[Arbeitswohnung, 15.15 Uhr
David Ramirer, rectus (Digitale Klavierimprovisation auf BWV 846, Präludium C-Dur)]
Kluge, Etymologisches Wörterbuch, 23. Ausgabe:
Wobei das N-Wort als solches den „nègre“ oder „niger“ in ihrer beider Unnennbarkeit fast bis zu „Kyrios“ hinanhebt, mosaisch „Adonai“, und damit in die Aura der ewigen Ideen sperrt – genau das Gegenteil dessen bewirkend, was das Sprachverbotsdogma eigentlich will. Nur eine weltliche Verfaßtheit, deren Wurzeln ins Vergessen sanken, auf daß sie schließlich verdorren, kann diese Dialektik ignorieren – indem sie aus ihnen kein Wasser mehr zieht.
[Ich kam drauf bei der Lektüre von Frank Heiberts Neuübersetzung der „Haut“ Malapartes, die ich mit Hellmut Ludwigs ständig vergleiche, der sich, für 1950 selbstverständlich, vor dem N-Wort nicht im geringsten scheut:
Es war sicherlich nicht sehr ehrenvoll für den Neger im amerikanischen Heer, so kind, so black, so respectable, den Krieg gewonnen zu haben (…) und nun verkauft und verhandelt zu werden (…).
Bei Frank Heibert:
Für die schwarzen Soldaten des amerikanischen Heeres, so kind , so black, so respectable, war es alles andere als würdig, den Krieg gewonnen zu haben (…) und dann verkauft und gekauft zu werden (…). [Unklar, weshalb Heibert, anders als Malaparte, die englischen Wörter kursiviert – unklar und vor allem stilistisch dessen Absicht verzerrend, wie sie jedenfalls Ludwig interpretiert hat – der Malaparte an solchen Stellen stilistisch moderner macht, als er da war. ANH]
Nämlich im Original:
Non era certo dignitoso, per i soldati negri dell’esercito americano, „so kind, so black, so respectable“, aver vinto la guerra (…) e trovarsi ad essere venduti e comprati (…).
Und tatsächlich sind „die schwarzen Soldaten“ Malapartes „i soldati negri“ näher als Ludwigs „die schwarzen Soldaten im amerikanischen Heer“, nämlich genau in des etymolgischen Kluges Klärung, daß „Neger“ einfach nur „Schwarzer“ bedeute. Was irgendwer endlich mal sah, so daß es fast auch ein S-Wort gäbe, das, ohne daß es es gab, zum Kleindkindwort poc geführt, als Abkürzung eine deutliche Regression des „people of color“, und damit (ganz offenbar, ohne nun dieses zu merken) das diskriminierende Potential des N-Worts zementiert hat, nur halt eben verniedlicht. Eigentlich ist das infam. Eine Absicht freilich wird sich schwerlich beweisen lassen. Aus der Falle selbst kommen wir aber eh nicht heraus, zumal „people of color“ eigentlich gar nichts mehr sagt, denn auch „Weiße“ sind ja farbig, zumindest getönt, von Schweinchenrosa bis Maremmanobraun.
Obendrein läßt sich in dieser Dynamik etwas erkennen, das auch die Begriffe handelbar wie Ware macht, indem es sie um den Inhalt beraubt, biblisch gesprochen um’s WOrt. Und also wird es unnennbar: unnennbar, woher wir kommen ¦ und wer wir sind und waren. Auch hier wird die Geldform schließlich das Bewußtsein beherrschen. Zu großen Teilen tut es dies schon. Das N-Wort ist dafür Indiz.]
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Die Nazis verwendeten doch in Gänze die deutsche Sprache. Damit ist die Sprache eigentlich verbrannt. So from now on let us only write and speak in English. But wait! Hasn’t the English language also been destroyed by the unspeakable colonialism of the English? Na gut, dann lasst und eben schweigend, wie die Flagellanten, durch die Gassen ziehen, uns für die Taten unserer Vorfahren mit Dornenzweigen geißeln! Und nie mehr verwenden irgendwelche A-B-C-etc. bis -Z-Wörter! Nur, wie schreibe ich auf, wenn ich schweige? … … …!