Wir haben zu töten verlernt.

Wir haben zu töten verlernt
den Buhler aus der Schale zu brechen

das Leben fährt rechts, oder links,
in den Ländern der Demokratie

streift das haftende Fleisch
vom Rechen, der rächte

stellvertretend die Terrarienkunde
ein Grundrecht von Fröschen

ermüdete Flatschen, die warten
daß aus dem dröhnenden Schachtelchen

ein fernes Geschwader der Panik
als Futter zu ihnen hereinkippt.

50 thoughts on “Wir haben zu töten verlernt.

  1. Die Sehnsucht einer mitteleuropäischen Schaumgummi-Existenz nach Krieg.
    Das ist schlechter Kitsch. 20 Jahre zu spät- Ob man nun Böcke jagt oder Ziegen aus der Schale bricht: dämliche Zivilisationsklage. Sechs setzen.

    1. der Punkt ist, dass man schätzen lernt, was eine Errungenschaft ist. Ich habe nichts gegen Schaumgummi. Ich schlafe gut darauf und finde es eine gute Erfindung.
      Doch – bei uns herrscht Schaumgummi, vielleicht nicht Watte, aber Schaumgummi schon.
      Was mich stört ist ihr “Wir” am Anfang. Ich selbst habe schon zweimal ein Schwein erschossen, eigenhändig, und habe sein Blut an einem kühlen brandenburgischen Novembertag gerührt, und ich habe die frischeste Blutwurst meines Lebens gehabt. Die ich gegessen habe.
      Das erste Schwein, dass ich mit einem Bolzenschussgerät getötet habe, das hatte ich sogar selber aufgefüttert, es war mir sogar ans Herz gewachsen. Und ich habe es trotzdem getötet. Mir braucht keiner was erzählen, von wegen “Wir” haben zu töten verlernt.

    2. “Mir braucht keiner was erzählen.” Lauschen Sie mal dem Klang dieses Satzes nach, an was das uns erinnert.

      (Sie müssen sich nicht mit jedem Wir identifizieren, “wir” meint ja nicht alle. Wenn Sie zu diesem Wir nicht zu gehören meinen, vielleicht auch wirklich nicht dazu gehören, mag es dennoch andere Wirs geben, d i e dazu gehören. Ihr “bei u n s herrscht” würd ich ja a u c h nicht, nicht für mich, unterschreiben.)

    3. Diadorim ich sage nicht, dass es mir leicht gefallen wäre. Es war folgendermaßen. Ein Bauernhof in den Ferien, dort in der Nähe, wo wir regelmäßig waren… ich habe es nicht direkt aufgezogen, weil ich ja nur immer unregelmäßig dort war, aber ich habe mehrere Male den Stall mit ausgemistet und habe ihm Kartoffelpampe in den Trog geschüttet, habe es also in Abständen mit aufwachsen erlebt. Ich wusste, dass es geschlachtet wird, ich wollte dabei sein aus Neugier, es war wie gesagt keine Massentierhaltung sondern ein Hof mit ungefähr 5 Schweinen.
      “Wir schlachten nächste Woche” hat dann mein Kumpel gesagt. Da gab es ein Bolzenschussgerät. Mein Kumpel, also der Sohn von dem Bauern hat immer damit angegeben, dass er es auch schon gemacht hat. Und ich wollte ihm jetzt als Städter beweisen, dass ich cool bin. Der Vater ist dann mit seinen Stiefeln in den Kloben gestiegen und hat das Schwein irgendwie mit den Beinen so zurechtgehalten, dann hat er selbst das Gerät aufgesetzt und dann hieß es: Nu mach. Das Ding hatte eine Treibladung, ne Patrone, der Vater hat mit festgehalten, weil es einen Rückstoß gibt, ich habe den Bügel gedrückt, Knall und Zack, das Schwein fiel weg wie ein Brett. Ich musste mich erstmal irgendwo hinsetzen. Ich habe gezittert, und mir ist vor Aufregung schlecht geworden. Dann haben sie es sofort an den Haken genommen und das Blut rausgeholt. Beim Blut rühern war ich dann wieder dabei, und komischerweise war ich dann irgendwie ganz versöhnt mit der Sache. Dann haben sie in einem Kessel in der Waschküche alles brauchbare gekocht. Das war, als ich 13 Jahre alt war. Wir haben dann aus dem Kessel in der Waschküche eine ganze Niere stibitzt und gegessen.

