[Brahms, Ein deutsches Requiem. Die alte, tiefe Aufnahme des New York Philhamonic unter Walter.]
Wenn es möglich ist, sich Farbennamen als Eigentum schützen zu lassen („Gelbe Seiten“ etwa, nun wirklich ein Allgemeinbegriff – wie ebenfalls „Magenta“), wenn der fremde Partikel als Bestandteil des eigenen Kunstwerks, das ihn mit anderen fremden Partikeln zu neuem Sinngefüge arrangiert, ausgeschlossen wird, weil schon Idee wie Naturphänomen als Ware und Eigentum gelten, wenn das Private aus der künstlerischen Gestaltung herauszubleiben hat aus Gründen eines irgendwie zu wertenden Privatinteresses, dann werden auch öffentliche Aufgaben an privatrechtlich organisierte Firmen delegiert, etwa die Polizei, dann wird der Krieg geoutsourct, also versöldnert. Wer würde glauben, daß sowas geschieht? Denn es könnte dann kein Hubert Fichte jemals mehr ein „Petersilie“ schreiben, dann würde das Hauptwerk Wolf Vostells eingestampft und Schluß gemacht mit Marcel Duchamp, dann gehörte „Der Mann ohne Eigenschaften“ makuliert (um nicht „verbrannt“ zu schreiben), und Christus wäre eine mit copyright versehene Marke der protestantischen und (da beide sich ja teilen müssen) Maria ein handelbarer Artikel der katholischen Kirche, und der Unnennbare (dritte Teilung, Dreieinigkeit) gehörte den jüdischen Gemeinden, bzw. (gemeinschuldnerisch) dem israelischen Staat, der die Wahrnehmung seiner Rechte an „Gott TM“ einer KABBALAH Inc. übertrüge. Wenn es möglich ist, daß der öffentliche Spott zuvorderst die Einwilligung des Verspotteten einholen muß, wenn Jean Luc Godard seine Filme einem demokratischen Gemeingeschmack zu unterstellen hätte, dann würden sich auch die Öffentliche Rechtlichen Funkanstalten am Markt orientieren, und Hitler gehörte Deutschland, ein- für allemal und mit allen marktwirtschaftlichen Konsequenzen, und dürfte – mit einer nötigen, der political correctness geschuldeten, ausgesprochen geekelten Distanz – durch eine von der Bundesrepublik beauftragte Public-Relation-Agentur dem Weltmarkt angeboten werden, und kein andrer dürfte seinen Namen mehr im Munde führen und ihn „benutzen“, ohne Tantiemen an den deutschen Staat abzuführen. Dann wäre unser Haushalt mit einem Schlag saniert, und wir müßten auch an den Renten nicht sparen.
Urheberrecht 1. Wie selig sind Deine Wohnungen. (Das verbotene Buch.)
„Lament of the Images“ … Re: Kunst zerstören… Zitate aus
Alfredo Jaar ( *1956 Santiago de Chile)
“Lament of the Images” (2002)
[Installation aus einem darkroom mit drei Leuchttexttafeln,
zwei engen Gängen und einem weiteren Raum
mit gleissendem “camera silens” Licht
Präsentiert im Fridericianum , anno domini 2002
auf der Documenta 11, in Kassel. Quelle der Zitate: Deutsche Übersetzung der
drei Leuchttexte auf dem Faltblatt „Zum Mitnehmen für die Documenta-Besucher“.
Jetzt wiedererinnert und abgetippt – (noch) kein scanner zuhanden – von puck, die 100 Tage lang als „guide“ auf der Documenta 11 ungezählte Besucher in diese Räume geleitet hat – – – und das Entsetzen auf den erst verdunkelten und dann geblendeten Gesichtern nicht vergessen kann.]
[1]
„ Cape Town, South Africa, 11. Februar 1990
Nelson Mandela wird nach 28 Jahren brutaler Behandlung
durch das Apartheidregime aus dem Gefängnis entlassen.
Die Bilder seiner Entlassung, die weltweit live gesendet werden,
zeigen einen Mann, der wie geblendet ins Licht blinzelt.
Mehr als die Hälfte seiner Haftzeit verbrachte Mandela auf
Robben Island, einem windgepeitschten Felsen mitten
in den tückischen Strömungen des Kaps der Guten Hoffnung.
Die nur sieben Meilen von Kapstadt entfernte Insel diente
seit 1959 als Hochsicherheitsgefängnis für „nichtweiße“ Männer.
Unter Mandelas Mitgefangenen waren Walter Sisulu,
Ahmed Kathrada und Govan Mbeki, der Vater des heutigen
südafrikanischen Präsidenten Thabo Mbeki.
