfug nicht geschehen; er hingegen äußerste sich mehr als nur skeptisch. Und bekam nun recht.
Da war ich wirklich fassungslos. Dreihundertneunzig Infizierte — in Zahlen: 390 — sind bislang für Deutschland bekannt, denen gegenüber am Influenzavirus, Zitat von → dort, „laut Robert Koch-Institut (RKI) in der laufenden Grippesaison bereits über 3500 Patienten so schwer [erkrankten], dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten. 32 Menschen, die an Grippe erkrankten, sind sogar gestorben“, — an einer Krankheit mithin, die sich ganz ebenso „gut“ auf Buchmessen verbreitet. — Und hat schon mal, Leserinnen, wer davon gehört, daß aufgrund der im vergangenen Jahr 3059 Todesfälle im Straßenverkehr — bei auf den Straßen verletzten 384 000 Personen —  auch nur erwogen worden wäre, den Verkehr ganz einzustellen? Wie viele Todesfälle sind es hierzulande beim Coronavirus bisher? Acht, neun, zehn? Und kann es nicht jeder und jedem von uns selbst überlassen bleiben, ob wir das Risiko eingehen, uns möglicherweise zu infizieren? Sind wir freie Menschen oder längst schon an Fäden geführt?
Es ist zum Verzweifeln. Die Verlage und Aussteller jedenfalls, die an der Buchmesse teilnehmen wollten, hatten — außer einem chinesischen oder japanischen Manga-Verlag (ich finde gerade den entsprechenden Artikel nicht mehr, er stand in der Süddeutschen)— ausgesprochen deutlich gemacht, sich an der Hysterie nicht beteiligen zu wollen, schon gar nicht an ihr mit schuldig zu werden. Sie alle wollten kommen.

Was wirkt hier, also außer einer gesetzlichen Bestimmungsmanie, die noch das allerletzte Risiko wegschreiben will? Sie ist ja wirklich erhellend, diese Begründung der Leipziger Stadt, → sie habe der Aufforderung des Bundesgesundheits- und des Bundeswirtschaftsministeriums zu folgen („habe zu folgen„, deutscher geht’s nicht), daß „eine Rückverfolgbarkeit von Kontaktpersonen bei Großveranstaltungen“ gewährleistet sei. “Es verfügte u.a., dass jeder Messeteilnehmer schriftlich belegen müsse, nicht aus definierten Risikogebieten zu stammen oder Kontakt zu Personen aus Risikogebieten gehabt zu haben.“ Das sei angesichts von rund 2500 Ausstellern und rund 280.000 erwarteter Besucher nicht sicherzustellen. — Ja, in der Tat, das wäre es nicht gewesen.
Sicherheit wird Gesellschaften offenbar zum Fetisch, die sicherer leben als jemals zuvor. Halten wir uns zugleich den, seit Beginn der Siebziger, → Rückgang der Intelligenz vor Augen und mischen die → zunehmende Unfruchtbarkeit, bzw. Zeugungsunfähigkeit der in den wohlhabenden Industrieländern jungen männlichen Weißen hinzu, bleibt eigentlich nur noch eine Erklärung:

Dekadenz.