    4. “Hungern Sie? Frieren Sie? Haben Sie Lepra und Scorbut? Werden Sie mit Granaten beschossen? ” Unvermittelt wird die Klage um die Schaumgummiexistenz, die Sie oben anzukritisieren unternahmen, nämlich die Sehnsucht nach etwas anderem, ganz zu der Ihren.

      (Wer ein Risiko will, aber, der sucht eines auf.)

      NB: Ihre Erzählung ist sehr gut. Danke.

    5. nö, Herr Herbst, ich brauche das wirklich nicht. Ich sagte schon, ich halte meinen, unseren Schaumgummi für eine Errungenschaft. Und so ein Gedicht, wie sie es schreiben, kann nur von jemandem kommen, der sein ganzes Leben lang nicht ein einziges Mal mit Materie existenziell wirklich zu tun hatte. Also mit energetischen Vorgängen wirklich in Austausch stand. Als Italien-Touri sich vor einem Vulkan zu gruseln, das eben ist es nicht.

    6. Hanecke, Diadorim tatsächlich ist es so, dass man das Bolzenschussgerät bei einem Schwein gut und richtig aufsetzen muss. Dazu braucht man Erfahrung. Es ist kein Spiel.
      Deshalb hat der Vater damals von meinem Kumpel das auch gemacht. Ich habe nur den Bügel betätigt. Der Punkt ist, dass man beim Schlachten, also Töten, ruhiges Blut haben muss. Man muss überlegt, also professionell vorgehen. Es ist wie bei einer OP. Dann ist es für das Schwein und für alle Beteiligten das Beste.
      Hanecke ist der lovely criticismen cinema hero, der sich seit jahren mit einer schelchten Mischung aus durchschaubarer Provokation, frivolen Skandal-Konstruktionen und angemuffte Psychoanalyse in die Herzen aller verdorbenen Spät-Adornojaner spielt.

    7. “Als Italien-Touri sich vor einem Vulkan zu gruseln”. Und wieder merkt man, wie wenig Sie wissen und daß Sie, jedenfalls über mich und/oder zu mir, nahezu immer aus dem Ressentiment schreiben. Schade eigentlich, denn Ihre Anlagen scheinen ja ganz in Ordnung zu sein, sogar Erfahrungen haben Sie und wissen davon zu erzählen.

    8. ach so ist das. ich dachte immer, haneke sei der typ, der eine art todesartenprojekt betreibt und den mechanismen des tötens einer spätkapitalistischen gesellschaft nachspürt und caché zettbee ging mir weniger zu herzen, als dass es an mein hirn griff. aber wie sagt herr singer heute in der sz so schön: Das Gehirn macht sich faszinierenderweise völlig falsche Vorstellungen über seine Verfasstheit.

    9. die okayen anlagen. soso. der eine hat mal ein fliegenpapier aufgehangen, der andere hat mal am grill gestanden. das dasein, und wo es uns überwältigt. freilich nicht im alltag. musils fliegenpapier wusste das irgendwie zu verbinden, das alltägliche in seiner überwältigung, könnte sein, dass man ihn darum noch heute lesen mag. allerdings muss ich dem herrn herbst recht geben, sie schreiben tatsächlich aus dem ressentiment heraus, und man fragt sich, warum?

    10. Ja, Herbst, ich bin ressentimentgeladen, weil sie das “Töten” als etwas Besonderes herausstellen, und ihr Gedicht nur das angeblich Verlernte anspricht, wo wir aber etwas gewonnen haben.
      Tatsächlich aber ist es eine Errungenschaft, dass eine Zivilisation das Töten herausgenommen hat aus den Kontexten der Initiationen und Erregungsrituale.
      Es ist nämlich banal. Töten ist eigentlich banal. Auch mit einem Bolzenschussgerät ist das Töten bereits versachlicht, und ich kann daran nichts Schlimmes finden. Da wir nicht mehr in einer Zeit leben, in der wir Tieren oder anderen Wesen eine spritituelle oder überkörperlichen Gehalt zuschreiben, ist es nur konsequent, dass sich das Töten versachlicht. Das man selbst immer noch eine archaische Tötungshemmung hat, die nun nicht mehr abgefragt wird – was soll das beweisen? Tatsache ist, dass jemand, der das Töten “gelernt” hat, bereits immer der Zivilisation angehört.
      Also der Punkt ist, dass “Töten lernen” sogar die Demokratie erzeugt.
      Insofern haben wir nämlich garnichts verlernt.