Später sagte Mandela, Robben Island `sollte uns zu Krüppeln
machen, damit wir nie wieder die Stärke und den Mut aufbrächten,
unseren Idealen zu folgen.`
Im Sommer 1964 wurden Mandela und seine Mithäftlinge
aus dem Isolationsblock aneinandergekettet zu einem
Steinbruch in der Mitte der Insel gebracht, wo sie Stein brachen
und Kalk abbauten. Mit dem Kalk wurden die Strassen der Insel geweisst.
Am Ende des Tages waren auch die schwarzen Männer durch den
Kalkstaub weiss geworden. Während der Arbeit reflektierte
der Kalkstein das Sonnenlicht und blendete die Gefangenen.
Ihre wiederholt vorgebrachten Forderungen nach
Sonnenbrillen zum Schutz der Augen wurden abgelehnt.
Es gibt kein Photo, das Mandela am Tag seiner Entlassung
aus dem Gefängnis weinend zeigt.
Man sagt, das blendende Licht des Kalksteins hätte ihm
die Fähigkeit zu weinen genommen.
[2]
Pennsylvania, USA, 15. April 2001
Berichten zufolge wird eine der weltweit grössten
Sammlungen historischer Photographien bald für
immer in einer alten Kalksteingrube begraben.
Die in einer entlegenen Ecke im Westen Pennsylvanias
liegende Grube wurde in den fünfziger Jahren zu
einem Schutzbunker umgebaut und ist heute unter
dem Namen
Iron Mountain National Underground Storage
bekannt.
Das Bettmann and United Press International Archive
mit einem geschätzten Umfang von 17 Millionen
Bildern wurde 1995 von Microsoftinhaber Bill Gates
gekauft.
Gates Privatfirma Corbis soll nun die Bilder
aus New York City in die Kalkgrube bringen
und sie in 65 m Tiefe in einem gekühlten
Lagerraum mit geringer Luftfeuchtigkeit vergraben.
Man nimmt an, dass der Umzug die Bilder
konservieren, aber auch absolut unzugänglich machen
wird.
Gates plant den Verkauf digitaler Scans der Bilder.
In den letzten sechs Jahren wurden 225.000 Bilder
eingescannt, also weniger als zwei Prozent des
Archivbestands. Bei diesem Tempo würde die
Digitalisierung des gesamten Archivs
453 Jahre dauern.
Die Sammlung enthält Bilder von den
Gebrüdern Wright während des Fluges,
von dem am Sarg seines Vaters salutierenden JFK Jr.,
wichtige Aufnahmen aus dem Vietnamkrieg und
von Nelson Mandela im Gefängnis.
Gates besitzt zwei weitere Photoagenturen und hat sich
weltweit die Rechte zur digitalen Reproduktion von
Werken vieler Kunstmuseen gesichert.
Gegenwärtig hat Gates das Recht, geschätzte
65 Millionen Bilder zu zeigen
(oder zu begraben).
[3]
Kabul, Afghanistan, 7. Oktober 2001
Als es Nacht wird über Kabul
starten die USA die ersten Luftschläge
gegen Afghanistan, unter anderem mit
Bombenteppichen von B-2-Maschinen
aus 12.000 m Höhe und mehr als
50 Cruise Missiles.
Präsident Bush bezeichnet die Angriffe als
`sorgfältig gezielt`, um Verluste in der
Zivilbevölkerung zu vermeiden.
Kurz vor dem Beginn der Luftangriffe
kaufte das US-Verteidigungsministerium
die Exklusivrechte an allen verfügbaren
Satellitenbildern von Afghanistan und
den benachbarten Ländern.
Die National Imagery and Mapping Agency,
eine geheime Aufklärungseinheit des
Verteidigungsministeriums, schloss einen
Exklusivvertrag mit der privaten Firma
Space Imaging Inc.
über den Kauf der Bilder ihres
Ikonos-Satelliten ab.
Obwohl es über eigene Aufklärungssatelliten
verfügt, die zehnmal so leistungsfähig sind
wie die kommerziellen, verteidigte das
Pentagon den Kauf der Ikonos-Bilder
Als Geschäftsentscheidung, die
` uns überschüssige Kapazitäten bietet.`
Der Vertrag führte auch zu einem effektiven
`White-out` der Operation, weil er die
Beobachtung der Wirkung der Bombardierung
durch die westlichen Medien verhinderte
und die Möglichkeit einer unabhängigen
Verifizierung oder Widerlegung der Behauptungen
der Regierung ausschloss. Amerikanische und
europäische Nachrichtenagenturen waren
demzufolge darauf beschränkt, ihre Beichte
nur mit Archivbildern zu illustrieren.
Der Geschäftsführer von Space Imaging Inc.
sagte: `Sie kaufen alle verfügaren Bilder auf.`
Es gibt nichts mehr zu sehen.“
+++ p.
A l f r e d o J a a r.