Esra. Zum Urteil gegen Maxim Biller. Erste Heidelberger Vorlesung (8). Aus dem Entwurf ff.

Es ist eminent wichtig, sich darüber klarzuwerden, daß eine Verfremdung – wie sie juristisch aktuell vor allem in Bezug auf die Darstellung sexueller Inhalte festgeschrieben wird – von Kunstwerken in erster Linie eben nicht durch Verfremdung des Inhalts – der Handlung, der Personen – vorgenommen wird, sondern durch die sprachliche Gestaltung; Kunst bestimmt sich eben durch die Form; der Inhalt ist – für die Definition von Kunst und also dasjenige, was die garantierte Freiheit der Kunst angeblich schützen will – völlig einerlei. Sowie bei einer Kunstbetrachtung Kategorien des Inhalts ins Spiel kommen, wird schon nicht mehr die Kunst, sondern werden allein der Inhalt und seine Unbot- oder Botmäßigkeit beurteilt.
ANH, Erste Heidelberger Vorlesung.

Deutlich wird an >>>> dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, daß sich die Kritik weiterhin an der Darstellung von Sexuellem entzündet, und zwar in erschreckendem, aber auch wohltuendem Maß absolut. Sie verbrennt darin.

  • Erschreckend ist das, weil der Umstand nicht mit ins juridische Kalkül genommen wird, daß Sexualität-als-Thema und längst als Erscheinung des Öffentlichen Lebens einen für die neue, sich rapide verändernde und bereits veränderte Anthropologie maßgeblichen Stellenwert bekommen hat. Selbst vormals abartige Spielarten sind längst nicht mehr geeignet, Personen nachhaltig zu desavouieren; outings sind an der Tagesordnung, und kein Bürgermeister stürzt mehr über den Umstand, daß er schwul ist. Es wäre auch kein Kündigungsgrund. Selbes gilt für Neigungen aus dem BDSM-Bereich. Und daß jemand eine Vorliebe für Dildos hat, ist nun schon gar nicht mehr geeignet, ihr oder ihm irgend eine Kompetenz oder gar die Ehre abzustreiten. Insofern ist dieses Urteil wie die Zeitung von gestern je schon von gestern.
  • Wohltuend ist das, weil das Urteil deutlich macht, welche Sprengkraft das Sexuelle trotz seiner permanenten und es dabei permanent profanierenden ökonomischen Verfügbarkeit behalten zu haben scheint – welch eine Normen störende, sie zerstörende und damit befreiende Macht ihm nach wie vor eignet. Das Urteil bestätigt deshalb jede literarische Ästhetik, die sich nachdrücklich um Sexuelles kümmert und es poetisch gestaltet. Wohltuend ist das Urteil, weil es zeigt, daß Literatur ihren Stachel behalten hat und einstweilen behalten wird, zumindest in dieser Hinsicht, die vielleicht die einzige ist, das Widerstandspotential von Literatur zu bewahren. Daß jemand, der diesen Stachel öffentlich führt, tatsächlich noch immer eine W a f f e in der Hand hält, ist ein Fakt, das einen mit ästhetischer wie politischer Zuversicht ausstatten kann, auch wenn das Risiko, dabei ökonomisch in die Knie zu gehen, enorm ist. Doch Kämpfer, die nicht ins Risiko laufen, sind keine.

Nach wie vor ist die Darstellung sexueller Geschehen und Dynamiken nicht affirmativ. Das sagt dieses Urteil. Und: daß es n i c h t müßig ist, was einer schreibt.

HV 7 <<<<

59 thoughts on “Esra. Zum Urteil gegen Maxim Biller. Erste Heidelberger Vorlesung (8). Aus dem Entwurf ff.

  1. Ich habe die Angelegenheit nur halbherzig verfolgt. Die Frage, die mir aber bisher niemand beantworten konnte: Trägt nicht erst die Entrüstung der Klägerin (die sich in ihren Persönlichkeitsrechten angegriffen sieht) zur allgemeinen Medialisierung dessen bei, was sie beklagt? Will sagen: Wer hätte vor dieser Prozesslawine gewusst, dass es sich um eine reale Person handelt (von wenigen „Eingeweihten“ einmal abgesehen)? Und wird nicht gerade durch die mediale Präsenz der Affäre das erzeugt, was verhindert werden soll?

    Abgesehen davon: Es ist schwierig über so etwas zu diskutieren, wenn das Corpus Delicti unter Verschluss bleiben muss.

    1. Genau das ist die Crux der Sache. Man stellt eine Öffentlichkeit her, UM dann – aufgrund dieser (neu geschaffenen!) Situation – eine argumentative Basis zu haben, auf welcher die Verletzung des eigenen Rechts geahndet werden kann. Eben das gleiche galt auch für MEERE.

    2. Ich möchte gerne einmal wissen, was geschehen würde wenn die ExLiebste über die sexuellen Gewohnheiten eines Schriftstellers schreiben würde, dass er es zum Beispiel nur mit einem treiben kann wenn es draußen windstill ist, oder nur in der Mitte, während er hinten und vorne kategorisch ablehnt, oder nur kommt wenn er eine „Mensch ärgere Dich nicht“ Figur ins Bett mitnehmen darf….
      Was bitte ist denn daran noch interessant wie es eine oder einer treibt, warum schreibt man solch einen völlig belanglosen Mist überhaupt, jeder weiß was Sex ist und was Sex nicht ist und selbst wenn er es nicht weiß, oder nicht besser weiß als ein anderer, ja und?
      Es gibt keine feuchten Wörter, es gibt nur Pfützen und die haben es manchmal in sich,

    3. @sturznest. Sie haben vielleicht harmlose Sexualphantasien. Das ist ja fast rührend.

      Im übrigen darf man über mich schreiben, was immer man will – vorausgesetzt, man tut es künstlerisch gut. Alles andere würde mich nicht interessieren und interessiert mich nicht.

    4. @ alban in aller freundschaft: was diese causa betrifft, werden sie auch in mir nie eine mitstreiterin finden.

      ich kenne zwar das werk nicht, um das sich dieser rechtsstreit bezieht, eines jedoch würde ich mir in jedem fall von einem (früheren) partner erwarten: dass er meine privatsphäre und meine persönlichkeitsrechte respektiert.
      hier geht es nicht darum, dass sex immer noch so ein tabubruch ist oder solche „sprengkraft“ besitzt, sondern dass es immerhin noch ein teil des persönlichsten ist und als solches dem einzelnen obliegen muss, ob er seinen sex (und welchen ausschnitt davon) einer breiteren öffentlichkeit zur schau stellt.

      dass es sie selbst nicht stören würde, ist für mich kein maßstab, das ist wiederum ihre freie entscheidung.

      wenn er das unbedingt schreiben will, dann soll er es bitte unter einem pseudonym machen, aber wie komme ich, als ex-affäre, lebensgefährtin etc. eines künstlers dazu quasi das gefühl zu haben in meinem schlafzimmer gefilmt worden zu sein und diesen film veröffentlicht wieder zu finden, auch wenn er noch so künstlerisch wertvoll gestaltet wurde?

      was ich über mein privatleben preis geben möchte, sollte immer noch mir vorbehalten sein. lediglich durch meine rolle als sexualpartnerin eines künstlers bin ich noch lange keine person öffentlichen interesses.

      die lust des lesers / der leserin am voyeurismus oder auch das, dass das publikum wirklich angetan ist vom künstlerischen wert eines werkes hat für mich keine priorität vor dem recht eines menschen, seine privatsphäre gewahrt zu wissen.

