8.54 Uhr:
[Arbeitswohnung. >>>> Alfred 23 Harth: Nun.]
„Jetzt hätte ich Lust, sehr sehr gut essen zu gehen”, sprach der Profi.
Wir saßen auf der Straßenterrasse >>>> unserer Bar, und ich hatte, so lange ich auf ihn wartete, einmal wieder Moravia gelesen. Jetzt war es bereits nach 23 Uhr. Die Abkühlung hatte begonnen, schon vor dem Dunkelwerden hatten sich dunkel die Wolken zusammengeschoben: heraufgeballt überm Hotel Berlin, dessen neonige Röhrenmuster spielten.
Ich hatte über den ganzen Tag, abends, einen Tomatensalat gegessen, das war’s gewesen, und an sich wollte ich’s dabei auch belassen. Aber des Profis Satz ganz kam von so tief unten, wo sein Herz glüht, daß er mich miterfaßte.
Gezahlt hatten wir schon, was in meinem Fall bedeutet: Ich hatte die Rechnung unterschrieben. Mehr muß ich in der Bar nie tun. Alles andere geschieht von ganz alleine, Finanzen kommen nur beim Trinkgeld ins Spiel. Seit einigen Jahren weiß ich, was es heißt, mit seinem guten Namen zu bezahlen. – So standen wir auf, er hatte einen Vorschlag gemacht: „Laß uns ins >>>> La Crapule.” „Wo ist das?” „Skalitzer Straße.” Weshalb ich nun durch drittels Berlin fuhr, auf dem Rad, lustradelnd muß ich das nennen, immer den Kanal lang und über den Kanal drüber und wieder am Kanal lang. In einer Glitzernacht. Ich hatte vorgesorgt: zu dem T-Shirt, das ich auf der Fahrt in die Bar trug, ein weiteres T-Shirt und fürs Draußensitzen den löwenfarbenen Rolli, den mir die Löwin geschenkt hat. Den hatte ich unterdessen an. Zog ihn, endlich am Restaurant angekommen (dreimal war ich dran vorbeigefahren, weil ich ein ganz anderes Interieur im Kopf hatte und deshalb projizierend durch die Kneipenscheiben sah), wieder aus und das zweite T-Shirt an. „Ich habe einen Meridon bestellt”, sagte der Profi, „er braucht aber noch eine Viertelstunde Luft.” Ganz leichter Kork, der aber so auf der Linie dieses Weines lag, daß er den Character mittrug und wir deshalb nicht schimpften. Rindecarpaccio, so fein wie Tatar, der Profi eine Jacobsmuschel, danach er – um „saignant” bittend – ein Steak, ich Seeteufel mit Lachs auf Prinzeßbohnen. Da wurde es ein Uhr nachts. Ich könne bei ihm schlafen, schlug er vor. Das war näher als der Prenzlauer Berg. Hätt ich auch gern getan, aber ich habe um zehn Uhr einen Telefontermin mit meiner Redakteurin wegen Dropbox und Hörstück und wollte kontrollieren, ob die Datei auch akkurat hochgeladen war. Und ich hätte eh früh aufstehen und losfahren müssen, wenn der Profi noch schlief; kein gemeinsames Frühstück also. Zumal war schon der Regen zu ahnen, der käme und nun gekommen ist; nachts war noch die Chance, trocken an den Schreibtisch zu kom men.
Somit die nächste Nachtfahrt. Gestern war deshalb ein guter Sporttag: erst das Training, dann noch an die fünfundzwanzig Kilometer mit dem Rad. Hab ich Ihnen schon erzählt, daß ich mein Gewicht von vor fünfzehn Jahren wiederhabe? Ich merke das besonders bei den Hosen meiner alten Anzüge, die alle wieder passen; Anzüge halten bei mir immer Jahre, und zwar um so länger, je mehr ich sie beanspruchte habe und beanspruche. Ein eigenartiges Phänomen, das mit meiner Selbsthaltung auffällig zusammenhängt: je weniger man sich „Ruhe” gönnt, also je weniger man dazu neigt, „relaxen” zu wollen oder gar zu müssen, um so leistungsfähiger bleibt man, ja man steigert die Leistungsfähigkeit immer noch. Es ist tatsächlich wie mit dem Training; allerdings muß man dann Bogen zwar bis zur Elastizitätsgrenze des Holzes spannen, aber darf das Spürchen drüber nicht hinaus, damit er nicht bricht. Dafür braucht man Intuition.
[Arbeitswohnung. >>>> Alfred 23 Harth: Nun.]
„Jetzt hätte ich Lust, sehr sehr gut essen zu gehen”, sprach der Profi.
