Nun d o c h ein Wort zu Hegemann. In einem Brief an Oberländer.

(…)
Wegen der Schkandals halte ich mich eigentlich lieber zurück, vor allem, weil ich das Buch nicht kenne und irgendwie auch nicht lesen mag, nachdem mir mein Freund *** >>>> vom LCB erzählt hat, noch v o r dem Schkandal, er habe es nach fünfzig Seiten in die Ecke gepfeffert (“Was soll mir aber, um gerecht zu sein, eine 17jährige auch zu erzählen haben?”) — ich finde, der Skandal ist ein anderer: Die Damen und Herren Literaturvermittler merken, daß sie selbst in die Tage kommen und suchen, den Machtanschluß an die Jugend zu halten. Also jubeln sie hoch. Dann merken sie, daß sie irgendwie gelinkt worden sind… nicht von dem Frollein Hegemann, nein, das tat nur, was das Ihre ist und vielleicht auch gar nicht falsch – es ist ja was dran, an dieser neuen Art, Wissen zu erfahren und zu verwenden… das wäre eine ganz andere Diskussion… SONDERN: man stellt sich nun halb v o r das Mädel, halb hat man aber schon >>>> die Messer gezückt, um ihm die poetischen Brüstchen abzuschneiden. Dann opfert man das Tier. Der Rauch steigt auf, die Priesterinnen und Priester verneigen sich und schreiten zurück in die Tempel ihrer Feuilletons, um dort das Wort Gottes weiterzuhören, das sie auch gänzlich unentmachtet dem Leservolk weiterhin verkünden dürfen; dieses merkt nichts, denn ist von den Brüstchen und dem Rauch entzückt. Und bleibt das. Die Sympathie des Volkes ist immer auf der Seite mächtiger Betrüger, nicht aber machtloser. Das Frollein Hegemann, zumal bereits geopfert, war’s jedenfalls n i c h t, die betrog. Was immer man dazu aber auch sagt: tut man’s im Öffentlichen Raum, befächelt man die Falschen.
(…)

[Seriöser geht >>>> Gregor Keuschnig mit dem Fall um.]

35 thoughts on “Nun d o c h ein Wort zu Hegemann. In einem Brief an Oberländer.

    1. o.k. silent_marc, das reicht nun wirklich aus, den vorliegenden sachverhalt einseitig-perspektivisch verkürzt anhand der netzrealität gediegen mit zu schubbern.
      dass eine 17 jährige sich mit dem geistigen sudelkram sogenannter kollegen altväterlicherlicher provenienz auseinanderzusetzen hat lässt sie womöglich wachsen, bei all der schmerzhaftigkeit, welche so manche lax dahingerotzte formulierung evozieren mag.
      letztlich geht es ja darum dass da jemand jung ist, gelegentlich drogen nimmt und
      talent hat, welches sich erstmal nicht einem bürgerlichen mainstream – oder was man dafür halten wollte, brav anbiedert, – um etwas was noch jenseits altbackener zäher stellungskriege verortet ist, so altbacken-geriatrisch die sampling – methodik auch daherkommen mag.
      man – frau sollte es wirklich so früh wie möglich lernen, respektlos mit pseudointellektuellen “kritikern” umzugehen ohne jedoch versucht zu sein, so manches derb-katastrophalen kopfgemülle akkurat mit- bzw. nachzeichnen zu wollen.

    2. klaus, ich vasteh dir nich ersma hat h in seinem brief doch für hegemann position bezogen, nich gegense, un von respektlos umjehn kanna nu ooch niche rede sein. die hat abjekupfert, det is alles. un h sagt dassas vielleicht sojar richtich is, dasse das jemacht hat. also er is doch uff ihra saite. büschn blünd bisse, äh?