    5. @june Woher weiss man denn, ob die im Werk beschriebenen Sexualpraktiken der Realität entsprechen oder erfunden/übertrieben/gelogen sind? Wird nicht erst in dem Moment, wo eine Klage erfolgt, für die Öffentlichkeit deutlich, dass es sich nicht um Verfremdungen handelt? Ich frage tatsächlich in einer gewissen Naivität (kenne das Buch ja genau so wenig). Als unbeteiligter/unwissender Leser wäre mir doch gar nicht klar, ob ich mich voyeuristisch verhalte, in dem ich so etwas lese oder einfach der Phantasie des Autors folge.

      Die Frage berührt ja ganz schnell einen wesentlichen Punkt: Was, wenn man sich unvermittelt in einem fiktionalen Buch wiederfindet – und zwar so, wie man es nicht möchte. Versuche ich das rechtlich zu verhindern, lenke ich doch gerade erst das Augenmerk auf mich. Mache ich das nicht, kommen irgendwann die Exegeten und versuchen, die originalen Entsprechungen zu finden (das hat man bspw. bei Walsers „Finks Krieg“ gemacht).

    6. Aber eigentlich ging es doch um etwas sehr anderes, das es nämlich nichts langweiligeres gibt als in einem Roman irgendwelch Sexpraktikas zu beschreiben, ich meine, wer will wissen wie lange einer gefuckt hat und warum und in welcher Stellung, ich zum Beispiel möchte wissen wo der Putzeimer stand, oder die witzigen Fotos vom letzten Jahr, sie mit einer Gitarre in der Hand und er erklärt ihr wie man sie richtig hält, dabei weiß sie das längst.
      Aber wie man es macht und tut und dass es Geschlechtsorgane gibt die silbern anlaufen wenn man sie zu lange anlächelt, das weiß ein jeder und das macht müde, da möchte man vielleicht noch auf den Buchumschlag gucken, aber lesen, lesen will man dann doch lieber was anderes. Cervantes zum Beispiel.

    7. @ gregor keuschnig in dem moment, in dem offenbar so deutlich wird, dass eine ganz spezielle reale person beschrieben wird,, wird selbstverständlich angenommen, dass auch diese passagen zutreffen. oder warum sollte ein autor sich keine mühe machen eine figur zu erschaffen, sondern einer real existierenden person aus seinem umfeld gerade hier ein gänzlich anderes verhalten zuschreiben?

      ja, es stimmt, dass gerade erst durch die klage der sachverhalt einer noch größeren gruppe an menschen klar gemacht wird, aber welche andere chance gibt es? kann soetwas nicht immer nur zukunftsweisend sein? ist es deshalb unlauter sich dagegen zu verwehren?

      und vermutlich geht es eben nicht um die masse an gänzlich unbeteiligten/unwissenden leserInnen, aber um ein doch großes soziales umfeld, dem gegenüber man sich eben nicht derart geoutet wiederfinden will.
      den eigenen kindern gegenüber, dem neuen lebenspartner, den eltern.

      das mag „verklemmt“ erscheinen. dennoch denke ich, dass auch jede person ein recht darauf hat, eben das zu sein.

    8. @ sturznest ich mag keine kochbücher, aber ein gut geschriebener text über das backen eines schokoladenkuchens kann mich fesseln.
      es ist also für mich nicht primär eine frage des was, sondern des wie. 🙂

    9. @june in dem moment, in dem offenbar so deutlich wird, dass eine ganz spezielle reale person beschrieben wird,, wird selbstverständlich angenommen, dass auch diese passagen zutreffen.
      Woraus wird das abgeleitet? Ist das immanent? Steht das irgendwo bei Herrn Biller?

      ist es deshalb unlauter sich dagegen zu verwehren?
      Nein, das habe ich nicht gesagt. Es ist ja durchaus ein Dilemma, in das diese Person kommt.

      den eigenen kindern gegenüber, dem neuen lebenspartner, den eltern.
      Das wiederum würde bedeuten, dass die Identität dieser Person eindeutig definiert ist. In einem fiktionalen Buch ist dies so gut wie nie gegeben.

      das mag „verklemmt“ erscheinen. dennoch denke ich, dass auch jede person ein recht darauf hat, eben das zu sein.
      Das hat m. E. mit Verklemmtheit wenig zu tun; bei Walser bspw. ging es nicht um Sexualpraktiken. Der Schutz der Persönlichkeit ist ja nicht auf das beschränkt. Ein anderes Beispiel, welches in den 80ern in Österreich grosses Aufsehen erregte, war Thomas Bernhards „Holzfällen“.

    10. @ gregor da ich das buch nicht kenne, kann ich dazu nicht stellung nehmen.
      ich gehe von klagen aus, in welchen eben das gegeben ist, dass eine person klar beschrieben ist und wiedererkennbar als reale figur im leben des autors.

      ich will das ebenfalls gar nicht auf sexualpraktiken allein beschränken, das war hier eben nur der aufhänger. und herrn herbsts these, dass solche prozesse ein beweis dafür wären, dass hier das wesentliche der tabubruch wäre, der durch die schilderung eben sexueller praktiken gegeben wäre, die „sprengkraft“ die solchen schilderungen inne wohnen würde.

      und eben diesem gedankengang kann ich nicht folgen.
      es geht wohl mehr darum auf wieviel „privatheit“ ein individuum noch anrecht hat. (ein thema, das weit über die kunst hinaus führt.)