Ihr Zeichen war es stets, daß Bauchnabelsausen zu gefühlte Katastrophen wurden, so, als gäbe es im Menschen ein Bedürfnis nach Bedrohung — vielleicht um erweisen zu können, man sei ihr gewachsen, mithin ein Mensch, der tatsächlich lebt —, und da es nun objektiv fehlt, muß es konstruiert werden. Das permanente → sich Belästigtfühlen, die Empfindung, von geringsten Unannehmlichkeiten persönlich bereits verletzt zu sein, die Absurdität, daß bereits ein Mißbrauch sei, wenn ein, sagen wir, Straßenarbeiter — der es, im Schweiß seines hart schuftenden Körpers, fast dankbar als momentane Erlösung erlebt, wenn eine hübsche Frau an ihm vorbeiflaniert — einer hinterherpfeift, die ihm gefällt … meine Güte, kann er etwas dafür, daß ihm diskretere Wege nicht beigebracht worden sind, sein Gefallen zu zeigen? — ach stimmt ja, er darf es sowieso nicht mehr …; überhaupt #Metoos  sensibelchenst → Genderfinessen (und ihre, wahrhaft, Raffinessen!), meine hart im Leben gestandene Großmutter hätte „Fisimatenten!“ geächzt; und insgesamt das Risiko als etwas zu betrachten, das eine und einen klein werden läßt, statt daß es, wie es in Wirklichkeit ist, uns groß machen könnte (Thomas Erdlmeier: „Ich bin nicht auf der Welt, um klein zu sein!“), all das paßt erschreckend ins Bild.
Manchmal seufze ich dankbar auf, wenn ich die Flüchtlinge sehe in ihrem tatsächlichen Existenzkampf — und daß vielleicht sie nun dem vor sich hin larmoyierenden Europa neue Kräfte schenken, und sei es nur, weil eben ihre Zeugungsfähigkeit (und ihr Zeugungs- und Empfängniswille) noch intakt ist. Ja, illusionär, ich weiß, angesichts von → داعش, mittelalterlichem Patriarchat und Bildungsnotstaat — aber dennoch. Oder, wie es im Vorspiel zu THETIS heißt:

Bürgersteige ebnen, damit man die Straßenseiten leichter wechseln kann, heißt: einen geheizten Aufzug auf den Mt. Everest installieren: Alles soll allen zu­gänglich, alles soll zu kaufen sein. Und dann sitzen sie auf den herrlichsten Gipfeln der Welt bei Schwarz­wälder Kirsch und Prosecco und machen es den Lebenden bitter, noch irgend einen Gipfel in Lust auf Schweiß und Gefahr hinaufzuklimmen, weil, was sie oben dann fin­den, vergammelte Coca-Cola-Dosen sind. So ist es auch mit den Städten. Dein Atem, Buenos Aires, wird Dir weg­gepflastert werden, und an den roten, normiert zugeschnit­tenen Industrie­sandsteinen wirst Du ersticken, und all die Abweg­senken für Kinderwa­gen und Fahr­radwege werden dich kotzen ma­chen, und das Gut­gemeinte wird Dir die Seele Stück­chen für Stückchen ziehen.
Thetis.Anderswelt, 22

Fast möchte ich mit → Gloucester ausrufen:

– / – / –   | I cannot tell: the world is grown so bad,
That wrens make prey where eagles dare not perch
!
Shakespeare, Richard III, 1,3

Wie also soll das jetzt werden? Machen wir die Opernhäuser zu, die Theater, die Kinos? Dann gleich die Schulen mit, die Universitäten, und schließlich erfolgt ein Ausgehverbot? Plätze, auf denen viele Menschen zusammenkommen, werden eh gesperrt? Ach, und die Straßenbahnen, UBahnen, Busse! Die Deutsche Bahn stellt sowieso den Verkehr ein, Supermärkte werden nur noch nach vorherigem peinlichen Gesundheits-Check betreten, Einkaufsarkaden prinzipiell geschlossen. Welch Sieg der social networks dann! Irre modern. Die Flüchtlinge freilich — nicht Kinder, sondern Fliehende sind es, voller Panik und in Not — hält solcher Unfug mit Recht nicht ab, denn dieser Virus — hab ich’s schon gesagt? — hat selbstverständlich auch einen, da sieht’s die AfD mal wieder, wenn auch nicht grad islamischen, so doch → konfuzianischen Migrationshintergrund, zudem kommunistisch … fremd ist fremd, „deutsch“ sowas nicht.
Indes, auch „wir“ ham unsre Märchen und könnten es verstehen: „Etwas Besseres als den Tod findest du überall …“. Schon setzen sie alle sich Masken auf ihre so fremden Gesichter, Esel und Hund, Katze und Hahn, krabbeln aufeinander und lassen furchtbar Gezeter erschallen, so daß wir Räuber selbst hinaus, sämtlichst aus der Festung Europa, nur so stieben! Und niemand von uns ward mehr gesehen. Das wär „Überfremdung“? Nein — Erneu’rung vielmehr, Gesundung unsres Abendlands.

