RückWand

„Die Zeit, Frau -“
„Ich hab’ meine Träume nach hinten treiben müssen: immer noch erpicht auf uns, die kleinen Rabauken.“
„- U n s?“
„Nicht angemessen, Dein Tonfall.“
„Verzeih.“

Welcome
to The Machine

Hey! Beloved!
Stier mit den Bockshornkleeaugen, bist
(trafen uns im Nachttierhaus, überschritten die Schwellen, während rechts und links das zahme Geziefer wegspritzte, mein Verräter, Verratener, Berg, den kein Wort mehr versetzen kann)
i h r Jüngling jetzt, horchst an ihrer Rückwand.
The Machine liest Dir Schweigen vor.
Tick für Tick.

(Welcome)

„Okay, hoch mit ihr, sie braucht mehr Sauerstoff.“
„Und – hepp.“
Doch Luft allein bringt mich nicht zurück: Die Löwin steckt fest.
Please mind the gap between the train and the platform

(Jemand am Telefon, ein raunziges Lachen.)
Ich rede nicht so gern. Schreibe in der Sonderausstellung der Liebhe, nicht bei jedem Bild bleib’ ich stehen, doch in jedem, hinterrücks, ist ein Einwurfschlitz zur Aktivierung, man muss sie nur von der Wand wegheben. Wenn meine Bilder zu sprechen beginnen, schreibe ich mit.
Heute bin ich pleite, doch Deine Taschen sind schwer von Münzen, Jüngling,

hier mein Hut.
Schließlich brauchst Du sie nicht mehr. The Machine hat keinen Schlitz.

– Kurier.
– Erster Stock rechts, ich lasse die Tür offenstehen, es gibt kein Namensschild.
Der Mann tritt mit einem Armvoll cremefarbener Rosen ein, ohne Cellophan, sodass ich das Couvert sofort sehe. Ich öffne es, ziehe die Karte heraus.
Bin in fünf Minuten da. Serge.
Dass der Kurier geht, bemerke ich nicht.

(Welcome)

La Chaloupe hat fünf Tische; man führt uns zu einem, ich trage begleite mein mittig gerafftes Kleid mit schmaler, goldener Schließe auf Höhe der Taille, Strümpfe mit Halter, schwarze Pumps mit hellen Absätzen, darunter nichts.
Keine Karte. Er hat das Menü längst entschieden, ich frage nicht nach, frage nie nach, die Fauteuils sind weich, der Raum gediegen, wir plaudern, ich probe meinen Fuß unter dem mit Damast überworfenen Tisch, Amuse-gueules treffen ein, eine Consommé, dann fährt der Kellner einen Tisch heran, zerteilt die Ente vor unseren Augen. Ich ignoriere ihn, wende den Blick nicht von der herangerollten Assemblage, Messing, etwa armhoch, Trichter am oberen Ende, ich warte.
Spiele ein wenig.
Der Kellner greift nach der Zange, nimmt das Gerippe vom Brett, hebt es in den Trichter.
Serge sieht zu mir herüber.
Ich ziehe meine Fußspitze zurück.
Das Gebein verschwindet im Maul der Maschine, während der Kellner die Kurbel dreht, ich
höre
die Essenz aus einer schmalen Röhre am Fuß des Apparats in eine Schale rinnen.
Serge nimmt sie in Empfang, nickt, der dienstbare Geist verschwindet, seine Gerätschaft hinter sich her ziehend, ich sehe ihm nach, dann Serge in die Augen.
Er hebt die Schale an die Lippen, leert sie mit einem einzigen Schluck. Hält meinen Blick fest, senkt sie unter den Tisch, während
ein
leises Plätschern.
– A nous, ma femme.
Lächelnd.
Ich nehme sie entgegen und trinke. Serge lehnt sich zurück, beobachtet mich.
– Erkennst Du das Motiv auf dem Gobelin hinter mir?
– Wie bitte? Ich stelle die Schale ab.
– Hieronymus Bosch, sagt er, Die Hölle. Du kennst das Bild.
– Ja.
– Es hat keine Rückwand.
– Ich auch nicht, sage ich.

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