    3. Lieber Klaus, ich fürchte, nicht nur >>>> Ihr Ressentiment gegen mich macht Sie blind, sondern daß sich zugleich der medizinische Befund einmal mehr bestätigt, demzufolge sich manch einer durch fortgesetzte Inhalation schlichtweg das Gehirn wegkifft… nein, nein, keine Sorge, das Organ bleibt schon noch da; es ist vielmehr ein Problem der semantischen Verschaltung und kann vielleicht über dieselbe noch behoben werden, vorausgesetzt, Sie übertreiben es nicht und machen aus Exzessen nicht Gewohnheit.
      Denn hat der langsame nicht recht, von dem ich erst annahm, Sie seien auch er, daß ich f ü r Frollein Hegemann Partei ergreife? Tatsächlich glaube ich, daß es so einfach mit dem Urheberrecht nicht ist und also auch nicht mit Plagiaten; darüber habe ich andernorts und in Der Dschungel viel geschrieben; es ist keine Neuigkeit, daß ich das gängige Urheberrecht eher für ein künstlerisches Unglück als für persönlichen Vorteil halt, eben weil es, auf Kosten der Kunst, ein solcher ist. Dies habe ich in meinem Brief an Harry Oberländer, den Leiter des Hessischen Literaturforums im Mousonturm Frankfurtmain, so auch angedeutet. Aus dem „Fall” Hegemann könnte sich eine Diskussion ergeben, die sinn- und hilfreich ist und einigen Ballast abzuwerfen in der Lage wäre, vorausgesetzt, diejenigen, die das Frollein Hegemann jetzt so hochgehoben haben, würden sich der tatsächlichen Lage auch bewußt. Meine Befürchtung nun geht dahin, daß genau das nicht geschehen wird… es tut mir leid, wenn ich Ihnen nun meinen Brief „übersetzen” muß, normalerweise liegt die Arbeit des rechten Herauslesens beim Leser, aber in Ihrem Fall… no jo, wie >>>> die pfiffige Frau Buschheuer gerne treffend sagt und oft.
      Hinwiederum. Wenn denn „zitiert” wird und aus künstlerischem Kalkül das Zitat n i c h t ausgewiesen, was legitim, ja künstlerisch notwendig sein kann, und wenn es v i e l e Zitate sind – mindestens ¾ des >>>> esterházyschen Werkes besteht n u r aus Montage, und dieses Werk ist sicher nicht zu Unrecht berühmt -, dann stellt sich in allererster Linie die Frage, ob das Buch denn nun Kunst s e i. Hier, n u r hier, ist zu fragen. Tatsächlich haben sich viele, sogar sehr viele große Autoren bei Minderen bedient, selbst „Lolita” geht auf eines anderen Erzählung zurück, >>>> Poe’s The Fall of the House of Asher stammt dem gesamten Plot nach, bis hin in Charactere, von Heinrich Clauren; Arno Schmidt hat das sehr hübsch nachgewiesen. Dennoch besteht eben der Unterschied, und er besteht vor allem in der künstlerischen Durchdringungskraft, mit der ein Stoff behandelt wird, und schließlich in der Wirkungsgeschichte, die er vielleicht einmal ausstrahlen wird.
      Worauf ich meinem Brief focussierte, war aber, daß gerade manch einer von denen, die das Frollein Hegemann jetzt so huchgejubelt haben, zu denen gehören, die dem Urheberrecht, ja seiner Stärkung die Steigbügel halten. D i e s ist die korrupte Bizarrerie, auf die ich hinweisen wollte. Und diese, selbstverständlich, ist eine Erscheinung des >>>> Pops.

      (Es ist mir übrigens völlig egal, ob Frollein Hegemann Drogen konsumiert, bzw. ob sie es nur ihre Protagonisten tun läßt. So lange niemand von ihr abhängt, hätte sie diese Freiheit auch persönlich. Ich finde aber nicht, daß es eine ist, die im Umkehrschluß besonders auszeichnen würde. Ausnahmen hiervon möchte ich in dem Namen Baudelaires zusammenfassen.)

    4. herr herbst – mal abgesehen von denen, die sich heute alle klaus nannten, mein einstiegskommentar und dessen harsche note berief sich sicherlich nur auf ihre wort – bzw. bildwahl des vorgestellten mailauszugs.
      also sowohl das frollein wie auch des mädel in verknüpfung mit möglicherweise
      abschneidbarem poetischem brüstchen – wäre sie ein knabe so wäre sie von möglichem abgeschnittenen poetischem pimmelchen von der priesterschaft des fuilletons bedroht – dessen rauch dann aufsteigt oder so – verdutzten mich etwas, weil mir so eine art vertraulicher privatjargon doch recht fremd ist.
      ich hätte sie sicherlich nicht als advokaten oder vertreter meiner sache gemacht wäre ich in einer hegemannschen situation zumal sie ja auch dem urteil ihres pfeffernden freundes anscheinend rückhaltlos vertrauen.
      nun summa summarum werte ich das allerdings als eine art gleichberechtigten umgang mit den geschlechtern.
      was sie mir gerade posteten scheint hand und fuss zu haben – und da vermute ich mal keine grossartige kontroverse zwischen ihnen und mir, zumal ich in dieser
      art von materie alles andere als eingearbeitet wäre.
      das kiffen ja das kiffen kann schon spass machen und ist ja so gefährlich wohl nicht sonst hätte man die legalisierung in holland längst wieder aufegehoben.
      ich persönlich habe allerdings entschieden etwas gegen den gebrauch von heroin ( in dem hegemann buch wird ja gerne blech geraucht – igitt – sah schon mehrere junkies irgendwie beim frühen sterben zu ) – allerdings bin ich für maximale freiheit sowie maximale aufklärung was drogen anbetrifft.
      naja mehr poste ich dann nicht mehr, vielleicht kommt ja diese von ihnen desiderierte diskussion über urheberrechte pp noch zustande hier.
      klink mich denn aus