Die Leipziger Buchmesse 2020 ist also abgesagt. Wie lächerlich dies alles, wenn es, ach, nicht eigentlich nur peinlich wäre …

Ihr ANH
11.20 Uhr

NACHTRAG, 12.18 Uhr:
Die eigentliche Pandemie verschuldet nicht der Coronavirus, sondern der Virus renuntiationis:

18 thoughts on “
Der Untergang des Abendlands 3.0
Bemerkungen zur Dekadenz anläßlich der abgesagten Buchmesse Leipzig
Als Arbeitsjournal des Dienstags, den 4. März 2020

  1. so richtig bizarr wird es, wenn man in die statistischen überlegungen noch einbezieht, dass deutlich mehr menschen an zu reichhaltigem essen und an selbstmorden sterben als an grippe & corona zusammengenommen.
    die dekadenz bringt uns schon seit vielen jahren um, unterwandert alles… schleichend geht es zurück ins mittelalter, die neuen fürsten thronen bereits und zersetzen alles verbleibende mit ihrer – tatsächlich grenzenlosen – ignoranz.

  2. Der Untergang des Abendlandes oder die, von Ihnen benannte Dekadenz, geht gerade nicht von Euch Dichtern/Poeten/Schreibenden/Schriftstellern aus…die Absage der Leipziger Buchmesse ist höchst bedauerlich, umso mehr dem Arco Verlag, die ihm zustehende Würdigung, Preisträger der KW-Stiftung zu sein, anlässlich der nicht stattfindenden Messe nicht stattfinden wird. Sie wird zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden, aber wie Jörg Sundermeier heute im DLF berichtet hatte: Es tut weh, weil der Publikumserfolg nicht gemeinsam am richtigen Ort, zur richtigen Zeit zusammen gefeiert werden darf. Gleichwohl der Untergang, sehr geehrter Herr Herbst, geht gerade von einem sich rasant verbreitendem Virus aus und falschen Entscheidungen bundesdeutscher Regierungsbehörden, wie das Gesundheitsministerium, was uns bis Mitte der letzten Woche noch im Glauben wiegen wollte, wir würden niemals in D ein ernsthaftes Problem mit Covid-19 bekommen. Demnach sind keine Schutzanzüge, Masken oder Desinfektionsmittel zur Zeit in D erhältlich, die Mehrzahl der in D verfügbaren Masken/Schutzanzüge/Desinfektionsmittel ist im Januar 20 nach China verschickt worden, im Januar, als bereits führende Virologen und Epidemiologen (Drosten von der Charité, Kekulé von der Martin-Luther Universität Halle vor einer bevorstehenden Pandemie, neben dem CDC Atlanta gewarnt hatten. Sie wurden nicht nur ‚überhört‘ sondern gebrieft, sich in der Öffentlichkeit nicht zu der Schwere der Kontagiosität des aktuellen Virus äußern zu dürfen. Es gibt für Arztpraxen derzeit keine ausreichenden Schutzmöglichkeiten, um den „tiefen“ Rachenabstrich vorzunehmen, aber viel schlimmer: es gibt in Ländern, wie Iran, Indien, Pakistan kein Knowledge die PCR (Polymerase-Kettenreaktion) zum Virusnachweis in die Labore zu etablieren, weil die Labormediziner in diesen Ländern, wie auch in Afrika/Südamerika schlichtweg die Infrastruktur nicht haben…..über dem Landweg Iran/Naher und Mittlerer Osten/Pakistan/Indien/Afrikanischer Kontinent wird sich dies verheerend auswirken, da die Dunkelziffer bereits erfolgter Infektionen heute nicht bezifferbar ist. „Italien“ hat uns gezeigt, wie verwundbar wir in Europa sind…aber wir zählen uns immer noch zu den besten Gesundheitssystemen. Seit Dez.19 bekommen wir in den Apotheken 300 teilweise lebensnotwendige Medikamente nicht mehr, weil die Lieferketten unterbrochen sind, da führende Pharmafirmen mit der kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Wissen der Bundesärztekammer „Rabattverträge“ abgeschlossen haben und ihre Produktion nach Indien/China verlegt haben-auch mit Wissen der Bundesregierung. Ich ziehe meinen Hut vor allen Kollegen hausärztlicher/ allgemeinmedizinischer/internistischer /kinderärztlicher Praxen, Notfallambulanzen der Kliniken, die den gegenwärtigen Herausforderungen nur mit größtem Einsatz begegnen, ohne ausreichenden Schutz für ihre eigenen Mitarbeiter, ihren Dienst zu leisten und als Arbeitgeber gleichzeitig dazu verpflichtet zu sein. Angenommen, Sie oder Ihre Familie hätten mehr als ein Halskratzen, vllt. sogar Fieber und Husten, wie genau gingen Sie vor? Die Zustände in der Türkei, v.a. aber auf Lesbos/Griechenland ist der Ausdruck größter Unmenschlichkeit, und drückt das gesamte europäische Versagen aus, es polarisiert, das in einen inneren Kontext mit Covid-19 zu bringen. Ich würde mir gewünscht haben, dass unsere Hilfe zu aller Erst innereuropäisch geleistet würde. Aber auch hier Versagen von Bundesbehörden und europäischen Co-Working Spaces. Die Buchmesse im Okt. in FFM steht heute schon unter keinem besonders günstigen Vorzeichen, der Herbst (die Jahreszeit) wird vermutlich zu einer weiteren Verbreitung des Corona Virus führen. Bis dahin werden weder therapeutische Wirkstoffe noch Impfstoffe entwickelt worden sein.
    Ich schreibe, weit entfernt von jeglicher Hysterie oder Panik, sondern mit schulmedizinischer Kenntnis, über die Sie, so meine Vermutung derzeit nicht verfügen dürften. Gleichwohl ich hätte es allen jungen Neu-/älteren Alt-Autoren/Autorinnen gewünscht ihre Lesungen gehalten haben zu dürfen und es trifft v.a. die Branche der Buchhändler.
    Einen Schritt heraustreten aus der eigenen Blase könnte hier sehr hilfreich sein.

