Hier nun eine erste wirkliche Eigenmächtigkeit, die ich mir erlaube. Aus Bierls Übertragung geht für mich nicht eindeutig hervor, ob auf die ersten beiden Strophen noch eine dritte oder nur ein einziger Vers folgt:
Ich habe mich für eine dritte Strophe entschieden, allerdings nun, um den Bruch zu markieren, die Metrik der z w e i t e n sapphischen Strophe verwendet, die, wenn, dann meist als Distichon erscheint, eingeleitet von einem (wie ich nun selbst erst gelernt habe) Pherekrateus:
Damit sähe die Metrik bei mir folgendermaßen aus:
Dies wirkte aber unorganisch, weshalb ich eine weitere Zäsur, nunmehr rhythmisch, vornehme, nämlich nach des Sapphicus maior’s drittem Versfuß. Klanglich löst das einen Spondeus auf. Und es ergibt sich:
Einer, blond wie Halbgötter sind, trat trotzig Welch ein Schneid[1]Synonym für „Wagemut“! durchfuhr’s mich da heiß, wie Er mich — nicht wie ein quengelnd Kind sein, |
References
↑1 | Synonym für „Wagemut“ |
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Ihre Eigenmächtigkeit ist nicht zu kühn, die Strophen fließen, nur:
In Ihrer dritten, der per Eingriff erzeugten, Strophe des Mytileners sind Länge und Kürze (Betonung / Unbetonung) des nun zweiten Verses für mein Gehör zu unklar. Läse ich doch spontan daktylisch (also mehr episch als lyrisch):
„sóndern als Mánn, der mich érst dànn“
Mit ein einsilbigen Worten kommen in deutscher Metrik immer Probleme ins Spiel. Kein grundsätzlicher Einwand, freilich.
Überaus nachvollziehbar; danke für diese Kritik.
Tatsächlich, sagen wir, „bastele“ ich da noch; ganz glücklich bin auch mit der Zeilenbrechung des Sapphicus maior nicht. – Was aber Ihre Hörgewohnheit anbelangt, ja, ich muß wahrscheinlich ein Zeichen für die Betonung nehmen – nur daß der für so etwas von mir für gewöhnlich genutzte aufrechte Strich (|) hier eine andere Bedeutung als bei mir hat, nämlich Taktende- wie -anfang anzeigt, siehe die metrischen Schemen oben. Ihre, ich sage einmal, emotionale Betonung rührt daher, daß wir im Deutschen eigentlich keine Spondeen haben, also direkt aufeinanderfolgende betonte Silben, im Altgriechischen aber zwei aufeinanderfolgende Langsilben normal sind. Im Falle hier ist es “ — x “ (für die Mitlesenden: Das „x“ ist eine Variable, kann also für eine lange (betonte) oder kurze (unbetonte) Silbe stehen). Genau vor dieses „x“ müßte ich einen Hinweis stellen, dann würde es wahrscheinlich funktionieren. Vielleicht genügt es auch, in „Mann, der“ das „der“ zu sperren:
— nicht wie ein quengelnd Kind sein,
sondern als Mann, d e r mich erst dann,
wenn’s mich verlangte, nähme.
Hm.
Ich fürchte, daß mir speziell dieser zweiten Sapphicus insgesamt noch ziemlich zu schaffen machen wird. Aber halten Sie mir bitte zugute, daß dies alles bisher wirklich noch nur allererste Versuche sind.