Arbeitsjournal. Sonnabend, der 16. Mai 2009.

9.22 Uhr:
[Arbeitswohnung. Taschaikowski, b-moll.]
Erst um acht auf, bis nachts um Viertel vor drei, nachdem Du mit Bach eingeschlafen warst, >>>> Alias weitergeguckt; wenn ich mit sowas anfange, ziehe ich’s suchtartig durch; Distanzierung ist fast nicht möglich. Jetzt bist auch Du wach, schon seit einer Stunde („schlaf noch etwas weiter, Junior, es war doch so spät gestern“), bis Du’s eben nicht mehr ausgehalten hast so dösend auf dem Vulkanlager. Also Kakao bereiten, nachdem ich >>>> auf HölderLine geantwortet habe. HölderLines Fragestellung interessiert mich sehr, viel mehr als irgend ein Problem der Arbeitswelt, die mich ja insgesamt höchst wenig interessiert. Ohne Physik, oder die Idee, was sie sei, ist Erkenntnistheorie, glaube ich fest, nicht möglich. Das Problem dabei ist, das sieht er völlig richtig, die aber unumgehbare Notwendigkeit von Spezialisierung; nur macht genau sie, eigentlich, demokratische Entscheidungen unmöglich, wenn man mal voraussetzt, daß Entscheidungen aufgrund bewußter Gründe zu treffen seien. Wir aber, letztlich, müssen glauben.
Es steht noch eine Antwort auf Sumuze aus; ich habe >>>> den entsprechenden Kommentar kopiert, um ihn später auf der Folie meines Textprogrammes zu beantworten. Jetzt muß ich eben was fürs Frühstück einkaufen radeln.

13.08 Uhr:
Ein schöner Vormittag, unterm Strich, auch wenn ich mit Dir beim Celloüben erst wieder böse sein mußte; ich kapier das einfach nicht, weshalb Du dann, wenn man Dich angeraunzt hat, plötzlich gut wirst, aber es dieses böde Anraunzen immer b r a u c h t. Find ich belastend. Wir nahmen uns danach in den Arm und atmeten tief. Dann Deutsch üben, was gut lief, dann noch etwas Englisch, und schließlich las ich noch ein halbes Kapitel Kapitän Grant vor (begleitend auf dem Atlas schauen, Länder suchen, Breiten- und Längegrade finden). Irre allerdings Deine Bemerkung beim Frühstück, das sei doch überhaupt nicht logisch in dem Star-Trek-Film gewesen: wenn man, um einen Planeten in die Luft zu jagen, ein schwarzes Loch „zünde“, wozu dann erst in den Planeten hineinbohren und die Antimaterie da reinschießen? Ein schwarzes Loch sei doch genauso verheerend, wenn es sich auf der Oberfläche eines Planeten, ganz egal wo, „entfalte“. Wo Du recht hast, hast Du recht. Auch mit neun.

18.06 Uhr:
(Cello üben.)

Geilheit (K r a f t)

30 thoughts on “Arbeitsjournal. Sonnabend, der 16. Mai 2009.

    1. auflachend zu Kaschmir (anonym): Nö, brauch ich nicht. Ich stell mir das sogar völlig anders vor. Aber mal im Ernst: Wenn Sie Ihre Bemerkung begründen würden und außerdem erklärten, woher Sie wissen, daß er etwas anderes spüre, so wär ich sogar bereit, mit Ihnen zu sprechen. Trotz der moralischen Keule, mit der Sie gleich zuschlagen zu müssen meinen. Verlogenheit ist etwas, das meinem Character nahezu völlig fremd ist. Meine Probleme ergeben sich ganz umgekehrt aus einer vielleicht allzu rigorosen Offenheit und, für einen Publizisten folgt das daraus, Öffentlichkeit.

    2. sagen sie mal herbst hat denn ihr bub überhaupt böcke cello zu lernen ?
      falls er böcke hat – warum fahren sie ihn dann unwirsch an ?
      weil er sich verspielte ?
      ist ein neunjähriger nicht längst schon in der lage, eigene entscheidungen zu treffen ?
      die beste motivation ist immer die die aus einem selbst kommt weil man an irgendetwas spass hat – eigenes interesse.

