(Nach einem, in vollem Sonnenschein, dem kleinen Gedichtzyklus „Mauern Amelias“ aus dem Ungeheuer Muse dienenden Spaziergang, der, also jener, in der nächsten Serie von „Alles, was die Welt ist“ videografisch interpretiert werden wird, um solche Mauern eben aufzunehmen, teils als Fotos, teils gefilmt, führte mich zum Abschluß mein Weg auch zur „Concattedrale“ hinauf, die ich gleichfalls beschritt, schon um, wie ich’s mir auf Reisen lang schon habe zueigen gemacht, für meine Liebsten und Freunde eine kleine Opferkerze anzuzünden, die diesmal schlicht ein Teelicht war. Dann steh ich eine kurze Zeitlang davor und sprech in Gedanken jeden einzelnen Namen und stelle mir vor, wo diese Menschen wohl jetzt gerade sind.
Dies war geschehen.
Da entdeckte ich gleich rechts vom Eingang die den Farattinis gewidmete Kapelle, in der eine enorm ausgebreitete Modellschnitzerei aus schwarzpoliertem Olivholz steht. Sie zeigt ein arcadisches Lebenspanorama mit Dorf, darinnen teils innenbeleuchtete Häuser, worin auch werkendes Gesinde zu sehen, über Tische gebeugt, über Tröge und an den Fenstern. „Draußen“ herum gibt es Koppeln voller Nutztiere. Der Blick windet sich einen Olivfels hinaus, entdeckt Grotten, die als Werkstätten dienen usw. Dieses ganze Ensemble hat die Größe einer elektrischen Eisenbahnanlage, nur daß die Häuschen nicht aus Fallerplastik sind, sondern jedes Modell ist hier aus Holz. Wirklich spannend wird es aber an den, ich schreib einmal, Schnittstellen – nämlich da, wo die Schnitzerei das, abgesehen von der Politur, unbearbeitete Holz stehen ließ. Hier wölben sich unversehens phantastische Welten auf.
Leider war diese Seitenkapelle unbeleuchtet, wie ich sowieso die einzige Seele, die lebte, in diesem Dom war. Sowie lud das fehlende Licht die Magie magisch noch auf.
Da fiel mein Blick auf die ungewöhnlich, fast antonellohaft-schöne Heilige Rita von Cascia, die, was mich besonders anzog, in Händen das Kurzschwert eines römischen Legionärs hielt. Man kann es hier sehr gut erkennen, vor allem, mit welch meditativer Versenkung sie es anblickt. In Wahrheit ist’s wohl ein Kreuz, doch erotisch finde ich meinen Irrtum beglückend, auch wenn ihr Körper ihr selbst offenbar Glück nicht gebracht hat. Für das Legionärsschwert spricht freilich auch, daß Rita die Schutzheilige der Metzger ist …) (… und wie mir Parallalie eben vorliest, sei sie die in den sozialen Netzwerken Italiens am meisten um eine Heilung oder dem Schutz vor Corona angerufene Heilige. Ich meinerseits zöge dem unwahrscheinlichen Wunder den wahrscheinlichren Schutz durch die Impfungen vor und konnte also handeln, ohne aufs Kurzschwert warten zu müssen.)