    11. @june. Prinzipielles. 1) Das Problem besteht darin, daß Dichtung ihren Stoff i m m e r aus dem Gelebten bezieht. Insoweit Sie außerdem auf das Innerste abzielt, das, was uns eigentlich ausmacht, kommt sie um die Darstellung des Sexuellen/Erotischen nicht herum.
      Ich bin einig, daß unter diesen Voraussetzungen verfremdet werden muß, auch umerfunden, gerade auch die Personen des Umgangs, die notwendigerweise ein Teil der Darstellung werden, w e n n denn ein Dichter als Grundlage das eigene Erleben und n u r dieses hat. Alles andere wäre rein äußerlich.
      Was das Urteil problematisch macht, ist der Umstand, daß solche dem Dichter nahen Personen von anderen ihm nahen und beiden nahen Personen immer identifiziert werden können; da ist es egal, ob er eine Blondine brünett macht, ihr Körpergewicht, ihren Wohnort, ihre Vorlieben, ihre Familiengeschichte verändert. Nahe, vertraute Personen werden das i m m e r entschlüsseln können. Andere werden das n i c h t entschlüsseln können, für andere spielt es aber auch gar keine Rolle, so etwas zu entschlüsseln; für den „normalen“ Leser ist selbst eine vollkommen mit der Realität übereinstimmend geschilderte Person eine Fiktion.
      2) Das Problematische an dem Urteil ist für mich aber nicht dieses. Sondern daß das Urteil sehr viel weitergehend Kunstfreiheit stützt, als ich selbst das tun würde. Nach diesem Urteil ist es erlaubt, innerhalb eines Kunstwerks erkenntlich zu denunzieren, zu diffamieren, übel nachzureden usw. Einzig der Sexualbereich wird da ausgenommen. D a liegt für mich das Problem – eines, das ich oben auch anskizziert habe und das etwa ferromonte offenbar gar nicht begriffen hat. Weshalb darf ich von einem kenntlichen Menschen in einem Kunstwerk, unabhängig von Wahrheit und/oder Unwahrheit sagen, er sei, sagen wir, ein Nazi; weshalb aber darf ich n i c h t sagen, er habe eine Vorliebe für ausgedehnten Analverkehr?
      3) Im übrigen, unter diesen Voraussetzungen, haben wir nur deshalb einige der größten Kunstwerke der Menschheitsgeschichte, weil sich die Künstler an solche Vorgaben nicht gehalten haben. Und sie w e r d e n sich auch niemals daran halten; was ein Gesetz vorschreibt, ist für den Künstler ohne jede Bedeutung, unter der Voraussetzung, daß das, was er schaffen will, einen Gesetzesbruch erzwingt. Selbstverständlich hat er persönlich dann die Konsequenzen zu tragen; um das pathetisch auszudrücken, muß er bereit sein, sich seinem Kunstwerk zu opfern.
      So etwas finden wir am konsequentesten bei Kleist formuliert. Einen Befehl zu Gunsten des Menschen zu mißachten, damit auch recht zu haben, aber weil er dadurch die Gesamtharmonie gestört hat, sich freiwillig dafür bestrafen zu lassen.
      Ich denke in d i e s e n Kategorien. Es geht n i c h t um Indiskretion; sie spielt angesichts eines T h e m a s überhaupt keine Rolle. Die Frage ist einzig: Ob ich das, was auszudrücken ist, allein dadurch ausdrücken kann, daß ich Gebote von Diskretion und Indiskretion verletze. L ä ß t es sich nicht anders ausdrücken, w e r d e ich die Gebote verletzen. Im Zweifel für die Kunst, das heißt: für die Wahrheit.
      4) Alle Gesetze sind relativ. Was für gestern galt, gilt heute nicht mehr, was für heute gilt, wird in vierzig Jahren nicht mehr gelten. Ovid wurde verbannt, weil er objektiv gegen Gesetze seiner Zeit verstoßen hatte. Das nimmt seiner Wahrheit gar nichts, wie wir heute nur zu gut wissen. Das gleiche gilt für Künstler unserer Gegenwart, ihr Horizont ist ein anderer, muß das auch sein, wenn ihre Kunst überleben will. Auch das, was heute als Grundgesetz festgeschrieben ist, wird sich wandeln; einige Grundgesetze sind in den letzten zwanzig Jahren vom Gesetzgeber selbst längst modifiziert worden. Wir leben im Ungefähren; Kunst aber schaut ins Absolute oder will doch ins Absolute schauen. Was uns am innigsten mit der Erde verbindet, ist Sexualität; nichts ist ihr näher. Deshalb w e r d e n wir auch immer über sie schreiben und sie gestalten usw., auch wenn das den Zeitgenossen nicht gefällt. Kunst kennt kein Intimes, das ist geradezu ein Gesetz.

    12. @ June, NACHTRAG. Auch für die anderen Diskutanten. Sowieso. und herrn herbsts these, dass solche prozesse ein beweis dafür wären, dass hier das wesentliche der tabubruch wäre, der durch die schilderung eben sexueller praktiken gegeben wäre, die „sprengkraft“ die solchen schilderungen inne wohnen würde.
      und eben diesem gedankengang kann ich nicht folgen.

      Schilderungen gerade aus dem Sexualbereich sind Schilderungen über Anthropologie. Daß wir etwas anderes seien, als die Öffentliche Moral will, daß unsere Begehren und Triebe andere sind, prinzipiell andere, davon erzählen diese Schilderungen. In welch umfassendem Maß wir anders sind als unser Öffentlicher Schein, zeigen gerade die erotisch ausgerichteten Blogs aufs schärfste; und man hat versucht, sie über eine Impressumspflicht zu bändigen und das zurückzudrängen, was nun laut wurde. Es soll mit Gewalt (auch demokratische Gewalt ist Gewalt) eine Veränderung des anthropologischen (Selbst-)Bildes verhindert werden. Ebendas soll auch vermittels der Buchprozesse verhindert werden, z.B. auch der Beweis des Satzes: Das Private ist politisch.
      Es geht um nicht weniger und um nicht mehr.

      Ich gestehe dabei zu, daß der Künstler weitgehend eine Verfremdungspflicht hat. Ich gebe jedoch abermals zu bedenken, daß er verfremden kann, wie er nur will; der nächste Bekanntenkreis wird dennoch erkennen. Daraus darf nicht als künstlerische Konsequenz Verstummen erfolgen.

      (Daß die Versuche zu verhindern nicht unbedingt bewußte Versuche, sondern Abwehrformen des Unbewußten sind, muß ich, denke ich, nicht eigens ausführen.)

    13. @ alban die impressumspflicht hat meines wissens nichts mit erotisch ausgerichteten blogs zu tun.
      dass über sexualität geschrieben wird, das wird ja durch solche urteile auch nicht unterbunden.
      inwiefern üble nachrede in büchern tatsächlich nicht belangt werden kann, weiß ich nicht, das würde mich jedoch sehr erstaunen.

      ich frage mich nur: was spricht dagegen, wenn autoren, die tatsächlich probleme mit einer ausreichenden verfremdung der handelnden figuren haben, manche werke nicht eben unter einem pseudonym veröffentlichen.
      damit wäre der künstler in siner freiheit nicht eingeschränkt und nicht möglichen repressionen ausgesetzt und der persönlichkeitsschutz der real existierenden romanfiguren gewährleistet.

    14. @june. Die Impressumspflicht hat unter anderem diese Folge, d.h. vor allem Frauen, die bislang über erotisches Fantasieren und Erleben öffentlich, weil anonym, schreiben konnten, werden durch die Impressungspflicht genau daran gehindert – bzw. kommen in eine öffentlich-personale Situation, die sie ja gerade umgehen wollten. Das ist eine indirekte Form, aber eine wirksame, der Unterdrückung. Daß das auf erotische Inhalte nicht eingehend formuliert worden ist, scheint mir nun ganz besonders bezeichnend zu sein.

      Zum anderen, ein solches Buch anonym veröffentlicht: Robbe-Grillet etwa hat das getan, auch Aragon mit „Irène“. Es verfälscht aber den Blick auf ein Werk und damit dessen Ästhetik, sowie das Verständnis für grundlegende Erkenntnis- und Schaffensmotoren eines Werkes. Hätte ich etwa >>>> MEERE, eines der für meine Ästehtik grundlegenden Romane, unter Pseudonym veröffentlicht, er wäre in seiner ästhetischen, poetologischen Valenz völlig verloren und müßte d a n n im übrigen tatsächlich so dastehen, wie ihm fälschlicherweise immer vorgeworfen wurde: als rein persönliches Dokument der Verarbeitung einer gescheiterten Beziehung. Beides entspricht nicht den Tatsachen, schon gar nicht den poetologischen, aber auch nicht denen der ursprünglichen Absicht. Außerdem bedeutet, etwas pseudonym zu veröffentlichen, indirekt die Anerkennung, es handele sich um etwas Schmuddeliges. Abgesehen davon, daß das schlicht auch feige gewesen wäre, weil solchen „Sonderveröffentlichungen“ wie dem Anonymen sowieso mit vollem Recht der Ruch der Feigheit anhängt.