  1. AXOLOTL-STROBO-Feuilletonisten-Mainstream-Roadkill „Es ist ja was dran, an dieser neuen Art, Wissen zu erfahren und zu verwenden..“ – SORRY, Herr Herbst, als junge Erwachsene (noch dazu wie die Hegemann, die bereits erfolgreich als Regisseurin unterwegs war) weiß man, dass es Konsequenzen hat, wenn man zitiert, ohne die Quelle zu benennen.

    Der „Schkandal“ an dem ganzen Bohei ist jedoch, dass S O ein Buch für den Leipziger Buchpreis vorgeschlagen wird – von einer Jury, wo man sich fragt, ticken die Damen und Herren Juroren noch ganz richtig? Was haben die eigentlich im Hirn? Es lässt tief blicken, was den WERT und die Reputation D I E S E S Buchpreises betrifft! Und da halte ich es mit Thomas Bernhard und was er kritisch zu solchen Auslobungen in „Meine Preise“ angemerkt hat.

    Ein weiterer „Schkandal“ ist, dass im Ullstein-Verlag (wo Axolotl verlegt wird) alle Damen und Herren ebenfalls geschlafen haben. Denn von den Verlagsmenschen erwartet unsereiner (die normale Leserin), dass einem Großverlag ein solcher Lapsus nicht unterläuft. Mit einer simplen Googlerecherche wäre den Verlagsverantwortlichen ein Licht aufgegangen.

    „Saumäßig“ freut es mich wiederum, dass nun ein kleiner Verlag wie Sukultur hoffentlich etwas (Berichterstattungs)Sonne durch den ganzen Medien-Hype abbekommt und so, unverhofft (ohne große PR-Kampagne), zu einem guten Buchabsatz, entsprechenden Verkaufszahlen und damit warmen (Geld)Regen für STROBO kommt.

    Der Gipfel des „Schkandal“s wäre, wenn der Leipziger Buchpreis am Ende – nach allem, was nun ans Licht gekommen ist – an AXOLOTL ginge.

    Ich könnte noch mehr und weiteres ablästern…. nur noch eines: Der Leser ist nicht so dumm, dass er sich auf Dauer von der deutschen Mainstream-Buchbranche und den selbst ernannten Göttern des deutschen Feuilletons für dumm verkaufen läßt. Von Jahr zu Jahr dreht sich die Qualitätsspirale der sog. Feuilleton-Seiten im Blätterwald der deutschen Qualitätspresse immer schneller nach unten. Ihre Vertreter haben den deutschen LeserInnen mit dem „Fall Hegemann“ plastisch vor Augen geführt „warum“ und sich auf Jahre hinaus selbst diskreditiert. Wenn dort nun der JUGENDWAHN regiert und unreflektiert und hysterisch auf ein junges Ding wie die Hegemann reagiert wird, dann ist es an der Zeit, dass die Herren Verleger in ihren Feuilleton-Redaktionen nach dem Fasching mal auskehren und die angestaubten Redakteure gegen ein paar junge, bissige Damen und Herren der Literaturkritik auswechseln. Es scheint mir an der Zeit zu sein.

    Das „Traurige“ und zugleich Tragische an dem ganzen „Schkandal“ ist jedoch, dass man es sich mittlerweile wirklich zehnmal überlegt, ob man als Autorin unter richtigem Namen ein Buch veröffentlicht. Jetzt wird jemand ins Rampenlicht der Medien-Öffentlichkeit gezerrt, der dies eigentlich nicht wollte, Airen. Ich hoffe nur, er hält durch und lässt sich nicht dazu überreden, sein wahres Gedicht, seine wahre Identität zu lüften.

    Was Helen Hegemann betrifft, ist ihr Ruf dahin, jeder wird sich fortan fragen: „Wo hat sie denn dieses Mal abgeschrieben?“

    Und schließlich und endlich zeigt das Ganze eines, wie wichtig und dringlich es ist, in Deutschland beim Thema „Urheberrecht“ zu einer Lösung zu finden, bevor es zu einer Vorgabe der EU-Kommission kommt.

