Die Selbstapotheose Ovids. Einfach nur grandios …

… vor allem, weil er recht gehabt (und es behalten) hat:

 

Und nun hab‘ ich ein Werk vollbracht, das Feuer und Eisen
Nimmer zerstört, noch Jupiters Zorn, noch zehrendes Alter.
Mag denn kommen der Tag, der nur am vergänglichen Leibe
Recht ausübt, und den Raum unsicheren Lebens beschließen:
Trotz wird bieten der Zeit und über die hohen Gestirne
Schweben mein besserer Teil und nie mein Name getilgt sein.
Rings, so weit Roms Macht sich erstreckt in bezwungenen Ländern,
Wird mich lesen das Volk, und wofern nicht trugen der Dichter
Ahnungen, werd‘ ich stets fortleben in ferneste Zukunft.
                                                     Publius Ovidius Naso, 43 vC. – 17 nC, dtsch. v. Reinhard Suchier

Iamque opus exegi, quod nec Iovis ira nec ignis
nec poterit ferrum nec edax abolere vetustas.
cum volet, illa dies, quae nil nisi corporis huius
ius habet, incerti spatium mihi finiat aevi:
parte tamen meliore mei super alta perennis
astra ferar, nomenque erit indelebile nostrum,
quaque patet domitis Romana potentia terris,
ore legar populi, perque omnia saecula fama,
siquid habent veri vatum praesagia, vivam.

***

 

Ich schreibe dies, weil Ovids Metamorphosen in – der Roman ist seit gestern endlich, endlich im Druck – eine sozusagen subkutane, permanente, vor allem formgebende Rolle spielt, neben der Musik. Hendrik Jackson und ich werden → am 26. September bei der Berliner Deutschlandpremiere ganz gewiß darauf eingehen. Hier übrigens der Plakatentwurf →  meines Sohnes; allerdings wird es in der Gestaltung noch Modifikationen geben.

4 thoughts on “Die Selbstapotheose Ovids. Einfach nur grandios …

  1. Von → dort.

    Peter H. E. Gogolin
    „Ore legar populi.“ – Der Mund des Volkes, nichts ist verschlossener, wenn er nicht Diktatoren zujubelt. Den Ruhm der Dichter hat er nie vermehrt.

    ANH
    ist auch nicht des Volkes „Aufgabe“.

    Peter H. E. Gogolin
    Scheint Ovid aber zu glauben.

    ANH
    Das kann ich seinem Text nicht entnehmen. Tatsache ist, daß allein der N a m e Ovids ins kulturelle Gedächtnis eingegangen ist, wie Dantes und/odder Mozarts, selbst dann, wenn nur wenige ihn wirklich gelesen haben. (Es haben ihn aber e i n i g e gelesen. Ob dies so bleibt, freilch, ist alles unterdessen alles andere als ausgemacht. Denn gerade die Metamorphosen gäben aus „woker“ Sicht einigen Anlaß zur „Reinigung“. Frühere Generationen haben anders reagiert, etwa wie Dante durch Uminterpretationen in die christliche Mythikm so, wie auch Tempel „umgewidmet“ worden sind, anstelle sie zu schleifen usw. Fakt bleibt aber, daß Ovids Dichtungen über zweitausend Jahre hinweg Bestand gehabt haben. Und solange Nachfolger wie Ransmayer und nun auch ich sie so als Folien benutzen, wie es Joyce mit Homer tat, bleiben sie am Leben.)

    Peter H. E. Gogolin
    Ja, gut, alles unbenommen, einzwei Leser pro Jahrtausend, falls das gemeint ist, dann stimme ich zu. Ich hatte eingangs lediglich auf „so weit Roms Macht sich erstreckt … Wird mich lesen das Volk …“ hinweisen wollen. Das Volk liest Regionalkrimi. Und nun gut, wen juckt schon Rom?
    Es gehört wohl zu den obskuren Ansprüchen, mit denen Dichter immer schon versuchten, nach den Sternen zu greifen. Aber wenn Sie das anders sehen, so könnte ich vielleicht meine Lesefähigkeit eingebüßt haben. Ich wünsche einen (er)volkreichen Tag.

    Peter H. E. Gogolin
    Sollte ich meine Lesefähigkeit verloren haben? Ich lese „so weit Roms Macht sich erstreckt … Wird mich lesen das Volk …“
    Aber nun gut, wen juckt schon Rom?

    ANH
    Wenn an den Unis Ovid gelesen wird, liest ihn „das Volk“. Der Begriff meint ja nicht alle, sondern Kulturen als Reflexzentrum. Man muß sich hier auch klarmachen, daß die Demokratie Roms je durchaus keine allgemeine, sondern eine der gebildeten Gesellschaftsklasse (und deren Machtinhaber) war; die große Anzahl der Bewohner Roms (und seiner „Provinzen“) war durchaus ausgeschlossen. Ovid hat „das Volk“ ganz sicher in diesem Sinn gemeint und die „arbeitende Bevölkerung“ (die damals zu größten Teilen aus Sklaven bestand) gar nicht mit im Sinn gehabt. Ich würde, ohne da aber zu einer Beweisführung imstande zu sein … würde sogar sagen, daß er mit „das Volk“ auch das Urchristentum keineswegs mitgemeint hat – auch wenn seine Nachfolgerinnen und Nachfolger eintausend Jahre später (die die italienische Kunstgeschicht nicht einmal nach Jahreszahlen benennt) für auch eine Renaissance Ovids gesorgt haben.

    Peter H. E. Gogolin
    Mit ‚populi‘ wird er realistischerweise allenfalls die herrschende Schicht der Stadtbürger Roms gemeint haben. Schon die Formel ’soweit Roms Macht sich erstreckt‘ ist pures Wunschdenken. Das ist so, als würde ich mir einbilden, dass „Calvinos Hotel“ in allen Goethe-Instituten auf dem Mars Pflichtlektüre wäre. Und ‚Urchristen‘?, die gab es noch nicht. Als Ovid starb hatte Jesus noch gar nicht den Johannes am Jordan gefunden, um sich taufen zu lassen.

    ANH
    Und ‚Urchristen‘?, die gab es noch nicht. “ Stimmt, da hab ich mich vertan. – Aber das mit dem „puren Wunschdenken“ haben die Tatsächen widerlegt. Wir sprächen andernfalls von Ovid heute nicht mehr.

    Peter H. E. Gogolin
    Nun ja, ich will uns nicht überschätzen, was Autoren nur zu gern tun. Aber wir sind gewissermaßen das Goethe-Institut auf dem Mars, das nicht über Calvino, sondern über Ovid spricht.

  2. Ovid wird auch fürderhin gelesen. Solch Werk gehört zu denen, die ein für allemal in der Welt sind. So wie etwa Beethovens 9te in der Welt ist. Kein Schwein mehr bekommt sie wieder heraus.

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