III, 306 – Hab’ ich jemals gebrüllt?

Hab’ ich jemals gebrüllt? Die Frage stellte sich auf Seite 299 von >>>> ‘Mammut’, das die Gedichte >>>> Gerd-Peter Eigners enthält, die 2016 erschienen sind. Letzte unverklausulierte Spur eines, dem ich beim Lesen gern das Epitheton “Voilà, un homme” zumesse. Es ist, wie es ist. Nicht das, was man sich unter einem Gedichtband vorstellt. Nichts Destilliertes, eben anders hochprozentig. Und mit Bernhard bin ich sowieso nicht einverstanden, der in ‘Holzfällen’ Paul Celan als einen “beinahe wortlosen Dichter” bezeichnet. Es ist mit dem Dichten eine ganz eigene Navigation. Und so steht es da auf Seite 299 als Titel des IX. Kapitels: “Hab ich gebrüllt”.
Stieß mir auf. Ich kann mich nicht erinnern, jemals gebrüllt zu haben als hier ab und zu am Schreibtisch, dann aber mit Lust. Brüllen als Selbstzweck. Nicht als Entfesselung aggressiver Tiraden. Auch nicht vor Schmerz. Eher verkroch ich mich in ein unbestimmtes Beten, das einfach nur den Schiß übertönen wollte, der sich einstellte. Mit Sicherheit wahrscheinlich das eine Mal, als ich mit gebrochenem Arm auf dem Sofa auf die abwesenden Elter wartete (als ich auf den abwesenden Eltern auf das Sofa wartete).
Aber zum Anbrüllen braucht es immer jemanden, den man anbrüllen kann. Und statt des Brüllens zog ich in solchen Fällen das Zertrümmern von Gegenständen (2006) oder die Entfernung meiner selbst vor (Weglaufen, einmal Pillenschlucken). Einmal endete es in einer Ohrfeige für meinen Cousin, der einem anderen den Vornamen Mutter gesagt hatte, über den er, der eigentlich Nichtswürdige und Ohrfeigenuntaugliche, sich dann lustig machte.
Gestern herrschte noch Durchzug, und hatte seinen Sinn zu sagen: Lorbeer im Wind und Wörter, die mit S anfangen. Nichts davon heute. Die S-Trümpfe schon längst ausgespielt. Der Lorbeer rührt sich nicht.
Nicht bei den Kartenspielhexen in der Garage, die mich gerade mal so bemerkten, aber eben doch bemerkten: ein Blick geschieht immer.
Ebenso gestern, da saß mein Tabaccaio dabei und fragte aus der Garage heraus: “Wohin des Wegs? Zu mir?”, obwohl er in Wirklichkeit fragte: “Vai là?”, und ich antwortete: “Sì, vado là.” Womit all das Gemeinte gemeint war. Als ich auf dem Rückweg wieder daran vorbeikam, saß er immer noch da, bemerkte mich aber nicht, denn er schaute auf den Garagenboden.

[…] und anstimmen die Untertöne
die herber sind als die Melodie
denn dunkel ist das Licht
das im Hellen leuchtet
und schwerer
genauer
gerechter die Nacht
als der Tag

Eigner, Omelett und Nachtisch

III,305 <<<<

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