Medikamentenprotokoll: Lyrica (Pregabalin Zentiva 75mg). Erster Tag. [Krebsfolge-Tagebuch].

(Verschrieben wegen der als Chemofolge eingetretenen Polyneuropathie in den Füßen.
Statt des verschriebenen LYRICA bekam ich in der Gethsemane-Apotheke das gleichwertige PREGABALIN.)

Meinerseits nach Lektüre des → Beipackzettels Bedenken wegen der möglichen, aus meiner Sicht → extremen Nebenwirkungen des Medikaments, insbesondere in Verbindung mit Alkohol. Deshalb Absprache mit der Ärztin: Testlauf mit Beginn des alkoholfreien Monats[1]Vor Corona habe ich jährlich einen solchen eingelegt; seit Corona leider nicht mehr. Das war zu ändern und wurde mit dem Sonntag, 20.11., geändert. ANH eine Woche lang je eine Hartkapsel abends, danach für eine Woche zwei Kapseln, nämlich je morgens und abends. Daraufhin in der Praxis das auch insofern ausgesprochen wichtige Ergebnisgespräch, als LYRICA nicht, gegebenenfalls, einfach abgesetzt werden kann, sondern “ausgeschlichen” werden muß.)

 

Erster Abend und der Morgen (Eine Kapsel abends)
Es sind sehr kleine, aus zwei Hüllensegmente bestehende Kapseln, die ich auseinander-, quasi, -schrauben muß, weil sich diese Hüllen ohne Magen, also fehlender Magensäfte halber, nicht auflösen könnnen. Innen sehr wenig eines weißgrauen Pulvers, das ich mir auf die Zunge, nun jà, “schütte”; von “stäuben” zu sprechen, träfe eher zu, nur daß dieses Pulvor so fein denn auch nicht ist, also kein Staub. Die Einnahme ist gegen 22 Uhr, rund zwei Stunden vor dem Schlafengehen, erfolgt.

Bis zum Einschlafen selbst keinerlei Wirkung zu verzeichnen, nur, daß ich etwas genervt von dem seit Mittags seitlich rechts am Hals aufgetretenen und bleibenden Juckreiz bin, der eine Folge der → erweiterten Tätowierung und insofern natürlich ein gutes Zeichen ist, nämlich von Heilung der offenen Stechwunde. Ich will immer wieder kratzen, beherrsche mich aber und drücke nur manchmal leicht dagegen. Was auch hilft, vermutlich eingebildeterweise.
Als ich aufwache, ist dieses Jucken nahezu komplett weg und allenfalls noch, selbst dann nur sehr leicht, spürbar, wenn ich den Kopf sehr drehe, so daß sich die die Wunde schützenden → Transparentpflaster, sich dehnend, verziehen. Interessanterweise aber muß ich nicht wie sonst, wenn ich aufstehe, sofort an meine Füße denken, vergesse sie fast. Bis mir das LYRICA wieder einfällt. Tatsächlich ist auch dieser, ein über alle Tage währender Juckreiz deutlich zurückgegangen. Das Medikament hat “angeschlagen”. Irritierend alledings, daß ich den Eindruck habe, es sei noch, upps, Alkohol in meinem Blut. Genauso fühl ich mich an, als hätte ich gestern abend einen Wein zuviel gehabt. Dabei habe ich seit drei Tagen tatsächlich auch nicht einen Tropfen “versteckten” Alkohols zu mir genommen (was mir übrigens, erleichternderweise, nicht im geringsten schwerfällt).
Jetzt, länger als zwei Stunden nach dem Aufstehen, ist es immer noch so. Selbst nach dem Latte macchiato und meinem allmorgendlichen Müsli; hinzugekommen ist außerdem eine leichte Wahrnehmungsvibration, als hätte ich gekifft oder drei Tropfen vom Dronabinol genommen. Hab ich aber nicht. Auch von Letztrem will ich ohnedies die Hände besser lassen, so lange die LYRICA-Testphase läuft.

Jedenfalls fängt dieser, ich schreibe mal, “Selbstversuchslauf” nicht sehr öde an, sondern hat dort eine Neugier geweckt, wo ich vorher skeptisch, nein, ängstlich sogar war, ja geradezu ablehnend. Autofahren allerdings würde ich in diesem Zustand nicht; der Beipackzettel warnt auch davor.

ANH
[David Ramirer, Etüden (2017)]
 

[16 Uhr
Ramirer, The Endles Dance, Variationen auf BWV 848]
Die seltsam dronabinolähnliche Begleitwirkung hält an, ist allenfalls eine Spur abgeflaut. Eben, beim Einkaufen, war denn leicht auch wieder dieses neuropathenische Kribbeln zu spüren, aber tatsächlich deutlich weniger als seit einem Jahr (oder länger). Dennoch weiterhin das Gefühl, ich hätte gekifft, allerdings ohne die halluzinogenen Ausflüge, die mich, wenn ich tatsächlich kiffe (also THC einatme), unterdessen fast regelmäßig ereilen; die habe ich aber auch bei Dronabinol nicht.  – Dieser ganze Komplex ist ohnedies abenteuerlich, wenn Sie sich, Freundin, vor Augen führen, daß ich, bevor ich erstmals Dronabinol nahm, seit meiner Jugend weder auf Grass, Marihuana, “Shit”, was auch immer, reagiert habe. “Deine körpereigenen THC-Rezeptoren haben sich geöffnet”, erklärte es mir vor dreivier Monaten mein Sohn. Aber das schrieb ich Ihnen wohl schon. Doch wie DRONABINOL erzeugt bei mir auch LYRICA/PREGABALIN einen enormen Appetit. Was für mich selbstverständlich gut ist; ich habe bereits enorm was in mich reingefuttert. (Entsprechend listet der Begleitzettel bei den Nebenwirkungen auch Gewichtszunahme auf.)

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Zweiter Tag

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Diese Bachvariationen David Ramirers sind einfach hinreißend! Wie andere vor mir bezüglich Schuberts Neunter möchte ich von “himmlischen Längen” sprechen: BWV 849 braucht zwischen 6,26 (András Schiff) und 9.34 Minuten (Svjatoslav Richter), Ramirers computergenerierte Improviation rauschhafte 1h34min36sec.

References

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1 Vor Corona habe ich jährlich einen solchen eingelegt; seit Corona leider nicht mehr. Das war zu ändern und wurde mit dem Sonntag, 20.11., geändert. ANH

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