Die Balance von Malos. Gottlob. 1. 6. 13:46.

Ich hatte als Treffpunkt das Gottlob in der Akazienstraße bestimmt. Für eine devote Frau ist der Name ideal. Vor allem hat es da einen bescheidenen Garten. Ich bestellte vor, weil aus Sommergründen mit Andrang zu rechnen war. Ich schickte ihr eine SMS, dass ich auf den Namen Malos vorbestellt hatte. Sie sollte warten, auch wenn ich mich möglicherweise verspäten würde. „Ich werde warten“, schrieb sie zurück. Also ließ ich sie warten. Ich kam 35 Minuten später. Es gab kein Erkennungszeichen. Ich wollte keins. „Wenn es sein soll erkenne ich Sie.“
Sie war fast steif vor Nervosität. Geradezu abweisend schon vom Typ. Eine gestreckte, hager wirkende Frau in Jeans, was mich verärgerte. Außerdem trug sie einen Midi-Hänger darüber, so dass ich ihre Möse nicht taxieren konnte, als sie aufgestanden war. Hohe Stirn, kurzes, männlich wirkendes Gesicht mit ausgesprägter Hakennase, dazu das mittelbraune Haar kurz geschnitten und in überhaupt keiner Weise gestylt. Über dem einen Ohr stand es ungepflegt ab. An den Füßen flache Riemensandaletten. Schmale Füße, was mir wieder gefiel, schmale Hände, schmale Handgelenke, die Fingernägel fast kindlich. Mir gefiel auch ihre Körpergröße. Man sagt, daß man an der Nase die Größe der Körperöffnung erkennt. Das fiel mir ein.
„Ich bin Malos. Ich habe mir gerade vorgestellt, wie Ihre Möse aussieht.“
Sie konnte nicht lachen.
„Sie sollten aufstehen, wenn Sie mich begrüßen.“
Sie stand auf. Die Spaltung ging durch die ganze Person.
„Sie sind nervös.“
„Ich kann das nicht bestreiten.“
„Sind Sie vor Blinddates immer nervös?“
„Manchmal. Eher selten.“
„Setzen wir uns. Sie haben noch gar nichts bestellt.“
„Ich wollte warten.“
Ich zog das ausgedruckte Bild, das sie mir von ihren Brüsten gemailt hatte, aus dem Jackett, faltete es auseinander und legte es vor uns auf den Tisch. „Ist Ihnen das peinlich?“
„Nein.“
Wir bestellten. Der Blick der Bedienung ging wie ein Nadelkissen über meinen Nacken. Das Gesicht der Frau blieb unbewegt.
„Sie haben sich gut im Griff.“
„Das muß ich in meinem Job.“
„Was tun Sie?“
Sie erzählte es. Was sie studiert und womit sie ihr Geld verdient. „Man kann sich das nicht immer aussuchen. Das Bafög reicht nicht.“
Sie trank Bier. Ich auch.
„Sind Sie gerne devot?“ fragte ich.
„Nein. Ich hasse es.“
„Aber Sie können nicht anders.“
„Von Zeit zu Zeit kann ich nicht anders.“
„Also benutze nicht ich Sie, sondern Sie mich.“
Jetzt das erste Mal eine Art Lächeln. Aggressiv, fast herrisch. „Wenn Sie das so sehen wollen.“
„Sie mögen es, gedemütigt zu werden?“
„Ja.“
„Aber Sie hassen es.“
„Es ist nicht richtig.“
„Ihre Brüste hängen.“
„Ich weiß.“
Ich schob ihr das ausgedruckte Bild zu. Sie sah nervös, fast flatternd, zu mir. Ich sah ihr an, daß sie glaubte, ich hätte sie abgelehnt. Ich ließ ihr dieses Gefühl einen Moment. Dann sagte ich: „Wozu brauche ich das Bild, wenn ich Ihre Brüste real bekomme. Also stecken Sie es ein.“
Zögernd nahm sie es, faltete es, steckte es in ihren Umhängebeutel.
„Übermorgen abend bei Ihnen“, sagte ich.
„Gut. Das geht.“
„Dann brauche ich Ihre Adresse. Aber überlegen Sie vorher. Schicken Sie sie mir als SMS, wenn Sie sich nicht umentscheiden. Ich halte mir den Abend frei.“
„Sie wollen gehen?“
„Jetzt? Ja sicher. Sie wollten einen Eindruck von mir bekommen, den haben Sie. Wir treffen uns doch nicht, weil wir befreundet sind und Neuigkeiten austauschen wollen. Sondern weil ich Sie sexuell unterwerfen soll.“
„Ja.“
„Sie dachten, ich würde Sie sofort ficken. Tut mir leid, führen tue ich.“
Sie wirkte verärgert, blieb aber durch und durch beherrscht. „Gut“, sagte sie.
„Ich bin in keiner Weise böse, wenn Sie sich anders besinnen. Fühlen Sie sich völlig frei. Ich würde niemanden je drängen.“
„Ich hätte gerne mehr von Ihnen gewußt.“
„Ich bin eine Folie. Ich bin die Leinwand, auf die Sie Ihre Fantasien werfen, auf der Sie sie auch umsetzen können. Rückhaltlos und ohne Bedenken.“
„Sind Sie anderweitig gebunden?“
„Wollen Sie, daß ich Sie mir nehme?“
„Ja.“
„Dann lassen Sie mich jetzt gehen und gefährden das Spiel nicht.“

Morgen abend werde ich sie nackt sehen. Vorausgesetzt, sie schickt die SMS. Ich habe ihr das Setting grob skizziert. Sie soll schon nackt sein, wenn ich die Wohnung betrete. Sie soll sich selbst die Augen verbunden haben. So soll sie in ihrem Wohnzimmer stehen und warten, bis ich die Treppen hochgekommen bin. Sie wohnt im sechsten Stock. Ich werde mir nach dem Klingeln viel Zeit für das Hochsteigen nehmen.
„Wollen Sie sich mir ausliefern?“
„Ja.“
„Widerspruchslos?“
„Das weiß ich noch nicht.“
„Dann lassen wir es sein.“
„Wie?“
„Ich will ein Ja von Ihnen.“
„Hier?“
„Ja.“
„Ja.“

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