    15. das ist eine folge, alban, war aber nicht die intention des gesetzgebers. und ich wüsste auch keine bloggerin, der bisher schaden daraus entstanden wäre, dass sie kein impressum angegeben hat.
      die „erotik“-blogs sind an sich einfach völlig irrelevant.

      ich stehe jedoch auf dem standpunkt, dass die freiheit (auch die des künstlers) da zu enden hat, wo sie die freiheit eines anderen einschränkt.
      dass autorInnen das aus eigeninteresse anders sehen mögen, das gestehe ich ihnen selbstverständlich zu.
      dennoch, ich bleibe dabei: es geht nicht darum, dass das schreiben über sex unterbunden werden sollte, sondern darum, dass menschen sich dagegen wehren, dass ohne ihre zustimmung ihr intimstes ans licht der öffentlichkeit gezerrt wird.

      wir bewegen uns in dieser diskussion auf dem schmalen grad zwischen der von ihnen angesprochenen „feigheit“ und rücksichtslosigkeit, die ihre ursache sicher auch in der unfähigkeit hat, sich in die betroffenen personen hineinzudenken, weil man selbst als autor kein problem hat, sehr freizügig mit der eigenen intimsphäre umzugehen.
      allerdings kann der autora auch immer noch filtern und wählen in der frage: was lasse ich mein publikum wirklich wissen und wie erzähle ich es. das ist somit eine machtposition, die verantwortung beinhaltet.

    16. @june. „das ist somit eine machtposition, die verantwortung beinhaltet. “ 1) Das ist vollkommen richtig. Die Frage der Verantwortlichkeit ist aber für den Künstler hier eine Frage der Verantwortlichkeit gegenüber dem Werk – und dem Verlangen, daß es g u t werde. Wo er scheitert, mag die personale Verantwortlichkeit greifen, wo er obsiegt, nicht.

      2) Wie wollten Sie es mit den aus sogar objektiv böswilligen Gründen so gestalteten Frauen-Portraits halten, die Picasso gemalt hat?

      3) „das ist eine folge, alban, war aber nicht die intention des gesetzgebers.“
      Woher wissen Sie das? Es wirken überdies, ich kann das nur noch betonen, unbewußte Prozesse.

      4) „und ich wüsste auch keine bloggerin, der bisher schaden daraus entstanden wäre, dass sie kein impressum angegeben hat.“
      N o c h nicht. Denn noch hat meines Wissens auch niemand geklagt. Wir stehen erst am Beginn einer Entwicklung, wie der Entwicklung des Netzes überhaupt. Aber das ist jetzt keine Kunst-Frage, jedenfalls nicht bei den meisten Blogs.

      Prinzipiell, auf die Grundfrage betrachtet, meine ich, daß die hier kollidierenden Grundrechte notwendig kollidieren und immer wieder kollidieren werden. Es herrscht hier ein Feindschaftsverhältnis zwischen Kunst und Privatheit und Öffentlichkeit. Dieses Feindschaftsverhältnis ist eines, das in der Sache selber begründet ist und sich niemals aufheben wird – es sei denn, es wird auf Klagen verzichtet, weil man ja doch weiß, daß sie selbst dann erfolglos bleiben werden, erhalten sie vor Gericht recht. „Esra“ wird nicht verschwinden, weder in den Buchläden, noch gar im Netz. Ein solches Buch i s t geschrieben und i s t da. Handelt es sich um ein Kunstwerk, wird es überhaupt nie verschwinden; handelt es sich um keines, wird es verschwinden, sowie die Erinnerung an den Prozeß verblaßt ist, also die Skandalträchtigkeit keine Rolle mehr spielt. Überdies ist das deutsche Recht nicht einmal auf die ebenfalls deutschsprachigen Länder Österreich und Schweiz anwendbar; man wird das Buch da mit Sicherheit ganz normal in den Buchläden kaufen können. Unterm Strich sind Buchverbote, ob berechtigt oder nicht, ein Unfug, der an Lächerlichkeit grenzt, zumal angesichts eines Netzes, über das wirkliche Straftatbestände auf das allereinfachste gehandelt, bzw. übermittelt werden.
      Es mag für die Betroffenen objektiv schmerzlich sein, Gegenstand einer künstlerischen Produktion zu werden; sie können es nicht abwenden, so wenig, wie die von Dante auf das mieseste in die Hölle geschickten Zeitgenossen abwenden konnten, daß die Göttliche Komödie heute zu einer der Grundstützen der europäischen Geisteskultur geworden ist. Ganz dasselbe gilt für Musils Mann ohne Eigenschaften, ganz dasselbe gilt für den Werther, für Montauk usw. Überdies fällt auf, daß die deutsche Grundgesetzgebung, aus den Erfahrungen mit dem Hitler-Faschismus entstanden und auf die Abwendung ähnlichen Unheils focussiert, in Ländern wie Frankreich überhaupt nicht denkbar wäre. Dort sind gerade erotische Skandale in der Belletristik ein ganz normaler Teil der Literaturgeschichte, und keiner käme azuf die Idee, den Kadi anzurufen. Übrigens gilt sogar in den USA eine solche freedom of speech. Wenn wir den Fall Esra diskutieren, diskutieren wir eine höchst relative, nämlich nationale Gesetzgebung in einer Zeit, die die nationalen Grenzen medial längst aufgehoben hat. Wollten wir im Gegenzug die moralischen Ideosynkrasien jeglicher Nation in einer Weltgesetzgebung unterbringen, wäre auch von der Kunst überhaupt nichts mehr gestaltbar.

    17. Ich kann mir ja nicht vorstellen das Herr Biller ein Kunstwerk geschrieben hat, ich fand seine Kolumnen in der Zeit jedenfalls immer recht mittelmäßig….die von Frau Berg dagegen hüpften und sprangen und lebten und glauben Sie Frau Berg hätte es nötig sich über sexuelle Verhaltensspielchen ihres Geliebten auszulassen und wenn dann macht sie das anders, trickreicher, lustiger…

    18. @sturznest. MEERE und ESRA. Das ist eine Frage, über die ich sehr wohl eine eigene Meinung habe, die ich hier aber nicht ausbreiten will. Ich diskutiere – und das ist eminant wichtig -, w i e ich diskutiere, tatsächlich nur für den Fall, d a ß es sich um ein Kunstwerk handelt. Und Kunstwerke s i n d von diesem Urteil betroffen, ganz unabhängig von der Frage, ob es sich bei Billers Roman um ein solches handelt oder nicht. Von dem Urteil wird nämlich jedes Kunstwerk in Sippenhaft genommen. Wobei ich selbstverständlich, da ja ebenfalls betroffen gewesen, pro domo argumentiere, aus der Sicht des Künstlers. Dabei habe ich ein tiefes Verständnis für die Not der Betroffenen und habe ja meinen eigenen Fall entsprechend entschieden, aber aus einer Haltung der Liebe und nicht der künstlerischen Wahrheit. Die war allerdings von meiner Entscheidung nicht berührt, sonst hätte ich sie nicht so treffen können, wie ich sie traf. Entsprechend sah der mein Verfahren abschließende Beschluß aus, indem ich mich freiwillig anerbot und dem auch nachgekommen bin, MEERE an einigen wenigen Stellen umzuschreiben; der vorgebliche Stein des Anstoßes, nämlich die Sexualstellen, wurde dabei n i c h t weggerollt. Insofern können Sie den Roman nun tatsächlich lesen und dann entscheiden, ob nicht eben d o c h die Darstellung von Sexualgeschehen eine unumgängliche, geradezu notwendige Voraussetzung dafür sein kann, daß ein Roman gelingt: hier ist Sexualität eine intensive Verbindung mit der F o r m eingegangen, um von den semantischen Implikationen zu schweigen. Das gilt selbstverständlich nicht für alle Romane, aber für einige – nämlich für solche, die sich in den Bereichen personaler Entgrenzungen bewegen und dabei Fragen stellen, die allgemeiner Natur sind – die also auf Transzendenz hinauswollen und nicht auf persönliche Bewältigung.
      Es ist durchaus möglich, daß im Fall Billers, der bekanntlich einer der meinen geradezu diametral entgegengesetzten Ästhetik anhängt und aufs Dokumentarische hinauswill, ein solches leichtes Umschreiben den Roman in den Zusammenbruch geführt hätte; möglicherweise stand ihm meine Option deshalb gar nicht zur Verfügung.