    1. @Dr. KB:
      sondern gebrieft, sich in der Öffentlichkeit nicht zu der Schwere der Kontagiosität des aktuellen Virus äußern zu dürfen„: Das finde ich – auf bedrückende Weise – interessant. Und danke Ihnen für Ihren Beitrag. – Wer hat „gebrieft“? Und es gehören ja mehrere „Parteien“ zu so etwas, jemand, die und/oder der die, sagen wir, Order gibt, und jemanden, die und/oder der „gehorcht“.

      Im übrigen ist mein Text selbstverständlich eine Polemik, was wiederum ein literarisches Verfahren ist, sich die, und sei sie illusionär, Selbstbestimmung zu bewahren. Um noch einmal meine Großmutter zu zitieren: „… und treiben mit Entsetzen Scherz.“ (Unfaßbar, was man nach so vielen Jahrzehnten in sich wieder reaktiviert.) Heute → in der NZZ überlegt ein Autor sogar, ob er in der Tram einen Halteknopf drücken sollte, weil jemand anderes ihn vor ihm berührt hat, der „heftig transpirierte“. Es ist eine Glosse, gewiß, aber indiziert sehr genau den Verlust der Selbstbestimmung. Fiktionen dienen (u.a.) dazu, sie zu erhalten, und es gibt eine Realitätskraft der Fiktionen. Für die man nur einige Phänomene zusammendenken muß, Bezüge herstellen, die kaum jemand sonst herstellt – und es ergeben sich stupende, möglicherweise, Wahrheiten.

      (Daß es um uns Autoren nicht geht oder nur am Rande, ist sofort zugestanden, klar. Aber wir – oder manche von uns, vielleicht auch nur wenige – reagieren mit ihren Mitteln.)

      1. Zum ‚Briefen‘ gehören erstaunlich wenige Instanzen, meine Besorgnis und höchste Kritik gilt in erster Linie dem derzeitigen Bundesgesundheitsminister, Jens Spahn, der über keinerlei Ausbildung verfügt, eine solche Situation medienwirksam aufzufangen. Wir Ärzte sind ziemlich entsetzt und sind abgefallen, abgehängt unter unserem einstmals erreichten Niveau diesbezüglich. Das RKI ist eine Bundesbehörde und es ist geradezu peinlich, dessen täglichen Pressekonferenzen zu folgen. Ich kann nur empfehlen, sich an Drosten und Kekulé zu halten, es gibt ein sehr hörenswertes Podcast, vom NDR, dass sich täglich mit Drosten austauscht. Und t-online.de oder Wikipedia sind derzeit keine guten Quellen, was sachliche Informationen angeht.