    1. zeigt doch einfach nur recht deppert das ganze, wie rückschrittlich die literatur gegenüber der musik ist, frau sophie b.
      seit es den sampler gibt ( eine art recorder mit tastatur, von dem aus man sequenzen fremder musiker zum eigenen musikmachen vornehmlich im bereich hiphop oder techno verwendet ) – also seit mittlerweile mehr als 20 jahren – ist das usus in der musik ohne dass sich jemand darüber aufregt – soweit ich weiss.
      womöglich werden urheberrechte ab einer samplingdauer des originals über 3 sekunden strafrechtlich tangiert, aber jeder, der kopiert wird, fasst sampling doch als ehrung auf insofern er auf langer distanz die hosen anhat und nicht als affront oder gar diebstahl.
      fehlt bloss noch dass jemand die vaselintitten noch früher in seinen texten nachweisen kann und damit eine unangenhme frage an strobo richtet.

    2. @Klaus(Gast) Absolut d´accord, Herr Klaus. Die Literatur hinkt in vielen Bereichen sicher den Entwicklungen in der Musik hinterher. UND dadurch hat sie auch die Chance, VON ihr zu lernen (aus den dortigen Fehlern oder sich auch positive Trends zum Vorbild zu nehmen) und es zugleich ANDERS zu machen.
      Und dennoch… es ist ein Riesenunterschied, ob ich mich vom Text (in dem Fall „Strobo“) und den Erlebnissen, die eine Figur in einem anderen literarischen Werk hat, als Autorin inspirieren und zur eigenen Kreativität anregen lasse und eine völlig neue Figur mit neuen, ganz anderen Charaktereigenschaften mit eigenem (Er)Leben und entsprechenden Handlungssträngen entwickle. Oder ob ich 1:1 die Ausführungen eines anderen Autors mit „copy and paste“ in meinen eigenen Roman integriere und aneinander reihe wie ein buntes Potpourri – wie die Hegemann es tat. Dieses Kopieren weist die Gefühlskonserve sehr gut nach unter http://www.gefuehlskonserve.de/axolotl-roadkill-alles-nur-geklaut-05022010.html

      Fehlt eigentlich nur noch, dass die 3-Sek.-Regel, die Sie aus der Musik anführen, demnächst in der Literatur analog angewandt wird, nach dem Motto „2-im-Zusammenhang stehende abgeschriebene Sätze“ sind o.k, ab dem dritten macht man sich des Plagiatvorwurfs schuldig. Aber irgendwas in der Richtung wird sicher kommen – es sei denn, die Politik ringt sich doch noch zur Kulturflatrate durch (OHNE dass ich jetzt damit hier ein Fass aufmachen will!).

      Jedenfalls sind viele „best practise“ im Musikbereich auch klasse, die waren früher – VOR den Zeiten des Internet – gar nicht realisierbar. Jedenfalls wird es NIE eine alle seelig machende Lösung geben – egal ob im Urheberrecht oder mit einer Kulturflatrate. Manches (siehe Axolotl-Plagiatsvorwürfe) ist eben auch eine Frage von Ehrlichkeit und Fairness – aber beides ist in dieser Welt nicht mehr gefragt. Je dummdreister eine/r ist, um so größer der Applaus.

    3. sophie – mein erster eindruck des vorfalls war folgender – nach dem lesen von textpassagen im netz.
      da schreiben 2 leute – also hegemann und airen – über eine ähnliche szene.
      der eine ist fast 30 jahre alt und anscheinend insider – die andere ist 16 und jetzt 17 und schreibt womöglich unter zuhilfenahme von erlebnisberichten womöglich
      vornehmlich älterer freunde, wie durch ihren link gerade festgestellt scheinen sich aber die gesampleten passagen zu summieren – so etwas finde ich irgendwie lasch
      airen schreibt eine art “konsalik” einer undergroundjugendkultur, hegemann liest
      sich durchaus talentiert – literarisch.
      geschlussfolgert dieses meinige geschmacksurteil jeweils aus textauszügen beider bücher und dadurch vielleicht etwas vorschnell, da beide auszüge nicht gerade umfangreich sind.
      ich glaube trotzdem, es ist einfach missgunst und neid und nicht eine battle zwischen mainstream verlagsgeschäft und nischen verlagswesen was sich da hochspritzend darstellt.
      missgunst und neid alter verstaubter herren oder womöglich untalentierterer älterer schreibversuchender germanistinnen usw. bezüglich der tatsache dass da plötzlich jemand in erscheinung tritt ( hegemann ), welcher irgendwie eine art begabung mitbringt, allerdings aus einer ecke der gesellschaft heraus, welche
      eigentlich suspekt oder anrüchig ist.
      womöglich wird darüber noch airen missbraucht von leuten die auch dessen buch aufgrund der szenenähe niemals lesen würden geschweige denn aufgrund des stiles.
      wer weiss.
      so wie es aussieht bin ich eigentlich nur noch gespannt ob hegemann sich als
      karrieristischer oder skrupelloser mensch erweisen wird oder nicht.

    4. Nun, Sophie.. insbesondere ihr Hinweis, das Altfleisch aus den Redaktionen und Positionen zu räumen und hier, sagen wir – aus temporalhygienischen Gründen – einmal mental und intellektuell Zarteres in Anstellung zu bringen, findet meine volle Zustimmung.
      Bon.

    5. Nun, wäre das Alter des Fleisches Maßstab literarischer Daseinsberechtigung, müßte der Dschungel das werden, was er hier nicht ist: Dschungel.

    6. @Sophie B. Mit vielem von dem, was Sie schreiben, bin ich sehr einverstanden; für einiges möge >>>> das stehen, was ich eben an den Herrn Klaus schrieb. Dennoch bleibt die Frage virulent – eine dringend ästhetische, die mit einem verdinglichten Urheber-Sachrecht ganz notwendigerweise in Konflikt gerät -, wie es denn mit der Kunstform der Montage bestellt sei. Ich habe für die unmittelbare Moderne schon Herrn Klaus gegenüber auf Péter Esterházy verwiesen. Es ist für mich tatsächlich vorstellbar, daß jemand von jemandem abschreibt, und zwar so, daß etwas definitiv Neues entsteht, das überdies dem Kunstanspruch genügt, ja ihn vielleicht sogar übertrifft. Sich auf “das Zitat” dabei herauszureden, verfängt nicht, ahnt nicht einmal das Problem.
      Nur habe ich beim “Fall” Hegemann das Gefühl, daß eine solche Diskussion Porzellan meint, aber nur Pappgeschirr in der Hand hat; das mag ein Vorurteil sein, ich kann es nicht beurteilen und will das auch gar nicht. Interessant für mich sind die Haltung oder Unhaltung des Literaturbetriebes sowie der Umstand, von dem ich ausgehen muß, daß diesem Buch nun g e r a d e der Skandal den Bestsellerstatus zementiert. Ich habe nichts gegen Bestseller, ich bin da auch nicht neidisch, schon weil bei mir vor literarischer Arbeit für sowas gar kein Platz ist; bezeichnend vielmehr ist, daß noch der vermeintliche Betrug zu gesteigerten Umsatzzahlen führt, und wenn ich recht informiert bin, >>>> strickt daran auch Verena Auffermann tüchtig und weiterhin mit. Woraus wir lernen können, daß auch altwerdende Barthels noch sehr genau wissen, wo man den jüngsten Most holt: darum nämlich geht es, sozusagen um Anschluß. Ob dabei eine junge Autorin verschossen wird, die man vielleicht hätte vorbereiten sollen, spielt dabei keine Rolle, denn das Frolleinwunder ist tot, da muß das Frolleinwunder leben. Auch wenn das Frollein selbst dran stirbt.

      P.S.: “Most”, jiddisch, bedeutet: Geld. Und ein “Bartel” ist eine Brechstange.

    7. ts.. ts.. ts.., Lieber Henze, Frau Sophie sprach, wenn ich mich erinnere, von literarkritischem Personal. In den blogs, gott sei dank, darf es etwas, sagen wir mal, altersmäßig decantierter zugehen.

    8. @Hannibal Lector. Ich muß die ganze Zeit über lachen, kopfschüttelnd, weil die, die jetzt in den Feuilletons das Sagen haben, die J u n g e n waren, die es von den Alten übernahmen, diese mehr oder minder, eher minder, freundlich ablösend. Ich kenne Denis Scheck etwa noch als einen ziemlichen Jungspunt – einen der ersten Abonnenten meiner DSCHUNGELBLÄTTER, übrigens, damals, so um 85/86. Auch diese Generation kommt jetzt in die Jahre, und sie b r a u c h t das mit der Jugend: je jünger, desto wertvoller und so schneller auch durch aberjüngre zu ersetzen. Tatsächlich spreche ich von jener Riege, die die Vergabe von Preisen nachdrücklich bestimmt. Gucken Sie sich mal in den Juries um, die über Geld entscheiden können. Sie werden Augen machen, wen Sie das alles wo wiederfinden: das eine “Redundanz” von Namen zu nennen, wäre nicht euphemistisch, sondern bereits geschmacklos. – In den Blogs ist das s o selbstverständlich noch nicht der Fall. Das wird erst dann so sein, wenn, sagen wir, Leonce und Lena zum ersten Mal einem Lyriker verliehen wird, der nur im Netz publiziert. Und wiederum das wird in dem Moment geschehen, in dem das Netz durchreguliert worden und die möglichen Schaltstellen nahtlos besetzt sind.