    3. @p. Hier liegt das (kleine) Problem. Ja, hat er. Es war sowohl seine eigene Wahl, als auch, daß er es immer wieder bekundet. Ich habe ihm mehrfach gesagt, daß niemand böse wäre, wollte er n i c h t. Wissen Sie, wenn man Kinder hat, wird man mit solchen Widersprüchen nicht selten konfrontiert: eine Wunschvorstellung zu haben, aber den Schweiß, den ihre Realisierung bedeutet, nicht vergießen zu wollen. Hier geht es einfach darum, einem ganz jungen Menschen beizubringen, daß man manche Dinge auch über Durststrecken durchhalten muß: das fängt an bei “Papa, ich hab so einen Durst”, wenn meilenweit kein Kiosk in der Nähe ist und die Wasserflaschen, etwa beim Aufstieg auf einen Vulkan, rationiert werden müssen, das geht damit weiter, daß man zwar gerne segelt, aber dann auch anfangs eine mögliche Seekrankheit in Kauf nehmen muß, und das Erlernen eines Instrumentes gehört ganz besonders dazu. Für die “Ebene” des Spieles habe ich für meinen Jungen den Leitsatz geprägt: “Wer tobt, tut sich weh; das ist ein Naturgesetz.” Er will und soll toben; dazu gehört aber auch, daß er das Risiko will, sich dabei zu verletzen. Wollte er das Risiko n i c h t oder wollte er n i c h t Cello lernen, wär die Situation eine ganz andere. Allerdings hab ich ihm dazu gesagt: “Leben oder nicht leben, das mußt d u entscheiden. Was w i l l s t du?” Die Antwort war immer: “Leben, Papa.” Und darauf ich: “Dann rauf aufs Pferd. Und fällst du runter, sofort w i e d e r rauf, und zwar ohne zu zögern.”

      (Es ging nicht ums sich Verspielen, das wär ja Unfug. Sondern es ging darum, nicht ständig mit den Gedanken bei etwas anderem zu sein als dem, was man gerade tut. Ist übrigens auch ein Schulproblem. Das wir grad gut in den Griff bekommen. Kostet aber ebenfalls Schweiß.)

    4. naja wenn ich mich so an meine kindheit erinnere so war da das piano das mir gar keinen
      spass machte und eine mutter die teils daneben stand und den takt klopfte.
      ich hörte damals am liebsten die stones scheiben meiner schwester und fühlte mich
      schon von beginn an meiner gymnasialzeit wie ein abiturient – das waren die damals
      mit den langen haaren.
      irgendwann kam also der rock’n roll beim piano auf – dann hatte ich den nick blues-x
      weg ( ab 13 ) erwachsene musiker sprachen mich an ob ich ncht mit ihnen spielen wolle und als ich dann 18 war sagte mein musiklehrer damals, das ich ihn jetzt
      hätte worum es mir aber gar nicht gegangen wäre.
      eigentlich keine ahnung warum ich ihnen das jetzt noch poste – vielleicht weil der
      punkt kommt da man etwas dann übernimmt und selbständig fortsetzt.
      ansonsten stell ich es mir schwierig vor ein lebhaftes oder unkonzentriertes kind
      zu lenken – ohne vielleicht auch nur gelegentliche grobheiten.
      vor allem eine vater-sohn beziehung stelle ich mir da schwierig vor.
      früher war ich da mal cooler – also die vorstellung von einem möglichen sohn
      am instrument überragt zu werden hätte ich damals im sinne der sache selbst
      geradezu trefflich gefunden – heute würde mir so eine coolheit irgendwie fehlen.
      vielleicht auch das vertrauen in die musik – weil ich zunehmend eigentlich die
      bedeutungslosigkeit der kunst erkenne – was ein politisches anbelangt.
      aber dafür hat man sich dann mächtigst angestrengt und die meisten bleiben dann dqbei auf der strecke – und so ne cracks wie m. pintscher ?
      zweifeln auch daran warum sie sich sone wahnsinns arbeit eigentlich machen.