    11. diadorim Die Anlage bei Hanecke operiert meiner Meinung nach in dem Schema der “Brüskierung” – also es ist das etwas moderner aufpolierte ziemlich alte Modell des “Bürgerschrecks” – der nun wieder irgendwem den Spiegel vorhalten zu müssen glaubt. Seine Funny-Games funktioniert nach dem Schema: Nette Menschen, und wie sie sich abschlachten, unter dem Rasensprenger liegt das abgeschnittene Ohr, unsere saubere Welt ist nämlich eigentlich ganz entschieden unsauber usw…. ich frage mich, warum so ein Konzept immer noch als atemberaubend gefeiert wird.

    12. hm, weil eine jeans 8000 liter wasser 16 qm fläche und sechs gramm pestizide bedeutet. das ist so banal, wie, ja, sagen wir mal intervenierend. sie brauchen wohl keinen spiegel, sie rasieren sich blind. funny games war seine schwächste tat, die ließ sich dann auch nach hollywood verkaufen, wo das ohr schon unterm rasensprenger liegt. für mich ist es nicht unbedeutend, wer da abschlachtet, mir ist das nicht egal, das graduelle heisst ja nicht allein, dass sich alle schuldig machen, sondern, dass man bei den übergängen genau hinschauen sollte. hab ich es atemberaubend genannt? ich glaube, nein.
      der gute mann schreibt sich übrigens ohne c: haneke.

    13. da stimme ich ihnen ja zu, die Übergänge im Blick haben, aber wer erzählt denn wirklich von den wirklich komplizierten Zusammenhängen, wirtschaftlicher Art, und den Bedürfnissen, die uns eben die Jeans trotzdem kaufen lassen. Sie fliegen ja auch mit einer CO2 Schleuder nach Brasilia, kein Vorwurf, ich fliege ja auch, aber ich glaube nicht, dass Hanekes Ansatz irgendeine echte und sinnvolle Bespiegelung dieser Dinge leistet, die irgendwem etwas tiefergehendes vermitteln könnten, als ein rechtundbilliges Unbehagen darüber , dass die Welt nicht perfekt ist.

    14. @ r.f. wo sich gerade jammend timokrat nennt ( timokratin gefiele mir übrigens besser )
      und sie von den komplizierten zusammenhängen wirtschaftlicher art reden – r.f. –
      so behaupte ich mal frank und frei, dass wir hier – und zwar wirklich alle bundesrepublikanischen ( und wahlberechtigten bürgerInnen ) innerhalb einer art verdeckter timokratie leben, solange kapital völlig ungehindert – und damit repressiv
      wirksam – das land verlassen kann, falls eine politik nicht den interessen des kapitals ( und zwar insbesondere den interessen von kapitalseignern, von vermögenden also ) entsprechen sollte.
      so könnte ich das obig kritisch dastehende wort demokratie ein wenig zu konkretion
      hin fokussiert wissen.