    2. Aktuell heute bei t-online gefunden:

      Influenza gefährlicher als Corona?

      Laut RKI sind in Deutschland aktuell 349 Menschen an Covid-19 erkrankt – Todesfälle wurden hierzulande bislang nicht verzeichnet. Die Wahrscheinlichkeit, am Coronavirus zu erkranken, ist demnach zurzeit deutlich geringer als die Ansteckung mit Erregern einer Influenza oder eines grippalen Infekts. In der besonders folgenreichen Influenza-Saison 2017/2018 starben laut dem Robert Koch-Institut sogar mehr als 25.000 Menschen in Deutschland an den Folgen der Grippe.

  3. Die aktuelle Corona-Pandemie lässt sich durchaus mit einer anderen vergleichen – „Die Spanische Grippe“.
    Ich zitiere aus Wikipedia: „Die erste Ausbreitungswelle im Frühjahr 1918 wies keine merklich erhöhte Todesrate auf. Erst die Herbstwelle 1918 und die spätere, dritte Welle im Frühjahr 1919 waren mit einer außergewöhnlich hohen Letalität verbunden.“
    Ich glaube, das ist es, was viele Experten umgehen lässt.
    Die erste Pandemie ging von einer Geflügelfarm in den USA aus. Dort sprang der Virus von infizierten Gänsen auf den Menschen über. Die zweite Welle hatte ihren Ursprung ebenso in den USA. Diesmal war das Virus mutiert und besonders aggressiv.
    Der Rest ist Geschichte. 25-50 Millionen Tote. Ja, kann der Untergang des Abendlandes werden, gerade in diesen unruhigen Zeiten … muss aber nicht.
    Tipp: sehr aktuelle Doku von 2019 zur spanischen Grippe:
    https://www.zdf.de/dokumentation/zdfinfo-doku/spanische-grippe-das-geheimnis-des-killer-virus-102.html

  4. @Himbär zu „muß aber nicht“:
    Solche Texte wie der oben werden ja gerade geschrieben, gewissermaßen → paradox interveniert, weil man an etwas hängt und es erhalten möchte. Literatur ist eben nicht eindeutig, sondern nimmt ihr „Ziel“ mit Absicht von hinten oder der Seite in den Blick. Lächelt.

    Den Hinweis auf die Spanische Grippe halte ich für weiterführend; sie war mir überhaupt nicht im Sinn.

    1. Guillaume Apollinaire starb an der zweiten Welle der sog. Spanischen Grippe, nachdem er seine Verletzungen aus dem 1. Weltkrieg gerade überlebt hatte.

      Diese bisher größte Pandemie wurde gar nicht richtig wahrgenommen und sofort wieder vergessen. Die Kommunikationsmittel waren damals weltweit noch nicht entwickelt. Die Menschen in den meisten Ländern wussten oft gar nicht, dass die Krankheit auch im Nachbarland wütete.

      Und außerdem leiden ja sowieso weltweit alle Menschen unter Gedächtnisschwund. Außer den Dichtern. Wer wird ihnen das verzeihen?

    2. In Italien geht es bereits los: https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2020/03/who-gets-hospital-bed/607807/

      Dabei ist außerdem zu berücksichtigen, dass wir es hier nicht mit einer linearen sondern exponentialen Entwicklung zu tun haben. Siehe https://medium.com/@tomaspueyo/coronavirus-act-today-or-people-will-die-f4d3d9cd99ca

      Das heißt zum einen: wir sind hier ungefähr dort wo Italien vor einer Woche war. Zum anderen: In Italien sieht es in ein paar Tagen nochmal deutlich schlimmer aus. Hier dann mit entsprechender Verzögerung.