    5. also ich.. habe das Ermahnen und Erinnern und Auf-die-Finger-Klopfen damals immer als fürchterlich empfunden. Es setzte jedesmal einen Anti-Mechanismus in Gang, der mich auf dem Weg zum Klavier sofort wieder herumdrehen ließ, sobald mir meine Mutter entgegenkam und sagte “du musst üben!”
      Ich habe mich meistens nur drangesetzt, wenn ich fühlte, dass es jetzt passte, und das hieß, wenn ich in der Lage war, sozusagen direkt mit der M u s i k Kontakt aufzunehmen, und keine Pflicht dahinter sah.
      Allerdings muss ich dazu sagen, dass es auf jeden Fall weiterbringt, wenn man sich auch dann hinsetzt, wenns grade nicht passt, rein für die Gelenkigkeit der Finger, pure Motorik, muss trainiert werden, Gehirnbahnen eingefräßt, wiederholt, wiederholt, wiederholt, wiederholt. Kommt man einfach nicht drumrum. Aber auch das kann Spaß machen, nur Etüden, Tonleitern, rein wegen der Lust an der Perfektion, die sich bei einfacheren Übungen erreichen lässt. Mit Metronom dazu, am besten, und mit voller Konzentration, jeder Ton ein Gedanke, in ebener Reihe gefügt.
      Und – ich weiß nicht ob sie sowas haben? – gibt diese Dinger, GyroTwister, die sind super um die Muskulatur an den Händen fit zu halten, Handgelenk zu trainieren, so nebenbei beim Serienschauen z.B. 😉

    6. @p. Erziehungsfragen. weil ich zunehmend eigentlich die bedeutungslosigkeit der kunst erkenne – was ein politisches anbelangtDie sehe ich auch. Aber mich interessiert Politik weniger als die Kunst – sonst würde ich Politiker werden oder, angesichts der Parteienrealitäten und der Parteiraison, bewaffneter Widerstandskämpfer. Meine Sympathie, das habe ich nie verschwiegen, sind auf der Seite der RAF, auch wenn ich glaube, daß die RAF irrging – schon allein die Annahme, es gebe ein revolutionäres Subjekt, auf das man sich stützen könne, halte ich in einer Wohlstands- und Kapitalgesellschaft für Quatsch. Es gibt Menschen, die essen und trinken wollen und die, wenn das gesichert ist, Luxus wollen usw. Es schert den Menschen-als-Volk nicht das Unglück des anderen Menschen. Wohl aber schert das den Menschen-als-einzelnen. Manche Menschen als einzelne. Die sind mir lieb.
      Ich habe auf Politisches sehr sehr wenig Einfluß. Auf Künstlerisches, einfach weil ich es l i e b e, viel mehr. Es ist tatsächlich ein Liebesverhältnis, fast ganz jenseits meiner Rationalität. Deshalb zweifle ich auch nicht an meinen Mühen. Ich verzweifle manchmal ein bißchen über die offenbare Art, in der gegen mich Macht ausgeübt wird, aber ich kam bisher immer drüber weg und wußte es in Wut, die prinzipiell produktiv ist, umzuformen: Arbeitswut.also die vorstellung von einem möglichen sohn am instrument überragt zu werden hätte ich damals im sinne der sache selbst geradezu trefflich gefundenIch f i n d e es nicht nur trefflich. Nein, ich beobachte es ja auch: allein, wie schnell mein Junge automatisch Bewegungen vollführen kann, zu denen ich mich nur über intensives Training zu bringen weiß, das ich aber auch, mit meinen 54, nicht n u r willensgesteuert vollziehen kann, weil nämlich die Sehnen nicht mehr so wollen, wie ich will, und ich aufpassen muß, mir nicht eine Entzündung zuzuziehen. Was mein Junge jetzt an Motorik lernt, verliert er nicht mehr. Was er später dann damit anfängt, und o b er etwas damit anfängt, das muß dann e r entscheiden. Klar aber ist, daß o h n e bisweiligen Zwang n i c h t s zur Möglichkeit einer auch nur annähernden Perfektion geführt werden kann.

    7. @kaira: GyroTwister. Hab ich. *lacht. Und wissen Sie, wer mir das Ding mitgebracht hat? – Mein Junge. Er hat es, echt, ich hatte keine Ahnung, von seinem Taschengeld gekauft und mir vor einem halben oder dreiviertel Jahr geschenkt. Ich habe ein unglaubliches Kind.

