Arbeitsjournal. Freitag, der 21. Juli 2006.

8.04 Uhr:
[Villa Concordia Bamberg.]
Beide Jungens, die bis spät in die Nacht herumtobten, schlafen noch. Und ich selbst bin gerade erst auf meinem provisorischen Lager erwacht, leichten Kopfschmerz, der Alkohol schwimmt noch ein wenig durch meine Poren. Aber an Arbeit denk ich heute eh nicht so. Denn dieser Freitag wird der erste meiner beiden Bayreuth-Tage. (Evtl. kommt noch ein dritter hinzu, erfuhr ich gestern, aber den müßte ich dann bezahlen: eine reguläre Aufführung „Siegfried“.)

Ich werde das >>>> Renz-Buch auslesen und dann meine Exzerpte und vielleicht einige wenige Anmerkungen dazu in die >>>> Notate übertragen.

Fährt mich doch gestern abend der neben dem Minister offenbar wichtigste Mann aus dem Bayerischen Staatsministerium an: Ich sei ein schlechter Schriftsteller. Er ist erzürnt wegen >>>> d i e s e r Polemik. Sein Argument: der „Jägerzaun“. Das sei nämlich keiner, vielmehr handle es sich um einen Stafettenzaun. Seine Conclusio: Jemand, der so schlecht recherchiere, daß er nicht einmal so etwas wisse, könne als Dichter nicht für voll genommen werden, im Gegenteil sogar. „Ach“, sag ich, „Sie meinen, es komme darauf an?“ „Es kommt n u r darauf an“, erwidert er und ist weiter erregt. Und was ich über Lüpertz geschrieben hätte! „Haben Sie ein einziges meiner Bücher gelesen?“ fragte ich. Nein, daran habe er aufgrund des Jägerzaun-Textes auch überhaupt kein Interesse. „Dann dürfen Sie auch Goethe nicht lesen“, sag ich, „da sind auch viele Fehler. Und diesen hier geb ich gern zu und werd ihn korrigieren.“ Obwohl wir uns streiten, sprechen wir doch weiter, er nimmt mich sogar am Arm und führt mich zu diesen unsäglichen Lüpertz-Köpfen. Und fangen an, sie zu betrachten zu beschreiben zu kritisieren oder gutzufinden. Plötzlich sind wir einander ganz nah, da ist so etwas wie eine Grundsympathie aufgeschlagen, sehr sehr seltsam. Das Gespräch wird mit einem Mal tief-persönlich, Persönliches betreffend, Leid erzählend. Als wir später mit Zschorsch zusammenstehen, kommt der Mann zwar noch einmal mit dem Jägerzaun (einen Begriff, den ich eben von Zschorsch h a b e; der meint sogar, anfangs habe das richtige Wort bei mir gestanden, ich weiß das gar nicht mehr, muß laut lachen), aber der starrste Groll ist dahin.
Alle sind gegangen, ich sitze mit Zschorsch noch bis in die Nacht vor meinem Studio und meditiere. Dann bette ich mich auf mein Lager. (Ich kann gut auf Fußböden schlafen, auf der schmalen Zelt-Matte, mir hat dergleichen noch nie etwas ausgemacht – : Diese Bemerkung ist nicht persönlich, sondern eine über die literarische Haltung. Das berechtigt sie, eben k e i n e Tagebuchaufzeichnung zu sein.)

Abends. Der Fliegende Holländer.Und dabei lieben. Tief lieben.

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