    15. mit 29 bestieg ich das erste mal ein flugzeug. bis 35 besaß ich kein auto, und fliegen wie auto fahren bereiten mir keine sonderliche freude. ich esse seit 20 jahren so gut wie kein fleisch mehr. und all das bedeutet eigentlich kein verzicht, denn mein leben wurde durch fliegen und auto fahren nicht wirklich komfortabler oder einfacher, und sobald ich wieder drauf verzichten kann, verzichte ich sicher darauf.
      wer und was vermittelt das tiefer gehende denn ihrer meinung nach und erzählt von den wirklich komplizierten zusammenhängen?
      für mich klingt das alles nach der bequemen kritik eines bürgers, der nicht eher was macht, als bis man ihm nicht die schlüssige analyse dazu geliefert hat, aber da solchen menschen eh nix stichhaltig genug ist, verharren sie im kritteln. gut, haneke ist es ihrer meinung nach nicht, lyrik muss sich besser vermarkten und letztlich sind alle selber schuld, sie haben es ja immer schon gewusst. ja, prost. wissen sie, den vorwurf lass ich mir lieber gefallen, als dieses, ach, ich fliege ja auch. wie und wo spiegeln sie denn? wie heisst es bei benn so schön, waren nicht alle sonnen auch für dich geschehen, durch dich geronnen? dann reden sie hier doch verdammt noch eins mal über die werke, die von den wirklich komplizierten zusammenhängen wissen, oder machen sie sie selbst. recht und billig ist doch nur ihre allzu bequeme haltung, mehr nicht. keiner verlangt, sie müssten es sich hier einfach machen, los, strengen sie sich an, zeigen sie uns, wie mans macht.

    16. na ich habe mal gehört, dass man mit einem Atlantikflug beinahe die selbe CO2 – Belastung verursacht, wie ein niemals fliegender Autofahrer in 15 Jahren…
      naja, ich denke, es bringt jedenfalls nichts, sich im überkommenden Spiel zwischen moralisch und gegenmoralisch einzublenden, und dabei selbst ob mit schlechtem gewissen oder nicht Nutzer der Zivilisationsgeschichte zu bleiben, in dem man Ästhetiken bastelt, die auch nur wieder nicht mehr als vermarktungsfähige Benutzeroberflächen sein können, Kommunikationshenkel, wahrscheinlich ist das Prinzip Freude eine Lösung, Dinge leben und tun, mit denen man Freude hat, ohne es mit dem Gestus der Kritik zu maskieren.

    17. na, dann gehen sie mal golfen, macht ihnen bestimmt freude. so, wie die kritik an denen, die sie eh belächeln, ganz ungeniert, aber natürlich maskiert. wie sollte es anders sein, das zeitalter derer, die gesicht zeigen, scheint eh vorbei. ich habs des öfteren versucht, aber ich merke, verständigen können wir uns nicht, und, sie predigen am falschen ort, das sollten sie inzwischen vielleicht gemerkt haben.

    18. r.f. – berechnungsgrundlage ad co2 für’s fliegen ? “Nach Lufthansa-Berechnungsmethode (Lufthansa-Bestuhlung, durchschnittliche Auslastung, durchschnittliche modelltypische Blocklänge) verbraucht die Version 747-400 4,27 Liter Kerosin pro 100 Passagierkilometer (PKm) Strecke.[9] Die 747-8 soll nach Boeing-Angaben 15 % weniger Kerosin verbrauchen (3,63 l/100 PKm)[10], nach Lufthansa-Angaben 3,5 l/100 PKm.[11]”

      ( aus wikipedia ad boeing 747 )

      das mit den 15 jahren dürfte nur für ganz spezielle autofahrer gelten, tippe ich mal so beiläufig ohne rechenvorleistung.

    19. ein hobbygedicht noch hierzu kaum einer von uns lernte es zu schlachten
      zu töten lernten schon mehr
      auf den schiesständen UND in den schlachthöfen
      zusammen nämlich
      manche müssen den umgang mit einer fliegenklatsche
      regelrecht erlernen
      weil die zeiten des teppichklopfens vorbei sind.

    20. ich spiele kein golf und meinte mit freude, nur, das menschen, die glücklich sind, automatisch auch das richtige tun.

    21. so wie beinahe sämtliche schriftsteller des abendlandes, deren tagebücher davon zeugnis ablegen, wie unsäglich glücklich sie waren, dann haben sie in nur so vor glück strotzenden büchern gezeigt, wie richtig sie alles machen. immer alles richtig machen, nicht vergessen, wichtig!

    22. kommt ja ganz drauf an was man für ne antenne für was hat, wa ?
      den einen macht es schon glücklich keinen job machen zu müssen, wo man tiere
      schlachten muss, ein anderer braucht ein monatsverdienst von 10.000 € aufwärts,
      um glücklich sein zu können.
      alles eine frage der genetischen gestricktheit sagt hier grad mein hausschweinchen.
      ick sach aber, dasses alles me frage der korrekten erziehung ist.