    8. ja Es braucht manchmal den Zwang. Die Erinnerung. Die Lenkung, Korrektur. Manchmal kommt die Einsicht eben erst später.
      Ich zumindest werde meinen Eltern auf ewig dankbar sein für die ganze Zeit, Fahrerei, Kosten für Privatlehrer, und dann das ständige Erinnern und Ermahnen, was das für Nerven gekostet haben muss! Aber die Musik ist einige Opfer wert.
      Und zum Dank gibt es auch hin und wieder ein kleines Konzert für den Papa.
      Das freut 🙂

    9. “was das für Nerven gekostet haben muss!” Das geht alles noch. Das Blöde ist etwas anderes: man fühlt sich mitunter so als böser Vater. Das tut einem selbst weh. Verantwortung zu übernehmen, bedeutet aber genau auch das: nicht vor der “bösen” Rolle zurückschrecken, sondern sie anzunehmen. Ein Kind zu haben, bedeutet auch die Verpflichtung zur Autorität. Wobei man “Arbeit” vorleben muß: man muß selber tun können und tun, was man verlangt.

    10. @diadorim. Nein, sie heißt genau so richtig. Reiten oder klettern oder kämpfen oder segeln, egal was, steht ja für ein Allgemeines, für eine H a l t u n g. Die drücke ich emphatisch mit dem Wort “leben” aus.
      Nüchtern gesehen, lebt natürlich auch der ängstliche, schüchterne Mensch, selbstverständlich. Aber “leben” ist hier nüchtern gerade nicht gemeint. Ich will gar keine Nüchternheit vermitteln, sondern Leidenschaft, Begeisterung, Feuer. Die Nüchternheit, dafür sorgen die Umstände schon immer genug. Dem halte ich mit D’Annunzio entgegen: ARDET ET FLORET!

  1. >>>Allerdings hab ich ihm dazu gesagt: “Leben oder nicht leben, das mußt d u entscheiden. Was w i l l s t du?” Die Antwort war immer: “Leben, Papa.”<<<

    Wie verheerend. Wäre es bloß nur Literatur!

    1. @K. Was finden Sie daran verheerend? Ziehen Sie ein Leben im Duckmäusertum vor? Nun ja, das ist dann die Schuld Ihrer Eltern. “Leben oder nicht leben” ist genau die Entscheidung, die man treffen muß. Jeden Tag. Jede Stunde. In jeder Sekunde. I c h finde es verheerend, Kinder dazu zu erziehen, vor Schwierigkeiten wegzulaufen und sich zu ducken, ehe man riskiert, etwas vermeintlich Falsches zu tun.
      Wenn Sie Ihr Kind genau so weit voranbringen, wie ich meines, dann dürfen Sie sich gerne wieder bei mir melden.

  2. ps. Und was meine (drei) Kinder betrifft, so hatten sie das Vergnügen Leidenschaft und Begeisterung selbst zu entdecken.

    Sie werden es noch erleben: Die Abwehr Ihres Sohnes. Das wird dann allerdings s e h r hart.

    1. @K. Löschung. Ich habe den Kommentar, wie verabredet, gelöscht. Leser der Kommentarfolgen werden merken, daß etwas fehlt, aber das ist nun in Ordnung. Sie haben sich entschuldigt, wie zu lesen >>>> b l e i b t.
      Was die kommende Abwehr meines Sohnes anbelangt, so tue ich vieles dafür, daß sie auch erfolgen kann. Das m u ß sie sogar. Daß das keine leichte Zeit werden wird, ist mir völlig klar. Es geht aber ja auch nicht darum, daß man leichte Zeiten hat, sowas hat mich noch nie interessiert. Sondern es geht darum, ein Kind kräftig sein und immer kräftiger werden zu lassen.

      Zu der Mordphantasie, wenn Sie dazu noch einmal schreiben möchten, bitte. Ihnen werden solche Phantasien so bekannt sein wie jedem anderen Menschen. Der Unterschied zwischen mir und vielen anderen – manchmal denk ich: den meisten – besteht darin, daß ich zugebe und erzähle, was in mir ist – und wie es sich bezwingt. Zu “bezwingen” kann man auch “kultivieren” sagen, aber es ist ein Kultivieren nicht durch Verdrängung, sondern durch Öffnung und den Versuch der Einsicht.

    2. Erziehung, Musik Erziehung ist ein sehr sensibles Thema, und ich würde es wahrscheinlich nicht wagen, hier etwas dazu zu sagen, wenn ich es nicht kennen würde, diese Frage. Ich spiele seit ich denken kann Klavier, musikalische Früherziehung, wechselnde Privatlehrer, musisches Gymnasium. Nach dem Konzert ist vor dem Konzert, angestrebtes Übpensum 2-4 Stunden pro Tag. Was man natürlich nicht durchhält, gibt schließlich auch noch andere wichtige Sachen auf der Welt, z.B. Bücher. Und jetzt stellen sie sich einen Vater vor der einem den Taugenichts aus der Hand reißt, damit man sich endlich ans Klavier setzt. Ich habe ihn nicht nur gehasst, ich fühlte mich auch noch im Recht, ich wollte nun mal gerade nicht üben, egal ob das Konzert morgen war oder übermorgen oder in einer Stunde. Dann sitz ich später vorne am Flügel und genau die Stelle, die es noch gebräucht hätte, bringt mich natürlich ins Schludern und ich schäme mich, nicht vor meinem Vater, nicht mal vor mir oder dem Publikum, sondern einfach weil es nicht hätte sein müssen, weil ich dieses Stück so hinbringen hätte können, wie es nun mal sein m ü s s t e, ein Erlebnis, und nur mein schwächelnder Wille, meine mangelnde Einsicht hatte es verhindert. Und vor allem als Kind hat man die eben nicht immer, will man und soll man sich auch mal gehen lassen können. Damit man das aber kann ohne ins Bodenlose (gleichgültige) zu fallen (und das ist meiner Meinung nach die Gefahr bei laissez faire), braucht es Grenzen, die Punkte, die gesetzt werden wo ganz klar ist: wenn du das tust/nicht tust, schadest du dir selbst. Da wird man natürlich gefordert dadurch, wer weiß schon was zu jedem Zeitpunkt nützt und was nicht, deswegen ist Erziehung auch so ein schwieriger Prozess. Aber gerade das zu thematisieren und nicht aus Angst, dabei eigene Schwäche zu zeigen, darüber hinwegzugehen, sondern auch andere Meinungen dazu hören zu wollen, sofern sie nicht grob beleidigend vorgehen, das finde ich stark. Und ich bin beileibe keine beliebige Jasagerin. Ich hör sogar Pop 😉

    3. ps ich bin trotzdem eine Taugenichtsin geworden. Also was Leben etc. heißt, das will man in der Regel sowieso selbst herausfinden, egal was die Eltern sagen. Und das passiert am ehesten dadurch, indem man eine eigene Haltung vorlebt, und nicht in die allgemein herrschende Gleichgültigkeit ausweicht.

    4. Harmonie Kaira, das hast Du sehr s c h ö n geschrieben. Gerade am Sonntag sollten wir dem Begreifen, dem aufmerksamen wie zufälligen, viel mehr Beachtung schenken. Aber auch für die Harmonie als Bestandteil zweifelloser Ernsthaftigkeit lohnt es sich behutsam zu streiten. Ja, sie läßt sich Schritt für Schritt nachvolllziehen, mehr nicht; sie zu begreifen, w ä r e Erleuchtung, mithin etwas sonntäglich Religiöses.

    5. Hingabe Ich finde auch, wer hier gegen immer nur auf dem Wechselspiel beharrt, soll in die Knie gezwungen werden. Das geschieht schon ziemlich oft, nämlich weitgehend unabhängig von der tatsächlichen Intention des entsprechenden Erziehers: ob er das w i l l oder es einfach nicht mitbedacht hat, spielt keine Rolle. Hingebende Unterordnung hat noch keinem wirklich geschadet, erzwungene schon.

    6. Das frühe Klavier war für mich wie eine Erleuchtung, ganz unvermittelt, während ich Tonfolgen lese, die mir mein Onkel mütterlicherseits nach dem letzten Konzert geschenkt hat, also so was wie Religionsdurchschauerung in Musik. Irgendwie ist Musik Inbeziehungsetzung, jedenfalls behauptete.

  3. @ANH Bei der Lehrerin, die Ihren Sohn unterrichtet, muß er sich auch konzentrieren, sonst gibt’s garantiert einen Anpfiff… da es ist gut, wenn Sie ihn lehren, wie wichtig die Konzentration auf das, was man tut, ist. Außer im Spiel muß ein jedes Kind beim lernen lernen, sich wirklich konzentrieren zu können, und dies auch zu wollen. Ich weiß noch, wie meine Großmutter mir Sütterlin beibrachte, dies tat sie nur, weil ich den Wunsch geäußert hatte, diese Schrift wirklich lesen und schreiben zu können. Oft konzentrierte ich mich nicht dabei… nachdem das ein paar Mal vorgekommen war, bekam ich auch prompt von meiner Großmutter einen Anschiss: “Wenn du dich nicht konzentrierst, brauchen wir nicht zu üben, ich mach das, weil du das lernen möchtest.” Nach dem dritten Mal war sie richtig wütend… “Willst du das lernen, oder nicht”, ich wollte ja, aber manchmal gingen meine Gedanken dabei ihre eigenen Wege. Ich bin meiner Großmutter heute sehr dankbar dafür, wie für so vieles…
    Bei meiner Schwester sind viele Kinder in der Gruppe, die, so wie sie sagte, wenn sie in die Schule kommen werden, immer noch keinen Schnürsenkel binden können, weil die Eltern lieber, auch, wenn das Kind älter wird, Schuhe mit Klettverschlüssen kaufen.

  4. @ Dschungelkommentatoren Leider komme ich erst jetzt dazu hierzu etwas zu sagen. Die aller bösesten Kommentare sind gelöscht, ich könnte Sie erfragen…. will ich aber nicht.

    Dies ist ein bestes Beispiel für das was im Netzt passiert. Durch einen Text durch die Verfolgung eines Lebens wie es hier möglich ist, vermeint man den Menschen, den Autor des Textes zu kennen. Man macht sich ein Bild und hat ein Bild und kann sogar einige betrachten. Daraus formt sich die Annahme diesen Menschen zu kennen.

    Mich dauert was hier passiert und ich möchte denen die hier harsch kritisieren zurufen:
    Seid vorsichtig mit Eurem Urteil, wenn Ihr nicht selber Kinder habt.
    UND Ihr kennt Herbst nicht! Urteilt nicht wenn Ihr ihn nie persönlich mit seinem Jungen erlebt habt.

    Wer aufmerksam Die Dschungel ließt der weiß um meinen Stand u n d weiß auch um meine Kritik, die ich schon anbrachte, weiß um die Zügel die zu lockern ich forderte.

    Wer sich mit Kindererziehung beschäftigt, ob aus professionellen Gründen oder weil er/sie selber Kinder hat der weiß, dass nichts wichtiger ist als Klarheit. Strenge gehört unweigerlich dazu genauso wie Verlässlichkeit. Vom einen kann es nicht genug geben, das andere muss wie Salz im entsprechenden Maß angewand werden. Der ohne Sünde sei werfe hier den ersten Stein!!

    Herr Herbst macht seinen Sohn reich! Es mag kein Materieller Reichtum sein, aber nun am diesem Punkt meines Lebens wünschte ich mir, die mir vorangegangene Generation hätte weniger Wert aufs Materielle gelegt.

    Schließlich muss man die besonderen Lebensumstände in die Betrachtung mit einbeziehen, die ja die eines alleinerziehenden Vaters sind.

    Die Dschungel ist in all ihrem Fasettenreichtum und in ihrer Komplexität doch keine dreidimensionale Abbildung des Menschen ANH.
    Weiß ich wie er wirklich ist? Ich würde das niemals mit “Ja” beantworten, bei KEINEM Menschen. Aber wie er mit seinem Sohn ist, das weiß ich und mir wurde warm ums Herz als *** zu mir sagte: Je trouve il est un bon papa.
    Dem kann ich mich nur anschließen.

    1. > Wer sich mit Kindererziehung beschäftigt, ob aus professionellen Gründen oder weil er/sie selber Kinder hat der weiß, dass nichts wichtiger ist als Klarheit.

      Doch, da gibt es etwas *erheblich* wichtigeres: Liebe und (gegenseitigen) Respekt – und insbesondere die Fähigkeit, beides so zu kommunizieren, dass das Kind ein gesundes Selbstwertgefühl ausbilden kann. Klarheit alleine bringt nicht unbedingt glückliche Menschen hervor. Aber das nur am Rande, und ohne weiteren Bezug zur Diskussion hier.

    2. @brsma. Kinderliebe. Da haben Sie absolut recht. Aber das stand auch gar nicht zu Diskussion, sondern ist sowieso die Voraussetzung für jede “gelingende”, “gute” Erziehung. Wer sein Kind nicht liebt, kann tun, was er will: es wird immer furchtbar sein.

    3. Schade Schade, liebe Anadyomene, daß Sie jetzt erst dazu kommen, Ihre wichtige und aufrichtige Kommentierung vorzunehmen. Sie enthält sehr sehr Wahres. Man spürt inniglich, wie Sie zutiefst Künstlerisches mögen, einfach weil Sie es wohl l i e b e n, viel mehr. Es ist tatsächlich ein Liebesverhältnis, fast ganz jenseits Ihrer Rationalität. Deshalb zweifle ich auch nicht an Ihren Mühen. Ich verzweifle manchmal ein bißchen über die offenbare Art, in der hier gegen zutiefst Künstlerisches Macht ausgeübt wird, aber ich kam bisher immer drüber weg und wußte es in Emphase, die prinzipiell produktiv ist, umzuformen: Arbeitsemphase. Ich spüre in Ihnen eine tiefherzige Begleiterin seiner Erschauerungen.

    4. @anh Re: Kinderliebe Ja, unbedingt. Ich wollte dennoch darauf hinweisen, dass Klarheit m. E. kein erzieherischer Wert an sich ist, sondern bestenfalls Mittel zum Zweck. Ich gehe ja eigentlich auch davon aus, dass abseits einer extrem kleinen Minderheit wirklich pathologischer Fälle im Grunde ALLE Eltern ihre Kinder lieben. Die Fähigkeit, dies auch so zu kommunizieren/zu leben, dass das Kind es entsprechend versteht, fällt damit aber leider nicht notwendigerweise zusammen – AUCH die Liebe kann furchtbar sein. Zumindest ist sie definitiv keine Garantie für glücksbegabte Kinder (insofern sprach ich auch nicht nur von Liebe allein – allerdings habe ich oben bei den «Dingen» die ich gegenüber Klarheit für vorgeordnet halte, auch noch die Empathie vergessen). Sich diesbezüglich sowohl von den negativen Aspekten des jeweiligen familiären wie gesellschaftlichen Erbes wie auch der eigenen blinden Flecken weitestmöglich zu befreien scheint mir keine geringe Herausforderung. Und das dritte davon empfinde ich persönlich mit am schwierigsten: zwingt es einen doch u.a. dazu, eine für einen selbst nicht immer angenehme/wunschgemäße Unterscheidung zu treffen zwischen dem was für einen selbst und dem was für das Kind wichtig ist (wenn man eher narzisstisch strukturiert ist führt das teilweise zu recht amüsanten geistigen Verrenkungen dabei, die eigene Struktur/Wahrnehmung auszutricksen). Ich fand, ganz allgemein, in Bezug auf die ganze Thematik übrigens bisher besonders Jesper Juul (u.a. «Das kompetente Kind») sehr überzeugend, erhellend und hilfreich (und hoffe inständig, dass meine Tochter das irgendwann einmal bestätigen kann). Aber wie gesagt: das nur am Rande und ohne wirklichen Bezug zur restlichen Diskussion. Zumal das m. E. eigentlich auch kein gutes Thema für’s Netz ist – wenn man nicht bei Allgemeinplätzen stehen bleiben will (auch wenn ich mich jetzt selbst letztlich dazu habe hinreißen lassen, mea culpa).

    5. @Sarraute Herzlichen Dank für Ihren Kommentar.
      Man schreibt hier ins Leere und all zu oft kommt nur böses zurück, da tut es gut wenn man auch mal erkannt wird.

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