Zwar wehte Wind mir entgegen im Gassentunnel, der direkt an der Garage ins Freie mündet, in der nunmehr immer freundlich grüßend die Kartenspielerinnen sitzen (einen anderen Weg zum Tabaccaio gibt’s nicht, es sei denn, man wollte erst rauf- und dann wieder runtergehen, aber sollte ich sie nicht grüßen, meine Kartenspielerinnen?), aber der legte einem Pelzmäntel um. Dasselbe Gefühl beim Betreten des Hofes seit Tagen. Laut ‘meteo’ knapp 40° an diesen Nachmittagen. Durch das Schließen und die nachmittägliche Verdunklung der Fenster gelingt es mir, im Arbeitszimmer immerhin bei ‘nur’ 25° zu sitzen.
Hinzu kam gegen drei nach einer Ablieferung die Befürchtung, mein Auto in die Unterstadt bringen zu müssen, denn dort wo es stand, waren heute morgen plötzlich Verbote aufgestellt. Heißt, für die nächsten zehn Tage füllt sich der Platz mit Eisbein-, Hähnchen- und Schweinswurstessern. Und auch deshalb darf die Fenster selbst abends nicht öffnen: die Grillmaschine steht auf dem Platz und der Geruch verbreitet sich rasch in der Wohnung.
Gestern abend kam noch der Geruch riesiger Kerzen hinzu, die man in der Gasse aufgestellt. Denn endlich fand die Theatervorstellung in dem Gassenabschnitt vor meinem Hof statt. Was ich aber erst hinterher merkte.
Denn noch bevor es losging und ich schon hungrig auf das schaute, was in der Pfanne brutzelte, schneite Tullia mit einem Slapstick-Vorschlag herein und insistierte derart freimütig in ihrem knappen Kleidchen (nein, nicht verführerisch, ein Wort, daß ich eh’ dem Archiv überantwortet habe) und in ihrer “Egal”-Art, daß ich mich tatsächlich helmbewehrt hinter sie auf die Vespa setzte und mich abwärts entführen, während ich ihr Reden des Entsetzens ins Ohr rief, irgendwann auch eine Hand auf den roten Helm stülpen mußte, denn ich hatte als völliger Vespa- und Moped-Laie überhaupt nicht daran gedacht, das Ding unter dem Kinn zu befestigen. Was das Festhalten mit einer Hand nicht unbedingt beförderte. Gewisse Assoziationen zur Schlußszene von >>>> Doctor Strangelove.
Aber da waren wir auch schon. Bar Fuori Porta, neue Einrichtung, neuer Kellner. Ihr Schwarm. Bzw. sie sein Schwarm. Also absolute Hormonschleuder, für die sie einen Zeugen brauchte (und nannte mir die Jahre, seit ihr Ex und Kindervater ausgezogen, sowie die Episoden mit dem Franzosen und dem Deutschen). Und aßen dort unten und tranken Wein und sprachen über solche Dinge. Natürlich blieben die Gespräche immer im Satz stecken, sobald der Kellner auftauchte… und das Thema ging in irgendeine andere Richtung.
Dann ging’s slapstickmäßig wieder hinauf, diesmal mit festgeschnalltem Helm. Ich bedauerte lediglich, daß niemand von denen unterwegs war, die in der Lage gewesen wären, mich zu erkennen. Lauter fremde Leute!
In der Oberstadt eine Riesenmenschenansammlung vor der Gasse, die zu meinem Hof führt. Man lasse die Leute nur kontingentenweise zur Theateraufführung, die scheinbar nur so etwas wie 20 Minuten dauerte, um dann ständig wiederholt zu werden mit immer neuen Zuschauern. Der Hofeingang war schon am Nachmittag mit Tüllfetzen geschmückt worden. Übliches Thema: ‘Unsere Stadt im Mittelalter’. Mit natürlich pseudomittelalterlichen Kostümen.
Unter der Büste des Alarico waren Tische aufgestellt, die Bar war offen. Und einen letzten Drink (“mela verde”). Schlich mich dann auf die nicht belagerte Seite der Gasse, erwischte einen Moment, wo alle sich vom Hofeingang zum Zweitschauplatz hundert Meter weiter entfernten, schlängelte mich durch eine Sperre und flutschte in den Hof und zu mir.
Langsames Abarbeiten der Restarbeit. Ab Sonntag drei Wochen Arbeitsverweigerung!