    23. hören sie doch auf, hier subliminal abzuwiegeln, bernd.
      übrigens ist orale ( also verbale ) “aufstandsbekämpfung” nur das mittelchen von
      in der regel korrupten politikern, hat man sie also mal unter kontrolle.

    24. diadorim, ich meinte es eigentlich so: Ich weiß ja, dass man niemanden vorschreiben kann, seine Freude an Dingen in den Vordergrund zu stellen, anstatt seine Kritik. Mir ist schon klar, dass vieles Tun überhaupt zu einem Anteil auch an einem Widerstand sich entlang-rankelt, und wo kein Widerstand sein müsste, wird auch schon mal flugs einer konstruiert, zugleich fällt mir aber auch auf, dass heutzutage immer mehr Künstler auf einer Einstellung bestehen, die Heiner Müller einmal in einem Gespräch mit André Müller benannt hat: “Dichter müssen dumm sein.” Das war eine Koketterie und auch eine Notwehr in einem Gespräch, in dem André Müller dem H.M. sehr scharf auf den Zahn gefühlt hat, und zwar so scharf, dass dem H.M zum ersten Mal in einem Interview beinahe seine altbackene Stoiker-Maske zerbröckelt ist.
      Der Punkt, den ich immer mal wieder gerne anspreche ist der, dass sich heute kaum einer wirklich überzeugend dumm stellen kann, wenn er ein Gramm Gehirn besitzt. Soll heißen: Dumm stellen gilt nicht mehr. (Andre Müller hatte Heiner Müller auf das zunehmenden Schwach-Sinn seiner Autorenposition und der Realität im Verhältnis zu seinem Finstergeschwafel in seinen Stücken hingewiesen. )
      So gesagt: Zivilisation zugleich beklagen oder verdächtigen – und gleichzeitig in einem profitablen oder auch nur technischem Nutzungsverhältnis zu ihr stehen – das nenne ich heute Dummstellen und das geht – wie ich finde – nicht mehr. Das fällt mir gelegentlich unangenehm auf.
      Deshalb lass ich mir vom Haneke, der zivilisatorische Strukturen tief ausnutzt und von ihnen profitiert, auch nicht erklären, wie schlecht die Welt ist.
      Rainald Goetz hatte mal eine schöne Wortfindung: Er suchte nach der “nichtlächerlichen Autorenposition.” Und genau diese Einsicht, dass es heute kaum noch eine “nichtlächerliche Autorenposition” geben kann, das gilt es auszuhalten.

    25. man / frau durften ab einem ungewissen zeitpunkt in den 80ern letzten jahrtausends einfach nicht mehr “politisch” schreiben, das wurde als zu platt abgestempelt.
      man durfte ab jenem zeitlich undefinierbaren moment nur noch betroffen sein, aber eben nicht mehr agitatorisch.
      wer nicht betroffen sein wollte, wurde sozusagen in verklausulierende ausdrucksformen getrieben, wie es in der ddr ja gang und gebe war, um dort nicht als staatsfeind eingeknastet zu werden.
      sicherlich wurde eine autorenposition dadurch leicht lächerlich, es sei denn man
      prangerte zärtlich ( sozialverträglich ) soziale missstände an oder man schrieb konform zu den verhältnissen.
      ein klares politisches statement gegen die massenhafte verelendung innerhalb der bundesrepublik galt wohl im allgemeinen als zu hart.
      das muss man / frau wohl aushalten.

    26. Die Werke die von den wirklich komplizierten Zusammenhängen erzählen findet man heute kaum noch in der klassischen Literatur, sondern im Fachbuchbereich der Medizin, der Ökonomie etc… und schließlich findet man sie auch im Fernsehen und letztlich findet man die komplizierten zusammenhänge sehr sehr stark bei sich selbst, wenn man zum Beispiel bei H&M einkauft oder eben sich ein Flugticket bucht, dort am Flughafen, wo es nach Kerosin riecht.

