Günter Grass (4). Kleines Lied der Saubermänner.

Ach wie gut, daß niemand weiß,
daß ich Rumpelheinzchen stieß.
Bin schon so aufs Schnüffeln heiß,
bin so rundum menschlich fies.

Ich wühle und grab,
ich spucke und hab
solch Labsal an Dreck.
Das macht ihn rein weg.

Hinter meinen Klebefingern
riech ich so gerne an den Dingern
und verziehe meine Nase
vor Pipi und vor Ekstase.

Ich spucke hinein in fremden Fall
und prügle heftig mit bei der Dresche.
Das macht mich immer so ganz drall,
so andrer Leute schmutzige Wäsche.

Ich suhl mich drin, ich geifer
und ejakuliere vor Eifer.
Denn kehr ich heim in mein eigenes Loch,
dann merk nicht mehr, wie sehr es da roch.

10 thoughts on “Günter Grass (4). Kleines Lied der Saubermänner.

  1. Ich kann ihren Spott gut nachvollziehen, aber auch der Hass, lieber ANH, gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge.
    Was ist geschehen? Ein deutscher Dichter schreibt seine Autobiographie
    und bekennt in ihr als Jugendlicher einer verbrecherischen Organisation angehört zu haben. Er gesteht dann weiter, dass er dieses Detail bisher der Öffentlichkeit vorenthalten hat und befreit sich damit vom Zustand des Makellosen, der schwer auf ihn in den letzten Jahrzehnten gelastet haben mag.
    Die von ihm Enttäuschten, die das Reine zur Anbetung brauchen, weil selber unrein, reagieren heftig und pinkeln das selbst erschaffene Denkmal an, um dann festzustellen, es ist beschmutzt.
    Es ist nichts Neues, dass eine von den Nazis erzogene Generation am Aufbau der zwei deutschen Staaten maßgeblich beteiligt war. Wer sonst? Ihr ihnen anerzogenes HJ- Bellen, gleich in welchem politischen Lager, des meiner Meinung nach zu recht geteilten Deutschlands, sie sich positionierten, hallte diesseits und jenseits der Mauer nach. Sie schlüpften oft unreflektiert, verdorben durch die Ästhetik des Nationalsozialismus, in neue Rollen. Die einen als Demokraten, die anderen als Kommunisten. An ihren Werken kann man sie erkennen. Ein falscher verlorener Lebensgrund, Identitätsverlust musste um der eigenen Existenz willen, wettgemacht werden. Die Frage „wer war ich gestern“ wich der Frage „wer bin ich heute“.Franz Fühmann und Christa Wolf gaben in großer Ehrlichkeit in ihren Werken Antwort auf die Kalamitäten ihrer jugendlichen Biographie. Das war im Osten. Die HJ-Generation im Westen Deutschlands, die sich der Demokratie verschrieb, musste mit ihrer Scham anders umgehen. Andere Bedingungen diktierten andere Verhaltensweisen. Grass Roman „Die Blechtrommel“ oder Bölls „Billard um Halbzehn“ sind dafür gelungene Beispiele. In seiner „Zwiebel“ schildert Günther Grass mit großer Fabulierkunst, ich war begeistert, die Fremdheit, die er gegenüber dem Jungen, dem SS-Angehörigen Grass heute verspürt. Ich konnte dieses Fremdgefühl gegenüber sich selbst gut verstehen. Denen, die da heute Grass denunzieren, wünsche ich nicht in Zeiten zu geraten, wo ihre humanistische Gesinnung einer Prüfung unterworfen wird. Und sie alle, ob sie nun Karasek oder anders heißen, sind älter, als es Grass damals war. Es lässt sich gut im Glashaus moralisieren.

    1. Reim dich… Der Herr Herbst ist immer so schön kampagnenförmig unterwegs, erinnert mich irgendwie an die DaDaeR, wo hochaufgeregte Vorturner der “Enkelgeneration” ihren Samenkoller auch auf diese Weise abbauten…

    2. Dreieinigkeit Es ist eine Dreieinigkeit der falschen Aktion – das was von den Herrgottsschnitzern vorgenommen wird. Ersten wollen sie dem Gegner die Waffe nehmen, also die moralische Integrität. Zweitens wollen sie sich mit ihren Einlassungen erheben über ihr erreichbares Niveau hinaus. Und Drittens wollen sie ihn unbeschadet ins Bücherregal stellen: Er soll sie politisch nicht stören. Sie müssen sich also ihren Autor schnitzen. Da soll manche Madonna den Weg zum Räuchermännchen gehen, oder zum hölzernen Nachtwächer. Das machen sie mit Brecht. Wer das literarische Kabarett, nein… wie heißt es denn noch…, gesehen hat, weiß was ich meine: Die Schnitzarbeit sollte ihn herabstutzen auf ein handliches Format. Es ist nicht gelungen, die Schnitzer waren der Figur nicht gewachsen.
      Das wollen sie mit Grass machen. Aber es wird nicht klappen. Weil die Corona des schlechten Geistes, die da versammelt ist und sich die ewigen Betroffenen ebenso gegriffen hat, wie die ewig Aufgeregten, in ihrem Tun nicht gelassen werden wird. Grass ist nicht Brecht. Brecht ist stärker. Grass braucht Hilfe – also Solidarität.

    3. Gatekeeper? Das ist eines der Probleme heutiger Staatskünstler: sie können Urin nicht von Uran unterscheiden! Und “Opfer des Faschismus” ist man auch – als SS-Mann besoffen vom Wachturm gestürzt…

    1. Das stimmt. Die ersten beiden Zeilen folgen mir, seit ich fast noch Kind war. Und warteten offenbar auf den rechten Augenblick, sie zu verwenden. Nun war er da. Aber sie sind nicht von mir, sondern, sagen wir, Volksmund.

    2. in ihrer fassung ist es von otto!!
      ach, wie gut,
      dass niemand weiss,
      dass ich rumpelheinzchen stilz.
      das original ist volksmund, ihre fassung von otto geklaut!!

    3. @ andante. Von Otto weiß ich nicht viel. Aber dann hat vielleicht e r geklaut. Denn die “stieß”-Fassung reimten wir bereits mit vierzehn – und das war 1969.

      Im übrigen spielt es für das, was dieses Spottgedicht tut, auch gar keine Rolle. Hier geht es um etwas anderes. Heine’sches. Wenn eine Otto-Stanze dem weiterhilft, dann mag es meinetwegen a u c h recht sein. Ist ja wirklich nicht schwer, drauf zu kommen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .