A u c h so ein deutsches Phänomen, daß man etwas wie den Titel dieser spätromantischen Kantate eigentlich nicht hinschreiben, ja nicht einmal zugeben mag, daß man sie hört. So sehr hat Nazi-Deutschland jeden Begriff dieser Art desavouiert, so sehr haben wir die Schuld, die wir – in den Vierzigern, den Fünfzigern, den Sechzigern geboren – persönlich gar nicht tragen, als unsere eigene angenommen. Unter anderem auch davon erzählt das verbotene Buch, durch das sich nun abermals eine Verarbeitung von schuldloser Schuld verbietet. Es sollen bestimmte Fragen nicht gestellt werden. Vielleicht haben sich die, die sich im Schuldhaben einen ziemlich guten Mäzen fanden, der sie von ihrem mea culpa recht wohlig leben läßt, nicht zuletzt d e s h a l b gegen den Roman gestellt. Es sind die schlechten Leser Philip Roths. (Es gibt auch viele gute.)
Aber das ist ein Nebenkriegsplatz. Die eigentliche Schlacht findet in uns selber statt, ohne daß wir sie eigentlich merken. Sie wird um kulturelle Wurzeln geführt und derzeit von denen gewonnen, die kaum noch eine haben. An die Stelle gefühlter Herkunft hat sich das Implantat gesetzt. Wer aber, wie Syberberg, wieder sucht – wer also in den Trümmern gräbt, die unsere Seelen erbten -, wird von der Öffentlichen Meinung (und von der Kunstförderung) ausgesondert und sanktionierend abgeführt. Es hängt ihm sofort der Vorwurf an, heimlich ein „Faschist“ zu sein. Dazu muß er bloß begonnen haben, glühend Kleist zu lieben.
Wir alle, fast, regieren in diesen Belangen reflexhaft, denn die internalisierte Schuld, da sie unterdessen leer ist, hat die Gestalt eines Tabus angenommen. Es war dieser Reflex, der auf Thor Kunkels Roman „Endstufe“ einprügelte, der Herr Broder und seine „Achse des Guten“ allen voran.
Von deutscher Seele. Ja.