III, 281 – Undinengrüße

Auch zum Hippokrates wallte ich wieder, dem Sohn der Erbauer des Landhauses, dessen Verlassen bald zehn Jahre zurückliegt, und in dem ich acht gelebt. Kurzer Blick in die Befunde, die sich aus abgezapftem Blut, aus dem Urin ergeben hatten. Leichte Anämie, sonst nichts. “Un campione!” sagte Äskulap tags zuvor.
Und so wird wahrscheinlich Deianira mir das Hemd angelegt haben, das zu tragen mir nunmehr anbefohlen. Nexus. Und mir nicht unbedingt weitertragende Gedanken eingibt als eher das mir jetzt vorschwebende Bild eines im Schnee liegenden Hasen und einem gebieterischen Zentaur daneben. Waidmannslust. Eine Radierung von >>>> Klinger. Im Schnee liegen.
Aber da beide, Äskulap und Hippokrates, nichts Wirkliches wissen, machen sie’s kurz. Keine Ahnung, wo das hinführen wird.
Das Problem ist: ich möchte nicht darüber schreiben. Denn auf den Schwellen lauert immer Unvorhergesehenes. Wie gestern, als ich vom Bioladen zurückkehrte. Ein Miniauto näherte sich unter dem überwölbten Durchgang, an dessen Ende ein Auto so geparkt stand, daß es nicht vorbeigekommen wäre. Also winkte ich, warnte vorm zwecklosen Weiterfahren.
Die Fahrerin stieg aus. Murmelte irgendwas von “Attilio”. Der mich tatsächlich mal angesprochen, es sei da eine, die habe Briefe auf Deutsch an ihren Vater, die er aus Deutschland bekommen, wo er in der Nähe der holländischen Grenze in Kriegsgefangenschaft gewesen sei. So ward ich denn erkannt. Als Utscher.
Genau darum ging’s dann. Und es fing an: eine halbe Stunde Lebensgeschichte. Ertrug halbwegs ihre Duft-Emanationen. Sie ist, seit ich dies schrieb vor ein paar Tagen, nicht vorbeigekommen, was mir mehr als recht war. Denn, so dräute sie, sie habe einige Geschichten von Amelia auf Lager. Es würde mich im Moment nur stören und von Wichtigerem abhalten.
Während das innere Augen um die Inseln auf dem Rücken schippert, die andere Perzeptoren vorzeichnen, Nervenenden. Und das nächtliche Krallen nach ihnen.
Gestern mußte ich mich dann doch mischen unter die Leut’ auf der Straß’, es war kein Bargeld mehr da. Und wes das Herz voll, des geht der Mund über. Es läßt sich nicht überspielen, das – sagen wir mal – Zipperlein. Allein das Erwähnen drängt einen in die Ecke dieser ständigen Unterhaltungen über Krankheiten, die ich früher immer gehaßt habe. Und so kam mir neulich der Egger ganz recht mit seinem Vokabular.
Vertraute mich also an: Tullia, die einen Caffè spendierte und mir anbot, mich zu irgendwelchen schwefelhaltigen Quellen zu fahren. Was ich aber ablehnte. Mein Zustand ist Undine an ihrem bestimmten Tag. L’ami belgique mit seiner Tochter, die nun begonnen, auf eigenen Beinen zu gehen.
Wo aber, wenn nicht aus Tunkentiefen, nehm’ ich, was gängig im Gingich hervorplappert das Mitihmzighosen-Syndrom, wo wird ihm da Birne, wo Rotwerden ihm bis zu den Knöcheln zu gar zu gern versteckter Zierde gereicht, um allen Bemerkungen à la ‘Ey, haste Tomaten gefressen?” vorzubeugen?
So kleid’ ich mich grau. Und warum nicht gar: als Frau. Reime geben merkwürdige Gedanken ein. So wie jetzt der Gedanke an Suppe und Puppe. Undinengrüße aus der geheimen Kemenate, aus dem Unlicht.

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