Ja, p e i n l i c h, was ich in → meiner Hadelich-Kritik behauptet habe — daß der Mann nämlich nicht mit der Barockgeige gespielt habe. Hat er eben d o c h, wie mir gestern Marius Felix Lange schrieb.
[Arbeitswohnung, 7.35 Uhr
Begonnen aber bereits vortags ab der Teatime etwa, die kein Kaffeefreak je hält,
heute indes um 6 Uhr hoch, die Wäsche fest in den Rucksack gestopft, raus aufs
Rad und erstmal los. Wieder zurück, indessen sich die Trommeln drehen (fünf)
Maschinen), den Latte macchiato bereitet und dies hier getippt. In zwanzig Minuten
abermals los.
Mahler, Adagio Sinf. 10 (→ Mahler unFinished)
Da ich nichts davon halte, für einen Fehler nicht einzustehen, habe ich erstens → meinen annoncierenden Dschungeltext um einen korrigierenden Nachtrag ergänzt und, dies sofort, zweitens an den Pressechef des Konzerthauses geschrieben:
Leider hat er sie nicht lesen können, denn:
Wie nun auch immer, Marius Lange ließ mich über mir zugesendete Verweise nun gleich einen kleinen Lehrgang durchlaufen. Man erkenne den Barockbogen zuerst an seiner Spitze und verwechsele ihn bitte nicht mit dem Rund- oder sogenannten Bachbogen, der die Entwicklung einer sehr viel späteren Zeit sei — wobei nicht wenige vom Fach, etwa auch der aus freilich anderen Gründen berühmte Albert Schweitzer, angenommen haben, solche Bögen seien zu Bachs Zeiten verwendet worden. Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber offenbar war es einer von jenen, der mir den Bogen einst gezeigt hat. Nur ist das tatsächlich keine Entschuldigung, denn „im Falle“ Hadelichs hätte ich mir ja einfach nur die mir vorher bekannt gewordene Information bewußt halten müssen, er spiele auf vormals Henryk Szeryngs → Guarneri Leduc von 1744.
Barockbogen |
„Bach“- gleich Rundbogen (von mir fälschlich für den Barockbogen festhalten) |
Moderner Bogen |
Der BR erklärt die Unterschiede → s o: „Grundsätzlich unterscheidet sich der Barockbogen vom modernen Bogen darin, dass er kürzer und leichter ist. Außerdem ist die Stange konvex gewölbt, hat also in der Mitte den größten Abstand zu den Haaren. (…) „Der Barockbogen reagiert einfach viel schneller und überträgt kleine Feinheiten sehr schnell bei leichten Noten“, erklärt der Bratschist Nils Mönkemeyer. „Da kann ich die Artikulation sehr schnell ändern.“ Das hängt damit zusammen, dass die Gewichtsverteilung beim Barockbogen eine andere ist. Er ist am Frosch sehr viel schwerer als an der Spitze. „Dadurch kann man viel besser artikulieren“, sagt Mary Utiger, Professorin für Barockvioline an der Musikhochschule München.“
Nein, nicht gut gelaufen, aber wenigstens hab ich was gelernt. Fein dafür, daß gleich auch meine Hadelich-Rezension die zu → Currentzis‘ „Mahler unFinished“ veröffentlicht wurde und in derselben Zeitung am Sonnabend, in ihrer Weihnachtsausgabe, mein Essay zu d’Arrigos „Horcynus Orca“ kommen wird. Daß über diese vielen halbjournalistischen Aufträge meine literarische Arbeit quasi liegenbleibt, macht mich nur sehr langsam unruhig; ich warte ja auf meines Verlegers Anmerkungen zu den Triestbriefen, an die ich mich, liegen seine Einwände und/oder Vorschläge vor, sofort dann setzen will. Literarisch hat das absoluten Vorrang, so daß es eh unklug wäre, mit etwas anderem neu anzufangen. Anbieten würden sich „nur“ ein oder zwei neue Gedichte für mein Sapphobuch.
Dieses
vielleicht?
Sapphos Versmaß erheischt dann drei Verse, wiewohl sie später immer wieder als vier davon interpretiert wurden. Daran werd ich mich nicht halten, sondern
– u – x – u u – u – – – u – x – u u – u – – – u – x – u u – u – x – u u – – |
(griech.) – lang u kurz x lang oder kurz |
(dtsch.) / lang – kurz x lang oder kurz |
mithin
/ – X / – – / – / /
/ – X / – – / – / /
/ – / X / – – / – X / – –
→ Anton Bierl übersetzt mit
…
… ihr werdet euch erinnern …
… denn auch in der Jugend …
taten alle diese Dinge
In der Tat viele und schöne Dinge
… Stadt …
(wir) … (scharf) …
Lassen Sie mich etwas basteln.
/ – X / – – / – / /
Werdet Ihr euch erinnern? ach! | Jung
/ – X / – – / – / /
Taten wir’s alle, o schön Du Freund:in
/ – / X / – – / – X / – –
Liebten … —
Nee, wirklich inspiriert ist das noch n i c h t, ich weiß, geschweige denn begeisternd. Aber, Freundin, das jetzt hab ich grad gemerkt: Zum ersten Mal läßt sich dieses Gendern prima in den Vers hineintun, denn quantitative Sprachen wie das Altgriechische kennen (und verlangen), was im Deutschen gar nicht geht: zwei aufeinanderfolgende Langsilben (für uns zwei betonte Silben); genau das leistet aber nun die Genderei (o schön Du Freund:in). Spannend. Echt spannend. Könnte gerade für das Sapphoprojekt ein tragender Ansatz werden, möglicherweise.
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[13.20 Uhr
Berg, Lyrische Suite (→ Mahler unFinished)]
Die Wäsche erst im Waschsalon gefaltet und gestapelt, wieder in den Rucksack und soeben herausgenommen, nachgefaltet und verteilt in die Regale gelegt. Dann gefrühstückt. Unversehens müde geworden und einfach die Siesta nach vorne und mich in sie hinein auf ein himmlisches Geschenk gelegt, das mir die Löwin hergeschickt; vorgestern kam es an. So schauen Sie nur!
Nunmehr, nachdem ich tatsächlich eine ganze Stunde schlief, endlich an die Tritticokritik (jedenfalls gleich nach dieser derart wehenden Lyrischen Suite). Ich hatte freilich dran zu schreiben schon begonnen, dann aber erst → Hadelich, danach, weil grad mal fünf Tage später und außerdem mein Orca-Essay dringend fertig mußte, → den Currentzis dazwischengeschoben.
Also:
[Puccini, Il Tabarro]
ANH, 13.01 Uhr
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