Erster Produktionstag. UND ALSO ES GESCHAH (Marianne Fritz). 5. Mai 2008. Nalepastraße Berlin.

Das HörfunkStudio II befindet sich auf dem alten Rundfunkgelände des aufgelassenen Rundfunks der DDR ganz am Anfang Köpenicks: ein riesiger Komplex direkt an der Spree, so gut wie kaum genutzt, vieles zerfällt, ein paar kleine Privatstudios sind vorhanden, einzwei große Hörspielstudios, die bisweilen die ARD-Anstalten nutzen; ansonsten leerer Raum, verlassene Gebäude, die Rasen zu Wiesen, ungemähten, geworden, verwunschen stehen die Bäume.Alles voll der Poesie, die eine Verlassenheit gibt, die wächst, wo Biotope gedeihen und wieder Elfen im Halbschatten spielen, während außen herum Replikanten sprießen. Die Privatstudios sind bisweilen von Stars heimgesucht, die schattig aus den Gängen treten; Sting war vorgestern da, man treffe, erzählte mein Toningenieur Meinetsberger, schon mal Roman Polanski; bis vor kurzem wurde der große Musiksaal, der nun ebenfalls allmählich verwaist, vom Filmorchester Babelsbergs bespielt.
Gerade mal eine halbe Fahrradstunde von der Arbeitswohnung entfernt… man findet dergleichen im Westen nicht, und Berlin dürfte die einzige Großstadt Deutschlands sein, die solch einen Schatz noch birgt – eben weil man ihn ebenso mißwirtschaftend brachliegend läßt, wie uns Bausubstanzen alleine deshalb erhalten blieben, weil die DDR kein Geld hatte, sie abzureißen.Hier nun, in Block B – dem „Künstlerblock“, sagt Meinetsberger -, dieses Studio, in dem – und in dem gleich nebenan gelegenen größeren Hörspielstudio >>>> Otto Mellies manche Nacht durchproduziert hat… hier nun treffen wir uns; um 10 Uhr bereits >>>> Gerald Schaale, mit dem die Kaffeehaus-Szenen vor-aufgenommen werden, und um 11 Uhr kommen die anderen hinzu: >>>> Antje von der Ahe, >>>> Heidrun Bartholomeus, >>>> Peggy Lukac; Tina Schimansky, die Regieassistentin, und Meinetsberger sind selbstverständlich schon vorher da. Schaale klagt erst ein wenig, das tat er schon bei der >>>> San-Michele-Produktion, „das schaff ich nicht, das zu sprechen“, ich beruhige ihn, lächelnd, und dann wird er auch wirklich gut; es geht gerade bei meinen Texten oft nur erst einmal darum, in ihren Ton zu finden; bei Marianne Fritz gilt das nur um so mehr.Die Schauspieler kennen einander, haben manchen Topf zusammen aus den Bretterfeuern geholt, das hilft. Schnell ist man sowieso, auch unter Unbekannten, per Du; ich halte auf Distanz, sehr freundlich, sehr verbindlich, so fühle ich auch, aber per Sie. Und tatsächlich läuft das Stück ganz wunderbar, ich muß selten trietzen, lasse die Sprecher ganz zu Anfang in die Musik hineinhören, damit sie einen Eindruck haben, damit ihr Stimmduktus ihn aufnimmt. Was tadellos, ja fast zu reibungslos funktioniert, so daß ich sie wieder etwas lockern, etwas agiler sein lassen muß. Es geht um sehr genaues Hören, es geht darum, Passagen abzuhorchen, gerade bei der Fritz muß aus dem Sprachklang heraus gefunden werden, was sie eigentlich erzählt.
Wir arbeiten mit ein paar, aber immer nur sehr kurzen Pausen, fast die ganzen acht Stunden durch; mal muß ein Brot gegessen werden, aber imgrunde wollen alle immer nur weitermachen.Auch das kenn ich von meiner Arbeit nun, daß so gut wie alle immer hoch engagiert sind, so gut wie nie war einer genervt – unter der Voraussetzung, daß ich die Sprecher selbst zusammengesucht und ihnen vor allem habe das Typoskript rechtzeitig zukommen lassen. Manchmal gelingt ein Satz, der mir einen Schauer über den Unterarm jagt, manchmal gelingt es, fast weinen zu können, obwohl ich dieses Stück ja nun aus dem ff kenne. Gegen 16 Uhr sind wir mit dem gesamten Typoskript durch, wie können sogar schon mit den beiden Sprechfugen beginnen… sie einzustudieren beginnen. Um 17.20 Uhr entlasse ich die Sprecher bis zum Mittwoch morgen um elf. Schimansky, Meinetsberger und ich bleiben noch und legen für die ersten fünfsechs Minuten bereits den Ton an… nur die Kaffeehaus-O-Töne werden wir morgen tauschen müssen, weil ich eine CD in der Arbeitswohnung vergessen hatte.

>>>> Zweiter Produktionstag.
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