III, 222 – Os lunatum

In den Töpfen ist Wasser. In dem einen Wasser liegen Kartoffeln, in dem andern noch nichts. Und wenn ich nach links schaue, staunt mich aus einem aufgeschlagenen Buch das Wort “vermählen” an. Und flugs bau’n sich Wedding-Barrikaden (Neucrantz) auf.
Tröpfe setzen Wasser auf. Für ein Ei, eine Kartoffel. Das eine schlurft ums andere. Wie das Auto die Einbahnstraßen zirkelt, die hinab- und hinaufführen. Daß sie solche sind, kann man ihnen nicht verdenken.
Ob jemand mit ihnen spricht, weiß ich nicht. Aber Einbahnstraßen sind keine Sackgassen, die sich den Barrikaden vermählen könnten, es sei denn “Geschichte wird gemacht”.
Eklektik und Ekliptik.
Mein schlechtes Gewissen wegen morgen: Irgendwas von Cohen vortragen. Das einzige, was ich weiß, ist meine Stimme. “Everyboy knows”. Oder “Anthem”? Und die Idee, ihm sei in seinem “Rócklánd” (Ginsberg) der Akzent auf der ersten Silbe verloren gegangen und zu einem “Suzanne” ans flache Ufer geschwappt. Wahrscheinlich also morgen auf den letzten Drücker. Denn ich kann mich nach wie vor nicht mit ihm anfreunden.
Wir kreisen nicht wirklich umeinander. Ebensowenig wie der Mond um die Erde.
Ekliptik. Wir nähern uns, aber wir entfernen uns dann auch wieder.
Einmal traut man sich, es einzugestehen. Das letztere, das “wir entfernen uns”. Beim zweiten Mal ist man schon vorsichtiger. Beim dritten Mal traut man sich gar nicht mehr, es ihr zu sagen, denn sie rief beim letzten Mal die Polizei. Dies jetzt vom Blatt – entsprechend uminterpretiert – abgelesen, das neben dem aufgeschlagenen Buch mit dem Wort “vermählen” liegt.
Es geht dennoch um ein Umkreisen. Wie auch immer das eine zum anderen sich verhält. In einer ekliptisch aufgefaßten Denkweise, die gleichzeitig auch immer eklektisch ist, wäre ein solcher Satz jedenfalls nicht möglich, weil er so ein Eins-zu-Eins-Satz ist, wie man ihn aus der Linguistik kennt, von der Art “Peter schlägt Paul”, und er mag auch für diesen gelten:
Nicht das komplexe Zeichen “Der Mond umkreist die Erde”, als unanalysierte Einheit aufgefasst, sagt, dass der Mond, der in vielen Sachverhalten vorkommt, zur Erde, die auch in vielen Sachverhalten vorkommt, in der Beziehung des Umkreisens steht, sondern dass das Zeichen “der Mond” in einer syntaktischen Beziehung zum Zeichen “die Erde” steht, sagt, dass der Mond, der noch in vielen anderen Sachverhalten vorkommt, zur Erde, die auch in vielen anderen Sachverhalten vorkommt, in der Beziehung des Umkreisens steht. Holm Tetens, Wittgensteins “Tractatus”
Gestern dachte ich noch, das sei ein toller Satz.
Die Töpfe enthalten bzw. enthielten Wasser, unter ihnen war Feuer. Das Wasser reagierte. Die hineingetanen Dinge reagierten.
Eine Konsequenz davon war das Schlagen der Eischale auf den harten Rand des Spülbeckens.
Jetzt muss ich mich aber doch in “Everybody Knows” als etwas, das viele Sachverhalte umkreist, einstimmen und verbleibe bis übermorgen…

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