    9. nochmals @klaus(Gast) und der FRAGE, WER hier das OPFER ist Nach dem Motto, der Medien-Hype frißt seine eigenen Kinder, sind beide, Hegemann und Airen – jeder auf seine Weise, längst schon Opfer geworden. Fragt sich nur, wer von den beiden am Ende die größeren Blessuren davon trägt. Wer vor einer Woche Harald Schmidt sah, erlebte live mit einer Tüte Chips in der Hand vom Wohnzimmersessel aus, wie dieser die junge Hegemann in ihrer Naivität vorführte.
      Wer schon einmal in die Fänge der Medienkrake geriet, weiß, wie schwer es ist, sich aus ihr zu befreien. Noch schwieriger ist es, einen solchen Sturm, der hier schon Ausmaße eines Tornados angenommen hat, ohne Blessuren zu überstehen. Da bin ich als Zaungast gespannt, wie standhaft Airen bleiben wird, ob es ihm gelingt, sich der Medienmeute zu entziehen oder ob er, ggf. vor dem Hintergrund gezückter Schecks, einknickt und seine Identität lüftet. Alles scheint mir in dieser sich immer stärker überdrehenden Medienspirale hier derzeit denkbar.
      Vieles wird man indes ohnehin nur nachvollziehen können, wenn man beide Bücher liest, sich anschließend in den Berghain begibt, um nachzusehen, ob das (HEUTE noch) so ist. Wobei man nicht wirklich nachsehen kann, weil es die damalige Wirklichkeit heute so nicht mehr gibt, sie sich anders darstellt als vor zwei Jahren als ein Airen das erlebt oder eine Hegemann das gelesen hat (oder sich erzählen ließ).

    10. ich dachte gerade, Herbst, an eine flammable Aktion, beinahe putschartig, die Literaturredaktionen mit jungem Fleisch auszustatten, und zwar nicht über 23 Jahre alt, und die literarische Hoheit in Deutung und Kritik der einzigen Wahrheit zu überlassen, die meiner Meinung nach in diesen Zeiten noch den überall wehen und wehenden Geruch von Verdorbenen und Überlagerten vertreiben könnte. Ich meinte junges frisches unwissendes Blut mit Zukunft und dem unschätzbaren Vorteil fehlender kanonischer Synapsen. Also keine “nachrückende Szene”.

    11. @Hannibal Lector. Ich fürchte, dies wäre ein weiteres Mal die Axt durch die Guillotine ersetzt, die hatte eigentlich einer Menschlichkeit dienen sollen, worauf (vielleicht sogar: weshalb?) sie zum Mordsymbol schlechthin geworden ist. Dazukommt, daß Ihre Idee von Jugend der konditionierte Reflex auf das ist, wohin die heutigen “Alten” schielen. Und zum Dritten wäre eine Umsetzung Ihrer Idee prinizipiell geschichtslos; sie setzte Wesen ohne Herkunft voraus – aber sie müßten körperlos sein, um so etwas überhaupt sein zu können. Allein die Genetik machte dadurch einen Strich. “Frisches unwissendes Blut” hat, als Ausdruck, auch nicht wenig von einem blonden Raubtier; das aber nur nebenbei gesagt, weil erspürt; ich bin in dieser Hinsicht seismographenartig empfindlich und höre da manchmal das Gras, bevor es noch gesät ist.

    12. ja noch ganz kurz ich bin mir nicht sicher ob nicht airen sein buch den renommierten verlagen anbot, abblitzte und darufhin in einer art eigenverlag (?) das buch rausbrachte ?
      als opfer muss ich aber keinen empfinden – zumal beide ja veröffentlichten somit öffentlichkeit suchten und ich mir, was airen anbetrifft nicht vorstellen kann, dass er so taff ist und wirklich nur sein buch in den händen von insidern oder eingeweihten wissen will / wollte.
      mir fällt gerade der name des berliner rappers nicht ein der anfänglich mit soner silbernen totenkopfmaske auftrat und dann wohl recht gerne seine identität preisgab – und bushido erzählt ja jetzt frank und frei im kino von seiner dealer vergangenheit – übrigens alles nicht meine baustelle irgendwie.
      allerdings ist airen wohl nicht absichtlich kalkuliert mit im center des hypes und könnte tatsächlich noch zum opfer werden insofern er seine anonymität als elementar auffasst was ich allerdings nicht vermute.
      es wird immer was fern des netzes durchsickern – und dass sein buch regelrecht
      zum drogenabusus auffordern will kann ich mir nicht vorstellen.