    19. @ alban was diesem gesetz vorangegangen ist, war die angst vor einem wildwuchs an hobby-journalisten, die ganz ohne einschränkung im netz politik machen. in den USA haben blogs schon wahlausgänge beeinflusst.
      ja, sexualität ist eine starke kraft, aber gesellschaftliche sprengkraft hat sie in unserer gesellschaft keine mehr. vielleicht ist es das, was zu betrauern wäre.
      porno-flut und gehypte „erotische skandale“ sind die spiele zum brot geworden. wenn ein vormals unbekanntes society-girl einen porno ins netz stellt landet sie schlussendlich am wiener opernball. das sind die fakten im 21. jhd.

      und selbstverständlich kann durch ein solches urteil ein buch nicht zum verschwinden gebracht werden. es kann nur sensibilisieren.

      interessant finde ich allerdings, dass hier sehr viele tatsächlich die darstellung konkreter sexueller erlebnisse mit einer person in einem roman von sich aus gleich setzen mit übler nachrede oder (wie sie es machen) mit bewusst bösartigen portraits.

      das hätte ich gar nicht per se so angenommen.

    20. Na ja, also wer geht denn vor Gericht weil er sich in einer kuschligen erotischen Situation in einem Roman wiederfindet. Welcher Richter wird denn ernsthaft ein Buch verbieten, wenn darin liebevoll alle wunderbar sonderbaren Geschlechtsteile herumstehen, mit all ihren Sorgen und Nöten?

    21. sturznest das heißt jedoch nicht, dass es an sich die intention des autors sein muss, die person zu diffamieren, wenn er sie in ihrer intimsphäre verletzt.
      davon bin ich eben nicht ausgegangen.

    22. @june & sturznest. Also ich bin gewiß der Letzte, Sexualdarstellungen mit bewußt bösartigen Portraits gleichzusetzen; diese sind aber ein Fakt. Deshalb meine Analogisierung.

      Für Sexualität gilt i m m e r Paglia: Sexualität läßt sich nicht aus Gewalt-Verhältnissen herauslösen, sie hat immer mit Gewalt zu tun, das ist ein Teil ihres Ons‘. Deshalb können wahrhafte Darstellungen von Sexualität nicht ausschließlich liebevoll sein. Alles andere ist reine Augenwischerei. Insofern wird jede Darstellung sexueller Geschehen mit Gewalt, Überwindung, Unterwerfung usw. zu tun haben; letztlich ist sie auch ein Existenzkampf der Gene. Man kann das mit Blümchen verzieren, aber wird dann täuschen. Und es wäre nicht-liebend, das zu tun, und unkünstlerisch zumal. Wir verhandeln hier Existenz, nicht soziales Wohlverhalten. In Sexualität verhandeln wir sogar Existenz in ihrer allerpursten Form.

      Im übrigen sagt das Urteil ja nicht, daß die geschilderten sexuellen Erlebnisse stattgefunden haben müssen; sondern es reicht dem Gericht, daß jemand Grund bekommt, sie einer realen Person zuzuschreiben. Tatsächlich sind in welchem Roman auch immer geschilderte Sexualgeschehen per se Fiktion, unabhängig davon, ob sie stattgefunden haben oder nicht. Schon allein ihre Verschriftlichung schafft einen von der etwaigen Realität grundsätzlich ver- und unterschiedenen Raum.

    23. ich misch mich da mal kurz ein..

      @sturznest und im Kontext auch an ANH…

      … dies implizierte, je schöner die Blümchen, desto weniger Richter, die sich fänden, solch ein Buch zu verbieten. Schöne heile Welt…

    24. *grinst* also dass ich es prinzipiell nur im dunklen bei maximal einer kerze, nur in der missionarsstellung und ohne das flanellnachthemd auszuziehen treibe, das geht meinen chef, meine arbeitskollegInnen, die mütter von der kita oder den elternverein der schule meiner kinder auch nichts an. 🙂

      eine diskussion über camille paglia würde hier zu weit führen – viel zu weit.

      generell halte ich aber eine klage für sehr unwahrscheinlich, wenn eben n i c h t tatsächlich die person auch in intimsten momenten geschildert wird und eben das ihr pein bereitet (was für die betroffene eine klage natürlich umso heikler macht).

    25. Da frage ich mich jetzt, was bereitet mir denn Pein… doch nur etwas, von dem ich meine, mich dafür schämen zu müssen. Und warum schäme ich mich?… Meine Scham ist nichts anderes, als die Angst vor meinem eigenen Gefühl… und die Angst davor, was die anderen darüber denken oder sagen könnten, das bedeutet, dass ich, selbst dann, wenn ich anderes will, meine Sexualität nach Außen innerhalb der Norm lebe, und mich selbst in meinem Grund nach Innen – aber mich eben nach Außen hin schäme, weil ich evtl. im Ausleben meiner Körperlichkeit nicht der Norm entspreche. Das heißt, ich habe unter dem Bett die Handfesseln und den Flogger und oben auf dem Bett die Bettwäsche mit den Gänseblümchen oder den kleinen Entchen. Ich fahre da einen ziemlich radikalen Kurs… alles ist menschlich, denn wir sind Menschen. Für nichts in der Welt müßte ich mich für das, was ich tue, schämen. Und wenn jemand darüber schriebe… bitte, soll er… aber nur, wenn er denn auch wirklich bei der Wahrheit bliebe, nämlich meiner Wahrheit. Niemals würde ich meiner eigenen Wahrheit zuwider leben, nur weil ich dann nach außen der Norm entspräche. Die Norm bricht das Individuum.

    26. svarupa vielleicht ist es ein inneres bedürfnis manche bereiche meines menschseins nicht jedem x-beliebigen zu offenbaren?
      ist es unbedingt scham aus welcher heraus ich nicht jeder/jedem alles von mir preis geben will?
      ist es falsche scham, wenn ich nicht möchte, dass herr maier aus dem hinterhof weiß, wie genau ich es mit wem treibe?

      auch dass ich das nicht will, dass ich diejenige sein will, die darüber bestimmt, wem sie wieviel von sich preis gibt, ist in meinen augen zutiefst menschlich.

      ich will schlussendlich auch mit einem neuen partner ein herantasten erleben an die grenzen des jeweils anderen und verzichte gerne darauf von ihm bereits im vorfeld genau präsentiert zu bekommen, was er mag und was ihm lust bereitet und was nicht.

