Wie schwer das fällt, damit auszusetzen, n i c h t über die Form nachzudenken, n i c h t Gedanke & Erfahrung zu notieren… fast physiologisch Entzug. Auch darüber unbedingt in der Kleinen Theorie etwas schreiben (Gassner erzählte ja ähnliches: Bloggen als körperliche Erfahrung). Aber später. Ich habe fast dreizehn Stunden Originalton zu protokollieren, Sekunde für Sekunde, damit die Produktion übernächsten Montag reibungslos vonstatten geht. Also die CD-Roms in den Player und – abgeschrieben (immerhin sind die DAT-Bänder bereits überspielt und gebrannt).
zur präzisierung ich meinte nicht nur das bloggen, sondern das ‚online sein‘ an sich.
so wie man in gesellschaft nicht so leicht müde wird, wie allein: so scheint auch die ‚arbeit‘ am computer das nervensystem zu beeinflussen. man hat den eindruck, ständig in interaktion mit ‚etwas anderem‘ zu sein.
das kann man natürlich ‚poetisch erweitern‘ wie es eben gibson getan hat, dem die cyberspace-idee ja beim betrachten eines videospielers kam. dort sieht man, dass es offenbar eher die interaktion mit der maschine ist, als die verbundenheit mit dem netz.
der ‚zwang des weiterklickes‘ jedoch entstet in besonderem maße bei blogs, die stark quer verweisen.
wir beobachteten einmal, dass man kaum noch liest sondern eben nur noch links ’sucht‘.
Stimmt. Beim Bloggen aber tritt – jedenfalls in meinem Fall – das Bewußtsein des Publizierens hinzu, d.h. was ich hier tue, geht sofort in das „Werk“ ein… – ein Gedanke, der mir zu gleichen Teilen angenehm wie unheimlich ist. Übrigens ist der Gedanke ja auch richtig: Man i s t ständig in Interaktion, selbst dann, wären keine Leser, sondern wäre nur die Maschine da.
Zu Gibson, dessen Ansatz ich in Thetis, vor allem aber dann Buenos Aires weiterentwickelt habe: Sprachlich ist e r außerhalb des Netzes geblieben… seine Fantasien haben überhaupt keine Auswirkung auf die Form, wenn man einmal von einer Zunahme der Geschwindigkeit absieht, die auch in manchen Comics durchschlägt. (Von Gibsons schludriger U-Sprache will ich gar nicht erst reden; manche Sätze sind – jedenfalls in der deutschen Übersetzung – kaum erträglich.) Mich interessieren hier aber g e r a d e die formalen (poetologischen) Konsequenzen; irgendwie möchte ich Bücher mit dem Netz verschneiden, irgendwie Musiken einbinden, irgendwie das Nonverbale – wie einen durchlaufenden Baß in einer Passacaglia – in die Geschichten bekommen. Das Suchthafte kennen wir auch aus „konventioneller“ Lteratur: der verlorene Blick, mit dem eine Leserin aufblickt… erschreckt, sich in einer ganz anderen Realität (der „wirklichen“) wiederzufinden… und zwar nur, weil es an der Tür geklingelt oder sie jemand mit dem Ruf „Essen ist fertig!“ herausgezerrt hat.