    13. @Hannibal Lector Richtig! “Jung” kann auch ein knackiger Endfuffziger sein, der als Feuilletonist im Geiste “jung” blieb, weil er seiner literarischen Materie mit “kritischer Distanz” begegnet. All das vermisse ich im “Fall Hegemann”, wo diese alle wie die Lemminge hinter einer jungen Göre hergelaufen sind.
      Oh, wenn diese sie doch wenigstens in Ihre Arme getrieben hätten… dann wäre uns Deutschen die Schmach einer am Ende noch hoch-not-peinlichen Buchpreisverleihung erspart geblieben! Denn das fürchte ich als Gipfel des gesamten “Schkandals”.

    14. @Klaus(Gast) – auch nur nochmal ganz kurz Mal unabhängig vom Alter, wann jemand als Debütant ein Buch auf den Markt bringt, glaube ich, dass es den meisten einfach nur um “ihr” Buch, “ihr” Werk geht, das sie zwischen zwei Buchdeckel gefasst, an eine interessierte LeserInnengruppe bringen wollen. Dass sie damit “Öffentlichkeit suchen”, ist DebütantInnen sicher nicht bewusst. Und WAS es bedeutet, ÖFFENTLICHKEIT zu HABEN noch weniger! Hier versagen meines Erachtens in der Hegemann-Airen-Diskussion BEIDE Verlage. UND es wundert mich auch nicht, denn WAS HEUTE ein Debütant eigentlich viel dringlicher braucht, ist ein Medienberater, der zumindest im Hintergrund da ist und zur Seite springt, wenn die Post so abgeht, wie aktuell. UND der hätte einer Hegemann dringend von einem Auftritt bei Harald Schmidt abgeraten oder sie drehbuchmäßig darauf vorbereitet.

    15. uns deutsche frau sophie b. hm – wenn sich das nicht mal irgendwie allzu vermassend kanalisiert
      ihre persönlichen befürchtungen mal ausser acht gelassen.
      nein was ich noch anmerken wollte – ich erinnere mich an den stuckrad-barre / blackbox seinerzeit und dessen auftritt bei harald schmitt wo er meines erachtens harald schmitt regelrecht vernaschte.
      später wurde es immer klarer dass damals doping ( amphetamine ) im spiel gewesen sein konnten und dann stürzte er ja heillos ab – hypebedingt oder drogenbedingt katalysiert anahnd einer persönlichkeitsbedingten langen entwicklung womöglich
      und wer wer weiss was noch bzw. ob.

    16. naja so ein harald schmitt auftritt ist vielleicht nicht der grosse indikator für geistige gewandtheit oder ähnliches.
      ich sah mal ne lange zeit harald schmidts late nights als sie noch fast täglich liefen und ausser dem für mich stuckrad-barres legendären auftritt und daneben noch
      karl lagerfelds war ganz ganz selten noch jemand der eloquenz und dem schlagfertigen humor schmidts gewachsen, mir selbst fällt niemand ausser den beiden eben genannten diesbezüglich ein

    17. @Herbst – zuguterletzt In der Tat, ist es sehr reizvoll, sich über das Thema “Montage” und neue Formen des Erzählens, die sich unter dem Einfluss des Internets, des sozialen Web und künftig des Echtzeit-Web, ausprägen werden, zu “unterhalten”. Das sprengt jedoch heute den Rahmen und den langen Diskussionsstrang, der sich hier schon gebildet hat.

      Also aufgeschoben? Doch nicht aufgehoben!

      Es ist eine vage Hoffnung, dass der gegenwärtige Anlass eine erneute Debatte um das Urheberrecht nach sich zieht. Die Debatte ist überfällig und als Mehrebenen-Kommunikationsprozess zu führen (wozu die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung unfähig sind). Hinzukommt: Die politische Agenda ist derzeit mehr durch Hartz IV besetzt, das Urheberrecht ist allen wie “Spitzgras” – so scheint mir. Da will die Politik nicht so recht ran. Vielleicht muss es wirklich erst noch zum Eclat kommen – es ist ja nicht mehr so lange hin bis Leipzig – und der deutsche Literatur-Betrieb mit Formel-1-Geschwindigkeit und unter der Häme der ausländischen Kritik an die Wand fahren.

      Wie gut, dass dank Internet andere Kommunikationsformen möglich sind – wie die Dschungel – auch wenn die Pressehäuser nichts lieber täten als das Rad der Zeit zurückzudrehen in eine Ära, als sie (noch) das Meinungsmonopol hatten und den Lese(r)geschmack diktieren konnten.