    27. chefrevolutionär ich kann gut nachvollziehen, dass die Agitation in den Achtizigern irgendwann nicht mehr angesagt war, weil sie unglaubwürdig geworden war. Die Protestler waren nämlich alle irgendwann “angekommen” sie sassen fett in der der toskana, der Rest in Stammheim, man entdeckte besetzre Häuser oder Atomkraftwerke, aber auch diese Protesthaltungen sind irgendwann schweirig geworden, dann gab es Betroffenheit, eine gute Beobachtung. Zu bedenken wäre, wie man heute agitiert, wollte man heute wieder agitieren. Gründe genug gäbe es ja. Ich glaube, die Lage ist kompliziert, weil Agitation bisher immer Gegner brauchte. Ich denke, dass eine Agitation, die heute wieder nach Gegnern sucht, seien es Kapitalisten , seien es Zivilistionseffekte, nicht funktionieren kann. Wenn man wieder agitatorisch schreiben wollte, müsste es unterstützend geschehen, positiv. Also Agitation müsste heute nicht angreifen und klagen, sondern loben, Dinge loben, die bereits auf eine mguten Weg sind. Schriftsteller, die politisch schreiben wollten, müssten dazu angehalten werden, nach Positivem Ausschau zu halten, und diese Dinge positiv agitatorisch beschreiben, damit der Effekt sich verstärkt. Ich glaube, so bekäme man wieder eine nichtlächerliche Autorenposition.

    28. die klassische literatur verwiese auf ein antiquiertes. das klassische erweist sich als solches ante post. die zusammenhänge liegen in der literatur (belletristik?). die philosophie wäre zuständig, die ausgeklammerte, mir selbst nicht wirklich (nicht mehr?) nachvollziehbare. medizin und ökonomie folgen den phänomenen, denen sie begegnen. und werden kompliziert, weil sie nicht in der lage sind, dahinter eine struktur zu entdecken. also ein verfransen. so wie’s im täglichen leben dem geschieht, der dauernd mit H&M zu tun hat (was ist das?) oder mit dem buchen von flugtickets. verstehe ich nicht. das einzige vielleicht: in der literatur (wieso klassische? goethe und flugtickets!) werde nicht reflektiert, was ein einzelner an konkreten problemen zu verdauen hat. ich möchte eine literatur, die sich mit mir auseinandersetzt. bitte! unbedingt!

    29. und damit meine ich nicht Affirmation im Sinne von Pop-Affirmation. Ich meine ein politisches Begleitschreiben, zum Beispiel jetzt für die Initiative, die Sahara elektrifizieren zu wollen, unabhängig ob da auch viel PR- drin war, fand ich das zum Beispiel eine echt gute Nachricht in den letzten Tagen.

    30. chefvolutionär – ich überlegte mir kurz chevolutionär und fügte dann sozialverträglich noch das f ein …
      warum agiataion auch aufhörte ist wohl dem umstand geschuldet, dass sich nach der wende rechts und links ( radikal ) gegeneinander hätten stellen müssen weil rechte ziemlich mörderisch auf den plan kamen.
      um zu deeskalieren, gaben teile der radikalen linken ihre nach aussen gewendeten harten positionen auf und zogen sich irgendwie zurück, so theoretisiere ich das.
      seit dem bringt man entschlossene polische meinungbekundungen mit gewalt und härte in verbindung.
      hören sie, r.f., wir leben hier in der bundesrepublik nicht in einem schlaraffenland,
      zumindest nicht der teil der bevölkerung, der arm ist, also etwa 30%, wobei armut heisst, dass man gerade mal seine miete zahlen kann und froh sein kann, wenn
      man mit dem geld für essen und trinken über den monat hin auskommt.
      also dafür würde ich wäre ich autor noch keine lobeshymnen schreiben, in anbetracht dass extrem viele menschen parallel dazu in derselben gesellschaft in saus und braus leben und arbeiten.