  5. ? Ich kann gar nicht so viel essen, wie ich… Du weißt schon. Unter folgendem link habe ich ein Interview für Dich: https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/coronavirus-interview-kekule-100.html
    Das, was Kekulé da sagt, postete ich schon Ende Januar gegenüber einem Chinabewunderer (wie effizient, wie selbstlos, usw) – und ich bin KEIN Epidemiologe, bloß ein bißchen überdurchschnittlich denkend und Systemiker: Eine Woche Zeit verschwendet (Die relevante Woche zwischen Epidemie und Pandemie!), bloß wegen totalitären Harmonie-Tara’s und um Pings Willen nicht das Gesicht verlieren… Mit ein wenig Zynismus könnte man anläßlich der nun aktuellen Meldung, daß in Chinas Ballungsräumen derzeit die Luftverschmutzung signifikant zurückgeht, sagen, Trump liegt richtig: Um Klimawandel, CO2, etc. muß man sich nicht kümmern. Das regelt der Planet ganz global selbst: Erster Warnschuß zur Virus-induzierten Dezimierung. ? Und Ja, ich finde es auch zum Kotzen, daß eine Buchmesse nicht stattfindet. Und wäre ich endlich mit meinem Führungsbuch fertig, würde es mich sicher noch mehr schmerzen. Doch im Vorfeld ist Schlimmeres geschehen… Ach, ich sollte „beschließen, Politiker zu werden“. Du, Alban, wärst dann Zwangsberater der Kultusministerin – sofern ich es ins Kanzleramt schaffe…

      1. Mein Gott, Alban (…und „meine Göttin!“ – um niemandem unnötigerweise auf die Füße zu treten?)! „Zwangsberater“ ernst genommen? Ich fühle mich moralisch zurechtgewiesen. Wo ist Dein (bissiger) Humor geblieben, den ich früher so an Dir genossen habe? Darf man als aufrechter, hin und wieder militanter Menschenrechtler nicht ab und zu einen träumerischen Ball in den blauen Himmel werfen und ganz versonnen in sekundenlangem Kurzurlaub vom korrumpierten Mittelmaß dessen ballistischer Kurve frohgemut hinterherschauen? (Tipp für weitere Polit-Romantiker: Im Zenith unbedingt sofort wegschauen. Zwinkersmiley) Wo soll denn angesichts von Trump, Bolsonaro, Modi, Duterte, Boris Johnson, Orban, etc. sowie belästigt von deren widerlichem Bonsai-Ableger in Thüringen noch die Kraft für Widerstand herkommen, wenn nicht (auch) durch solch fröhliche Gedankenspiele? Unsere (jaja, unzulänglichen) Demokratien werden grade gekapert! Soviel zum emotionalen Teil. Und Folgendes zum Sachlichen: „Niemandes Knecht“? Ja! „Niemandes Herr“? Hmmmm… Unser Universum ist komplex, seeehr unübersichtlich. Auch auf unserem kleinen Planeten globalisiert seit einigen Generationen diese Unübersichtlichkeit. Physik, Astrophysik und überhaupt jedwede Naturwissenschaft zeigen uns die Notwendigkeiten von Hierarchien zum Management derartig vielfältiger Wechselwirkungsnetze. Hierarchien ([Natur]Gesetze, Führung, „Herren“, „Herrinnen“) sind unabdingbar. Funktionierende Basisdemokratie findet spätestens ab einer Gruppengröße von 12 Teilnehmern ihre Sollbruchstelle. Also bin ich dafür, daß es Führer (Führerinnen?) gibt. „Herren“ eben. Ab einem bestimmten Kompetenzgrad ist das Verweigern von Führungsverantwortung asozial. Zugleich zeigt jede gruppenpsychologische Forschung, daß dort, wo Führung nicht stattfindet (verweigert wird), dennoch Führung entsteht – denn Systeme suchen ganz offensichtlich naturgesetzmäßig nach Führung. Dann jedoch stoßen in gegebene Führungsvakuen andere, nur schwer regulierbare Kräfte vor, die ihrem Publikum systemloyale Führung nur vorgaukeln. (Siehe oben genannte politische Führer – funktioniert aber auch für Glaubensgemeinschaften, Streetgangs und allem dazwischen). Da gibt es ein Einfallstor für Mißbrauch, zugegeben. So what. Dieses Dilemma haben wir auch auf anderen Spielfeldern, beispielsweise bei Freiheit & Sicherheit: Wer frei sein will kann nicht völlige Sicherheit reklamieren… So wird aus meinem obigen „hmmmm“ ein Nein. Conclusio: Führung übernehmen, Herr sein wollen, Herrin sein wollen, gestalten, bevor es andere tun.
        Beste Grüße von Trainerbrater (DAS ist mein Kriegsname, nicht Trainerb[e]rater.)