Wir saßen auf der Straßenterrasse >>>> unserer Bar, und ich hatte, so lange ich auf ihn wartete, einmal wieder Moravia gelesen. Jetzt war es bereits nach 23 Uhr. Die Abkühlung hatte begonnen, schon vor dem Dunkelwerden hatten sich dunkel die Wolken zusammengeschoben: heraufgeballt überm Hotel Berlin, dessen neonige Röhrenmuster spielten.
Ich hatte über den ganzen Tag, abends, einen Tomatensalat gegessen, das war’s gewesen, und an sich wollte ich’s dabei auch belassen. Aber des Profis Satz ganz kam von so tief unten, wo sein Herz glüht, daß er mich miterfaßte.
Gezahlt hatten wir schon, was in meinem Fall bedeutet: Ich hatte die Rechnung unterschrieben. Mehr muß ich in der Bar nie tun. Alles andere geschieht von ganz alleine, Finanzen kommen nur beim Trinkgeld ins Spiel. Seit einigen Jahren weiß ich, was es heißt, mit seinem guten Namen zu bezahlen. – So standen wir auf, er hatte einen Vorschlag gemacht: „Laß uns ins >>>> La Crapule.” „Wo ist das?” „Skalitzer Straße.” Weshalb ich nun durch drittels Berlin fuhr, auf dem Rad, lustradelnd muß ich das nennen, immer den Kanal lang und über den Kanal drüber und wieder am Kanal lang. In einer Glitzernacht. Ich hatte vorgesorgt: zu dem T-Shirt, das ich auf der Fahrt in die Bar trug, ein weiteres T-Shirt und fürs Draußensitzen den löwenfarbenen Rolli, den mir die Löwin geschenkt hat. Den hatte ich unterdessen an. Zog ihn, endlich am Restaurant angekommen (dreimal war ich dran vorbeigefahren, weil ich ein ganz anderes Interieur im Kopf hatte und deshalb projizierend durch die Kneipenscheiben sah), wieder aus und das zweite T-Shirt an. „Ich habe einen Meridon bestellt”, sagte der Profi, „er braucht aber noch eine Viertelstunde Luft.” Ganz leichter Kork, der aber so auf der Linie dieses Weines lag, daß er den Character mittrug und wir deshalb nicht schimpften. Rindecarpaccio, so fein wie Tatar, der Profi eine Jacobsmuschel, danach er – um „saignant” bittend – ein Steak, ich Seeteufel mit Lachs auf Prinzeßbohnen. Da wurde es ein Uhr nachts. Ich könne bei ihm schlafen, schlug er vor. Das war näher als der Prenzlauer Berg. Hätt ich auch gern getan, aber ich habe um zehn Uhr einen Telefontermin mit meiner Redakteurin wegen Dropbox und Hörstück und wollte kontrollieren, ob die Datei auch akkurat hochgeladen war. Und ich hätte eh früh aufstehen und losfahren müssen, wenn der Profi noch schlief; kein gemeinsames Frühstück also. Zumal war schon der Regen zu ahnen, der käme und nun gekommen ist; nachts war noch die Chance, trocken an den Schreibtisch zu kom men.
Somit die nächste Nachtfahrt. Gestern war deshalb ein guter Sporttag: erst das Training, dann noch an die fünfundzwanzig Kilometer mit dem Rad. Hab ich Ihnen schon erzählt, daß ich mein Gewicht von vor fünfzehn Jahren wiederhabe? Ich merke das besonders bei den Hosen meiner alten Anzüge, die alle wieder passen; Anzüge halten bei mir immer Jahre, und zwar um so länger, je mehr ich sie beanspruchte habe und beanspruche. Ein eigenartiges Phänomen, das mit meiner Selbsthaltung auffällig zusammenhängt: je weniger man sich „Ruhe” gönnt, also je weniger man dazu neigt, „relaxen” zu wollen oder gar zu müssen, um so leistungsfähiger bleibt man, ja man steigert die Leistungsfähigkeit immer noch. Es ist tatsächlich wie mit dem Training; allerdings muß man dann Bogen zwar bis zur Elastizitätsgrenze des Holzes spannen, aber darf das Spürchen drüber nicht hinaus, damit er nicht bricht. Dafür braucht man Intuition.
Also das Telefonat gleich, dann zweidrei Briefe, dann Abendscheins Lektoratsvorschläge zur Kleinen Theorie des Literarischen Bloggens bearbeiten. Abends schließlich wird BRSMA aufkreuzen, und wir werden gemeinsam das neue Hörstück abhören.
Guten Morgen.
Spannend, was >>>> Harth da macht.
Ach ja, eine kleine Erzählung stelle ich Ihnen nachher noch ein. Auf die Hauptsite Der Dschungel.
[Nachtrag, 4.7.: >>>> erledigt. √ ]
Zweiter Latte macchiato.
Madiran! Defätist oder zuviel getrunken?
profis @ Ähm. Dann bitte den richtigen Namen nachtragen.