„Loveliest of trees“: Abermals Housman, diesmal aber bei Butterworth. Erster Übersetzungsversuch des vierten Liedgedichts. Mit, in der Anmerkung, einer Unsicherheit.

 

 

 

Hierfür

das v i e r t e Gedicht, in diesmal George Butterworths Vertonung ebenfalls dort:

 



 

Original

ANH

Versmaß

Loveliest of trees, the cherry now
Is hung with bloom along the bough,
And stands about the woodland ride
Wearing white for Eastertide.

Now, of my threescore years and ten,
Twenty will not come again,
And take from seventy springs a score,
It only leaves me fifty more.

And since to look at things in bloom
Fifty springs are little room,
About the woodlands I will go
To see the cherry hung with snow.

Lieblichster Kirsche zart Geäst
säumt nun, o himmlisch Blütenfest,
des Haines Rain im weißen Kleid
bräutlich für die Osterzeit.

Nunmehr mit sechzig Jahrn plus zehn,
Werd ich zwanzig mehr kaum sehn,
Doch zieh von siebzig ich zwanzig ab,
Verbleiben fünfzig Lenz mir, knapp.

Um alles noch im Blüh’n zu sehn,
Fünfzig selbst zu schnell vergehn,
Drum will ich auch durch Haine ziehn,
Wenn schwer vom Schnee die Kirschen knien.

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           In der zweiten Strophe ist mir die Logik nicht recht klar. „Score“ bedeutet im Englischen auch „zwanzig“ oder „ungefähr zwanzig“; Housman bezieht sich hier auf Psalm 90, 10 → in der King-James-Bibel:

The days of our years are threescore years and ten;
and if by reason of strength they be fourscore years,
yet is their strength labour and sorrow; for it is soon
cut off, and we fly away.[1]In der deutschsprachigen Einheitsbibel: „Die Zeit unseres Lebens währt siebzig Jahre, wenn es hochkommt, achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Verhängnis, schnell geht es vorbei, wir … Continue reading

Ein „threescore“ entspricht also sechzig Jahren. Demnach wäre des lyrische Ich dieses Gedichtes siebzig Jahre alt. Nun wird’s aber knifflig, insofern „Twenty will not come again“ durchaus bedeuten kann, daß der Dichter nie wieder zwanzig sein wird. Was uns sowieso klar ist. Wieso aber will er diese zwanzig Jahre von seinem Alter abziehen, um dann halt erst fünfzig zu sein? Zumal hat er als Kind von der Kirschbaumblüte ganz sicher noch keinen metaphorischen Eindruck gehabt, vermutlich diese Art Schönheit als Schönheit kaum schon wahrnehmen können. Deshalb habe ich mich poetisch für einen anderen Übertragungsweg entschieden, nämlich jene zwanzig Jahre, die ihm nach seinen siebzig wahrscheinlich nicht mehr bleiben werden, von den siebzig abzuziehen – was abermals fünfzig ergibt. Doch selbst diese, wenn er sie noch gar nicht gelebt, sondern erst vor sich hätte, würden, um aller Dinge Blühen noch einmal zu sehen, nicht ausreichen. So wird das Gedicht zu einem über die Kürze des Lebens, das den Tod mit einschließt, hier durch den Schnee des letzten Verses symbolisiert — aber auch die weltliche Wiederauferstehung als blühendes Erwachen des Kirschbaums im Frühling, Vers 4.

ANH, 13.17 Uhr

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References

References
1 In der deutschsprachigen Einheitsbibel: „Die Zeit unseres Lebens währt siebzig Jahre, wenn es hochkommt, achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Verhängnis, schnell geht es vorbei, wir fliegen dahin.“ Und Luther: „Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn’s hoch kommt, so sind’s achtzig Jahre, und was daran köstlich scheint, ist doch nur vergebliche Mühe; denn es fähret schnell dahin, als flögen wir davon.“

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