        1. @Trainerbrater: Ach, ich habe den blauen Ball wohl wahrgenommen, aber wäre halt tatsächlich ein schlechter Kulturberater. Was da unter meiner Ägide ale wegfiele, zum Beispiel der gesamte Pop. Fußball, sowieso, würde ersatzlos gestrichen. Und, und, und. Aber was verlören „wir“ alles damit! Denn tatsächlich, jemand wie ich kann mit Recht ein entschiedener Gegner bestimmter Erscheinungen (und vorgeblicher) Bedürfnisse sein, nie und nimmer aber über sie bestimmen dürfe. Die, und sei sie noch so radikal, Gegnerschaft gehört zu der Atmosphäre, in und von der wir leben. Als Gegner bin ich eines ihrer notwendigen Teile.
          Und was die „Herren“ anbelangt (oder, wie ich sie gerne nenne, „Frouwen“), bitte, wer das übernehmen mag, soll’s tun – aber nicht denken, ich unterwürfe mich dann, der ich es nicht tun will. Ich will frei sein, meine eigenen Entscheidungen zu treffen, was auch bedeutet, ihr Risiko einzugehen. Unterm Strich, ich bin von meiner ganzen „Natur“ her in kaum einer Weise sozial (im Sinne von: „Normen“ anzuerkennen – erst recht erkenne ich keine Autoritäten an, die es alleine, sagen wir, qua Amt sind).
          P.S.: „Humor“ in diesem Umfeld erinnert mich zu sehr an den Germanistenfetisch Ironie, also eine als „klug“ vorgeschürzte Abwehr.

          1. @Alban: „…Gegnerschaft gehört zu der Atmosphäre, in und von der wir leben. Als Gegner bin ich eines ihrer notwendigen Teile“. Ich auch, Alban. ? „…’Humor‘ in diesem Umfeld erinnert mich zu sehr an den Germanistenfetisch Ironie, also eine als „klug“ vorgeschürzte Abwehr“… Humor = Ironie = disqualifiziert? Was ist mit „Süffisanz“? ? Und mit Verlaub, Alban: Du hast doch längst Führung übernommen. Was ist mit „Anderswelt“ und Deinem Blog..? Welchen anderen Grund kann es geben, Deine mitunter brillant-devianten Ansichten zu veröffentlichen, wenn nicht das Streben nach Reflexion in anderen Lesern, möglicherweise gar zu bestimmten Inhalten Meinungsführerschaft anzustreben? Oder ist es doch nur l’art pour l’art? Das mag zwar vom Motiv her möglich sein – doch in der Kommunikationswirkung nicht; denn es reizt, animiert, beeinflußt Deine Leser. Also auch mich. ? Und Ja – es gibt zu viele Autoritäten qua Amt. Hier sollte es eine bessere Welt geben. Und ich bin NICHT in der Tonne der qua Ironie klug versteckten Abwehrer, meine Biografie zeigt das. Also hole mich bitte aus dieser Schublade heraus. Das schmerzt wie ein Keulenschlag. Auch will ich Dich weder katholisch machen, noch besiegen. Ich will spielen. Also keine Keulen bitte. Lass‘ uns die Floretts nehmen. Daher hier nochmals mein Kernsatz aus dem Vorigen: (Mehr) Führung tut not. – Sorry für die späte Antwort. Zwei Familientreffen am Wochenende. Und nun beginnt meine Arbeitswoche. Zu Deiner möglichen Antwort werde ich bis Freitag also wohl nur meditieren können…
            ps @Dezembär: Gestern im TV gelernt: Klopapier und Fertigsuppen sind die NumberOnes der deutschen HamsterkäuferInnen. Dachte, das interessiert Dich vielleicht. Wir waren mal das Volk der Dichter und Denker. WAREN…

  6. Sarah Brendel entsetzt.
    9 Std. · Santiago Momoxpan, Mexiko ·
    PASSEND ZUR CORONAVIRUS WORLDTOUR läuft auf Tele 5 “RESIDENT EVIL ll – APOCALYPSIS”???

