Im Irak: Castor-Transporte. Engführung Argo. Anderswelt. (175).

In diesem Moment trat Thisea aus ihrem Zimmer; sie war eine ernste, sehr stille, eine wunderschöne Frau geworden in den letzten drei Jahren, die vieles las und vieles lernte. Aber bereits ihre Landshuter Mission wegen der Castor-Transporte hatte sie reifen lassen; Kali nämlich im Feld, und sie in der Logistik hatten die Frauen auf die monströsen Trucks angesetzt, die von Buenos Aires an den Unheilssee von Lough Leane donnerten, unablässig vom Übergang Halle herumpelscheppernd, in Konvois aus Ostmilizen gespannt. Auf dem hochgradig gesicherten Gelände wurden die Kipper dann gelöscht: sie verklappten ihren Zentraldreck direkt in den brackigen See; d a war dann k e i n e Chance mehr, an die Ladung noch heranzukommen. Also mußten die Laster auf dem Weg abgefangen werden. Das brauchte Sprengstoffexperten.
Seitlich waren, in Höhe Dresden, drei Frauenzüge in nächtliche Stellung gegangen, jeweils über ein paar Tage hinweg, um nicht als truppenähnliche Bewegung aufzufallen. Sie hatten ausgediente Kleintransporter dabei, schon das hätte Aufmerksamkeit erregt. Es war nicht leicht gewesen, unbemerkt dort hinzukommen. Man sah in das ausgetrocknete Meer, das einer geplanten Arkologie Fundament werden sollte. Auch durch sowas mußte man durch. Das war zu groß, um es ohne unangemessenen Zeitverlust umgehen zu können. Schließlich lagen sie rechts und links hinter vier Hügeln mitten im Baugrund: alles längst gerodet, selbst die Stumpen, die sich als eine Haut auseinandergezogener Nadelkissen jahrelang über die Erzgebirge spannten, waren weggebrannt vom AUFBAU OST. Man hatte sogar schon Gruben für die Hochhauswannen ausgehoben; bisweilen spirrten Metallgestänge, um späterem Beton einmal Halt zu geben.
Vorher hatten ein paar Pionierinnen die wenigen Momente genutzt, in denen keine Transporter fuhren und die Wachen, ihrer zu kurzen Pausen wegen, unaufmerksam waren. Es mußte schnell gehen, damit nicht auffiel, wenn eine dieser Wachen fehlte. Es kamen etwa neun Leute um, damit seitlich der Straße die Sprengladungen montiert werden konnten. Bevor es dann überhaupt losging und mit einem Riesenkrawall, der türgroße Asphaltstücke durch die Luft schleuderte, Motorhauben, ganze Dächer von Führerhäuschen, an die dreißig Meter Straße und Kipper mitsamt aller Menschen detonierten und von den Hügeln, die Gesichter mit Farben wie von Blut beschmierte, unter Kalis Kampfführung die Amazonen herabjohlten. Ein schreckliches „Eoé!“ schrie den Milizen, soweit sie noch lebten, in die Ohren. Von so etwas hatte man zuletzt aus den Zeiten der Heiligen Frauen gehört. Das war doch schon Legende, der Osten galt längst als genommen. Genommen wie eine Frau durch einen gewaltsam erobernden Mann.
Wie Heilige Frauen deshalb, so wüteten die Amazonen nun auch: nicht einer dieses Castor-Abschnitts überlebte. So wurde später nicht erzählt, es seien die Frauen aus den Oststädten gewesen, sondern wirklich wieder Devadasi vorgerückt, die und ihre Hundsgötter und das ganze thetisalte mythische Zeugs, gegen das moderne Waffen so wenig vermögen. Als der nächste Castor-Abschnitt herangekommen war, fand man nichts als Trümmer und Leichenteile und die Karosserieruinen mit den leichigen Fingerfarben gerinnenden Blutes beschmiert, man konnte sogar Wörter lesen: KUNGÍR stand da zum Beispiel und THETIS UDHO! Und die toten Soldaten sahen fast alle aus, als hätte man ihre Körper geöffnet. Als wäre aus ihnen getrunken worden. Devadasi also, keine Frage. Nur eines verstanden die Feldjäger nie: Wo war die Castor-Ladung hin?

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