    27. Hmm… June, mir ist es in erster Linie ein Bedürfnis, das Menschen in meiner nächsten Umgebung wissen, wie ich wirklich bin, sonst lernen sie mich nie kennen, denn ich will genauso geliebt werden, wie ich bin.

      Ich habe über viele Jahre erlebt, wie in zwei Familien selbst unter den Familienmitgliedern alles „geheim“ gehalten werden musste. Ein Fall war ganz besonders kraß… der eine Onkel lebte BDSM wohl schon seit ganz vielen Jahren, als er starb, starb er leider in seiner „Kammer“, von der niemand etwas wusste. Die ganze Familie war völlig schockiert, sie hätten sich gern mit ihm darüber unterhalten, um ihn verstehen zu können, was jetzt aber nicht mehr zu realisieren war und sie bemerkten letztendlich alle, dass sie ihn garnicht kannten. Menschen in meiner nächsten Umgebung dürfen alles von mir wissen… was ein Herr Maier von mir dächte, wenn er so etwas erführe, wäre mir scheißegal. Davon ganz abgesehen, ein Herr Maier aus dem Hinterhof wüßte nicht einmal, dass mein Freund Schriftsteller wäre… dafür ist die Anonymität in solchen Häusern und auch in der nächsten Umgebung zu groß… diese hebte ich aber selbst auf, wenn ich klagte… und so erst auf mich aufmerksam machte.

      Ich versteh, was Du sagen willst June, manchen ist es eben ein inneres Bedürfnis, nicht jedem x-beliebigen Menschen alles zu offenbaren – mir geht es in dieser Diskussion aber um diese „Lügerei“ um der „Ehrlichkeit der allgemeinen Moral “ willen.

      Deine Argumentation im letzten Absatz kann ich jetzt im Kontext nicht so ganz nachvollziehen… wenn ich jemanden kennenlerne, einen neuen Partner beispielweise, ist es immer ein Herantasten… ich muss ihm nicht im Vorfeld präsentieren, was ich will und erwarte. Wenn Sender und Empfänger richtig eingestellt sind, passt’s eh’…

    28. Ich will doch keine Bücher verbieten, wie soll ich das machen, da ich noch nicht einmal und noch mehr nicht kann, ich kann und will also beides nicht, nun, und jetzt?
      Ich finde nur das Sexualeszenen in Romanen so ziemlich alles brechen, nur keine Tabus, was sie allerdings so ziemlich alles brechen weiß ich nicht.

    29. da sind wir jetzt in einem anderen themenkreis gelandet dass über alles, auch über sexualität im engsten freundeskreis gesprochen werden kann, ist mir auch wichtig. (wir häkeln, stircken und kochen ja auch nciht so viel ;))

      allein nachdenken zu müssen, ob die fesseln, ein vibrator oder meine gerte noch irgendwo rumliegt, wenn meine cousine oder eine gute freundin vorbei kommt, wäre mir viel zu mühsam.
      meine pubertierende nichte müsste das trotzdem nicht unbedingt wissen. auch andere teile der familie.

      dass meine arbeitskollegInnen nicht wissen müssen, was ich im schlafzimmer treibe, fällt für mich in dieselbe kathegorie. es hat auch nicht unbedingt etwas mit „scham“ zu tun, dass man als weibliche vorgesetzte keinen besonderen wert darauf legt, dass mitarbeiter über masochistische vorlieben bescheid wissen.

      mir geht es schlicht um meine selbstbestimmung.
      so eine klage bringt der betroffenen frau natürlich nichts mehr – nichts als das gefühl zumindest den versucht gemacht zu haben, sich gegen eine grenzübertretung zur wehr zu setzen.

      wäre ich konfrontiert mit einer solchen grenzübertretung, einem derartigen vertrauensmissbrauch, ich würde nicht klagen, nur einfach so hinnehmen würde ich es mit sicherheit auch nicht.

    30. und mit dem letzten absatz meinte ich nur: will ich das, dass ein neuer mann in meinem leben gleich mal im roman meines ex nachlesen kann, was mit mir so „läuft“ oder auch nicht?

    31. es geht doch um fälle, in welchen die person klar erkennbar ist, also offensichtlich ist, dass es sich nciht um eine fiktive figur handelt..
      und meine ernsthafteren beziehungen wussten meist schon, mit wem ich vorher liiert war.

      (aber das war aus meiner sicht ohnehin nur ein flapsig hingeworfener zusatz – als ausgleich dafür, dass ich weiter oben beim flanellnachthemd die kleine nachtmusik ausgelassen habe ;))

    32. gleich bei der missionarsstellung – aber da sieht man’s wieder, es zählen nur die harten fakten, die details werden völlig überlesen. *lacht*

    33. @June: Ich finde, dieser Themenkreis gehört dazu, denn ausgehend war ja die Begrifflichkeit „Pein“… und was die eigene Pein bereitet, meine gelebte Körperlichkeit der Öffentlichkeit bloßgestellt zu sehen. Gerade meine Selbstbestimmung sagt mir, wenn ehrlich darüber geschrieben wurde, dass es so stehen bleiben kann und so auch die Öffentlichkeit erfahren kann, so wie in ANH’s Meere. Wiewohl es hier für mich noch einen Unterschied zwischen Billers „Esra“ und ANH’s „Meere“ gibt. Biller hat seine Ex-Freundin dazu benutzt, sein Ego zu fahren, um sich zu produzieren. Hast Du ANH’s „Meere“ schon gelesen?… das ist und bleibt für mich Kunst.

      „Flanellnachthemd und die ausgelassene kleine Nachtmusik?“…. da lieb ich mir Schuberts gegen die Wand knallendes Klavier und den nackten Holzfußboden… und die Haare kämmen brauch auch keiner vorher… 🙂

    34. ja, ich habe albans meere gelesen und ich hab den roman sehr gern und mit vergnügen gelesen. aber ich bin eben nicht „irene“. und wäre ich „irene“, wäre er einen kopf kürzer, auch das kann ich garantieren. (das weiß alban aber eh.)

      und dass du das so siehst zeigt, dass du einfach weniger probleme hast, deine intimen momente einer großen öffentlichkeit preis gegeben zu wissen. wenn du damit einverstanden bist, ist das dein gutes recht und du fühlst dich daher nicht in deiner selbstbestimmung beschränkt.

      mein wunsch zur „ehrlichkeit“ ist nicht so ausgeprägt, dass ich wahllos einblick geben will in mein intimleben (hat aber auch nichts mit lügen zu tun, weil ich ganz ehrlich sagen kann: sorry, das geht dich nichts an.)

      edit: bevor ich eine entchenbettwäsche aufziehe, lass ich besttimmte personen einfach nicht in mein schlafzimmer (in bezug auf weiter oben).

    35. Weißt Du, vielleicht habe ich auch zuviel erlebt, als das ich mich durch so etwas in meiner Selbstbestimmung beschränkt fühlte oder mir das Recht auf Selbstbestimmung durch so etwas nehmen ließe… selbstverständlich gestehe ich jedem Menschen sein eigenes Gefühl von Selbstbestimmung zu… jeder Mensch hat sein eigenes Andersein… das ist auch gut so, sonst entstünden solche Diskussionen ja nicht…. 🙂

      … das mit der Entchenbettwäsche war nicht persönlich gemeint, es sollte nur ein Beispiel sein.

