[Arbeitswohnung, 8.48 Uhr
Winbeck, Zweites Streihquartett]
Weil eben Intensität tatsächlich das Schlüsselwort ist. Auffällig ist doch, wie so vieles, das auf „Modernität” angelegt war und sie oft auch erfüllte, keine zwanzig Jahre später vor Grünspan kaum noch zu erkennen ist, indessen anderes zu seiner Zeit Unzeitgemäßes einfach bleibt. Hierüber wäre in der Tat ein Gespräch zu führen. Elvira M. Gross (>>>> „Über das Wesen der Liebe in der Literatur”) hatte genau dies in ihrer unendlich sensitiv-sinnlichen Art während der gesamten Moderation deutlich zu machen versucht, und ich hatte den Eindruck, daß ihr viele Hörer:innen folgten. Das geradezu erschreckend-berauschende ist, wie ihre Haltung körperlich zu sehen ist – als gingen Wellen von ihr aus. Sie spricht fast durchweg nach innen, wobei die Verständlichkeit spannenderweise über den österreichischen Dialekt gewahrt bleibt… nein, nicht „Dialekt”, sondern „Sprachmusik”. Wo ich selbst hart wirken mag, oder sagen wir: unerbittlich, fügt sie eine Verletzlichkeit hinzu, die keines Herz verschlossen läßt. Sie ist für meine Dichtung in der Tat die beste Anwältin, die sie hätte finden können.
Zu Anfang der Lesung, als wir das Podium betraten, fand wiederum ich selbst zwei Geschenke an meinen Leseplatz gelegt, die Zigarren von dem Profi, der zu meiner großen Freude hinten im Publikum saß, und eine noch jetzt verschlossene Gabe mit rotem Bändchen von Ana, meines Freundes >>>> Broßmanns Gefährtin, der ebenfalls gekommen wa:
Ich hatte Kipling früh gelesen, aber seine Bedeutung wurde mir erst durch Bemerkungen Jorge Luis Borges‘ klar, und zwar genau zu diesem Wellengedicht, dessen Formprinzip ich fast zwei Jahrzehnte später in Meere übernahm.
Es hilft, so etwas zu wissen – auch wenn Ana am Cafétisch monierte, ich schlösse mit dieser Art des Arbeitens sehr viele Leser:innen aus, die eben nicht über solche Bildung verfügten. Damit rührte sie an eine für Kunst prinzipielle Frage; wenn nämlich allgemeine Zugänglichkeit zur conditio sine qua non wird, wird sie sich in einer Zeit zunehmend verflachen, die Bildungsinhalte nicht mehr vermittelt. Deshalb gehört, dies zu tun – also zu bewahren – zu den „Aufgaben” der Künste mit. Sie sind ein Archiv unserer Herkünfte – und ihrer, das ist wichtig, Vermischungen. Wer will, kann es öffnen und betreten. Da paßt der heutige Morgen>>>>ecker geradezu unheimlich, in dem auch der schlaghafte Satz „Wasser ist das Gegenteil von Umblättern” steht:
Gut, liebste Freundin, an die Arbeit. Allerdings werde ich vor elf noch einmal unterbrechen müssen, um durch den mal wieder Regen zur Fußpflege zu radeln. Ist mir wichtig, anders fühle ich mich unwohl, zumal vor einer Messe.
Bin ich zurück, werde ich in den Ghostroman weiter die Nachträge einpflegen und mir dann die fünfte der alten Erzählungen vornehmen.
Alban, ich bezweifle ja, dass ich die notwendige Bildung für Deine Literatur habe und doch habe ich das Gefühl bis zu einem gewissen Grad sehr gut in die „Wellen“ einsteigen zu können… Vielleicht braucht es eben nicht nur die Geistes-Bildung? Vielleicht auch die Herzensbildung, um zu schwingen mit dem was an Wellen spürbar wird?
@ChristineH Nein, ich glaube auch nicht, daß frau/man die Bildung immer faktisch braucht – aber dann ist der Wille, ja Wunsch nötig, sich einzulassen. Daran hapert es, denke ich, bei vielen. Denn alles andere ließe sich ja finden. Der Zugang zum Wissen war noch nie so leicht wie heute – doch scheint ihn genau das zu versperren.
Siehe auch die Anmerkung des Literaturveranstalters >>>> im Katzen-der-Wahrheitsjournal von vorgestern. Es ist nicht unbezeichnet, daß solche Beobachtungen, werden sie mitgeteilt, nicht einmal abwehrende Reaktionen bekommen.
Bilder
@Gaga zu den Bildern: Leider nicht sichtbar, auch kein Link. Mag an meinem Ipättchen liegen. „Sicher“heitshalber hier der mir über FB zugesandte Link:
https://www.flickr.com/photos/gaganielsen/23687238928/in/set-72157686755998681/lightbox/
(die Unsichtbarkeit liegt an einem fehlenden oder deaktivierten Adobe Flash-plug in, mit dem die eingebettete Diaschau abläuft. Firefox warnt standardmäßig vor Flash, man muss es eigens aktivieren…. daher sehe ich die slideshow hier)