    31. parallalie es ging darum, davon zu erzählen, dass wir alle im Honig uns befinden, sie wissen schon, die berühmten Fliegen im zähen Honig. Also wie auch immer wir uns bewegen, der Honig bewegt uns und bewegt sich mit, das ist das einzig gute Bild, was ich von Derrida gerne übernehme. Wehren wir uns gegen den Honig, um so mehr kleistert er uns ein, umso mehr nimmt er uns gefangen. Weil es sehr gut unser Innensein in den Prozessen beschreibt. Indem wir uns bewegen, bewegen wir den Honig, dessen Trägheit uns wiederum bewegt und immer weiter umfängt und so weiter… Das ist die Lage
      Der Honig aber fließt mit uns.
      Aber schon dieses Bild zu verinnerlichen, deutet zumindest die Teilmöglichkeit einer Emanzipation von den beiden schelchten Irrrtümern an.
      1. Irrtum: Wir könnten uns vom Honig lösen. (Protest, Kritik)
      2 Irrtum: Wir könnten uns ganz im Honig einlösen (Affirmation)

      Beide Projektionen sind Schwachsinn und deshalb lächerlich.

      Es bleibt also die gute Volksweisheit, der berühmte Mittelweg:
      Den Honig und uns selbst darin studieren und verstehen, also erforschen, und uns gegenseitig von unseren Erfahrungen berichten. Von den Bewegungsmomenten, die der Honig um uns herum mit uns gegen uns anrichtet.
      Ich glaube ein Effekt wäre, dass wir uns den Honig zu eigen machen, nicht in dem wir uns darin auflösen, sondern indem wir ihn langsam verzehren, ihn uns durch Erkenntnis aneignen, so dass wir irgendwann nicht mehr Fliegen im Honig sind, die da hineingefallen sind, sondern “Honigfliegen” , die im Honig wohnen, und sogar jetzt Honig selbst produzieren. Der Honig existiert in uns weiter, aber als Namen, den wir uns selbst gegeben haben.

    32. @r.f. klingt ja gut was sie da sagen, also ein dach über dem kopf und essen aus der
      billigsten dose beschreibt die honigexistenz.
      ja für leute die abgemeldet sind schon, also leute die mit ihrem leben fertig sind.
      dazu halt noch ein fernseher und schlaftabletten oder psychopharmaka bzw. fusel.

    33. chefrevolutionär Die Polarisierungen zwischen rechts und links sind austauschbar. Wenn man sich agitatorisch erneut darauf einlässt, rechts die doofen bösen, links die guten klugen. Ich glaube nicht mehr daran. Sie kommen dann in eine alte ziemlich rostige Propagandamaschine, die sich auf beiden Seiten immer dann ad absurdum führt, wenn es um Pöstchen und Posten geht.
      Das sind lediglich Spiegelungen.
      Wenn man heute auf eine Gleichverteilung in der Gesellschaft hinauswill, muss man das Problem energetisch informatorisch und versachlicht angehen. Sie brauchen ein ganz neues nichtabgenutztes Argument für Gleichverteilung in einer Gesellschaft. Dieses neue nichtabgenutzte Argument, kann nur aus einer nichtpsychologisch formulierten Position formuliert werden, dass heißt jenseits aller Bilder von “Kränkung” und “Vorteil”. Dieses neue nichtabgenutzte Argument muss man allerdings noch finden.

    34. winny pooh : an den muß ich denken. der sitzt und sagt: “denk, denk, denk”. denk’ ich mal: honey is a sweet pie. zu dem kein mittelweg führt. zumindest nicht in der eigenen winny-pooh-prädisposition. man kann dann natürlich empirisch beschreiben, wie ein jeder winniy-pooh zu seinem honig kommt. das ergebnis wäre ein statistisches mittel zwischen will-ich und nee-is-mir-zu-aufwendig. die emanzipation liegt m.e. im wie. und der name (dies vielleicht doch der eigentliche satz) benennt was auch immer und je nach dem. ohne den honig zu negieren.

      P.S. daß wie alle uns im honig befinden, negiere ich. was sollten wir sonst suchen?