    18. oh..womöglich schmecken Sie die Sache ein wenig zu ungewürzt ab, zu bedächtig. Ab wann verwandeln sich die geschichtlichen Verbindlichkeiten in betriebliche Verbindungen , wann wird ein historisches Gespinnst zur Spinnwebe und wann wird, was Fleisch einmal stark machte und Muskel war, zur zähen Drahn, zur ledernen Sohle auf der wir unsere letzten Gänge gehen, denn, und das haben sie übersehen, könnte die heutige Meinungsküche wohl kaum noch verdorbener serviert werden. Die Anlieferung von jüngerem Hirn und Fleisch tut Not. Frau Sophie, nichts ist unappetitlicher als junggebliebene Alte. Stellen Sie sich die Buchmesse ohne Leder vor, eine Literatursendung ohne dass man in den Meinungen und Ansichten das fahl Gewusste scheppern hört, ohne das Klappern der historischen Bestecke und all der Schicksalsterrinen…nein, da wäre jedes putschartige Experiment heute spannender und sicher mehr erfrischend.

    1. die grössten waren ( sind ? ) mir noch nicht gross genug das liess nietzsche seinen zarathustra sprechen – so schön lässt sich gefühlte autarkie nicht weiter andeuten.
      illustrieren sowieso nicht.
      das gefühl triumphiert letztlich über vereinnahmungsversuche, es sperrt sich gegenüber spiegelneuronal interpretierbaren manipulationsmechanismen abgetrennt der schärferen waffe, der sich exclusiv wähnenden insiderpraxis, oder so.
      alles bis auf ersteres nicht mein meine baustelle, wieso zerpflücken oder zerfasern
      was keine orte sucht sich selbst in interaktion endecken odr aufspüren zu wollen oder – etwas sinniger – zu wolllen ?
      naja – ich persönlich fühle mich durchaus relaxed – und bau mir jetzt nen joint.

  2. Nicht weit genug Lieber Alban, ausnahmsweise gehst Du mal nicht weit genug: Denn was auch immer die “Damen und Herren Literaturvermittler” mit Frau Hegemann veranstaltet haben, sie haben ihr Buch wohl gelesen. Soviel Huld wurde dem eigentlichen Urheber nicht zuteil, der wurde schlichtweg übersehen. Muss man mehr über die Zuverlässigkeit, Urteilsfähigkeit und Legitimität der “Damen und Herren” sagen?

  3. @Klaus(gast): “womöglich werden urheberrechte ab einer samplingdauer des originals über 3 sekunden strafrechtlich tangiert, aber jeder, der kopiert wird, fasst sampling doch als ehrung auf”
    Das sind zwei heftige Fehlurteile, resp. beides ist Wunschdenken: Weder gibt es eine Untergrenze bei der Dauer der gestohlenen Musik noch “freut” sich “jeder” wenn er beklaut wird.

    1. musikverleger 1. redete ich von > womöglich, also von einer vermutung meinerseits betreffs der praxis ( das schnappte ich halt am rande vor einigen jahren mal so auf ) – also das wäre ohne gewähr hier dazugestellt gewesen.
      2. ging der satz weiter – ” insofern er ( der musiker ) die hosen anhat “.

      das problem an dem sampling ist doch nicht das kopieren von sequenzen sondern das entnehmen von sequenzen aus einem jeweils bestimmten kontext und einer damit einhergehenden demontage von aussage ( meistens ) – selbst dann, wenn es darum geht WIE etwas dargestellt ist und nicht WAS dargestellt ist –
      es ist ja schon mehr als schwierig einzelne sätze zu produzieren welche unzerhackt
      in jedweden neuen text einmontiert werden können ohne an sinn bzw. eindeutigkeit zu verlieren.
      in der musik ist das exakt herausschneiden von an sich vollständigen sequenzen
      noch weitaus schwieriger zu bewerkstelligen, weil man ja nicht die vorgedachte vollständigkeit der absicht des composers kennt.

    2. hab grad mal etwas geblättert und erfuhr dass es schon so etwas wie eine untergrenze geben könnte, das wäre ein dann jeweils zu eruierender sachverhalt, ob eine übernommene sequenz als melodie erkennbar wäre oder nicht – naja –
      also was mich ärgern würde, wäre folgendes :
      ich machte eine für mich “runde” sequenz aus mehreren sätzen und fände diese sequenz nur unvollständig kopiert wo anders wieder – also ich hätte womöglich gehirnschmalz und zeit darauf verwendet um eine abgerundetheit überhaupt erzielt zu haben und dann kommt womöglich jemand und schneidet mir das vielleicht frech oder in zerstörerischer absicht auseinander.
      würde mich spontan aufregen so etwas – obwohl ja realität meistens so funktioniert, geht es um moral, ethik oder halt lebensanschauung oder persönliches wertekonzept – ist wohl selten dass sich individuell konfigurierte positionierungen komplett verhandeln lassen.

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