    Und während meine Heimat und vor allem gerade BERLIN durchdreht, Klopapier hortet & Schutzmasken von den Kinderkrankenhäuser- & Krebsstationen aus den Krankenhäusern klaut, krepieren die Menschen die ihre Heimat aufgrund von Krieg, Gewalt, Armut verlassen mussten auf Lesbos und den Umliegenden Inseln & werden dazu noch von deutschen & französischen Rechtsextremen heimgesucht & von der Mehrheit unsrer Bundestagsabgeordneten, AUSsER Grüne & Linke, ABGELEHNT als Asylsuchende in Not!???

    WAS IST LOS, EUROPA????

    GEHT’s noch????

  7. @Frouw Brendel: Wer Klopapier hortet, den bestraft das Leben! Die Gemeinde Fuchstal musste das schmerzlich erfahren:

    Riesiges Versehen: Gemeinde kauft für zwölf Jahre Klopapier

    Kein Klopapier mehr – das Problem kannte man in Fuchstal nicht. Die kleine Gemeinde im Landkreis Landsberg am Lech hatte 2006 aus Versehen einen ganzen Sattelschlepper voll bestellt. Und noch einen zweiten hinterher. Jetzt (2019, Anm. v. mir) ist die letzte Rolle leer.

    Hier der Link zum Fundstück

    Dies soll eine Warnung an alle Hamsterkäufer sein! Gebt die Hamster wieder zurück und stellt das Klopapier in die Regale! Oder Eure Ärsche werden BLUTEN!

  8. Durch Zufall (wollte ein Heine-Zitat verifizieren) stieß ich auf diese Website, auf der Schüler nach Hilfe bei Gedicht-Interpretationen etc. suchen:

    https://www.gutefrage.net/frage/hey-brauche-ringend-hilfe-kann-mir-jemand-die-2-und-3-strophe-von-dem-gedicht-mir-traeumte-wieder-der-alte-traum-von-heinrich-heine-deuten

    (Bitte ganz von oben nach unten alles lesen – geht schnell…)

    Ich bin entsetzt! Das hier ist viel schlimmer bezüglich „Untergang des Abendlandes“, als das Absagen einer Buchmesse… Das ist katastrophal, strotzt vor Demotivation, Desinteresse, Oberflächlichkeit und „ich-bin-doch-nicht-blöd“-Mentalität. – Bin ich jetzt bloß ein alter Sack, Bildungsbürger-Korinthe, hänge im Gestrigen fest? Wer hat diese Generation verbockt? Die Lehrer? Unser Arbeitsmarkt-angepaßtes Schulsystem? Die Eltern? Die Puber-Tiere selbst? Mein Gott! Das Abendland WIRD untergehen.

    1. Heerscharen sog. linker Pädagogen, Solchinnnen waren auch dabei, die später Einfluß auf die Kultusministerkonferenzen nahmen, auf die -konferenzinnen ebenfalls, und von der Ideologie geleitet waren (hab ich noch selbst erlaubt): „Es kommt nicht drauf an, wie Literatur gebaut ist, sondern alleine, daß sie die richitge [d.i. „politische“, ANH] Meinung vertritt und vermittelt. Um dabei möglichst weiter Teile der Bevölkerung zu erreichen, darf sie auf einen Fall kompliziert [womit „komplex“ gemeint ist, ANH] sein!“ Dazu kommt das Elend des Pops, worüber ich gerade hier in Der Dschungel immer und immer wieder gewettert habe, das aber leider aus Windmühlenflügel besteht, so daß solche Kämpfe lächerlich wirken, auch wenn es sich um Milliarden, Abermilliarden Windmühlenflügel handelt. (Ein einziges Silberfischchen stört nicht, zumal es, wie Nabokov schreibt, eine gewisse Eleganz hat, Milliarden allerdings verändern unsren Wohnraum entscheidend.)
      Über den Zustand unterdessen der Universitäten kann Aikmaier schlimmste Auskünfte geben.

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