“sanften, Dich wiegenden Netzen”: Walzer. Die Brüste der Béart XXIV (Entwurf der Fortsetzung ff: zur Coda). Die Brüste der Béart, 33.

Ganz fertig bin ich noch nicht. Erst einmal baute ich nachträglich in die Anfangsstrophen die anatomische Beschreibung des Ohrs ein, um der auf der einen Seite erotisch-konkreten Szene, andererseits den mythischen Bezügen eine fachlich-nüchterne, sozusagen pragmatische Erdung zu geben. Allerdings habe ich den medizinischen Text rhythmisiert:

(…)
so in der | Auricula Vulva | wie‘s durch die
Zervix hineingeht zur werdenden Mutter,
die das Gehirn ständig ist

Das Außenohr besteht aus dem Ohrknorpel, der
durch Bindegeweb an des Schläfenbeins Haut
und dem, mit Bändern verstärkt,
Warzen|fortsatz befestigten Muschel,
dem Ohrläppchen noch
und aus dem äußren Gehörgang
sowie aus des Trommelfells äußerer Seite

Dahinter, nur durch der Schöpfung
meningne Ummantlung handwarm geflutet,
breitet ein ganzes Weltall die Flügel:

Ich küsse jeden, über Zimbel und Becken,
einzelnen Stern | Oh Wunder des Wunders!:
Synaptisch meldet es jeglich Gestirn
in rückab laufenden Schauern
zurück an, Béart, Dein Geschlecht:
aus den Neuriten stürzen sich drauf
Asteroiden:

Die Blutversorgung erfolgt durch die vordre
sowie, spinal dem Rückenmark
der Halssegmente entspringend
(dem zweiten und dem dritten),
[die folgende Zeile nimmt den späteren Walzer schon vorweg:]
den Ohrnerv der hinteren Ohrschlagader,

doch ‘s ist nur, Geliebte, liebkost Dein Ohr,
wenngleich Maimonides‘, Du spürst es,
ums Universum gerolltes,
wie um Tabak, Liebste, Blatt,
das die Phalluszunge zündet,
den Mannstrieb als Haschisch der Sehnsucht darin
(…)

Dann aber, kurz vor der Coda, wenn die Frau entlöst daliegt, forderte der freie Vers s e l b s t den folgenden Rhythmus, nämlich schlichtweg den oben schon angeklungenen- Walzer:

(…)
und in verschwimmenden Träumen versinnt,
sanften, Dich wiegenden Netzen –

/ – – / – – / – – / – – (Walzer):
Wie sie Dich heben und wie sie Dich | senken in unentwegt schaukelnden | Wogen, da äußerlich ruhend, Bé|art, Du gestreckt vor mir daliegst, so | daß ich beginne, melodisch zu | summen, als
rest du wieder ein | Kind, das sich eingerollt an eine | Ära in Bildern erinnert, die | unbewußt wirken des tags, doch des | nachts Dich in alten, den ewigen | Vorgeburtsräumen des parasym|pathikotonen, von Willen und | Bangen befreiten Verströmens zer|streuen und

auf|falten –

Doch ist’s heller Mittag | durchs Arbeitszimmerfenster
erglänzt der ganze Sommer | Ein Teich aus Licht das Bett
(…)

Das (noch) einzeln stehende “auffalten” — mit gleichsam einem inneliegenden Vortakt, weil ich hier durch das |-Zeichen zwei direkt aufeinander folgende Silben als betont notiere (was es im Deutschen eigentlich nicht gibt) — soll das Wiegen des Walzers anhalten; das |-Zeichen entspricht den zwei unbetonten Silben des Walzers, also “aufzweidreifalten“; indem nun aber das “falten” ein unvollendeter Walzertakt ist, nämlich nur “/ -“, kann wieder organisch in den freien Rhythmus gewechselt werden und damit zurück in die Konkretion der Szene.

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