    36. das meine ich eben, es sollte berücksichtigt werden, was das „du“ über das man schreibt verträgt und was verletzt. verletzt man bewusst, muss man mit einer klage rechnen – respektive damit, dass diese person sich wehrt. und in entsprechenden fällen auch die unterstützung des gerichts erhält (auch wenn ihr das ausser symbolisch nichts mehr nützt).
      und schließlich geht es bei autor und klägerin ja nicht um zwei fremde, sondern um zwei menschen, die sich einmal sehr nahe waren. sogesehen hat der gesamte themenbereich für mich eine extrem tragische komponente.

      … das mit der entchenbettwäsche fand ich ein wunderbares beispiel und hab sehr gelacht. ließ mich an eine geschichte mit einer diddle-bettwäsche denken (aber das gehört hier nun wirklich nicht her *g*)

    37. June, ohne ANH jetzt explizit zu meinen, ein Künstler, der seine Kunst lebt und ihr verpflichtet ist, kann nicht anders… er geht das Risiko ein, dass Risiko von Gegenreaktionen und Gegenwind. Bevor er nur das schriebe, was dieses „Du“ vertrüge und berücksichtigte, was dieses „Du“ verletzte, schriebe er garnicht. Jetzt wieder auf ANH bezogen, warum ist denn das Buch „Meere“ so schön geworden, eben weil er keine Rücksicht darauf nahm… ich frage mich im Augenblick, wie sich wohl die weitere Arbeit von ANH entwickelt hätte, wenn „Meere“ nicht diesen Verlauf erfahren hätte. Mancher Künstler brauch diesen Gegenwind… der Gegenwind ist es, der den Drachen steigen lässt. Ein Künstler, der seine Kunst lebt, kann und will nicht anders… und mit den Reaktionen kann er leben, und er will es sogar, denn sie wirken sich auf seine Arbeit aus, er bezieht sie erneut in seine Kunst ein.

      @ANH: ich spreche ungern hier von Ihnen in der dritten Person… es ging nicht anders, es soll nicht unhöflich erscheinen. Und ich habe da jetzt doch eine persönliche Frage: wie hat sich der Verlauf von „Meere“ auf Ihre Arbeit ausgewirkt. Ach so, ich vergaß, dürfen Sie sich dazu äußern?… es interessiert mich wirklich, wenn nicht hier, dann vielleicht per Mail?.

    38. Es ist für den Fall MEERE übrigens gar nicht heraus. Ob das Verfassungsgericht hier nicht völlig anders entschieden hätte, und zwar ganz gemäß Urteilsbegründung. Tatsächlich ist in MEERE die tatsächlich oder vorgeblich verletzte Person der angenommenen Realität ungleich mehr verfremdet als bei Biller, zumal das Buch mit völlig anderen Stilelementen arbeitet, zu denen etwa die Zeugung eines Kindes durch einen Delphin gehört – das wird man kaum für eine Abschilderung realer Vorgänge halten können. Wenn der Betroffenen dieses nicht von Lesern zugeschrieben wird, ist nicht einzusehen, weshalb es die Sexualstellen dann doch werden. Auch die Paarung mit einem Gemälde, bzw. einer Kunst-Installation gehören in die Handlung, Metaphorisches vereinigt sich permanent und unablösbar mit Konkretem. Bis zum Schluß arbeitet Fichte an einer Skulptur, die „Irenes Tod“ heißt; was aber nun gerade nicht bedeutet, daß er Irene habe umbringen wollen.
      Tatsächlich habe ich die jetzt erlaubte Fassung – sie unterscheidet sich wirklich nur graduell von der verbotenen Fassung – bereits in der Ersten Instanz als Vergleichsvorschlag vorgelegt; der Kläger wollte darauf auch eingehen. Aber mein Verlag wollte nicht, und da ich zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht Prozeßpartei war, hatte ich kein Mitsprache-, geschweige Entscheidungsrecht. Der Verlag wollte die Sache durchprozessieren. Ich bin heute heilfroh, daß er das nicht getan hat, nicht aus Furcht vor dem schließlichen Verfassungsgerichtsurteil, sondern bekanntermaßen aus persönlichen, auch menschlichen Gründen.
      Was das „er hätte doch den Kläger vorher fragen können“ anbelangt, so tat ich das und schickte sogar den Text. Die Antwort war: „Ich werde das erst lesen, wenn es erschienen ist.“ – Mehr als ich getan habe, konnte ich gar nicht tun.
      Das alles tut aber zur Problematik dieses Urteils nichts hinzu und nimmt ihr nichts ab. Der Grundkonflikt w i r d bleiben, allein, weil jeder Künstler sich zuallererst auf das beziehen wird, was er selbst erfahren hat: Sein Material ist in erster Linie sein eigenes Leben. Wenn er nicht menschenscheuer Waldläufer ist, wird schon deshalb auch das Leben anderer immer genau so sein Material sein. Und Material meint Material; ich meine das so hart, wie es klingt. Daß Menschen solch ein Material nicht sein wollen, verstehe ich übrigens ganz ebenso. Wir haben es hier mit einer unlösbaren Aporie zu tun. Sie hat etwas Naturgesetzliches. Nicht von ungefähr hat Künstler immer der Ruch des Asozialen umgeben; er umgibt sie mit Recht.

      Im übrigen trage ich meinen Kopf, liebe June, und das mit allem Recht, noch ziemlich hoch oben auf dem Hals.

    39. svarupa er hat getan, was er dachte tun zu müssen. ich verstand auch seinen persönlichen ärger und seine frustration. er hat die konsequenzen getragen und sich bemüht um eine gemeinsame möglichkeit.

      punkt.

      das macht ihn in meinen augen aber nicht zu einem märtyrer der justiz. ich schätze alban sehr, aber eben deshalb war und ist es mir immer ein anliegen gewesen, ihm die andere seite so nahe wie möglich zu bringen, soweit das in meinen möglichkeiten liegt..
      dass man dabei immer auf einen „grünen zweig“ kommt ist imho auch nicht nötig.

      ich stehe einfach in solchen fällen emotional auf der seite der betroffenen frauen.

      da fällt mir gerade ein: gab es sowas eigentlich schon einmal umgekehrt? also im falle einer autorin und ihres ex?

      wenn nicht – könnte man darüber nachdenken, warum das so ist, oder ist es reiner zufall?

    40. @ alban „Im übrigen trage ich meinen Kopf, liebe June, und das mit allem Recht, noch ziemlich hoch oben auf dem Hals.“
      das ist mir durchaus bewusst. *lacht*
      aber sie wissen auch, was ich meine. wir haben damals (auch wenn es verdammt lange her ist) schließlich ausführliche unterhaltungen darüber geführt. – wunderbare unterhaltungen auch oder gerade weil sie nicht immer ganz reibungslos verliefen.

