9.35 Uhr:
[>>>> Fauré, Elegie für Cello und Ochester.]
Etwas bedüdelt bin ich noch, so viel Eierlikör, dazu Bier, dann später noch im feinen Amici Amici gegrillte Calamaretti auf Salat. Ein paar, darf ich so sagen: Stimmungsbilder aus dem Rauschgold hab ich >>>> dort heute früh noch eingefügt und mir, seit ich aufbin (8.15 Uhr!), im übrigen bislang die Zeit damit vertrieben, einen Haufen >>>> Janos-Starker-Aufnahmen von zwei mp3prallen DVDs auf die Musikfestplatte zu kopieren. Da hör ich mich gerade durch, obwohl mir eigentlich nach Pergolesis Stabat mater gewesen war, welches ich heute zu Ihrer Musik des Tages machen wollte. Vielleicht kommt’s noch.
Jedenfalls die Lesung.
Erstmal war ich ganz woanders, nämlich auf der „Book Release Party” für >>>> Frank Fischers Südharzreise, das ich Ihnen, >>>> mit Bezug auf Keuschnigs vortreffliche Besprechung, als lockere, durchaus ironische Lektüre ans Herz legen will. Was >>>> Paco „abstrakten Tourismus” nennt, ist nämlich alles andere als das, sondern erreicht nicht selten die freche Sinnlichkeit Heinrich Heines, der bekanntlich ebenfalls eine Harzreise (be)schrieb. Paco las dann auch vor, viel zu kurz, fand nicht nur ich. Als ich endlich in dem eingangswirren Heidestraßenkomplex die richtigen Treppen hinauflief, meinte ich einen Moment lang, >>>> Aléa Torik aus den von oben herunterlachenden Stimmen herauszuhören, aber dann, obwohl der Besuch überschaubar war, sah ich sie nirgends, fragte aber auch nicht nach ihr, weil das wieder Gleitcreme auf die falschen Gerüchte gewesen wäre, die sich eh schon verbreitet haben: ich hätte die junge Frau usw. Jemand hat ja sogar geschrieben, Aléa sei, von mir hypnotisiert, in meine Fänge geraten. Immerhin kroch ich in der Galerie, die sich für eine Ausstellung mit sehr schlechter Kunst, also keiner, vorbereitete, aus einem der wärmehalber aufstehenden Fenster auf ein Baugerüst: vielleicht daß sich meine n i c h t->>>> Banater Emmanuelle dort hinausgeflüchtet, vor mir wohlgemerkt, hatte; mein Eindruck ist nämlich keineswegs, daß sie in meinen Fängen ist, nein, nein, die ist viel zu schlank, um sich nicht sofort wieder hinauszuglitschen, wenn sie – falls sie – sie spürt.
Was ’n desolater Morgen, nix Struktur. Sogar mein Bub hat für mittags das Essen abgesagt, so kann ich in den Tag und durch ihn weiter schlurfen. Das liegt am Eierlikör. Der stand auch nicht allein, der wurde von Schololade ausgekleideten Becherchen serviert. Dazu zwei halbe Helle. Und wieder Eierlikör. Wobei der zur Lokeijschn gut paßte, so rotplüschig, so Glitzerkugel glitzerwandernd durchgepunktelt. Wir Autoren saßen vor einer riesigen gelbrosa Fünf, weil das Rauschgold wohl Jubiläum gehabt hatte.
Also Pergolesi. Ich kam des Profis wegen drauf: >>>> dieses Stabat mater gehört zu seinen Lieblingsmusiken, also jenen innigen, bei denen auch härtestgesottenen Mitarbeitern des Kriegsminsteriums, das so nicht mehr heißt, die Tränen kommen. Sehnsucht & Hoffnung. Die mich gestern, beide, ein wenig enttäuschten. Nämlich hatte der Profi kurz vor der Veranstaltung absagen müssen: „Wir werden die Nacht durch tagen”, er formuliert solche Eisenhölzer gern und oft. Stattdessen war mein Anwalt da, der >>>> meines Berlinjournals halber offenbar anstehende Widrigkeiten witterte. Er irrt sich selten, deshalb war ich den ganzen Abend über furchtbar nervös. Jedenfalls seinetwegen. Und wegen Artemis, die, hochgewachsen, langbeinig, unversehens in Begleitung eines stattbekannten Devotionalienhändlers erschien: ein schneller, kleiner, heftiger Mann, von dem ich aber nicht annehmen wollte, daß er mehr als nur Begleiter für sie sei. War er auch nicht. Sie hat abgenommen seit unserer letzten Begegnung, ihr Körper ist der eines Catwalk-Models wieder, und sie weiß das. Vor Jahresbreiten (leider nicht mein Wort, sondern P.D.Q.Bachs) schenkte sie mir eine Uhr, weil sie fand, ein dominanter Mann müsse s o eine tragen, die meine sei zu fein. Wir haben gestern dann viel gesprochen, Erziehungsfragen, Frauenerziehungsfragen: es sei doch offensichtlich so, sagte ich, daß sie es s c h ä t z e, am ausgestreckten Arm gehalten zu werden. Auch das „gehalten” hat ihr Doppelsinn. Ihre Beine auseinandernehmen wollte sie dann aber doch nicht, nicht auf offener Straße; immerhin saßen wir unterdessen beim Italiener auf der Straße Mehring/Ecke Yorck. „Wenn es wieder wärmer ist”, sagte sie mir nachher ins Ohr. In der Tat. Ein Abend der Zweideutigkeiten. Immerhin hatte es wirklich aufgefrischt –
– oh, es hat geklingelt. M. Er kommt wegen des IPhones. Ich schreibe später weiter. Bleiben Sie dran. Denn Artemis l o h n t sich. (>>>> Dort, übrigens, habe ich eben noch ein paar Fotos aus dem Rauschgoldengel eingestellt… für den Fall, daß Sie Bilder brauchen für die Vorstellungskraft.)