    35. chefvolutionär – r.f. – sie schrieben :
      1. Irrtum: Wir könnten uns vom Honig lösen. (Protest, Kritik)

      also protest und kritik will sich nicht vom honig lösen, wenn sich etwas radikal lösen wollte, dann aussteigertum.

      ansonsten war meins oben eine etwas arg verkürzte anskizzierung von historie und damit nicht besonders exakt.

      ihr letzter satz soeben gefällt mir insbesondere das ” jenseits von kränkung und vorteil”.
      eine antwort ( oder eher antworten ) sehe ich dazu nicht.

      einer meiner nachbarn zum beispiel spielt bass und war früher auf ähnlichen konzerten wie ich auch ( punk z.b. )
      wir haben aus der zeit einen gemeinsamen bekannten ( veljanov ) – er spielte mit ihm, ich kannte ihn aus proberäumen.
      trotzdem trinkt man nicht mal gelegentlich n whiskey zusammen.
      so kommunikationsfaul oder gestört wurde man – aber eigentlich schwärmt man
      noch gelentlich von der guten alten zeit der indies – ( welche dann von den majors übernommen wurden )
      usw.

    36. parallalalie Weder ein Aussteigertum noch unsere Wünsche oder unser Wollen kann uns dem Honig entheben, weil unser Wünschen und Wollen automatisch Wunsch – und Wollensmaschinen erzeugt, die uns regieren, nach denen wir uns dann richten. Sie bewegen dann automatisch den Wunsch – und Wollenshonig, sie werden Wunsch- und Wollens-Technik, und schließlich Wunsch – und Wollensmärkte, die noch in der abgelegensten Gegend die Immobilienpreise langsam aber sicher anheben werden.
      Der Honig war nicht im Sinne von Sweetness angeführt, eher im Sinne eines viskosen Verhältnisses zwischen den Bewegungen unseres Bewusstsein und den Bewegungen dessen, was mit ihm verkoppelt ist. Ich hätte statt Honig auch zähflüssiges Öl nehmen können.
      Im Automobilbau gibt es die Visko-Kupplung, da wird die Kraft auf das Getriebe nicht mehr zwischen reibenden Scheiben übertragen, sondern mit einem Öl, dass seine Viskosität nach Bedarf verändern kann.

    37. also man will doch nicht im bett mit ner alten liegen und eifach nur gut aussehen
      und nen gutaussehenden ständer präsentieren.
      man will auch nicht als bett einen kartoffelsack präsentieren ( zumindest nicht auf dauer )
      man will im bett liegen und konversation auch betreiben können, ohne ständig wikipedieren zu müssen.
      so man das will ist man ganz einfach veraltet.
      altes eisen sozusagen.
      kommt eine wissensfrage im bett interimsmässig auf ( also zwischen zwei körperlichen vereinigungen ) so hat man das notebook entweder verwegen zu zücken oder lakonisch anzuschalten um eine bildungsfrage zu ergänzen.
      das ist die westliche realität.
      bildungshunger ist da was für die schulen, da lernt man fachwissen und darüber hinaus die fähigkeit, schnell an eine sozialverträgliche bildungsinformation zu gelengen ( diese zu ergattern – ungünstigeren falls – burschikos sozusagen )
      usw.

    38. nachgelächelt ( aufreizend den wäschern ) naja herbst – sie bewegen ihre ( geistige ) existenz auf eine punktförmigkeit hin, –
      auf etwas was sie meinen begreifen zu können.
      das mag aufs allgemeine hin betrachtbar so akzeptabel zu sein scheinen.
      nun gibt es allerdings auch zustände, welche sich ausserhalb unseres erfahrungshorzontes bewegen.
      wenn ich sage unseres, so meine ich sie damit nicht.
      sie müssen fesseln und knebeln und sind somit opfer eines gefesselt werden wollens oder geknebelt werden wollens.
      so spricht die sachlage.
      was haben sie dagegen anderes vorzubringen als trash ala scorsese oder wenders bzw. gründgens / schliemann ?
      vielleicht in corpore sano mens estas.

    39. ja mann weiss ja, das diese unsere gesellschaft ein heilsversprechen über die welt vergiesst.
      stets und unbeirrbar.
      sie kümmert sich szusagen als ewntwurf vorsorglich um die ganze welt und zeugt auch damit diktatoren.
      es gibt ja kaum jemanden, dem das missfällt, weil missallen etwas unanständiges ist.
      etwas was nach nicht gut gehen “riecht”.
      man muss töten lernen, weil man es verlernte in den netzen der demokratie.

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