    41. @june. Aber sicher gab es das. Catherine Millet ist ein hervorragendes Beispiel, Emanuelle Arsan auch, desgleichen Anais Nin. Auch diese Fälle führten zu heftiger öffentlicher Erregung – die sich möglicherweise allein deshalb nicht ins Justiziable drehte, weil Frankreich für solche Prozesse keine Rechtsgrundlage hat und man dort insgesamt mit Rechtsbrüchen der dortigen Intelligenz anders verfährt als hier. Dabei waren weit über den engsten Bekanntenkreis hinaus die Figuren entschlüsselbar. Im Falle der Arsan kostete das, soweit ich informiert bin, sogar einen Diplomaten seine Stellung.
      Legendär ist de Gaulles, eines Konservativen, Ausruf: „Lassen Sie das sein! Einen Sartre verhaftet man nicht.“ In Deutschland undenkbar. In der Schweiz wiederum kam Birgit Kempker vor den Kadi, weil sie einen Ex „abgeschildert“ hatte.

    42. spannend. danke für die aufklärung.
      damit möchte ich mich mal näher beschäftigen.

      wobei für mich die eigentliche frage nicht die war, ob frauen „diskreter“ sind in ihrem schreiben, sondern ob männer nicht allgemein weniger probleme haben mit der öffentlichkeit ihrer sexualität.

  2. kritik entzündet sich hierzulande NICHT an der darstellung von sexuellem, schon lange nicht mehr (ausser kleriker u. ihnen verwandte lesen zufällig ein solches buch), sondern daran, daß einige schriftsteller es nicht schaffen, ihre figuren künstlerisch so gut zu gestalten, daß sie als fiktionär durchgehen. und dann eben persönlichkeitsrechte verletzen. so einfach ist das. (und was man jetzt tut, um seine rechte einklagen zu können, ist rein juristisch interessant.)
    daß man daraus eine aufgeblasene debatte über die freiheit der kunst macht, ist nicht überraschend.

    und: in gewohnter vereinfachung und schwarzweißzeichnung gießen sie wieder einmal das kind mit dem bade aus, herbst. der inhalt ist absolut nicht irrelevant.
    inhalt und form sind immer beide relevant, ihr kombination macht es aus. wie ich welche form auf welchen inhalt anwende – das macht es aus.

    1. Das ist wirklich so, ich meine, dass es niemanden mehr interessiert wer und in welcher Stellung er es treibt und vor allem warum? Außer es ist der eigene Großvater, dann klatscht man melodisch im Takt und kann gar nicht genug davon kriegen

    2. @sturznest. Sie haben ganz offenbar ein profanes, wenn nicht ironisches Verhältnis zur Sexualität; mein Verhältnis zur Sexualität ist eines des Heiligen, Geheiligten; mythisch gesprochen, hängen Sie den Vätern an, ich den Müttern. Deswegen sprechen wir hier grundsätzlich verschiedene Sprachen: Sie rationalisieren und funktionalisieren, ich suche nach Ur-Bwegungen, nach Schöpfergewalt, nach dem Instinktiven und Intuitiven; so etwas streicht Rationalisierungen durch und versteht sie als Abwehrform. Sie sind demokratisch, ich bin undemokratisch. Damit ist unser Dissenz grundsätzlich erklärt.

    3. @ferromonte. Ich halte Ihre Position für falsch und kunstfremd. Der Inhalt hat bei einer Kunstbetrachtung deshalb nichts zu suchen, weil erst seine Formung ihn zu Kunst macht, oder eben nicht zu Kunst macht. Das Wesentliche an Kunst i s t Form, alles andere eine – vom Kunstblick aus gesehen – nebensächliche Bestimmung. Genau deshalb kann es ja religiöse Kunst geben, und zwar auch dann, wenn ihr Inhalt überhaupt nicht existiert, wenn es also z.B. Gott nicht gibt. In einem Kunstwerk kann der gröbste Unfug behauptet werden; findet er eine entsprechende Form, ist er nicht mehr Unfug, sondern Kunst. Es muß den Teufel nicht geben, um den Meister und Margarita zu einem grandiosen Werk zu machen. Ernst Jünger hat gezeigt, daß sogar eine, sagen wir, Faszination durch den Krieg (wie immer sie zustandegekommen sein mag, welches Trauma auch immer sie ausgelöst hat) große Kunst begründen kann. Und Céline hat das ganz besonders gezeigt; da spielt nicht einmal mehr seine rassistische und grob antisemitische Gesinnung mehr eine Rolle. Ich werde nicht müde werden, diesen Stachel spitz zu halten. Céline gehört zu den größten Dichtern des Zwanzigsten Jahrhunderts, ob uns das nun zusagt oder nicht (mir sagt es selbst nicht zu, ich habe unter >>>> meiner Céline-Arbeit ziemlich gelitten). Auch Gesualdo soll alles andere als ein Menschenfreund gewesen sein.

  3. Was mir im Zusammenhang merkwürdig vorkommt, ist die Tatsache, dass ein Buch in dem Moment verboten werden kann, wo es nur einer Leserin/einem Leser gelingt, sich völlig mit einer Romanfigur zu identifizieren…

  4. Billers Roman beginnt sogar mit dem, was später Stein des Anstoßes wurde: „Ich will nicht, daß du jemals über mich schreibst“, hat ihm seine Ex nämlich seinerzeit, lange vor Esra, gesagt. Biller nimmt das leitmotivisch auf und schreibt dann ganz bewußt gegen diese Willenserklärung an. Hier ist eine >>>> Zusammenfassung , in der man sehr gut die Intention Billers erkennen kann – diese unterscheidet sich doch erheblich von Ihrer, ANH, in „Meere“. Für mich ist Meere immer noch der Welt gnadenlos wortschönste und gleichzeitig wortgewaltigste Liebeserklärung, die ich je las. Tiefer kann man nicht in seinen eigenen Grund gehen um eine Liebe zu erklären. Ich könnte noch etwas dazu sagen: jemand, der noch nie aus Verzweiflung gevögelt hat, wird „Meere“ nie verstehen. In diesem Fall sage ich im wahrsten Sinne des Wortes „vögeln“… und meine damit „Phallus“, den mit den zwei Flügeln. Ich weiß, es heißt eigentlich Phallos, aber mit der Begrifflichkeit Phallos konnte ich mich nie anfreunden“. Die Spatzen bringen die Seelen…. aber das wird wieder niemand verstehen. Ich schweife ab….

    Was mich an diesem Urteil so schockiert, ist, dass ich – wäre ich ein Schriftsteller – ohne weiteres über meinen Vater schreiben könnte, z.B. dass er Alkoholiker war, ich könnte schreiben, dass er mit Regelmäßigkeit uns Kinder halb zu Tode prügelte, das mein Bruder aus dieser Konditionierung später nur noch Menschen quälte und schikanierte… aber ich dürfte nicht beschreiben, welche sexuellen Spielchen mein Vater liebte.. und das mein kleiner Bruder immer durchs Schlüsselloch geschaut hat, wenn meine Mutter mal wieder jemand anderen im Bett hatte. Über die psychischen Zustände eines Menschen in Zusammenhang mit seiner Suchterkrankung und die daraus resultierenden Auswirkungen auf sein nahes und nächstes Umfeld zu schreiben, ist für mich viel intimer, als zu schreiben, dass jemand 20 Peitschenhiebe braucht, bevor er überhaupt einen Orgasmus kriegen kann.

    1. „ch könnte noch etwas dazu sagen: jemand, der noch nie aus Verzweiflung gevögelt hat, wird „Meere“ nie verstehen.“

      das ist genial….allerdings für den Verkaufserfolg des Buches, ich weiß nicht, aber wer weiß, vielleicht vögeln ja alle aus Verzweiflung…hm….und danach?

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